Benjamin Netanjahu in den USA Ungeliebter Gast aus Israel

Washington · Die Rede des israelischen Premiers vor dem US-Kongress droht ein Desaster zu werden. Denn willkommen ist Benjamin Netanjahu nicht - vor allem nicht bei Präsident Barack Obama.

 Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (l., 65) und US-Präsident Barack Obama (53) im Oval Office des Weißen Hauses in Washington.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (l., 65) und US-Präsident Barack Obama (53) im Oval Office des Weißen Hauses in Washington.

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Es begann mit einem Clinch hinter den Kulissen. Harry Truman musste George Marshall überstimmen - seinen Außenminister, der fürchtete, eine Anerkennung Israels könnte die arabische Welt gründlich verprellen. Dann ging alles sehr schnell. In Tel Aviv proklamierte David Ben-Gurion die Unabhängigkeit, in Washington unterschrieb der US-Präsident nahezu zeitgleich eine Note, mit der sein Land den neuen Staat respektierte. So rasch, dass Truman die maschinengeschriebenen Worte "Jewish State" durch ein handschriftliches "State of Israel" ersetzte, statt den Bogen korrigiert noch einmal abtippen zu lassen.

Seitdem ist das Bündnis mit Israel so etwas wie eine amerikanische Staatsdoktrin. Einmal im Jahr dient die Konferenz der Lobbygruppe Aipac, des "American Israel Public Affairs Committee", einzig dem Zweck, den Schulterschluss zu feiern. Diesmal wird das Aipac-Treffen überschattet vom Tauziehen um eine Rede.

Rede im Kongress gegen Obamas Willen

Wenn der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nächste Woche vor beiden Kammern des Kongresses spricht, tut er es gegen den erklärten Willen der Regierung von Obama. Eingeladen hat ihn John Boehner, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses. Der israelische Premier wird davor warnen, in den Atomgesprächen mit Teheran Kompromisse zu akzeptieren, die man später bereut. In Konservativen wie Boehner, der gegen einen "schlechten Deal" wettert, hat er treue Verbündete.

Susan Rice wiederum, Obamas Sicherheitsberaterin, wählte ungewohnt scharfe Worte, als sie Netanjahu vorwarf, das amerikanisch-israelische Verhältnis durch eine parteiische Allianz mit den Republikanern über Gebühr zu belasten. "Ich denke, das ist zerstörerisch für das Gewebe dieser Beziehung", sagte Rice.

Streit um Iran-Politik

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Anfang Februar hatte Obama noch betont, dass er es für unangemessen hält, wenn ein ausländischer Regierungschef zwei Wochen vor der Wahl im eigenen Land die große Washingtoner Bühne nutzt, um sich in Szene zu setzen. Mittlerweile fallen deutlichere Worte. Netanjahu, mahnt die Administration, möge den Amerikanern in der delikaten Schlussphase der Nuklearverhandlungen das Heft des Handelns überlassen, statt mit Störmanövern dazwischenzufunken.

Im Kern dreht sich alles um die Fragen, ob die Ajatollahs Vertrauen verdienen, ob sie Paragrafen einhalten oder aber Abmachungen nur als Tarnung benutzen, um sich aus der Zwangsjacke der Sanktionen zu befreien und insgeheim dennoch an Atombomben zu basteln.

Während Netanjahu diese Fragen im Einklang mit etlichen Republikanern skeptisch beantwortet, setzen Obamas Strategen auf rationales Denken in Teheran. Ein Vertrag, der die iranische Uran-Anreicherung zwar nicht verbiete, wohl aber eindämme und kontrolliere, sei besser als jede realistische Alternative, sagt Außenminister John Kerry.

Netanjahu: Lieber Romney als Obama im Oval Office

Dass die Chemie zwischen Obama und Netanjahu nicht stimmt, weiß man seit Langem. Wie gereizt der Ton inzwischen ist, illustrierte im Herbst ein Essay des Magazins "Atlantic". Netanjahu sei "chickenshit" ("Hühnerscheiße"), zitiert er einen anonymen Regierungsvertreter. Er sei ein Feigling, der einer Aussöhnung mit den Palästinensern ausweiche, weil ihm der politische Mut fehle.

2012 ließ Netanjahu durchblicken, dass er lieber Mitt Romney im Oval Office sähe: den Freund, mit dem er einst als Firmenberater der Boston Consulting Group zusammenarbeitete. Obama nahm ihm das übel. Die Iran-Kontroverse aber nur auf Persönliches zu reduzieren, hält Aaron David Miller für falsch. Der Nahostvermittler sagt, Amerika könne mit seiner komfortablen geografischen Lage nun einmal mit einem größeren Maß an Unsicherheit über Teherans nukleare Ambitionen leben. Anders als die Israelis, die sich eine solche Ungewissheit nicht leisten könnten.

(RP)
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