Jemen kritisiert Landeverbote in Deutschland Al Qaida schickte Mitte September "Testpakete"

Sanaa (RPO). Die Bundesrepublik hat sich mit dem Landeverbot von Flugzeugen aus dem Jemen scharfe Kritik seitens der jemenitischen Regierung zugezogen. Der Jemen bedauere diese "kollektive Bestrafung" und sei enttäuscht, sagte ein Sprecher der Regierung am Dienstag in Sanaa laut Berichten der Nachrichtenagentur Saba. US-Behörden zufolge schickte das Terrornetzwerk Al Qaida im September offenbar bereits "Testpakete", die aber keinen Sprengstoff enthielten.

Oktober 2010: Terroralarm an Flughäfen in USA und Großbritannien
5 Bilder

Oktober 2010: Terroralarm an Flughäfen in USA und Großbritannien

5 Bilder

"Der Jemen möchte sein Bedauern und seine Enttäuschung über die Entscheidung Deutschlands ausdrücken, mit dem es eigentlich freundschaftliche und kooperative Beziehungen unterhält", zitierte Saba den Sprecher. Statt solcher Maßnahmen, die sämtliche Flüge betreffen, sollten die Partner des Jemen dem Land vielmehr im "Kampf gegen den Terrorismus zur Seite stehen".

Zuvor hatte die Bundesregierung nach dem Fund von zwei Paketbomben aus dem Jemen die Landung von Maschinen aus dem Land auf deutschen Flughäfen untersagt. Die Flugsicherung sei angewiesen worden, direkte und indirekte Flüge aus dem Jemen abzuweisen, erklärte das Verkehrsministerium.

Sanaa sprach von einer "überstürzten und übertriebenen Entscheidung", die den Bemühungen der Regierung im Kampf gegen den Terror schade und stattdessen den Interessen der Terroristen diene. Die Entscheidung der deutschen Behörden, die zwischen Passagiermaschinen und Frachtflügen keinen Unterschiede mache, sei "unlogisch und bestraft den Jemen und das gesamte Volk".

Auch andere Länder hatten verschärfte Maßnahmen ergriffen. Großbritannien untersagte nach allen Frachtflügen aus dem Jemen auch die aus Somalia, auch die Niederlande erließen ein Landeverbot für Frachtflugzeuge und Maschinen mit Post aus dem arabischen Land. Die US-Behörden entsandten Experten in den Jemen, um die dortigen Sicherheitskräfte zu unterstützen.

Pakete mit funktionsfähigen Sprengsätzen

In der Nacht zum Freitag waren aus dem Jemen abgeschickte Pakete mit funktionsfähigen Sprengsätzen in Frachtmaschinen auf dem mittelenglischen Flughafen East Midlands und in Dubai entdeckt worden. Die Pakete waren an jüdische Einrichtungen im Raum Chicago adressiert; das in East Midlands beschlagnahmte Paket war zuvor auf dem Flughafen Köln/Bonn umgeladen worden.

Die US-Behörden stießen nach eigenen Angaben bereits Mitte September auf Frachtpakete aus dem Jemen, die an Einrichtungen in Chicago adressiert waren. Dabei habe es sich offenbar um eine Art Testlauf gehandelt, sagte ein US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP und bestätigte damit einen Bericht des Senders ABC. Demnach enthielten die Pakete Güter wie religiöse Bücher und eine Festplatte. Dem Regierungsvertreter zufolge wurden sie untersucht, Sprengstoff enthielten sie jedoch nicht.

Die schwarz-gelbe Regierung will die Kontrolle des Luftfrachtverkehrs nun offenbar auf die Bundespolizei übertragen und damit verschärfen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Luftfracht werde in Deutschland "bislang nur unzureichend kontrolliert". Uhl kündigte an, künftig werde die Bundespolizei neben der Kontrolle von Passagieren auch den Frachtverkehr überwachen. Zugleich gelte es, flächendeckend modernere Frachtscanner einzusetzen, sagte Uhl der Zeitung.

(AFP/csr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort