Waffenruhe droht zu scheitern Assad kündigt Rückeroberung ganz Syriens an

Beirut · Wenige Stunden vor dem geplanten Beginn einer Waffenruhe in Syrien haben sich die Zweifel an deren Zustandekommen gemehrt: Präsident Baschar al-Assad kündigte am Montag die Rückeroberung des gesamten Staatsgebiets an.

 Syriens Präsident Baschar al-Assad kündigte am Montag an, jedes Gebiet von den Terroristen zurückerobern zu wollen.

Syriens Präsident Baschar al-Assad kündigte am Montag an, jedes Gebiet von den Terroristen zurückerobern zu wollen.

Foto: afp, LB

"Der syrische Staat ist entschlossen, jedes Gebiet von den Terroristen zurückzuerobern", sagte Assad staatlichen Medien zufolge bei einem seltenen öffentlichen Auftritt in der einstigen Rebellenhochburg Daraja. Die syrischen Streitkräfte würden ihre "Arbeit unerbittlich und ohne Zögern, unabhängig von inneren oder äußeren Umständen" fortsetzen, sagte Assad. Die syrische Führung in Damaskus hatte der Waffenruhe am Samstag zugestimmt.

Türkei will Syrien-Offensive fortsetzen

Die Türkei kündigte ihrerseits an, ihre Ende August gestartete Offensive in Syrien fortzusetzen, bis "alle Terroristen besiegt und unsere Grenzen sicher sind". Dies sagte Generalstabschef Hulusi Akar am Montag laut einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu nach einem Truppenbesuch.

Die einflussreiche Rebellengruppe Ahrar al-Scham erklärte am Sonntagabend ihre Ablehnung der von Russland und den USA erzielten Waffenruhe. Diese würde lediglich die Regierung in Damaskus stärken und das Leiden der Menschen erhöhen. "Das syrische Volk kann keine halben Lösungen akzeptieren", hieß es in einem von der islamistischen Gruppe veröffentlichten Video.

Das wichtigste syrische Oppositionsbündnis, das Hohe Verhandlungskomitee (HNC), verlangte "Garantien" für die Umsetzung der vereinbarten Waffenruhe. Die Opposition fordere insbesondere von den USA Garantien, da sie die Vereinbarung mit ausgehandelt hätten, sagte HNC-Sprecher Salem al-Muslet am Montag. Die Frage sei, ob die syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland die Waffenruhe befolgten "und ihre Luftangriffe und ihre Verbrechen stoppen". Außerdem müsse genauer definiert werden, welche Rebellengruppen als "Terroristen" weiter bekämpft würden.

Waffenruhe soll ab Montagabend gelten

Die Feuerpause soll am Montagabend mit Einbrechen der Dunkelheit in Kraft treten und zunächst für 48 Stunden gelten. Am Wochenende hatte es erneut schwere Kämpfe gegeben; bei Luftangriffen auf die umkämpften Städte Aleppo und Idlib waren Dutzende Menschen getötet worden. Auch am Montag gab es wieder Luftangriffe auf Aleppo.

US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow hatten sich am Freitagabend nach Marathonverhandlungen in Genf auf eine zunächst 48-stündige Waffenruhe für das Bürgerkriegsland verständigt. Ein vorheriger Waffenstillstand, den die Konfliktparteien am 27. Februar auf Vermittlung der USA und Russlands vereinbart hatten, war nie vollständig eingehalten worden und nach mehreren Monaten zerbrochen.

Die jüngste Vereinbarung sieht vor, dass sich die syrischen Regierungstruppen rund um die umkämpfte Großstadt Aleppo zurückziehen und humanitären Helfern Zugang gewähren. Russland muss die Regierungstruppen davon überzeugen, die Rebellengebiete nicht länger zu bombardieren.

Im Gegenzug müssen die USA die mit ihnen verbündeten Rebellengruppen dazu bringen, nicht mehr mit der islamistischen Fateh-al-Scham-Front zu kooperieren. Hält die Waffenruhe eine Woche lang, wollen die USA und Russland ihren Kampf gegen Dschihadisten in Syrien koordinieren.

(sb/afp)
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