Regierung vermutet Suizid Argentinischer Staatsanwalt und Präsidentenkritiker erschossen

Buenos Aires · Wenige Stunden vor seiner geplanten Anhörung im Kongress ist ein argentinischer Staatsanwalt und Regierungskritiker tot aufgefunden worden. Die Leiche von Alberto Nisman sei in der Nacht in seiner Wohnung in Buenos Aires gefunden worden, erklärten die Behörden am Montag.

 Alberto Nisman

Alberto Nisman

Foto: ap

Neben ihm habe eine Pistole gelegen. Die Regierung ging von einem Suizid aus. Oppositionspolitiker deuteten eine Ermordung Nismans an, dessen Ermittlungen Präsidentin Cristina Kirchner belasteten.

Der Staatsanwalt ermittelte seit dem Jahr 2004 zu dem Bombenanschlag auf die jüdische Wohlfahrtsorganisation Amia im Jahr 1994, bei dem 85 Menschen getötet und 300 weitere verletzt worden waren. Nisman machte den Iran für den Anschlag verantwortlich und warf Präsidentin Kirchner sowie ihrem Vorgänger Carlos Menem (1989 bis 1999) vor, die Ermittlungen zu behindern, um das Verhältnis zu Teheran nicht zu belasten.

Vergangene Woche forderte Nisman eine Untersuchung des Kongresses, um Kirchners Umgang mit den Ermittlungen zu klären. Er wollte am Montag im Parlament Beweise für seine Vorwürfe gegen Kirchner und Außenminister Hector Timerman präsentieren. Nach eigenen Angaben verfügte er über Mitschnitte von Telefonaten, die bewiesen, dass Regierungsvertreter im Gegenzug für iranische Wirtschaftsaufträge zusagten, die Ermittlungen zurückzustellen. Nisman ordnete zudem an, Vermögen von Kirchner, Timerman und anderen Regierungsvertretern im Gesamtwert von knapp 20 Millionen Euro einzufrieren. Die Regierung wies die Vorwürfe kategorisch zurück.

Nisman soll Drohungen erhalten haben

Während die Oppositionsabgeordnete Patricia Bullrich sagte, Nisman habe in Telefonaten mit ihr am Samstag über Drohungen berichtet, ging die Regierung nicht von einem Fremdverschulden aus. "Alles deutet auf Suizid hin", sagte Sicherheits-Staatssekretär Sergio Berni. Bullrich sagte: "Ein toter Staatsanwalt kurz vor einer Kongressanhörung zu einer Angelegenheit des internationalen Terrorismus ist extrem ernst." Oppositionsführerin Elisa Carrio sprach von "einer Ermordung".

Die Staatsanwältin Viviana Fein hatte zuvor bestätigt, dass der Tod Nismans durch eine Schusswaffe herbeigeführt worden sei. Neben der Leiche sei eine Pistole vom Kaliber .22 gefunden worden. Laut den Behörden fand ihn seine Mutter im Badezimmer seiner Wohnung, nachdem ihn seine Sicherheitsleute nicht erreichen konnten.

Die argentinische Regierung beschuldigt den Iran, hinter dem Anschlag auf Amia gesteckt zu haben. Der Anschlag ereignete sich zwei Jahre nach einem Selbstmordanschlag auf die israelische Botschaft in Buenos Aires, bei dem 29 Menschen getötet und mehr als 200 weitere verletzt worden waren. Argentinien hat mit rund 300.000 Juden die größte jüdische Gemeinde Lateinamerikas. Der Iran weist jegliche Verantwortung für die Anschläge zurück.

Argentinien verlangt wegen der Anschläge die Auslieferung von acht Verdächtigen aus dem Iran, darunter Ex-Verteidigungsminister Ahmed Wahidi und Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani. 2013 vereinbarten Argentinien und der Iran die Bildung einer "Wahrheitskommission" aus fünf unabhängigen Mitgliedern, um die Ereignisse aufzuklären. Teheran erlaubte zudem einem argentinischen Richter, zur Befragung der Verdächtigen in den Iran zu reisen.

Die israelische Regierung äußerte ihr Bedauern über den Tod Nismans und forderte die argentinischen Behörden auf, dessen Ermittlungsarbeit fortzusetzen. "Der mutige Jurist und furchtlose Kämpfer für Gerechtigkeit war sehr entschlossen, die Täter und ihre Auftraggeber aufzudecken", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Emmanuel Nachschon. Israel hoffe, dass die argentinischen Behörden die Hintermänner des Anschlags ihrer Strafe zuführen würden.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort