Terrororganisation meldet sich zum 9/11-Jahrestag Al Qaida veröffentlicht neues Video von Anführer Al-Sawahiri

Beirut · Genau 20 Jahre nach den tödlichen Anschlägen vom 11. September gedenken die USA der Opfer. Und das Terrornetzwerk Al Qaida veröffentlicht an diesem denkwürdigen Tag eine neue Videobotschaft ihres Anführers Aiman al-Sawahiri.

 Al-Sawahiri in einem Video aus dem Jahr 2009.

Al-Sawahiri in einem Video aus dem Jahr 2009.

Foto: AFP / IntelCenter

In dem am Samstag über die sozialen Medien verbreiteten Film ruft Al-Sawahiri seine Anhänger dazu auf, die Staaten im Westen und ihre Verbündeten im Nahen Osten zu bekämpfen. Das rund 60 Minuten lange Video zeigt die erste Ansprache des Al-Qaida-Chefs, seitdem es Ende vergangenen Jahres unbestätigte Gerüchte über seinen Tod gegeben hatte.

Analysten sehen in der neuen Aufnahme Hinweise, dass Al-Sawahiri zumindest noch zu Beginn dieses Jahres am Leben war. So erwähne er einen Angriff auf das russische Militär im Nordwesten Syriens am 1. Januar, twitterte die Direktorin der auf Propaganda von Extremisten spezialisierten Site Intelligence Group, Rita Katz.

Auch auf den Abzug des US-Militärs aus Afghanistan geht Al-Sawahiri ein. Die USA verließen das Land nach 20 Jahren Krieg „gebrochen und geschlagen“, erklärt er. Kein Wort sagt er hingegen zum dortigen Vormarsch der militant-islamistischen Taliban, die mit Al Qaida verbündet sind. Die Anschläge vom 11. September seien „eine Verletzung“, wie sie die USA niemals erlebt hätten, sagt Al-Sawahiri.

Die Annäherung mehrerer arabischer Staaten an Israel bezeichnet er als „Verrat“. Dabei handele es sich um einen „Kreuzzug“, der von Amerika angeführt werde: „Und Israel ist eines der wichtigsten Werkzeuge dieses Kreuzzuges.“ Die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, der Sudan und Marokko hatten sich im vergangenen Jahre mit Israel geeinigt, ihre diplomatischen Beziehungen zu normalisieren.

Der Ägypter Al-Sawahiri ist Nachfolger von Osama bin Laden, der als Kopf der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA galt. Bin Laden wurde 2011 in Pakistan von einer US-Spezialeinheit getötet. Die USA haben auf Al-Sawahiri ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar (rund 21 Millionen Euro) ausgesetzt. Fachleute gingen immer davon aus, dass er sich im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan versteckt.

Derweil haben die USA am Samstag an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 erinnert und der Helden von damals gedacht. US-Präsident Joe Biden, die Ex-Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton sowie zahlreiche Angehörige von Opfern und Ersthelfer von damals versammelten sich zu einer Schweigeminute an der Gedenkstätte am Ground Zero, wo Flugzeugentführer damals die Türme des World Trade Centers zum Einsturz gebracht hatten.

Traditionell ergriffen dort nicht die Politiker das Wort, sondern die Angehörigen. „Es ist hart, weil man gehofft hätte, dass dies eine andere Zeit in einer anderen Welt sein würde“, sagte Thea Trinidad, die ihren Vater verlor, über die 20 Jahre, die seit den Anschlägen vergangen sind. „Aber manchmal beginnt die Geschichte, sich zu wiederholen, und nicht im besten Sinne.“ Nur Wochen vor dem Jahrestag hatten die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan wieder die Macht übernommen. Sie waren 2001 bei der US-geführten Invasion gestürzt worden, nachdem sie den Planern der Anschläge Unterschlupf gewährt hatten.

Biden war neben der Gedenkfeier in New York auch an den anderen beiden Orten dabei, wo die Flugzeuge damals abstürzten, im Pentagon und in der Nähe der Ortschaft Shanksville im US-Bundesstaat Pennsylvania. Diese Maschine - bekannt als Flug 93 - sollte wohl ins Kapitol in Washington gelenkt werden, die Insassen rebellierten aber gegen die Entführer und verhinderten so Schlimmeres - zum Preis ihrer eigenen Leben.

Biden sprach bei keiner der Veranstaltungen, äußerte sich aber in einer am Freitagabend veröffentlichten Videoansprache, in der er seine Landsleute zu einem neuen Geist der Zusammenarbeit aufrief. Nach den Anschlägen habe es ein wahres Gefühl des Zusammenhalts gegeben, sagte Biden. Viele hätten sich heldenhaft verhalten, auch dort, wo man es nicht erwartet hätte. „Einheit ist unsere größte Stärke“, sagte Biden. „Das ist für mich die zentrale Lehre des 11. Septembers.“ Dabei bedeute Einheit nicht, dass alle das selbe glauben, sondern dass sie einander zutiefst respektieren.

Auch der ehemalige US-Präsident George W. Bush sagte bei der Gedenkveranstaltung in Shanksville, die Amerikaner sollten sich an den Geist von damals erinnern und politische Gräben überwinden. „So viel von unserer Politik ist zu einem nackten Aufruf von Wut, Angst und Missgunst geworden.“ Nach 9/11 hingegen hätten Millionen Amerikaner die Hand ihres Nachbarn ergriffen und sich für einander eingesetzt.

In New York standen neben Biden auch zwei weitere Ex-Präsidenten, Barack Obama und Bill Clinton, und gedachten gemeinsam mit ihren Frauen der Opfer. Biden stand fast die gesamte Zeremonie mit geneigtem Kopf und verschränkten Armen da, während die Namen der Toten verlsen wurden. Einmal wischte er sich offenbar eine Träne aus dem Auge. Bidens Vorgänger Donald Trump plante einen Stop in Manhattan und wollte am Abend in Florida einen Boxkampf kommentieren.

(felt/dpa)
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