Atomkraftgegner warnen vor "französischem Tschernobyl" Bedenkliche Sicherheitsmängel an Frankreichs AKW

Paris/Freiburg (rpo). Frankreich produziert einen Großteil seines Stroms mit Kernenergie. Jetzt sind an den dortigen AKW bedenkliche Sicherheitsmängel aufgetaucht. Umweltschützer fordern die sofortige Abschaltung sämtlicher Meiler.

Die Pariser Atomaufsichtsbehörde ASN hatte zuvor Fehler im Notkühlsystem der vom Staatskonzern EdF betriebenen Atomkraftwerke bekannt gegeben. Das Problem betrifft nach Angaben der französischen Experten alle Druckwasserreaktoren weltweit.

Nun müssten "unverzüglich Maßnahmen zur Sicherheit der Bevölkerung" getroffen werden, forderte das Netzwerk zum Atomausstieg "Sortir du Nucléaire" - sonst drohe ein "französisches Tschernobyl".

Angaben der Pariser Atomaufsicht zufolge können "in bestimmten Störfallsituationen" wie beim Bruch aller Leitungen im Primärkreislauf die Filteranlagen verstopft werden. Dies könnte dazu führen, dass nicht sofort ausreichend Wasser ins Kühlsystem gepumpt werden kann, was jedoch zur ununterbrochenen Kühlung des Reaktorkerns notwendig ist, um ein Überhitzen des Reaktorkerns zu verhindern.

Solche Situationen seien "sehr unwahrscheinlich". Die ASN stufte die Anomalie auf Niveau 2 in der sieben Stufen zählenden internationalen Störfallskala ein.

Nach Angaben der ASN prüft der staatliche Stromkonzern EdF derzeit, wie das Problem behoben werden kann. EdF werde bis Ende April mitteilen, welche Maßnahmen ergriffen werden können. Änderungen sollten dann ab kommendem Jahr umgesetzt werden.

Diese Übergangsfrist kritisierten die Atomkraftgegner als "unverantwortlich". Schon ein leichtes Erdbeben könne die Leitungen des Primärkreislaufes brechen lassen, betonte "Sortir du Nucléaire". Falle dann auch noch das Notkühlsystem aus, seien ein Schmelzen des Reaktorkerns und damit ein "französisches Tschernobyl" nicht auszuschließen.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in Freiburg wies darauf hin, dass das elsässische Kernkraftwerk Fessenheim besonders betroffen sei. Der vor über 30 Jahren in Betrieb genommene Meiler am Oberrhein ist Frankreichs ältester Druckwasserreaktor.

EdF habe bestätigt, dass die ältesten Reaktoren "besonders gefährdet" seien, weil sie über schwächere Filteranlagen verfügten, betonte ein Sprecher des BUND. In Frankreich erzeugen derzeit 58 Atomreaktoren 78 Prozent des Stroms - dieser Anteil ist höher als in allen anderen Industrieländern.

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