Aserbeidschans Militär attackiert Berg-Karabach Eine hochgefährliche Eskalation
Meinung | Düsseldorf · Wieder will ein Staat seine Interessen mit Gewalt durchsetzen. Aserbaidschan schickt seine Truppen nach Berg-Karabach. Ein Flächenbrand ist nicht ausgeschlossen.
Die Operation der aserbaidschanischen Spezialkräfte gegen die armenische Minderheit in Berg-Karabach fügt den vielen aktuellen militärischen Konflikten einen weiteren gefährlichen Waffengang hinzu. Immer wieder eskaliert die Situation im Kaukasus, seit Aserbaidschan seine Armee mit Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft aufgerüstet hat und sich auch durch das instabile internationale Umfeld ermutigt sieht, seine Ansprüche mit Gewalt durchzusetzen.
Damit folgt ein weiterer Staat dem russischen Vorbild, seine Interessen unter Bruch des Völkerrechts zu verfolgen. Die Begründung ähnelt der des Kremlchefs Putin. Es ist von einem „Anti-Terror-Einsatz“ gegen armenische Kräfte die Rede. Angeblich hätten armenische Minen aserbaidschanische Soldaten getötet, was jetzt zur „großangelegten Militäroffensive“ der Regierung in Baku geführt habe. Die armenische Seite widerspricht dieser Darstellung.
Die Lage zwischen den beiden Kaukasus-Ländern ist höchst kompliziert. Armenien sieht sich als Schutzmacht der Landsleute in Berg-Karabach und hatte deren Unabhängigkeit, die freilich von keinem UN-Staat anerkannt wird, militärisch unterstützt. Das hatte Aserbaidschan in mehreren bewaffneten Auseinandersetzungen korrigiert. Jetzt ist Baku dort weitgehend Herrin der Lage, allerdings herausgefordert durch die Minderheit, die sich dem Diktat Aserbaidschans nicht beugen will. Das Gebiet gehört zwar völkerrechtlich zu Aserbaidschan, gleichzeitig ist dieser Staat verpflichtet, Minderheitsrechte zu achten. Und das tut es nicht.
International wird Armenien von Russland, Aserbaidschan von der Türkei unterstützt. Beide Länder halten bewaffnete Einsätze für ein legitimes Mittel, nationale Interessen durchzusetzen. Und beide halten sich für dominante Regionalmächte in diesem Gebiet. Der Machtkampf und das nach militärischen Erfolgen erreichte Übergewicht Aserbaidschans erschwert eine Konfliktlösung. Der Waffenstillstand jedenfalls hat sich als sehr brüchig erwiesen. Angesichts einer polarisierten Weltgemeinschaft werden nun solche regionalen Konflikte immer häufiger. Die Welt ist unfriedlicher geworden.