Herausforderer von Amtsinhaberin Dilma Rousseff Aécio Neves — Liebling der brasilianischen Wirtschaft

Rio de Janeiro · Er war der Sieger der Präsidentschaftswahl in Brasilien, auch wenn Amtsinhaberin Dilma Rousseff deutlich in Führung liegt: Aécio Neves. Der Liebling der Wirtschaft geht Ende Oktober in die Stichwahl. Doch wer ist der Mann, der überraschend starke 33,6 Prozent der Stimmen holte?

 Aécio Neves holte bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien 33,6 Prozent der Stimmen und kommt damit in die Stichwahl.

Aécio Neves holte bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien 33,6 Prozent der Stimmen und kommt damit in die Stichwahl.

Foto: afp, ii

"Wir sind erst auf der Hälfte des Weges. Ab morgen sind wir wieder in der Kampagne", sagte Aécio Neves am Sonntagabend (Ortszeit), nachdem die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl in Brasilien bekanntgeworden waren. "Das ist kein Projekt nur von einer Partei. Das ist die Stunde, um die Kräfte zu vereinen", fügte er noch hinzu, wohlwissend, dass er auch auf die Stimmen derjenigen angewiesen ist, die für die dritte Kandidatin, Marina Silva, gestimmt hatten.

Denn noch ist offen, ob Silva ihren Wählern empfiehlt, Neves bei der Stichwahl am 26. Oktober ihre Stimme zu geben. Neves jedenfalls hatte seine Konkurrentin, die lange auf Platz zwei hinter Präsidentin Rousseff lag, schonend behandelt, was ihm nun zugute kommen könnte. Und sollten sich die beiden tatsächlich verbünden, könnte es tatsächlich eng werden für die Amtsinhaberin. Zumal Neves bereits einen Bundesstaat erfolgreich aus der Krise geführt hatte.

Erfolgreich als Gouverneur in Minas Gerais

Der Herausforderer ist der Enkel des ersten gewählten Präsidenten Brasiliens nach der Militärdiktatur, Tancredo Neves, der aber kurz vor seinem Amtsantritt im Jahr 1985 gestorben war. An dessen Seite — als Privatsekretär — trat sein Enkel denn auch in die Politik ein. Doch bekannt wurde er vor allem als Gouverneur des Bundesstaates Minas Gerais.

Als er 2002 zum Gouverneur gewählt wurde, so schreibt "The Economist", war Minas Gerais nahe am Bankrott. Neves habe damals ein Team von Experten unter Leitung des Akademikers Antonio Anastasia zusammengestellt. In dieser Zeit wurden etwa Gehälter gekürzt, die Steuereinnahmen erhöht und der öffentliche Sektor verkleinert. Mit Erfolg: die Krise konnte überwunden werden und verhalf Neves zu einer zweiten Amtszeit.

Weniger Geld für die Regierung und mehr für die Bevölkerung, das war das Motto von Neves und seiner mitte-rechts-stehenden Sozialdemokratischen Partei PSDB. Und das, so "The Economist" könnte der Partei auch auf nationaler Ebene zugute kommen, schließlich bemängeln viele Brasilianer das schlechte Gesundheitssystem und den schlechten Zustand öffentlicher Schulen.

Noch vor wenigen Wochen deutlich auf Platz 3

Im Präsidentschaftswahlkampf versprach Neves entsprechend den Aufbruch und geißelte den Intervenismus der Rousseff-Regierung, die Investoren abschrecke. In Minas Gerais jedenfalls erzielte er mit dieser Strategie als Gouverneur große Erfolge. Mit einer Zustimmung von über 90 Prozent schied er dort aus dem Amt. Und auf nationaler Ebene hatte er noch vor wenigen Wochen 20 Punkte hinter Marina Silva gelegen.

Doch der Spross einer politischen Dynastie und Favorit der Wirtschaft punktete auf der Zielgeraden mit dem Versprechen umfassender Wirtschaftsreformen. Geboren ist Neves übrigens in Belo Horizonte. Vor einigen Jahren, so schrieben damals brasilianische Medien, habe er sich oft mit Models und Schauspielerinnen umgeben. Kürzlich aber wurde er Vater von Zwillingen.

Am 26. Oktober wird sich entscheiden, ob der 1960 geborene Neves doch noch die Kraft hat, Amtsinhaberin Rousseff gefährlich zu werden. Er selbst jedenfalls sagte vor seinen Anhängern in der Nacht zum Montag, er fühle sich"geehrt, die Hoffnung auf Wandel zu repräsentieren".

(das)
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