Flugzeuglandung in Belarus Mail mit Bombendrohung wurde erst nach Umleitung abgeschickt

Genf · Neue Details im Fall der erzwungenen Flugzeug-Landung in Belarus: Der Verdacht, dass es keine echte Bombendrohung gegeben habe, verhärtet sich nach Angaben eines Email-Diensts zum Ablauf des Vorgangs.

 Demonstranten halten bei einer Protestaktion für die Freilassung des belarussischen Regierungskritikers Roman Protassewitch die alte belarussische National-Flagge hoch.

Demonstranten halten bei einer Protestaktion für die Freilassung des belarussischen Regierungskritikers Roman Protassewitch die alte belarussische National-Flagge hoch.

Foto: AP/Mindaugas Kulbis

Vor der erzwungenen Landung in Belarus am vergangenen Sonntag wurde eine Ryanair-Passagiermaschine bereits umgeleitet, noch bevor eine Email mit einer angeblichen Bombendrohung abgeschickt wurde. Dies bestätigte der Email-Dienst Protonmail am Freitag im schweizerischen Genf. Die Mail, auf die sich Machthaber Alexander Lukaschenko zur Begründung für die Umleitung der Maschine berief, wurde von einem Server dieses Dienstes versandt. International gab es an Lukaschenkos Behauptung zuvor schon erhebliche Zweifel. Nach der Landung wurden ein Regierungskritiker und seine Freundin verhaftet.

Die Behörden in Belarus behaupten, das Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen sei wegen einer Bombendrohung nach Minsk umgeleitet worden. Wie sich herausstellte, war keine Bombe an Bord. Kritiker argwöhnen, dass die Regierung die Drohung erfunden hat, um des regierungskritischen Bloggers Roman Protassewitsch habhaft zu werden.

„Wir können sehen, wann die Email geschickt wurde, und wir können bestätigen, dass die fragliche Mail abgeschickt wurde, nachdem das Flugzeug umgeleitet worden war“, bestätigte der Sprecher von Protonmail der Deutschen Presse-Agentur per Email. „Wir haben keine glaubhaften Beweise dafür gesehen, dass die Behauptungen von Belarus der Wahrheit entsprechen.“ Zuvor hatte unter anderem der „Spiegel“ darüber berichtet. Das Unternehmen unterstütze die europäischen Behörden bei ihren Untersuchungen.

Die Behörden des autoritär geführten Landes hatten das Ryanair-Flugzeug vergangenen Sonntag mit Hilfe eines Kampfjets zur Landung gezwungen. Belarus nannte die im Gazastreifen herrschende Hamas als Absender einer Bombendrohung. Ein Hamas-Sprecher wies dies kurz darauf als „absurd“ zurück. Die Maschine flog später weiter nach Vilnius – ohne Protassewitsch und Freundin.

„Am 26. Mai ist die Kopie einer Email an die Presse weitergegeben worden. Die Empfänger bekamen diese Email nicht von Proton, und durch die Verschlüsselung, die ProtonMail nutzt, können wir den Inhalt der darin enthaltenen Botschaft weder sehen noch bestätigen“, teilte der Sprecher weiter mit. Das Unternehmen sehe aber den Zeitpunkt, an dem sie verschickt wurde. Nach Angaben von Protonmail versuchte die belarussische Regierung seit Sommer 2020 mehrfach, Landsleuten den Zugang zu Protonmail zu verwehren. „Wir verurteilen diese Aktionen, ebenso wie die Aktionen im Zusammenhang mit Ryanairflug 4978.“

(c-st/dpa)
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