Friedenswunsch der Menschen Abbas: Pläne eines Hoffnungsträgers

Ramallah (rpo). Mahmud Abbas ist aus dem Schatten Jassir Arafats herausgetreten und hat die Wahl zum Präsidenten gewonnen. Jetzt muss er damit leben, ständig an seinem Amtsvorgänger Arafat gemessen zu werden, zu dem er selbst ein gespaltenes Verhältnis hatte. Vor diesem Hintergrund wagt der 69-Jährige den Spagat zwischen den USA und der radikalen Hamas. Warum er dennoch nur gewinnen kann, erklärte er bereits.

Abbas sprach von großen Herausforderungen, die nun vor dem palästinensischen Volk lägen. Er nannte unter anderem den Aufbau eines unabhängigen Staates, Sicherheit für das palästinensische Volk sowie Freiheit für die palästinensischen Häftlinge und ein Leben in Würde für die palästinensischen Flüchtlinge. Ein israelischer Regierungssprecher wertete die Wahl als Zeichen für Veränderungen in der Einstellung der Palästinenser.

Die Zerreißprobe: Abbas setzte sich im Wahlkampf für eine rasche Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Israel ein, stellte sich gleichzeitig in den vergangen Tagen aber auch demonstrativ hinter die bewaffneten palästinensischen Gruppen.

Weg des Mahmud Abbas

Dass Abbas auf seinen einstigen Weggefährten Arafat an die Spitze der Palästinenserführung folgen würde, war schnell klar. Bereits wenige Stunden nach Arafats Tod wurde der Politiker mit dem Beinamen "Abu Masen" zum neuen Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ernannt. Von dort war es nur noch ein kleiner Schritt zur Präsidentschaftskandidatur für die Fatah-Organisation, der größten Partei innerhalb der PLO.

Der Mann mit dem kurzen grauen Haar gilt als Mann des Ausgleichs, der auf Verhandlungen statt auf Gewalt setzt. Das betonte Abbas auch während seines Wahlkampfes immer wieder. In der Sache will der erfahrene Unterhändler aber hart bleiben: Israel müsse die Existenz eines souveränen Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 und mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt garantieren, ansonsten werde es kein Friedensabkommen geben, sagte Abbas nach seinem Wahlsieg in einem Zeitungsinterview.

Ginge es nach dem Willen der USA, hätte Abbas schon längst eine Schlüsselrolle in der palästinensischen Führung inne gehabt. Auf starken Druck Washingtons, das Arafat seit dem Amtsantritt von George W. Bush fast vollständig ignorierte, wurde Abbas im April 2003 als erster Regierungschef der Palästinenserbehörde eingesetzt; ihm sollten weitgehende Machtbefugnisse des Präsidenten übertragen werden. Doch nach einem knapp vier Monate andauernden Machtkampf mit Arafat warf Abbas entnervt das Handtuch.

Abbas im Schatten Arafats

Vor jubelnden Anhängern in Ramallah im Westjordanland erklärte Mahmud Abbas: "Ich widme diesen Sieg der Seele Jassir Arafats, und ich widme ihn unserem Volk, unseren Märtyrern und den (in israelischen Gefängnissen einsitzenden) 11.000 palästinensischen Häftlingen." Doch die Beziehung zwischen Abbas und seinem Amtsvorgänger Arafat war alles andere als ungetrübt.

Dass er nach der aufreibenden Konfrontation mit Arafat ein Comeback feiern würde, hätten viele Beobachter "Abu Masen" nicht zugetraut. Denn lange Zeit hielt er sich aus der Öffentlichkeit fern und nahm nur selten politische Termine wahr. Der monatelangen Funkstille zwischen Abbas und Arafat folgte schließlich eine vorsichtige Annäherung.

Arafat und Abbas haben eine bewegte gemeinsame Vergangenheit. Ende der 50-er Jahre gründeten sie zusammen die Fatah-Bewegung. Abbas drängte jedoch im Unterschied zu seinem Mentor schon lange auf Verhandlungen mit Israel. Schon 1974 knüpfte er erste Kontakte zu Vertretern der israelischen Linken. Bei der internationalen Friedenskonferenz in Madrid 1991 führte Abbas die palästinensische Delegation an. 1993 spielte er eine maßgebliche Rolle beim Zustandekommen der Abkommen von Oslo über die palästinensische Autonomie.

In der palästinensischen Bevölkerung stößt Abbas' versöhnliche Haltung gegenüber Israel auf Argwohn. Viele seiner Landsleute halten ihn für einen uncharismatischen Bürokraten. Anstatt mit olivgrünen Anzügen und Palästinensertuch Kampfgeist auszudrücken wie Arafat, präsentiert sich Abbas wie seine westlichen Gesprächspartner mit Anzug und Krawatte. Doch bei seinen Wahlkampfauftritten zeigte sich Abbas volksnah und ließ sich von jubelnden Anhängern auf den Schultern tragen.

Über Erfolg und Scheitern seiner auf Aussöhnung zielenden Politik wird unter anderem entscheiden, ob Abbas sich die Unterstützung der radikalen Gruppierungen sichern und ihnen einen Gewaltverzicht abringen kann. Zum anderen muss er den israelischen Regierungschef Ariel Scharon Kompromisse abtrotzen - der aber gilt als mindestens ebenso sturköpfig wie sein alter Freund Arafat.

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