Muslimbrüder wollen landesweit protestieren Ägyptens Militär will sich zurückhalten

Kairo · Das ägyptische Militär will sich bei den für Freitag erwarteten landesweiten Protesten zurückhalten. Nach dem Sturz des ersten frei gewählten Präsidenten Mohammed Mursi und Festnahmen führender Köpfe seiner Muslimbrüder teilte das Militär mit, keine willkürlichen Maßnahmen gegen jedwede politische Gruppe anzuwenden. Das Demonstrationsrecht sei garantiert, solange die nationale Sicherheit nicht gefährdet werde.

Nach dem Mursi-Sturz haben seine Anhänger zu Protesten aufgerufen. Ein Bündnis unter Führung der ihm nahestehenden Muslimbruderschaft forderte die Ägypter zur massenhaften Teilnahme an einem "Freitag der Ablehnung" auf, um friedlich gegen den Militärputsch zu demonstrieren.

Seit dem Machtwechsel am Mittwoch kamen bei Zusammenstößen mindestens 16 Menschen ums Leben, Hunderte wurden verletzt. Am Donnerstagabend wurden in Mursis Heimatstadt nordöstlich von Kairo 80 Personen verletzt. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Mena wurden elf Menschen festgenommen. Die Demonstranten kämpften demnach mit Steinen und Messern, während die Sicherheitskräfte Tränengas einsetzten.

Dem Mursi-Sturz waren Massenproteste gegen seine Islamisierungspläne und die Wirtschaftsmisere in dem bevölkerungsreichsten arabischen Land vorangegangen. Der von den Streitkräften eingesetzte neue Präsident Adli Mansur hatte den Muslimbrüdern die Hand zur Versöhnung ausgestreckt, was diese aber ablehnten.

Militärputsch oder nicht?

Die Vereinten Nationen und die USA stuften die Entmachtung nicht als Militärputsch ein, ebenso sieht es der ägyptische Außenminister Mohamed Kamel Amr.

Die Definition der Geschehnisse in Kairo ist wichtig, weil ein Putsch zur Entmachtung eines frei gewählten Staatspräsidenten in der Regel Wirtschaftssanktionen nach sich zieht. Ägypten ist stark von US-Finanzhilfen abhängig.

"Amerika ist ein strategischer Partner Ägyptens und das Wohlergehen Ägyptens ist den USA wichtig", sagte Amr, der bis zur Einsetzung einer Technokraten-Regierung das Land nach außen vertritt. "Ich hoffe, dass die USA die Situation richtig interpretieren. Es war der Wille der überwältigenden Mehrheit des Volkes."

Die Afrikanische Union (AU) wird die Mitgliedschaft Ägyptens wahrscheinlich aussetzen. Die AU werde sich am Freitag mit dem Thema befassen. In einer Mitteilung hieß es, mit der Ablösung Mursis sei die ägyptische Verfassung verletzt worden.

Die AU stufe dies dementsprechend als nicht rechtmäßigen Regierungswechsel ein. Ein Insider sagte Reuters, in solchen Fällen sei die übliche Antwort eine Suspendierung. Die AU ist ein Zusammenschluss afrikanischer Staaten, um die Zusammenarbeit auf dem Kontinent zu verbessern.

Die Weltbank hofft unterdessen, die Zusammenarbeit mit Ägypten fortsetzen zu können, wie Bankchef Jim Yong Kim bei einem Besuch in Chile sagte. Es gehe um das 4,7 Milliarden Dollar schwere Kreditprogramm für Ägypten. Der Bankchef ergänzte, es müsse nun Ruhe bewahrt werden und so schnell wie möglich Wahlen geben.

(REU)
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