Antrittsbesuch in Paris Scholz und Macron bekräftigen deutsch-französische Zusammenarbeit

Der Antrittsbesuch des neuen Bundeskanzlers Scholz in Paris verläuft harmonisch. Erste Bruchstellen mit Emmanuel Macron sind allerdings bereits erkennbar.

 Zwei Tage nach der Amtsübernahme besucht Bundeskanzler Olaf Scholz den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris.

Zwei Tage nach der Amtsübernahme besucht Bundeskanzler Olaf Scholz den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Emmanuel Macron kam die Eingangstreppe des Elysée-Palasts hinunter, um den neuen Bundeskanzler Olaf Scholz mit einem Faustcheck und einem Tätscheln des Armes zu begrüßen. Auf den ersten Blick änderte sich mit dem Regierungswechsel also nichts zwischen Deutschland und Frankreich. „Die deutsch-französischen Beziehungen werden sich weiter gut entwickeln können“, versicherte Scholz bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Der Präsident betonte, dass er die enge Zusammenarbeit, die er mit Angela Merkel gepflegt habe, mit „Cher Olaf“ fortsetzen wolle.

In der französischen Regierung herrscht die Hoffnung, dass mit der neuen Bundesregierung sogar einiges leichter werden könnte als mit der alten. Die Forderung Macrons nach europäischer Souveränität stößt in der Ampel-Koalition nämlich auf ein positives Echo. Beide Länder wollten Europa stärken, versicherte Scholz, der Macron bereits aus seiner Zeit als Finanzminister kennt. „Es geht um europäische Souveränität in allen Dimensionen, die dazu gehören“. Das gelte sowohl für ökonomische Fragen als auch für die Sicherheits- und Außenpolitik. „Wichtig ist, dass wir da gleichgerichtet agieren.

Der Bundeskanzler bemühte sich, keine Bruchstellen mit dem französischen Partner erkennen zu lassen. Dabei wurde schon am Freitag klar, dass die EU-Haushaltsregeln Konfliktpotenzial bergen. Macron hatte Scholz brüskiert, als er nur wenige Stunden vor dessen Besuch das Defizit-Kriterium von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für überholt erklärte. „Wir müssen unsere alten Tabus und unsere alten Fetische hinter uns lassen“, forderte der Präsident am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, in der er die Pläne für die französische EU-Ratspräsidentschaft vorstellte.

Wachstum und solide Finanzen „kein Gegensatz“

Scholz, der für seine Haushaltsdisziplin bekannt ist, verwies auf das 750 Milliarden teure, durch gemeinsame Schulden finanzierte Corona-Hilfspaket. Damit hätten beide Länder gezeigt, dass sie die Krise in großem Umfang gemeinsam bekämpften. Nun gehe es zwar darum, das Wachstum in der EU weiter zu verfolgen. Gleichzeitig müsse aber auch für solide Finanzen gesorgt werden. „Es ist möglich, beides gemeinsam zu erreichen und kein Gegensatz.“

Den Streit um die Einstufung der Atomkraft in Brüssel als klimafreundliche Investition spielte Scholz als „aufgeregte Diskussion“ herunter. Schließlich gehe es nur um die Bewertung von Unternehmen für mögliche Finanzinvestoren. „Wir sollten das Thema genau da einordnen, wo es hingehört.“ Deutschland lehnt eine Einstufung der Kernenergie als nachhaltig ab. Frankreich, das gut 70 Prozent seines Stroms aus seinen 56 Atomreaktoren bezieht, würde dagegen von einem solchen EU-Label profitieren - vor allem für den Bau neuer Atomkraftwerke.

Einigkeit bestand in der Reaktion auf den Ukraine-Konflikt. Hier könnte das unter Merkel und Macrons Vorgänger François Hollande entwickelte Normandie-Format, in dem Russland und die Ukraine zusammen mit Deutschland und Frankreich an einem Tisch sitzen, wiederbelebt werden. Die Situation an der Grenze zur Ost-Ukraine, wo Russland Truppen zusammenzieht, werde mit Sorge betrachtet, sagte Scholz. „Die Unverletzbarkeit der Grenze gehört zu unseren Prinzipien. Es hat schon einmal geholfen, sich darüber klar zu werden“, ergänzte der Kanzler.

Schon im Wahlkampf hatte Scholz versprochen, dass ihn seine erste Auslandsreise nach Paris führen werde. Ebenso wie der CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet war er schon vor der Bundestagswahl von Macron empfangen worden. Der Präsident beansprucht nach dem Abgang Merkels die Führungsrolle in Europa. Mit viel Selbstbewusstsein trug er am Donnerstag seine Pläne für die EU unter französischer Ratspräsidentschaft vor. Im Mittelpunkt steht die Reform des Schengenraums, für den es - ähnlich wie für die Eurozone - künftig ein politisches Steuerungsinstrument geben soll. „Ich, der Präsident Europas“ titelte die Zeitung „Libération“ am Freitag zu einem Macron-Foto ironisch.

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