Libanon: Bruder von Koffer-Bomber getötet 50 Opfer in zwei Tagen

Tripoli (RPO). Schon den zweiten Tag in Folge lieferten die libanesischen Streitkräfte sich heftige Gefechte mit islamischen Extremisten. Die Soldaten umstellten das palästinensische Flüchtlingslager Nahr el Bared, während Panzer es beschossen. Die Kämpfer der Gruppe Fatah Islam feuerten aus dem Lager Mörsergranaten zurück.

Nahost: Neue Kämpfe in Gaza und Libanon
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Bei den Gefechten wurden nach offiziellen Angaben seit Sonntag fast 50 Menschen getötet, darunter der Bruder eines Hauptverdächtigen im Fall der fehlgeschlagenen Kofferbomben-Anschläge in Deutschland.

Zur Zahl der Opfer in dem Lager gab es zunächst keine offiziellen Informationen. Aus palästinensischen Kreisen verlautete, es seien mindestens neun Menschen ums Leben gekommen, weitere 40 seien verletzt worden. Offiziellen Angaben zufolge kamen seit Sonntag mindestens 27 Soldaten und 20 islamische Kämpfer ums Leben. Wegen der Scharfschützen trauten sich nach Angaben von Augenzeugen die 30.000 Bewohner nicht mehr aus ihren Häusern.

Nach einer kurzen Waffenruhe kam es am Montagnachmittag zu neuen Kämpfen. Flammen und dichter Rauch stiegen über dem Flüchtlingslager auf. Während der Feuerpause, die von palästinensischen Vertretern und Ministerpräsident Fuad Siniora vermittelt worden war, konnten 18 Verletzte aus dem Lager in Sicherheit gebracht werden. Ein Sprecher der Gruppe Fatah Islam drohte mit einer Ausweitung der Kämpfe auf Tripoli, wenn der Beschuss nicht beendet werde.

Die Bundesregierung warnte vor einer neuen Spirale der Gewalt im Libanon und forderte alle Beteiligten auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg erklärte, die Bundesregierung verfolge die Entwicklung mit großer Sorge. Sie sei auch in ihrer Funktion als EU-Ratspräsidentschaft darauf bedacht, die Stabilität und Souveränität des Libanons zu unterstützen. Die EU-Ratspräsidentschaft verurteilte in ihrer Erklärung die Angriffe auf libanesische Sicherheitskräfte und bekräftigte ihre Unterstützung für die Regierung von Siniora.

Ein neuerlicher Anschlag in einem christlichen Viertel der Hauptstadt Beirut schürte derweil auch dort neue Befürchtungen über ein Wiederaufflammen der Gewalt. Eine 63 Jahre alte Frau kam in dem Stadtteil Aschrafieh am Sonntagabend bei einer Bombenexplosion ums Leben, zwölf Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt.

Prozess in Abwesenheit

Ein im Zusammenhang mit den fehlgeschlagenen Kofferbomben-Anschlägen gesuchter Islamist wurde bei den Kämpfen in Tripoli getötet. Wie aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete, handelt es sich um Saddam El Hajdib, die Nummer vier der Fatah Islam und Bruder eines in Deutschland inhaftierten Verdächtigen. Bei der Erstürmung eines Hauses in der Hafenstadt waren am Sonntag zehn Extremisten getötet worden. Eine Leiche wurde den Angaben zufolge als die El Hajdibs identifiziert, dem in Beirut wegen der versuchten Kofferbomben-Anschläge in Abwesenheit der Prozess gemacht wurde.

El Hajdib war der Bruder des in Deutschland inhaftierten Youssef Mohamed El Hajdib und ein Cousin von Khaled Khair Eddin El Hajdib, der in Beirut vor Gericht steht. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Andreas Christeleit, bestätigte den Tod Saddam El Hajdibs. Gegen ihn sei allerdings in Deutschland wegen der Kofferbomben nicht ermittelt worden. Sein Bruder Youssef Mohamed El Hajdib wurde kurz nach der Tat in Kiel festgenommen. Er wird voraussichtlich im Sommer in Deutschland angeklagt.

In Beirut stehen derzeit vier Angeklagte vor Gericht, der Prozess sollte am (morgigen) Dienstag fortgesetzt werden. Die Kofferbomben wurden im Juli vergangenen Jahres in zwei Zügen von Köln nach Hamm und Koblenz entdeckt. Nur wegen eines technischen Fehlers kam es nicht zur Explosion.

(ap)
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