Italiens Ex-Ministerpräsident Berlusconi droht mit Sturz der Regierung Monti

Rom · Der Stiefelstaat kann seinen "Cavaliere" offenbar nicht aus der Politik fernhalten: Nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs hat der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi seinem Nachfolger Mario Monti mit dem Sturz gedroht.

Silvio Berlusconi - Zwischen Politik und Gerichtssaal
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Foto: dpa, Julien Warnand

Seine Partei werde in den kommenden Tagen über einen möglichen Entzug der Unterstützung für die Monti-Regierung entscheiden, sagte Berlusconi am Samstag in Lesmo. Er selbst wolle nach seiner Verurteilung in der Politik bleiben, um das Justizwesen zu reformieren.

"In den kommenden Tagen werden wir mit der Parteispitze entscheiden, ob es besser ist, unser Vertrauen sofort zu entziehen oder es angesichts der bevorstehenden Wahl (im April) zu erhalten", sagte Berlusconi mit Blick auf Monti. Es müsse abgewogen werden zwischen der "Regierungspolitik, die zu einer Spirale der Rezession für unsere Wirtschaft führt", und den möglichen Reaktionen "der Finanzwelt auf ein Misstrauensvotum", sagte der 76-Jährige.

In der italienischen Presse wurden diese Äußerungen am Sonntag als Kriegserklärung gegen Monti gewertet. Nach Berlusconis Rücktritt im Zuge der Euro-Schuldenkrise hatte der parteilose Wirtschaftsprofessor und ehemalige EU-Kommissar im November 2011 eine Experten-Regierung gebildet, um das hochverschuldete Italien mit einem rigiden Sparkurs aus der Krise zu führen. Die Regierung wird von einer breiten Mehrheit im Parlament getragen, darunter Berlusconis Volk der Freiheit.

Ärger über Sparmaßnahmen

Inzwischen wächst aber in Italien der Unmut über die Sparmaßnahmen. Gegen Montis Krisenpolitik gingen am Samstag zehntausende Menschen in Rom auf die Straße. Sie folgten einem Aufruf linker Parteien und Gewerkschaften. Am Rande des Protestzuges in der Hauptstadt gab es Ausschreitungen.

Berlusconi kündigte an, nach der Parlamentswahl 2013 weiter in der Politik mitmischen zu wollen. Er bekräftigte aber, nicht mehr für das Amt des Regierungschefs kandidieren zu wollen. "Aber ich werde an der Seite der jüngeren Leute bleiben, die spielen und Tore schießen können."

Mit Blick auf seine Verurteilung zu einer Haftstrafe am Freitag sagte der Medienunternehmer seinem eigenen Fernsehsender TG5: "Ich fühle mich verpflichtet, dabei zu bleiben, um das Justizwesen zu reformieren." Das Urteil werde "Konsequenzen" haben. Wegen Preismanipulationen in Berlusconis Konzern Mediaset hatte ein Gericht in Mailand den Politiker und Unternehmer zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt, diese dann aber auf ein Jahr reduziert. Berlusconi wurde außerdem für die Dauer von fünf Jahren die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt. Seine Anwälte wollen in Berufung gehen.

Berlusconi nannte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe "reine Science-Fiction". Er sei "einer der Haupt-Steuerzahler Italiens", sagte der zu den reichsten Menschen seines Landes zählende Unternehmer. Das Urteil gegen ihn sei "schlimmer" als die Haftstrafen, die ein Gericht einige Tage zuvor wegen des Erdbebens in der Stadt L'Aquila im Jahr 2009 gegen Seismologen ausgesprochen hatte.

Es war nicht der erste Prozess, in dem Berlusconi auf der Anklagebank saß. Er war bereits 1997 und 1998 in erster Instanz zu insgesamt sechs Jahren und fünf Monaten Gefängnis verurteilt worden. Doch in folgenden Instanzen wurde er freigesprochen oder profitierte vom Ablauf der Verjährungsfristen. Derzeit läuft gegen ihn noch der sogenannte Rubygate-Prozess um angeblichen Sex mit einer Minderjährigen.

(AFP)
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