Präsidentenwahl in Syrien Assads bizarre Show mitten im Bürgerkrieg

Damaskus · Während im Land immer noch ein Bürgerkrieg tobt, hat Syriens Staatschef Baschar al-Assad unter dem Jubel seiner Anhänger in der Hauptstadt Damaskus seine Stimme bei der Präsidentenwahl abgegeben. Seine Wiederwahl gilt als sicher. Die Nato nennt Assads One-Man-Show eine Farce.

Syrien: Baschar al Assad an der Wahlurne
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Syrien: Baschar al Assad an der Wahlurne

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Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die in Teilen Syriens abgehaltene Präsidentschaftswahl scharf kritisiert. "Die syrische Präsidentschaftswahl ist eine Farce, die internationale Standards für freie, faire und transparente Wahlen nicht erfüllt", sagte Rasmussen am Rande eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister am Dienstag in Brüssel.

"Und ich bin sicher, dass keiner der Alliierten das Ergebnis dieser sogenannten Wahlen anerkennen wird." Inmitten des Bürgerkriegs wählen die Syrer in den von der Regierung kontrollierten Gebieten des Landes am Dienstag einen Präsidenten. Ein Wahlsieg von Amtsinhaber Baschar al-Assad gilt dabei als sicher. Die Regierung kontrolliert etwa zwei Fünftel des Staatsgebiets.

Assad erschien in einem Wahllokal im zentralen Stadtteil Al-Malki nicht weit vom Präsidentenpalast entfernt, wie staatliche Medien und Augenzeugen am Dienstag berichteten. Seine Unterstützer riefen den Angaben nach "Gott segne Assad".

Eine Wiederwahl des Präsidenten gilt - obwohl es erstmals zwei Gegenkandidaten gibt - als sicher. Denn gewählt wird nur in den Gebieten, in denen die Regierungstruppen die Kontrolle haben. Die Opposition ist damit faktisch ausgeschlossen. Für Assad, der im Sommer 2000 Präsident wurde, wäre es die dritte Amtszeit.

Rund 9600 Wahllokale öffneten am Dienstagmorgen nach Angaben der Wahlkommission in Damaskus und von Regierungstruppen gehaltenen Regionen des Landes. Im weitgehend von den Rebellen kontrollierten Norden und Osten findet die Wahl nicht statt. In der Hauptstadt erhöhte die Polizei die Sicherheitsvorkehrungen mit Polizeikontrollen. Autos wurden durchsucht und Pässe geprüft.

Amtsinhaber Baschar al-Assad will sich im Amt bestätigen lassen, seine Wiederwahl gilt als sicher. Gegen den Staatschef treten die zwei regierungsnahen Politiker Maher Hadschdscha und Hassan al-Nuri an. Beide waren in Syrien nur wenigen ein Begriff, bevor sie im April ihre Kandidatur angekündigten. Die Opposition verurteilte die Abstimmung im Vorfeld als Farce.

Es ist die erste Wahl mit mehreren Kandidaten seit mehr als 40 Jahren. Bei den Wahlen Assads und seines vor ihm 30 Jahre herrschenden Vaters konnten die Menschen bisher lediglich mit Ja oder Nein über einen Kandidaten abstimmen.

Insgesamt sind laut Wahlbehörde 15,8 Millionen Syrer stimmberechtigt. Tausende im Ausland lebende Bürger gaben bereits vergangene Woche ihre Voten ab.

Doch viele der 2,7 Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge enthielten sich oder durften aufgrund des Wahlgesetzes ihre Stimme nicht abgeben. Der seit drei Jahren tobende Bürgerkrieg hat Schätzungen zufolge mehr als 160.000 Menschen das Leben gekostet.

Die Kandidaten

Staatschef Baschar al-Assad

Assad ist seit 2000 an der Macht. Er übernahm die Regierungsgeschäfte nach dem Tod seines Vaters, der das Land 30 Jahre geführt hatte. Der heute 48-jährige Assad ist Augenarzt und studierte in London. Eigentlich hätte sein älterer Bruder Bassil auf den Vater folgen sollen, doch Bassil war 1994 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.

Zu Beginn seiner Herrschaft gab sich Assad als Reformer. Doch mit dem immer heftiger werdenden Bürgerkrieg, der 2011 begann, büßte Assad dieses Image vollkommen ein. Assads Familie gehört zur Gruppe der Alawiten, ein Zweig der schiitischen Ausrichtung des Islams. Die syrischen Rebellen sind überwiegend Sunniten.

Hassan al-Nuri

Einer der Mitbewerber bei der Wahl ist der 64-jährige Geschäftsmann Hassan al-Nuri. Er studierte in den USAWirtschaft und Management. Vorübergehend war er Abgeordneter im syrischen Parlament und von 2000 bis 2002 Minister für die Entwicklung der Verwaltung. Bis zur Bekanntgabe seiner Kandidatur war er der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur APvermied Al-Nuri am Wochenende eine klare Abgrenzung von Assad. Vielmehr lobte er ihn als "großen Führer". Im Bürgerkrieg würde er sich politisch und militärisch nicht anders verhalten als Assad. Seinen Schwerpunkt legte Al-Nuri vor der Wahl auf wirtschaftliche Aspekte. Er kritisierte Assads Wirtschaftsberater für Fehlentscheidungen. Selbst will er mit Verwaltungsreformen ein Fundament für eine kluge und freie Wirtschaft schaffen, die Korruption bekämpfen und die Armut reduzieren.

Maher Hadschdschar

Seit zwei Jahren vertritt Maher Hadschdschar seine Heimatstadt Aleppo als Angeordneter im Parlament. Auch er war vor seiner Wahl nicht näher bekannt. Er ist 46Jahre alt. Auch er stimme in politischen und militärischen Fragen zum Bürgerkrieg weitgehend mit Assad überein, sagte er der AP in einem Telefongespräch.

Mehr als zehn Jahre war Hadschdschar Mitglied der Kommunistischen Partei in Syrien. 2000 brach er mit der Partei und gründete mit anderen Abtrünnigen seine eigene politische Gruppe, das Nationale Komitee für die Einheit der Kommunisten.

(ap)
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