Buenos Aires Argentiniens große Herausforderungen

Buenos Aires · Nach den Wahlen wartet Argentinien auf erste Signale des künftigen Präsidenten Alberto Fernandez.

Buenos Aires: Argentiniens große Herausforderungen
Foto: dpa/Fernando Gens

„Cambio, Cambio“ (Wechsel, Wechsel) – das rufen die Schwarzmarkthändler an fast jeder Ecke in Buenos Aires. Es sind illegale Geldwechsler, die im Tausch gegen den stabilen brasilianischen Real, den US Dollar oder den Euro argentinische Pesos tauschen. Ihre Präsenz hat zugenommen, vor den Wechselstuben gibt es große Schlangen. Die Unruhe ist groß, die argentinische Zentralbank hat nach dem Sieg des linksgerichteten Oppositionskandidaten Alberto Fernandez bei den Präsidentschaftswahlen eine Beschränkung des Dollar-Kaufs für Einzelpersonen angekündigt und bis Dezember die Maximalsumme auf 200 US Dollar monatlich festgelegt.

Innerhalb der letzten zwei Monate stürzte der Peso radikal ab. Nach den Vorwahlen, die den Sieg des Linkspopulisten Fernandez ankündigten, der sich am Sonntag bestätigte, verlor der Peso im Vergleich zum US Dollar massiv, die Inflationsrate liegt bei 50 Prozent. Die Argentinier flüchten wieder in den Dollar. Das Land leidet immer noch unter seinen Altschulden. Argentiniens linksgerichtete Ex-Präsidentin Cristina Kirchner weigerte sich während ihrer Amtszeit, die Schulden zu begleichen, ihr konservativer Nachfolger Mauricio Macri versuchte, mit einem wirtschaftsfreundlichen Kurs die Probleme in den Griff zu bekommen und einigte sich mit einigen Investoren. Beide scheiterten auf ihre Art.

Kirchner, weil sie das Vertrauen der Anleger verlor. Macri, weil die Wirtschaft nicht ansprang. Nun muss Fernandez eine Lösung finden. Als wahrscheinlich gilt, dass er versucht, die Schulden neu zu verhandeln, um seinem Land einen Neustart zu ermöglichen. Nicht wenige Analysten glauben, dass Argentinien wieder mal seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann.

Argentiniens Krise ist überall zu spüren. Die Armutsrate liegt nach neuesten Statistiken bei rund 35 Prozent, ein Drittel der Argentinier lebt also in prekären Verhältnissen. Der neue Präsident gewann vor allem in den Armenvierteln in der Provinz Buenos Aires seine Stimmen. „Hier ist der Absturz des Lebensstandards besonders schwerwiegend“, sagt der populäre Armenpriester Jose „Padre Pepe“ di Paoli, der als Freund von Papst Franziskus gilt. „Die Leute haben Probleme das Essen auf den Tisch zu bekommen.“ Er gehörte zu einer Gruppe von populären Priestern, die sich im Wahlkampf auf die Seite von Alberto Fernandez schlugen.

Um den Hunger und die Armut zu bekämpfen, will Fernandez eine Art Sozialpakt schmieden und einen Nationalen Plan gegen den Hunger auflegen. Was das konkret bedeutet, hat Fernandez noch nicht mitgeteilt. Seine Amtszeit beginnt erst im Dezember. „Bis dahin ist Macri für alle Entscheidungen verantwortlich“, ließ Fernandez wissen. Für diese Sozialprogramme braucht Fernandez allerdings Geld, das in der Staatskasse fehlt.

Die Bilder des Beginns einer versöhnlichen Amtsübergabe zwischen Macri und Fernandez sorgten für eine erste Beruhigung der Lage. Mit Spannung erwarten die Argentinier nun die ersten verbindlichen Aussagen von Fernandez, der sich im Wahlkampf auf Attacken gegen die amtierende Regierung beschränkte und offenließ, welche tatsächlichen Maßnahmen er ergreifen will.

Argentiniens Wirtschaft ist ziemlich abgeschottet. Das mit der Europäischen Union abgeschlossene Mercosur-Handelsabkommen sollte das ändern und vor allem für die argentinische Landwirtschaft neue Märkte öffnen. Doch das Abkommen ist bei der argentinischen Linken ähnlich umstritten wie bei den NGOs in Deutschland. Bislang ist die argentinische Wirtschaft vor allem auf den Binnenmarkt ausgerichtet, umso härter trifft sie die aktuellen Turbulenzen um den Peso. Die Hyperinflation, die Armut, die fehlende Investitionen sind die größten Probleme, die Fernandez jetzt anpacken muss. Seine Landsleute warten auf Antworten.

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