Saudi-Arabien zieht Botschafter aus Syrien ab Assad wechselt Verteidigungsminister aus
Damaskus (RPO). Inmitten der gewaltsam unterdrückten Proteste in Syrien wechselt Präsident Baschar al-Assad seinen Verteidigungsminister aus. Ali Habib werde durch General Daud Radschha abgelöst, berichtete das staatliche syrische Fernsehen am Montag. Derweil setzten erstmals auch arabische Staaten Assad unter Druck. Nach der blutigsten Woche in den seit fünf Monaten andauernden Kämpfen in Syrien beendeten Saudi-Arabien, Bahrain und Kuwait ihr Schweigen und zogen ihre Botschafter aus Damaskus ab.
Die Außenminister der Golf-Staaten würden in Kürze die Lage in Syrien beraten, kündigte der kuwaitische Außenminister Scheich Mohammed al-Salem al-Sabah an. Assad zeigte sich unbeeindruckt. In der Protesthochburg Deir al-Sor setzten Panzereinheiten nach Augenzeugenberichten ihre Angriffe fort.
Der Verteidigungsminister in Syrien nimmt hauptsächlich protokollarische Aufgaben wahr. Tatsächlich hat Assads gefürchteter Bruder Maher die Kontrolle über die Streitkräfte. Auch ihr Schwager Assef Schawkat nimmt als stellvertretender Generalstabschef eine Schlüsselrolle wahr.
In einer noch nie dagewesenen Schärfe wandte sich der saudische König Abdullah an Assad: "Was in Syrien passiert, ist nicht annehmbar für Saudi-Arabien." Syrien solle gut nachdenken, bevor es zu spät sei. Das Land müsse echte Reformen beschließen. "Entweder wird Syrien sich weise zum eigenen Vorteil entscheiden oder es wird niedergerissen in die Tiefen von Aufruhr und Verlusten", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Das Blutvergießen müsse aufhören.
Auch die Arabische Liga, die bislang direkte Kritik an Assad vermieden hatte, forderte die syrischen Behörden auf, alle Gewalt gegen die Demonstranten umgehend zu stoppen. Allerdings erklärte der Liga-Vorsitzende Nabil Elaraby auch, drastische Maßnahmen seien von seiner Organisation nicht zu erwarten. Die Liga setze darauf, den Konflikt Schritt für Schritt zu beenden.
Die USA begrüßten die Entscheidung der arabischen Staaten.
Erdogan: Meine Geduld ist am Ende
Mit der Türkei wandte sich ein weiterer, bislang Syrien positiv gesonnener Staat von Assad ab. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, seine Geduld sei am Ende. Der türkische Außenminister werde am Dienstag nach Damaskus reisen, um den Standpunkt der Türkei klar zu machen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte den syrischen Präsidenten erneut auf, die Gewalt gegen Zivilsten einstellen. Am Mittwoch will er im UN-Sicherheitsrat die Lage in dem Land erörtern.
Auch die Bundesregierung erhöhte den diplomatischen Druck. Assad verliere seine Legitimation als Präsident, wenn er nicht auf Gewaltanwendung verzichte, erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, der deutsche Botschafter bleibe in Damaskus, weil damit ein Informationskanal erhalten bleibe.
Panzer feuern auf Wohnviertel
In Deir al-Sor nahmen Panzerfahrzeuge zwei Wohnviertel unter Artilleriefeuer. Tausende seien auf der Flucht, sagte ein Augenzeuge, der sich Mohammed nannte. "Private Krankenhäuser sind geschlossen, und die Leute haben Angst, die Verletzten in staatliche Einrichtungen zu schicken, weil diese von der Geheimpolizei kontrolliert werden." Seit Sonntag sind nach Angaben Oppositioneller in Deir al-Sor 50 Menschen getötet worden. Weitere 13 Menschen wurden demnach bei Panzerangriffen auf Dörfer nahe der Stadt Homs getötet.
In den staatlichen Medien wird diesen Darstellungen widersprochen. Die staatliche Nachrichtenagentur berichtete, nicht ein einziger Panzer sei in Deir al-Sor hineingerollt. Berichte über Panzer in der Stadt seien das Werk von Provokateuren, die auf Satellitenkanälen sendeten.
Deir al-Sor wird hauptsächlich von Sunniten bewohnt, der Bevölkerungsmehrheit, die sich vielfach von den Alawiten, denen auch Assad angehört, unterdrückt fühlt. Bei Kundgebungen in der Provinzhauptstadt mit über einer halben Million Einwohnern wurde unter anderem gegen die Kooperation Assads mit schiitischen Politikern demonstriert.
"Der Angriff auf Deir al-Sor könnte einen Wendepunkt darstellen, bei dem die Menschen anfangen, ihre Waffen gegen das Regime zu erhaben", sagte ein Aktivist. In der Region hatten die Behörden ursprünglich die Bewaffnung der Stämme erlaubt als Gegengewicht zu der kurdischen Bevölkerung im Nordosten. Nach Jahren der Wasserknappheit, Korruption und Missmanagement, der zum Wegzug von rund einer Million Menschen führte, ist der Ruf der Regierung Assads beschädigt.