Bericht an die UN Syrien und IS setzen Chemiewaffen ein

New York · Seit Jahren gibt es Berichte über den Einsatz geächteter Chemiewaffen in Syrien, nun stellten Experten das Ergebnis ihrer Ermittlungen zu den Urhebern solcher Attacken vor. Ihr Bericht erhebt schwere Vorwürfe gegen die Assad-Regierung und den IS.

 Mit dem Einsatz von Giftgas beschäftigt sich der Bericht an die UN.

Mit dem Einsatz von Giftgas beschäftigt sich der Bericht an die UN.

Foto: Helmut Michelis

Syriens Regierung und die Terrormiliz Islamischer Staat haben nach Einschätzung eines internationalen Gutachterteams im Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt. In den Jahren 2014 und 2015 hätten Truppen von Präsident Baschar al-Assad zwei Chlorgas-Attacken ausgeführt und IS-Kämpfer bei einem Angriff Senfgas eingesetzt, hieß es in einem Bericht der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) und des sogenannten Gemeinsamen UN-Investigativmechanismus (JIM).

Der Report wurde am Mittwoch dem Sicherheitsrat übermittelt. Die USA und Frankreich verurteilten den Einsatz von Chemiewaffen und forderten den Rat zu einer entschiedenen Reaktion auf.

Vor einem Jahr hatte der Sicherheitsrat einem Team von OPCW und JIM das Mandat erteilt, Urheber mutmaßlicher Chemiewaffenangriffe zu benennen. In dem Report wird der syrischen Regierung konkret vorgeworfen, für zwei Chlorgasangriffe in der Provinz Idlib verantwortlich gewesen zu sein. Demnach soll sich am 21. April 2014 eine Attacke in Talmenes und eine weitere am 16. März 2015 in Sarmin zugetragen haben.

Zu IS heißt es, die Terrormiliz sei "die einzige Organisation mit der Fähigkeit, dem Motiv und den Mitteln zum Einsatz von Senfgas" im Ort Marea in der nahe der Grenze zur Türkei gelegenen Provinz Aleppo. Zu dieser Attacke kam es laut dem Bericht am 21. August 2015. Damals griffen IS-Kämpfer Rebellen an.

Inspekteure des Gemeinsamen Investigativmechanismus forderten eine Untersuchung weiterer mutmaßlicher Chemiewaffenattacken. So gebe es drei weitere solcher Fälle, die auf eine Urheberschaft der Regierung hindeuteten. Zwischen Dezember 2015 und August 2016 hätten sie von UN-Mitgliedsstaaten mehr als 130 neue Berichte über Chemiewaffenattacken oder den Einsatz von Giftstoffen als Waffen in Syrien erreicht: In 13 Fällen soll den Angaben zufolge der Kampfstoff Sarin, in zwölf Fällen Senfgas, in vier das Nervengas VX sowie 41 Mal Chlorgas und 61 Mal andere giftige Chemikalien eingesetzt worden sein.

Heftige Kritik aus der Politik

Die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power zeigte sich am Abend entsetzt über die Ergebnisse der Gutachter. Bei Chemiewaffen handele es sich um ein "barbarisches Werkzeug, das dem Gewissen der Menschheit zuwider" sei, sagte sie. Der Sicherheitsrat müsse "stark und schnell" gegen die Urheber aktiv werden.

Power warf der Assad-Regierung zudem vor, gegen eine Resolution des Sicherheitsrats zum Verbot der Chemiewaffennutzung und gegen seine Verpflichtungen gemäß der Chemiewaffenkonvention verstoßen zu haben.

Ihr französischer Kollege Alexis Lamek forderte ebenfalls ein rasches Handeln des Sicherheitsrats. "Wenn es um die Verbreitung, den Einsatz von Chemiewaffen (...) geht, können wir es uns nicht leisten, schwach zu sein", mahnte der UN-Botschafter.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat den Einsatz der Waffen verurteilt und Konsequenzen gefordert. "Wir verurteilen den skrupellosen und rücksichtslosen Einsatz international geächteter chemischer Waffen gegen die syrische Bevölkerung, von welcher Seite auch immer, auf das Schärfste", erklärte Steinmeier am Donnerstag in Berlin. "Der Einsatz von Chemiewaffen, besonders gegen die Zivilbevölkerung, und der vorsätzliche Bruch des Chemiewaffen-Übereinkommens dürfen nicht folgenlos bleiben."

"Es ist die Aufgabe des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, nun die richtigen Schlüsse zu ziehen und die notwendigen Maßnahmen zur ergreifen", fügte der Bundesaußenminister hinzu. "Ich setze darauf und wünsche mir, dass angesichts der heute vorliegenden unbestreitbaren Fakten jetzt im Sicherheitsrat die nötige Geschlossenheit und Entschlossenheit besteht, um diesen furchtbaren Auswüchsen ein Ende zu setzen."

Der Sicherheitsrat soll am kommenden Dienstag zum JIM-Bericht tagen. Ob Maßnahmen bei dem Treffen beschlossen werden, muss sich jedoch zeigen. Russland, ein enger Verbündeter der syrischen Regierung, hat frühere Vorstöße gegen die Assad-Führung im höchsten UN-Gremium mit einem Veto blockiert. Allerdings unterstützte Moskau die Einrichtung des Gemeinsamen Investigativmechanismus.

(lai/afp/ap)
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