Letzte Bastion der Regierungstruppen Taliban stehen 50 Kilometer vor Kabul

Kabul · Afghanistans Hauptstadt ist umzingelt. Die radikalislamischen Talibankämpfer haben ihre Zelte inzwischen 50 Kilometer vor der Hauptstadt aufgeschlagen. Die gilt als die letzte Bastion der Regierung.

 Kämpfer der Taliban südlich von Kabul

Kämpfer der Taliban südlich von Kabul

Foto: dpa/Gulabuddin Amiri

Die radikalislamischen Taliban haben die afghanische Hauptstadt Kabul weitgehend umstellt. Am Samstag lagerten Taliban-Kämpfer rund 50 Kilometer entfernt von der Hauptstadt. Nach dem Fall der zweit- und die drittgrößten Stadt des Landes ist Kabul de facto die letzte Bastion der Regierungstruppen, die anderswo kaum oder gar keinen Widerstand leisteten.

Der afghanische Präsident Aschraf Ghani kündigte derweil eine "Remobilisierung" der Streitkräfte an. Dies habe "oberste Priorität", sagte er am Samstag in einer Fernsehansprache. Zudem liefen "Beratungen" mit politischen Verantwortungsträgern und internationalen Partnern über eine politische Lösung, um dem Land "Frieden und Stabilität" zu sichern, versicherte der Präsident.

Berichte über heftige Kämpfe gab es aus dem nördlichen Masar-i-Scharif. Die Stadt, wo die Bundeswehr zuletzt ihr größtes Feldlager hatte, ist das wirtschaftliche Zentrum der Region im Norden, die immer als Bollwerk gegen die Taliban galt. Der berüchtigte Kriegsherr Abdul Raschid Dostum hatte dort zuletzt seine Milizen versammelt.

Die einzigen anderen größeren Städte, die noch nicht von den Taliban eingenommen wurden, waren Dschalalabad, Gardes und Chost. Mit heftigem Widerstand gegen die Islamisten wurde dort aber nicht gerechnet.

Seit Beginn des vollständigen Abzugs der Nato-Truppen aus Afghanistan im Mai haben die Taliban weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Seit Freitag vergangener Woche nahmen die Islamisten rund die Hälfte der 34 afghanischen Provinzhauptstädte ein, darunter zuletzt auch die zweitgrößte Stadt Kandahar.

Deutschland und andere Länder wie Großbritannien und Spanien kündigten am Freitag die Ausreise von Botschaftspersonal an. Die USA sagten das Ausfliegen tausender Menschen täglich zu und veranlassten die Zerstörung sensiblen Materials in ihrer Botschaft in Kabul.

Aus Washington hieß es dennoch, Kabul befinde "sich im Moment nicht in einer unmittelbaren Bedrohungslage". Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums räumte jedoch ein, dass "die Taliban-Kämpfer versuchen, die Stadt zu isolieren".

In Online-Netzwerken waren zahlreiche Fotos und Videos zu sehen, in denen Kämpfer der Islamisten mit erbeutetem Kriegsmaterial posierten. Den Aufständischen fielen demnach zahlreiche gepanzerte Fahrzeuge, schwere Waffen und andere hochwertige Ausrüstung in die Hände.

(th/AFP)
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