Medienblockade Belarus verbietet älteste Zeitung des Landes

Kiew · Die „Nascha Niwa“ hat über Massenproteste gegen Lukaschenko berichtet. Nun wurde sie per Gerichtsbeschluss verboten. Mehrjährige Haftstrafen drohen Menschen, die Artikel der Zeitung online weiterverbreiten.

 Eine der Massendemonstrationen gegen den belarussischen Machthaber Lukaschenko in Minsk im September 2020 (Archivfoto).

Eine der Massendemonstrationen gegen den belarussischen Machthaber Lukaschenko in Minsk im September 2020 (Archivfoto).

Foto: dpa/Uncredited

Am 115. Jahrestag ihrer Gründung ist die älteste Zeitung Belarus' am Dienstag verboten worden. „Nascha Niwa“ wurde vom Zentralen Bezirksgericht in Minsk auf Antrag des Informationsministeriums als extremistisch eingestuft. Mit der Entscheidung drohen jedem, der Material der Zeitung veröffentlicht oder online weiterverbreitet, bis zu sieben Jahre Haft.

Die belarussischen Behörden blockierten die Online-Zeitung bereits im Juli und nahmen den Chefredakteur Jahor Marzinowitsch sowie den Journalisten Andrej Skurko fest. Beide werden weiterhin festgehalten. Insgesamt befinden sich 29 belarussische Journalisten in Gewahrsam. Teils verbüßen sie eine Haftstrafe, teils warten sie auf ihren Prozess.

Die meisten anderen Journalisten von „Nascha Niwa“ haben das Land verlassen und veröffentlichen das Blatt weiterhin online unter einer anderen Domain, um die Blockade zu umgehen.

„Die Behörden zerstören weiterhin die unabhängigen Medien von Belarus, indem sie jeden als extremistisch bezeichnen“, sagte Andrej Bastunez, der Leiter des Belarussischen Journalistenverbandes. „Die Lage in Belarus ist schlimmer als in Kuba oder Iran und nähert sich nordkoreanischen Standards.“ Er verwies darauf, dass „Nascha Niwa“ verbreitet in Schulbüchern als Teil des Nationalerbes genannt werde. Wie die Behörden damit nun umgingen, sei unklar. Zuvor waren bereits mehrere Medien von der Regierung an ihrer Arbeit gehindert oder verboten worden. Unabhängige Berichte aus dem Land sind kaum mehr zu finden. Die belarussische Regierung sperrte auch die Internetseite der Deutschen Welle.

„Nascha Niwa“ berichtete umfassend über die Massenproteste gegen die Regierung, die sich an Wahlbetrugsvorwürfen gegen Langzeit-Präsident Alexander Lukaschenko entzündeten. Nach offizieller Darstellung gewann er die Wahl im August 2020, er hatte für eine sechste Amtszeit kandidiert. Die Opposition und westliche Staaten vermuten eine Manipulation der Abstimmungsergebnisse. Die Massenproteste wurden mit harter Hand niedergeschlagen. Mehr als 35.000 Menschen wurden festgenommen, Tausende von der Polizei verprügelt.

(peng/dpa)
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