Machtkampf in Belarus EU droht Lukaschenko persönlich Sanktionen an

Minsk/Luxemburg · Nach einem weiteren Protest-Wochenende in Belarus mit neuer Polizeigewalt kündigte die EU neue Sanktionen an, sollte sich die Lage im Land nicht bessern. Die Maßnahmen zielen auch direkt auf Amtsinhaber Lukaschenko.

 Präsident Alexander Lukaschenko soll von EU-Sanktionen betroffen sein, wenn sich die Lage in Belarus nicht bessere.

Präsident Alexander Lukaschenko soll von EU-Sanktionen betroffen sein, wenn sich die Lage in Belarus nicht bessere.

Foto: dpa/Maxim Guchek

Im Machtkampf in Belarus drohen die EU-Staaten der Führung in Minsk mit neuen Sanktionen. Wenn sich die Lage in dem Land nicht verbessere, sei die EU bereit, weitere restriktive Maßnahmen zu ergreifen, heißt es in einer am Montag bei einem Außenministertreffen in Luxemburg verabschiedeten Erklärung. Als eine Person, die dann betroffen sein soll, wird neben ranghohen Beamten konkret auch Präsident Alexander Lukaschenko genannt.

Die Minister hätten grünes Licht gegeben, mit den Vorbereitungen für ein neues Sanktionspaket zu beginnen, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei einer Pressekonferenz. Lukaschenko habe keinerlei demokratische Legitimation mehr.

Die EU hatte den 66-Jährigen bei der ersten Sanktionsrunde noch ausgenommen, weil mehrere Mitgliedsländer befürchteten, dass Strafmaßnahmen gegen Lukaschenko persönlich diplomatische Bemühungen zur Beilegung des Konflikts erschweren könnten. Da die ersten Sanktionen gegen 40 seiner Unterstützer keine sichtbare Wirkung hatten, wird nun an einem neuen Sanktionspaket gearbeitet.

In Belarus gibt es seit der Präsidentenwahl am 9. August Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef, der bereits seit 26 Jahren an der Macht ist. Auslöser sind Vorwürfe der Fälschung der Wahl, nach der sich Lukaschenko mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger hatte erklären lassen. Inzwischen gab es bei den Protesten mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen.

Erst am Sonntag hatte die Polizei nach eigenen Angaben mehr als 700 Demonstranten festgenommen. Nur wenige seien wieder freigelassen worden, teilte das Innenministerium mit. 570 seien in Gefängnisse gebracht worden. Unter den Festgenommenen sind der Menschenrechtsgruppe Wesna zufolge auch zahlreiche Journalisten.

Das Innenministerium drohte am Montag auch mit dem Einsatz von Schusswaffen gegen Demonstranten. Die Sicherheitskräfte und Soldaten würden die Straße nicht verlassen, hieß es. Zuletzt waren die vermummten Einsatzkräfte äußerst brutal gegen friedliche Demonstranten vorgegangen - ähnlich wie zu Beginn der Proteste.

Die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja rief unterdessen zu friedlichen Protesten auf. Sie appellierte im Nachrichtenkanal Telegram an ihre Landsleute: „Denken Sie daran, dass wir uns dieser Gewalt nicht schuldig gemacht haben. Wir haben sie nie provoziert, und das ist unsere Stärke.“ Die Opposition glaube nicht an einen „Dialog mit vorgehaltener Waffe“, schrieb die Bürgerrechtlerin.

Angesichts des brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte hatte sich unter anderem der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) dafür ausgesprochen, auch Lukaschenko persönlich mit EU-Sanktionen zu belegen. „Die Gewalt geht weiter. (...) Es gibt nach wie vor Verhaftungen von friedliebenden Demonstranten“, erklärte er.

Die Außenminister beschlossen am Montag zudem, die bilaterale Zusammenarbeit mit den belarussischen Behörden auf zentraler Ebene zu reduzieren. Zugleich sollen die Unterstützung für die Bevölkerung und die Zivilgesellschaft weiter verstärkt werden und Finanzhilfen entsprechend neu ausgerichtet werden.

Ein erneuten Ausbau der Zusammenarbeit mit den Behörden soll nur dann möglich sein, wenn die Grundsätze der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte gewahrt werden. So müssten zum Beispiel die Repression gestoppt und freie und faire Wahlen unter der Beobachtung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ermöglicht werden. Alle willkürlich inhaftierten Personen, einschließlich der politischen Gefangenen, müssten sofort freigelassen werden.

Belarus hat Russland als engen Verbündeten. Moskau hat bereits finanzielle Hilfe zugesichert und will notfalls auch mit eigenen Truppen im Nachbarland unterstützen.

(sed/dpa)
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