Bekennervideo zu London-Anschlägen Al Kaida droht mit "weiteren Katastrophen"

Kairo (rpo). Das Terrornetzwerk Al Kaida hat sich in einem Bekennervideo indirekt zu den Anschlägen von London vom 7. Juli bekannt und dem Westen "weitere Katastrophen" angedroht. Scotland Yard erklärte, man nehme das vom arabischen Sender Al Dschasira ausgestrahlte Video ernst.

Die Nummer zwei der Organisation, Ajman al Sawahri, erklärte in dem Video, die Anschläge seien eine Reaktion auf die Politik des britischen Premierministers Tony Blair und dessen Weigerung, ein Waffenstillstandsangebot von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden anzunehmen. Damit sei der Kampf direkt ins Land des Feindes getragen worden.

Auch einer der vier Selbstmordattentäter, die sich am 7. Juli in die Luft gesprengt und 52 Menschen mit in den Tod gerissen hatten, kam in dem am Donnerstagabend ausgestrahlten Video zu Wort. Der 30 Jahre alte Mohammed Sidique Khan erklärte laut Al Dschasira, die Bürger der westlichen Demokratien seien für die Ungerechtigkeit ihrer Regierungen gegenüber Muslimen mit verantwortlich, weil sie diese gewählt hätten. "Solange Ihr die Bombardierung, Vergasung, Verhaftung und Folter meines Volkes nicht stoppt, wird dieser Kampf nicht enden", sagte der Brite pakistanischer Herkunft.

Al-Kaida-Vize Al Sawahri rief nach Angaben der Website von Al Dschasira das pakistanische Volk auf, Präsident Pervez Musharraf aus dem Amt zu jagen. Dieser sei ein "Agent der Kreuzfahrer", der im Dienste Amerikas und Großbritanniens die pakistanischen Religionsschulen zerstören wolle.

Die Anschläge von London seien ein "Schlag ins Gesicht des tyrannischen und arroganten Kreuzritterlandes Großbritannien". Nach Jahrhunderte langer Besetzung muslimischen Territoriums durch westliche Truppen spiele sich der Kampf nun auf dem Boden westlicher Staaten ab. Der Stellvertreter von Bin Laden sagte nicht ausdrücklich, dass Al Kaida die Attentäter geschickt oder ausgebildet habe.

Zwei amerikanische Antiterrorexperten erklärten, das Netzwerk betrachte die Anschlagsserie vermutlich als Sieg und wolle davon profitieren. Der Attentäter Khan erklärte auf dem Videoband, er sei von Bin Laden, Sawahri und dem im Irak aktiven jordanischen Terroristen Abu Mussab al Sarkawi "inspiriert" worden.

Khan und Sawahri sind auf dem Film nicht gleichzeitig zu sehen, die Einstellungen sind jeweils zusammengeschnitten. Dies belegt zwar einen gewissen Grad an Koordination. Ein Indiz für die direkte Beteiligung Al Kaidas an den Terrorakten wäre indes ein gemeinsames Auftreten Khans und Sawahris gewesen.

Scotland Yard teilte mit, man nehme das Video ernst. "Wir betrachten es als Teil der fortlaufenden Ermittlungen", sagte eine Sprecherin der Londoner Polizei.

Der britische Außenminister Jack Straw hat auf das Bekennervideo des Netzwerks Al Kaida mit einer scharfen Verurteilung des Terrorismus reagiert. Es gebe "keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung für Terrorismus", sagte Straw am Freitag am Rande eines informellen Treffens der EU-Außenminister im walisischen Newport. "Diejenigen, die da fälschlich im Namen des Islam zu sprechen vorgeben, töten vor allem ihre eigenen moslemischen Brüder", fügte Straw hinzu.

In den Wochen nach den Anschlägen waren mindestens zwei Bekennerschreiben im Internet aufgetaucht, beide von Gruppen, deren Glaubwürdigkeit zweifelhaft erschien. In einer ersten Tonbandbotschaft vom 4. August hatte Sawahri keine direkte Verantwortung für die Bombenserie übernommen. Er erklärte damals, ein Ableger des Netzwerkes habe diese verübt.

Derweil wurde bekannt, dass Saudi-Arabien die Regierungen in London und Washington bereits Monate vor den Anschlägen des 7. Juli über die Festnahme eines Mannes informierte, der angab, in der Golfregion Geld für einen Terrorangriff auf die britische Hauptstadt im Sommer gesammelt zu haben. Die Saudis hätten gewusst, dass bei den Anschlägen Sprengstoff eingesetzt werden sollte und einige der vier Terroristen britische Staatsbürger sein würden. Das verlautete aus offiziellen Kreisen mehrerer Länder.

(ap)
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