Amtsenthebungsverfahren US-Offizier belastet Trump in Ukraine-Affäre

Washington · Die Ukraine-Affäre zieht immer weitere Kreise. Nun droht US-Präsident Trump Ungemach aus den eigenen Reihen - durch einen hochrangigen Militärvertreter, der beim Telefonat Trumps mit dem ukrainischen Präsidenten anwesend war.

 Alexander Vindman (Mitte), führender Experte im Nationalen Sicherheitsrat für die Ukraine, verlässt eine nicht-öffentliche Anhörung im US-Repräsentantenhaus am 29. Oktober.

Alexander Vindman (Mitte), führender Experte im Nationalen Sicherheitsrat für die Ukraine, verlässt eine nicht-öffentliche Anhörung im US-Repräsentantenhaus am 29. Oktober.

Foto: dpa/Patrick Semansky

Mit dem amerikanischen Oberstleutnant Alexander Vindman hat zum ersten Mal in den Untersuchungen zum Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump ein offizieller Berater des Weißen Hauses Trump schwer belastet. Der in der Ukraine geborene US-Bürger und dekorierte Irakkriegsveteran ist der erste Zeuge, der bei dem im Zentrum der Ukraine-Affäre stehenden Gespräch vom 25. Juli zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dabei war.

"Ich war besorgt über den Anruf", hieß es in dem vorab verbreiteten Eingangsstatement von Vindman. "Ich hielt es nicht für richtig, von einer ausländischen Regierung zu verlangen, gegen einen US-Bürger zu ermitteln." Es habe die Gefahr bestanden, "dass die nationale Sicherheit der USA untergraben wird". Zudem sei er wegen der Auswirkungen auf die amerikanische Unterstützung für die Ukraine besorgt gewesen. Trump hatte rund 400 Millionen Dollar an Sicherheitshilfen als Druckmittel gegen die Ukraine zurückgehalten.

Vindman ist der erste Mitarbeiter des Weißen Hauses, der sich der Anweisung des US-Präsidenten widersetzt, nicht bei den Untersuchungen im sogenannten "Impeachment"-Verfahren gegen ihn auszusagen. Der US-Offizier berichtet, dass er den Anruf, in dem Trump seinen Amtskollegen Selenskyj zu Ermittlungen gegen den demokratischen Konkurrenten Joe Biden und dessen Sohn Hunter wegen angeblicher Verwicklung in Korruption ermuntert hat, im Weißen Haus mit Vertretern des Nationalen Sicherheitsrats und Mitarbeitern des Vizepräsidenten Mike Pence mitgehört habe. Nach dem Gespräch berichtete er seine Bedenken dem leitenden Berater des Nationalen Sicherheitsrates. Vindman erschien zu seiner Aussage vor dem Ausschuss in seiner Militäruniform: "Ich bin ein Patriot, und es ist meine heilige Pflicht und Ehre, unser Land voranzubringen und zu verteidigen, unabhängig von Partei oder Politik."

Derweil treiben die Demokraten im Repräsentantenhaus ihre Vorbereitungen für ein Amtsenthebungsverfahren voran: Sie veröffentlichten am Dienstag eine achtseitige Resolution, die öffentliche Anhörungen vorsieht und den Geheimdienstausschuss der Kammer zu einem Bericht rund um die Erkenntnisse in der Ukraine-Affäre verpflichtet. Eine abschließende Empfehlung für oder gegen ein Impeachment soll demnach der Justizausschuss geben.

Das Repräsentantenhaus dürfte am Donnerstag über die Resolution abstimmen. Damit könne das Weiße Haus das Fehlen eines Plenarbeschlusses nicht mehr als "grundlose" Ausrede nutzen, um die Untersuchung zu boykottieren, sagte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.

Die Resolution werde einen „klaren Pfad nach vorne weisen“, sagte der demokratische Abgeordnete James McGovern mit Blick auf die öffentliche Phase der Untersuchungen. „Die republikanischen Verbündeten des Präsidenten im Kongress haben versucht, das Verhalten des Präsidenten zu verbergen, aber das amerikanische Volk wird die Fakten nun aus erster Hand sehen.“ Niemand sei in den Kongress gezogen, um den Präsidenten des Amtes zu entheben, „aber jeder von uns hat einen feierlichen Schwur abgelegt, die Verfassung zu schützen und zu verteidigen“.

Er und seine Kollegen wollten die Resolution und die Wortwahl darin genau prüfen, kündigte dagegen der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, an. Man müsse sehen, ob sie den „Geruchstest“ bestehe und fair gegenüber Trump sei. Republikaner wären in der Lage, „subpoenas“ genannte Vorladungen zu beantragen, über deren Ausstellung dann im demokratisch geprägten Repräsentantenhaus entschieden wird.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham, sagte, die Resolution zeige lediglich, dass das bisherige Verfahren „illegitimer Schwindel“ sei, da es keine Autorisierung per Abstimmung im Repräsentantenhaus gegeben habe.

Seit einem Monat befragen die Demokraten im Repräsentantenhaus Zeugen in der Ukraine-Affäre hinter verschlossenen Türen. Sie prüfen die Hintergründe von Trumps Anordnung, Militärhilfe an die Ukraine zurückzuhalten, während er deren Präsident in einem Telefongespräch am 25. Juli zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden aufrief.

Im Parlament haben die Demokraten, im Senat die Republikaner die Mehrheit. Ein Amtsenthebungsverfahren erfordert zunächst eine einfache Mehrheit im 435-köpfigen Repräsentantenhaus, aber eine Verurteilung erfordert die Unterstützung einer Zweidrittelmehrheit im Senat.

(sbl/AP/Reuters)
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