USA stationieren Truppen in Australien Barack Obama fordert China heraus

Washington · Die USA wollen in Australien Soldaten stationieren. Die eher symbolische Truppe soll die amerikanischen Ansprüche in der Region dokumentieren – vor allem gegenüber Peking. Der US-Präsident betont, in Asien gebe es die meisten Atommächte und lebe die Hälfte der Menschheit.

Ein wenig klang es wie bei der Rückkehr alternder Rockstars auf die große Bühne: Wir sind wieder da! "Die Vereinigten Staaten sind eine pazifische Macht, und wir sind hier, um zu bleiben", sagte Barack Obama im australischen Parlament, wo er eine seiner wichtigsten weltpolitischen Reden hielt. Er habe die "überlegte und strategische" Entscheidung getroffen, dass die USA eine größere, eine langfristige Rolle in der Region spielen sollten, fügte der Präsident hinzu.

In Washington macht das Wort von der Weichenstellung die Runde: weg von Europa und hin zu Asien, wo im 21. Jahrhundert sowieso die Musik spiele. Verstehen lassen sich Obamas Sätze nur vor dem Hintergrund der aktuellen amerikanischen Debatte, die geprägt ist von der Einsicht, dass der angeschlagenen Supermacht die Kraft fehlt, um der Welt ihren Stempel aufzudrücken. Bei den Republikanern haben jene Politiker Konjunktur, die einen weitgehenden Rückzug Amerikas aus dem internationalen Geschehen fordern.

Vor diesem Hintergrund ist ist die Asien-Offensive des Weißen Hauses um so bemerkentswerter. Es war Außenministerin Hillary Clinton, die den strategischen Ansatz formulierte: "Die Zukunft der Weltpolitik entscheidet sich in Asien, und die USA werden direkt im Zentrum dieser Entwicklungen stehen", schrieb sie in einem Essayund beschwor den Aufbau neuer Bündnisstrukturen nach dem Modell transatlantischer Netzwerke, wie sie nach 1945 mit Westeuropa geknüpft wurden. "Die Zeit ist reif, dass die USA ähnliche Investitionen als Pazifikmacht tätigen." Langsam nimmt Konturen an, was sich hinter den Worten verbirgt. In Darwin, im Norden Australiens, sollen ab 2012 Marineinfanteristen stationiert werden, zunächst 250, später 2500. Es bedeutet Uncle Sams militärische Rückkehr in die Region Südostasien.

Anfang der 1990er Jahre hatten die Amerikaner ihre letzten größeren Stützpunkte in der Region geschlossen, Clark Field und Subic Bay auf den Philippinen. Nun signalisiert die australische Basis eine Wende, wenn auch zunächst nur symbolisch. Mit ihr zeigen die USA Flagge in der Nähe des konfliktbeladenen Südchinesischen Meeres, wo sich Gebietsansprüche Chinas mit denen Vietnams und der Philippinen überschneiden.

Clinton bezeichnet das Südchinesische Meer als Gewässer von "nationalem Interesse", schon wegen der Handelsrouten, die es durchqueren. Dann der Schulterschluss mit Hanoi, eines der aufregendsten Kapitel amerikanischer Asien-Diplomatie. Erst vor Jahresfrist erreichte das Pentagon, dass US-Kriegsschiffe wieder im Flottenstützpunkt Cam Ranh Bay, während des Vietnamkrieges eine der Drehscheiben der Navy, vor Anker gehen dürfen.

Auf der japanischen Insel Okinawa und in Südkorea wiederum haben amerikanische Truppen das Sternenbanner nie eingeholt. Allein in Südkorea stehen noch immer rund 25 000 GIs. Unumstritten ist die Präsenz nicht, zumal einflussreiche Kongressabgeordnete die hohen Kosten kritisieren.

"Kürzungen des Verteidigungshaushalts werden nicht – ich wiederhole: werden nicht – auf Kosten der Asien-Pazifik-Region gehen", entgegnet Obama. Dass die Strategie auf eine Eindämmung Chinas hinausläuft, gilt in Washington als offenes Geheimnis. Auch wenn der Präsident die Behauptung zurückweist, China solle isoliert werden.

Die USA begrüßten den Aufstieg eines "friedlichen und wohlhabenden China", sagte Obama in Australien. "Aber wir werden Peking weiter klar machen, welche Bedeutung der Einhaltung internationaler Normen und die Respektierung der Menschenrechte haben."

Alten Realpolitikern wie Henry Kissinger, der Anfang der Siebziger mit der Ping-Pong-Diplomatie das Eis im Verhältnis zu Peking brach, macht der neue Kurs indes Sorgen. Wie sich Kissinger die künftige Pazfik-Weltvorstellt, hat er in seinem Buch "On China" umrissen. Darin legt er seinen Nachfolgern im State Department ans Herz, eine umfassende pazifische Gemeinschaft anzustreben und das Reich der Mitte auf keinen Fall auszuschließen – allein der Versuch sei unrealistisch.

(rm)
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