Kanzlerin besucht China Angela Merkel zwischen Pfeffer und Fabrik

Chengdu · Am liebsten würde die Kanzlerin hier den ganzen Tag verbringen. Gemüse einkaufen, Gewürze aussuchen und hier und da einmal kosten. Das geht aber weder in Berlin noch auf dem Shenxianshu-Markt in Chengdu.

Merkel besucht China: Kanzlerin besucht Markt und VW-Werk
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Hier bieten chinesische Bauern ihre Waren günstiger als die Supermärkte an und viele Städter kommen deshalb in die riesigen Hallen. Fremde Gerüche, Farbenpracht durch Chili jeder Art, Koriander, Safran, Pfeffer und getrockneten Nudeln. Aber Angela Merkel hat dafür nur wenig Zeit.

Am Morgen hat sie in der 14-Millionen-Metropole am deutsch-chinesischen Dialogforum teilgenommen, eine Urbanisierungsveranstaltung eröffnet und ein Sozialprojekt für Kinder von Wanderarbeitern besucht. Gleich darauf folgt ein Gespräch mit dem Parteisekretär Chengdus, dann mit dem Provinz-Gouverneur, danach die Besichtigung eines Joint-Ventures von VW und dem chinesischen Automobilhersteller FAW, schließlich Flug nach Peking und ein Abendessen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang.

Es ist der erste Tag ihrer China-Reise. Ihrer siebten bisher als Kanzlerin, und diesmal ist Merkel vergleichsweise lang unterwegs: zweieinhalb Tage im Reich der Mitte plus Hin- und Rückflug. China ist für Deutschland trotz sinkender Wachstumsraten ein immens wichtiger Wirtschaftspartner, und Merkel will nicht den Anschluss an die internationale Entwicklung der Beziehungen zu China verlieren, das auf Augenhöhe nur Russland und die USA sieht.

Wenn es sich Chinesen leisten können, schicken sie ihre Kinder zum Studium nach Amerika, heißt es. So auch Wang Fang, einer der Verwalterinnen des Shenxianshu-Marktes, die für Ordnung vor Merkels Besuch sorgen soll. Sie wischt noch schnell den Eingang, bevor die Kanzlerin eintrifft, macht unzählige Fotos von sich und deutschen Delegationsmitgliedern und berichtet stolz, dass ihr Sohn in Harvard studiert hat.

Aber wer wie Deutschland für Qualität in der Wirtschaft steht, ist für Peking interessant. Deshalb wird Merkel wie ein Staatsoberhaupt behandelt. Und deshalb wird es auch akzeptiert, wenn sie Menschenrechtsfragen anspricht. Präsident Xi Jinping wird sie am Montag mit militärischen Ehren empfangen. Merkel ihrerseits liefert ihm die Leute, die für sein Land am wichtigsten sind: die Vorstandsvorsitzenden von Unternehmen höchsten Ranges in Deutschland wie Siemens, Airbus, die Deutsche Bank.

Meistens geht es um Milliardengeschäfte. China will möglichst viel deutsches Fachwissen erlangen, um sich am Ende wieder unabhängiger zu machen. Seit langem verlangen die Deutschen wiederum weniger staatliche Einmischung in Produktionen in China, mehr Unternehmensfreiheit, Schutz des geistigen Eigentums.

Cyber-Attacken aus dem Reich der Mitte

Der Verfassungsschutz warnt deutsche Betriebe vor steigenden Cyber-Angriffen aus China. Chinesische Geheimdienste und das Militär hätten insbesondere deutsche Mittelständler und deren innovative Produkte ins Visier genommen und betrieben massive Wirtschaftsspionage, sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen der "Welt am Sonntag" just zur Merkel-Reise.

Die Spionage dürfte eines der größten Probleme für Merkel werden, nachdem der Fall des BND-Mitarbeiters, der für die USA spioniert haben soll, auch das Verhältnis zum Verbündeten in Washington schwer belastet. Misstrauen überall.

Zwischendurch dann dieser kleine Abstecher zum Markt in Chengdu. Sie kauft Sternanis, Sichuan-Pfeffer, Bohnenpaste und Paprika. Im angrenzenden Restaurant Chengdu YingXiang soll die CDU-Vorsitzende sich noch schnell die Zubereitung eines der bekanntesten Gerichte aus Sichuan ansehen. "So, jetzt lernen wir was", sagt die Hobbyköchin Merkel, der die für sie vielleicht eher enttäuschende Aufgabe der Zuschauerin zugewiesen wird. Als das nicht schnell genug geht, ermuntert sie Herrn Zhang mit einem den "Na, dann los." Der Chefkoch beglückwünscht sie aber erst einmal zur deutschen Fußballnationalmannschaft und bekennt sich als Fan.

Gekocht wird "Gongbaojiding" - scharfes Hühnchen mit Erdnüssen, einer kräftigen Portion Sichuan-Pfeffer und Chilischoten, benannt nach einem Beamten, der im 19. Jahrhundert einen Aufstand in Nordostchina niederschlug und dafür den Ehrentitel "Gongbao" erhielt. Der Palastbeschützer. Gegen Spionage im 21. Jahrhundert allerdings ungeeignet.

Hier noch ein Eindruck vom Shenxianshu-Markt in Chengdu (BPA) pic.twitter.com/I8L7j1Uxdd

(dpa)
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