Nahost-Konflikt Barack Obama gibt den Friedensstifter

Washington (RPO). Mit einer Einladung zu direkten Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis will der amerikanische Präsident den ins Stocken geratenen Friedensprozess in Nahost wiederbeleben. Die Mehrzahl der politischen Beobachter glaubt nicht, dass ihm dabei ein Durchbruch gelingt. Zwei Tage vor Beginn der Friedensgespräche hat ein Palästinenser im Westjordanland vier Israelis erschossen.

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Foto: AP

Der Hausherr muss ein wenig nachhelfen. Mit sanfter Beharrlichkeit schiebt er seine lange zerstrittenen Gäste aufeinander zu. Während der Herr zur Rechten zuerst die Hand ausstreckt, braucht der zur Linken etwas länger, bevor er sich überwindet. Dünn lächelnd greift Yitzhak Rabin schließlich nach Yassir Arafats Hand. Bill Clinton, der Mann in der Mitte, breitet seine Arme aus, so dass er auch optisch wirkt wie der Schirmherr, ohne den die Versöhnung nicht möglich gewesen wäre.

Am Mittwoch, wenn sich Benjamin Netanjahu und Mahmud Abbas, die Nachfolger Rabins und Arafats, im Weißen Haus treffen, hat auch Barack Obama die Chance, ein schönes Fotomotiv zu arrangieren. Damit enden die Gemeinsamkeiten zwischen dem 13. September 1993 und dem 1. September 2010. Seinerzeit besiegelten Rabin und Arafat ein Autonomie-Abkommen, das ihre Emissäre im kühlen Oslo längst unter Dach und Fach gebracht hatten, ohne Zutun der Amerikaner. Heute stehen Netanjahu und Abbas am Anfang. Nichts ist unterschriftsreif, ohne den massiven Druck des Weißen Hauses säßen beide Seiten wohl nicht einmal am Verhandlungstisch.

Die Angst vor dem Scheitern

In den US-Denkfabriken dominieren die skeptischen Stimmen. "Beide schließen sich dem Prozess an, weil keiner für ein Scheitern des Prozesses getadelt werden möchte", sagt Robert Danin vom Council on Foreign Relations. Sein Kollege Jon Alterman vom Center for Strategic and International Studies zitiert einen Slogan der New Yorker Lotterie: "Du musst mitmachen, um zu gewinnen." Nur das Gespräch eröffne Chancen, freilich ohne Erfolgsgarantie.

Dass der Zeitplan -- ein Friedensvertrag binnen zwölf Monaten -- eingehalten werden kann, glauben nur die allerkühnsten Optimisten. Und eine Meldung von gestern scheint den Skeptikern recht zu geben: Bei einem vermutlich palästinensischen Anschlag im Westjordanland wurden vier Israelis getötet. Auch das Ende eines zehnmonatigen, israelisches Teil-Moratorium zum Siedlungsbau im Westjordanland am 26. September dürfte die Verhandlungen nicht einfacher machen.

Wie ein roter Faden zieht sich das Wort von einem dritten Camp David durch die Kommentare. Am Landsitz des US-Präsidenten in den Catoctin Mountains handelten Anwar el-Sadat und Menachem Begin 1978 unter der Ägide Jimmy Carters einen Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel aus. An gleicher Stelle scheiterten 2000 Ehud Barak und Yassir Arafat, als Clinton sie zu einer Regelung aller offenen Streitfragen (Grenzen, Flüchtlinge, Status Jerusalems) bewegen wollte.

Kraftakt in der Waldidylle

Auf einen Marathon in Camp David, glauben viele, läuft es auch diesmal hinaus. Im direkten Dialog werden Israelis und Palästinenser ihre Differenzen nicht ausräumen können. Am Ende bleibt dem US-Präsidenten nichts anderes übrig, als sich wochenlang persönlich einzuschalten, bei einem Kraftakt in der Waldidylle.

Populär ist ein solches Szenario nicht, jedenfalls nicht in den USA. Schon jetzt muss sich Obama in den Medien dafür kritisieren lassen, dass er die Prioritäten falsch setzt: Statt sich um Jobs zu kümmern, verschwende er seine Zeit für eine diplomatische Show. Der Aufschwung stockt, die Angst vor einer zweiten Rezession und Rekorddefiziten wird die Kongresswahlen im November bestimmen. Kümmert sich Obama zu intensiv um den Frieden im Nahen Osten, trägt es ihm zu Hause schnell den Vorwurf ein, dass er sich hoffnungslos verzettelt.

"Wenn es zu einem Engpass kommt, und dazu wird es kommen, ist es der Präsident, der die Dinge in Ordnung bringen muss", prophezeit Aaron David Miller, einer von Bill Clintons Nahost-Unterhändlern. Deutlich optimistischer, und damit fast allein auf weiter Flur, klingt Martin Indyk, der unter Clinton US-Botschafter in Israel war. Seit dem Kompromiss von Oslo hätten Israelis und Palästinenser doch schon mit erschöpfender Gründlichkeit über alle Konfliktpunkte geredet, doziert der Diplomat. "Eigentlich gibt es gar nicht mehr viel zu verhandeln."

(RP)
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