Attacken in Gaza Massiver Mörsergranaten-Angriff auf Israel

Gaza/Tel Aviv · Mörsergranaten und Raketen auf Städte im Süden des Landes: Israel erlebt den schwersten Angriff seit dem Gaza-Krieg 2014. Die Armee schlägt hart zurück.

 Eine Rauchwolke ist über dem Gazastreifen zu sehen, nachdem die israelische Luftwaffe Ziele in dem Palästinensergebiet angegriffen hat.

Eine Rauchwolke ist über dem Gazastreifen zu sehen, nachdem die israelische Luftwaffe Ziele in dem Palästinensergebiet angegriffen hat.

Foto: dpa/Ashraf Amra

Es ist die schwerste Eskalation der Gewalt an der Gaza-Grenze seit dem Krieg 2014: Dutzende Mörsergranaten und Raketen wurden am Dienstag aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert, wie die israelische Armee mitteilte. Gegen Mittag griff die israelische Luftwaffe als Reaktion darauf mehr als 30 Ziele der radikalen Palästinenserorganisationen Islamischer Dschihad und Hamas an. Die EU und die UN verurteilten die palästinensischen Attacken scharf. Ein Versuch palästinensischer Aktivisten, die israelische Seeblockade zu durchbrechen, scheiterte indes.

Die israelische Armee teilte mit, rund 25 der Geschosse aus dem Gazastreifen seien von dem Abwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) abgefangen worden. Allerdings sei eine Mörsergranate im Hof eines Kindergartens im Süden Israels eingeschlagen. Berichte über bis zu sechs leicht bis mittelschwer verletzte israelische Soldaten bestätigte die Armee zunächst nicht.

Schule stark beschädigt

Bei den israelischen Angriffen in Gaza wurde nach Angaben der Armee auch ein Angriffstunnel im Bereich des Warenübergangs Kerem Schalom an der Grenze zu Ägypten zerstört. In dem Küstengebiet wurde laut Bildungsministerium in Gaza auch eine Schule stark beschädigt, während die Schüler dort ihre Abschlussprüfungen schrieben. Es gab keine Berichte von Verletzten.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte bereits am Vormittag eine harte militärische Reaktion auf den Beschuss angekündigt. Nach Medienberichten berief er eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsstabs ein.

Der israelische Militärsprecher Jonathan Conricus machte die Hamas und den Islamischen Dschihad für die Angriffe auf Israel verantwortlich. Am Sonntag waren bei einer israelischen Attacke im südlichen Gazastreifen drei Mitglieder des bewaffneten Flügels der Organisation getötet worden.

Ägypten versuche, die Lage zu beruhigen

Es liege jetzt in den Händen der Hamas, ob die Situation in den kommenden Tagen weiter eskalieren werde oder nicht. „Ruhe wird mit Ruhe beantwortet werden, Feindseligkeiten dagegen mit einer angemessenen Reaktion“, sagte der Armeesprecher. Israel habe kein Interesse an einer Eskalation.

Der Islamische Dschihad lobte nach palästinensischen Medienberichten die Angriffe auf Israel, bekannte sich aber nicht dazu.

Die Hamas sprach sich ebenfalls für die Attacken aus. „Was der bewaffnete palästinensische Widerstand heute Morgen getan hat, ist Teil des natürlichen Rechts auf Verteidigung unseres Volkes und Antwort auf die verbrecherischen Tötungen durch Israelis“, sagte ein Sprecher der radikalislamischen Organisation.

Nach Medienberichten versucht Ägypten, die Lage zu beruhigen und mit der Hamas zu verhandeln.

Es war das erste Mal seit Beginn der Proteste entlang der Gaza-Grenze am 30. März, dass Geschosse auf Israel abgefeuert wurden. Seit Ende März sind mehr als 120 Palästinenser bei Massenprotesten und Konfrontationen mit israelischen Soldaten am Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen getötet worden. Tausende wurden verletzt.

EU verurteilt Angriffe

Die EU verurteilte die Angriffe auf Israel scharf. „Ich kenne die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden in Südisrael, aber wahllose Angriffe sind völlig inakzeptabel und vorbehaltlos zu verurteilen“, schrieb der EU-Botschafter in Israel, Emanuele Giaufret, auf Twitter.

Der UN-Nahostgesandte Nikolay Mladenov sagte: „Solche Angriffe (...) untergraben die ernsthaften Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die Situation in Gaza zu verbessern.“ Er forderte alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf.

Ein Boot mit 17 palästinensischen Aktivisten an Bord wurde auf dem Meer von der israelischen Marine abgefangen. Die Palästinenser wollten als Protestaktion die Seeblockade des Küstengebiets durchbrechen. Vier israelische Boote hätten die „Al-Hurija“ (Die Freiheit) knapp 17 Kilometer vor der Küste gestoppt, sagte Adham Abu Selmeja von der Palästinensischen Kommission gegen die israelische Blockade. Die Armee bestätigte, dass das Boot abgefangen wurde.

Auf der „Al-Hurija“ fuhren nach Angaben der Organisatoren auch zwei Palästinenser mit, die bei den Konfrontationen mit israelischen Soldaten an der Grenze zu Israel in den vergangenen Wochen verletzt worden waren.

Blockade seit zehn Jahren

Israel hat vor mehr als zehn Jahren eine Blockade über das Küstengebiet verhängt. Sie wird derzeit von Ägypten mitgetragen. Israel begründet die Blockade mit Sicherheitsinteressen. Im April weitete Israel die Fischereizone von sechs auf neun Meilen (knapp 17 Kilometer) aus.

Die Aktion erfolgt acht Jahre nach der Erstürmung des Gaza-Solidaritätsschiffs „Mavi Marmara“ durch die israelische Marine. Dabei waren zehn türkische Staatsbürger getötet worden.

Der US-Gesandte für den Nahost-Friedensprozess, Jason Greenblatt, verurteilte die palästinensische Aktion. „Hamas behandelt das wie ein Theaterstück, das nur für die Live-Berichterstattung aufgeführt wird“, twitterte er. „Aber das sind echte Leben, die Hamas zynisch riskiert in einem erbitterten Versuch, an der Macht zu bleiben.“

Israel hat mit dem Bau einer Sperranlage im Meer vor dem Gazastreifen begonnen. Die Arbeiten sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

(eler/dpa)
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