Spionage und Anstiftung zum Mord Ägyptens Justiz prüft Anklage gegen Mursi

Der Krise in Ägypten droht eine weitere Zuspitzung. Die ägyptische Staatsanwaltschaft prüft eine Anklage gegen den gestürzten Präsidenten Mursi. Er steht unter dem Verdacht Spionage betrieben und zum Mord angestiftet zu haben.

Mohammed Mursi - Ex-Präsident und Muslimbruder
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Auch gegen andere führende Mitglieder der islamistischen Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt, werde ermittelt, teilte die Behörde am Samstag in Kairo mit. Zuvor hatten Hunderttausende Mursi-Anhänger in Kairo für die Wiedereinsetzung des Islamisten in sein Amt demonstriert. Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es nicht.

Wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilte, würden Verdachtsmomente geprüft wie "Zusammenarbeit mit ausländischen Agenturen zum Zwecke der Schädigung nationaler Interessen, Anstiftung zum Mord an friedlichen Demonstranten, Angriffe gegen Militäreinrichtungen und Schädigung der Volkswirtschaft". Weiter wurden die Vorwürfe nicht erläutert. Mursi wird derzeit vom Militär an einem unbekannten Ort und ohne formelle Anklage festgehalten. Deutschland und die USA sprechen sich für eine Freilassung Mursis aus.

Gegen seine Absetzung vom 3. Juli protestierten auch am Samstag zahlreiche Anhänger Mursis im Protestcamp in der Kairoer Vorstadt Nasr City. Die Anhänger Mursis wollen ihre Proteste fortführen, bis der gestürzte Präsident wieder im Amt ist. Essam al-Arian, ein führendes Mitglied der Muslimbruderschaft, bekräftigte in einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite, dass die Organisation die neuen Übergangsstrukturen - den Präsidenten Adli Mansur und den Regierungschef Hasem al-Beblawi - nicht anerkennt. Tausende Gegner der Islamisten hatten in der Nacht auf Samstag auf dem zentralen Tahrir-Platz das Ende der Islamisten-Herrschaft gefeiert.

Der deutsche Nahost-Experte Volker Perthes, der auch die Bundesregierung berät, sieht allerdings keine Bürgerkriegsgefahr.
Sowohl die Muslimbrüder als auch die Armee seien viel zu stark im Volk verwurzelt, sagte der Vorsitzende der Stiftung Wissenschaft und Politik dem Südwestrundfunk. "Die Ägypter sind irgendwie doch eine große Familie. Sie wissen, dass sie alle Ägypter sind, auch wenn sie unterschiedliche Vorstellungen haben, wie Ägypten regiert werden sollte", führte er weiter aus. Es gebe in dem Land zwar eine Tradition von Straßengewalt, aber überhaupt keine von Bürgerkrieg.

Im Norden der Halbinsel Sinai griffen Bewaffnete derweil den Flughafen der Stadt Al-Arisch mit schultergestützten Panzerabwehrraketen an. In Rafah - an der Grenze zum Gazastreifen - wurde ein Armeeposten attackiert. Am frühen Samstagmorgen setzte die Armee nach Angaben aus Sicherheitskreisen Hubschrauber im Kampf gegen Dschihadisten ein. Beobachter halten es für möglich, dass das Militär in den nächsten Tagen mit einer größeren Offensive auf dem Sinai vorgeht.

Auf der Halbinsel tummeln sich seit den arabischen Aufständen und dem Sturz von Langzeitmachthaber Husni Mubarak im Februar 2011 immer mehr islamistische Milizen, Schmuggler und bewaffnete Banden. Seit der Entmachtung Mursis nehmen die Angriffe auf ägyptische Sicherheitskräfte weiter zu. Militäroperationen in der Region - die es auch unter Mursi gab - blieben in der Vergangenheit ohne langfristigen Erfolg.

(dpa)
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