Migration Afghanischer Präsident warnt Landsleute vor Illusionen über Deutschland
Berlin · Tausende Afghanen sind nach Deutschland geflohen. Allerdings hätten sich viele mit falschen Hoffnungen auf den Weg gemacht, glaubt Präsident Ghani. Einige seiner Landsleute hätten einen sozialen Abstieg erlebt.
Der afghanische Präsident Ashraf Ghani hat seine Landsleute vor falschen Hoffnungen auf schnellen Wohlstand in Deutschland gewarnt. „Es gibt den Irrglauben, die Straßen in Deutschland seien mit Gold gepflastert. Das sind sie nicht“, sagte Ghani der „Bild“-Zeitung. Nötig sei eine „strategische Kommunikation“, die das falsche Deutschland-Bild zurechtrücke. Afghanen, die in ihrer Heimat der Mittelschicht angehörten und Teil einer lebhaften unternehmerischen Chancenvielfalt seien, verrichteten nach ihrer Flucht in Deutschland dann handwerkliche Tätigkeiten. „Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin stolz auf handwerkliche Tätigkeiten. Doch sie stellen einen starken Abstieg für diese Menschen dar.“
Angesichts der Ereignisse in Chemnitz appellierte Ghani zugleich an die Deutschen, keine pauschale Angst vor Geflüchteten zu haben. „Bitte schauen Sie auf die Afghanen, die einen Beitrag zur deutschen Gesellschaft geleistet haben“, sagte er. „Bitte verurteilen Sie nicht die gesamte Nation für ein, zwei oder drei Leute.“ Für jede Person, die einen Verstoß oder ein Verbrechen begangen habe, gebe es Hunderte, die sehr produktiv geworden seien. Ghani zeigte aber auch Verständnis für die Demonstranten: „Wir müssen auch anerkennen, dass die Ängste auf Ungewissheiten zurückgehen, und wir sollten die Demonstranten nicht dämonisieren. Sie müssen eingebunden werden.“
Der afghanische Präsident äußerte sich lobend über die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie habe „mit ihrem traditionellen Ansatz vernünftige Entscheidungen getroffen“, sagte er. Die Fähigkeit einer Gesellschaft, Menschen aufzunehmen, sei „viel größer, als es die Angstmacher glauben“. Deutschland sei für ihn „ein Leuchtfeuer der Hoffnung, der gesellschaftlichen Integration und des Wirtschaftswachstums, und auch des Mitgefühls - des menschlichen Mitgefühls“, betonte Ghani, der seit 2014 Präsident in Afghanistan ist.