Massenproteste gegen Präsident Mursi Ägypten wird zum gespaltenen Land

Kairo · Es war die größte Demonstration auf dem Tahrir-Platz seit dem Sturz des Mubarak-Regimes. Mehr als 300.000 Menschen gingen gegen den amtierenden Präsidenten Mohammed Mursi auf die Straße. Und manch einer hofft auf eine neue Revolution. Doch die Voraussetzungen sind diesmal ganz andere.

Zehntausende protestieren gegen Präsident Mursi
5 Bilder

Zehntausende protestieren gegen Präsident Mursi

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Die Bilder erinnern an Anfang 2011, als die Massen gegen das Regime von Hosni Mubarak auf die Straße gingen. Auch die weißen Zelte, in denen die Protestierenden ausharren, stehen wieder auf dem zentralen Platz in Kairo. Am Dienstagabend waren es mehr als 300.000 Menschen, die sich nun wieder gegen die Staatsmacht wenden.

Sie wehren sich gegen den Erlass des Präsidenten Mohammed Mursi, in dem er sich und die Verfassungsversammlung vor der Justiz schützte. Und so vereinen sich führende Oppositionelle, darunter einstige Präsidentschaftskandidaten, Anwälte, Schauspieler und Teile der Bevölkerung zumindest auf der Straße.

Und der Club der Richter droht mit Sitzstreik. "Wir reden hier über Demokratie, wir sprechen über Freiheit, wir sprechen hier über unsere konstitutionellen Prinzipien, denen wir folgten. Wir sollten darüber nachdenken, besonders nach der Revolution vom 25. Januar vergangenen Jahres", zitiert tagesschau.de den Richter Mohammed Samir.

Anfang 2011 alle gemeinsam protestiert

Immer wieder ist die Rede von der Revolution, von den Veränderungen, die sich das Volk so sehr wünschte vor und nach dem Sturz des Diktators Hosni Mubarak. Manch einer wünscht sich schon jetzt eine neue Revolution und den Sturz des neuen, ungeliebten Machthabers.

Doch damals, Anfang 2011, war das Volk geeint in ihrem Wunsch nach Veränderung. Damals gingen linke, liberale und Muslimbruder gemeinsam auf die Straße und protestierten gegen den Despoten. Die Voraussetzungen für den relativ friedlichen Umsturz waren ganz andere als sie es heute sind.

"Das Land ist gespalten", sagte Hamadi El-Aouni, Politologe an der Freien Universität Berlin, sueddeutsche.de. "Die große Masse des Volkes ist auf der Seite der verschiedensten Oppositionsparteien und Organisationen, die gegen die absolute Macht der Fundamentalisten kämpfen." Auf der anderen Seite stünden die neuen Machthaber, die Muslimbrüder und ihre Verbündeten.

"Das Volk ist gespalten", sagt auch Mustafa Khalili, ein Französischlehrer aus Kairo, den die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" getroffen hat. "Knapp fünfzig Prozent stehen hinter Mursi, etwasd mehr als die Hälfte ist gegen ihn."

Diese Spaltung zeigt sich auch an den Bildern, die in den vergangenen Tagen aus Ägypten zu sehen waren. Da demonstrierten zum einen Mursi-Gegner, nur Stunden später gingen seine Befürworter auf die Straße. Am Dienstag allerdings unterließen letztere dies — aus Furcht vor gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Mursi gibt sich unnachgiebig

Letzlich ist Ägypten in diesen Tagen nicht das geeinte Volk aus den Tagen der Revolution, sondern eines, dass den Ausweg aus der politischen Krise sucht. Lösen kann sie im Augenblick nur einer: Präsident Mohammed Mursi. Auf die Richter ist er bereits zugegangen, um zu erklären, sein Erlass sei nur vorübergehend.

Doch von den Protesten ist Mursi bislang recht unbeeindruckt. Er weiß die Muslimbrüder hinter sich und weiß auch, dass sich die USA etwa nach seiner Vermittlung im Gaza-Konflikt zurückhalten, wenn es um die Bewertung im Fall Ägyptens geht.

Allerdings könnte der Druck auch aus dem Ausland in den nächsten Wochen größer werden. Manch ein Politiker droht bereits mit einer möglichen Kürzung von Geldern. Und das würde das Land und seine Regierung am meisten schmerzen. Die Frage ist nur, wie lange die Opposition Durchhaltevermögen mit ihren Protesten zeigt. Und vielleicht gelingt es dann zumindest, den Präsidenten dazu zu bewegen, seinen Erlass zurückzunehmen.

(das)
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