Washington US-Planspiele für Krieg am Golf

Washington · Die Spannungen im Mittleren Osten nehmen zu. Sogar von der Verlegung von 120.000 US-Soldaten ist die Rede.

Vorläufig sind es nur Planspiele. Handlungsoptionen für einen Präsidenten, der gern Drohkulissen aufbaut, in der Sache bislang jedoch eher skeptisch blieb, wenn es um Interventionen in der Ferne ging. Donald Trumps Entscheidung ist offenbar noch nicht gefallen. Laut „New York Times“ hat er parallel zur Verschärfung der Iran-Sanktionen im kleinen Kreis seiner Sicherheitsexperten über Pläne beraten, nach denen bis zu 120.000 US-Soldaten in den Mittleren Osten entsandt werden, falls sich die Lage zuspitzt. Trump dementierte die Berichte – er sei zwar absolut bereit, Soldaten zu entsenden, hoffe aber, dass er nicht für einen solchen Ernstfall planen müsse.

Sollte der Iran US-Militär attackieren oder nach einem Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Hochdruck an der Entwicklung von Nuklearwaffen arbeiten, könnte das Kontingent in Marsch gesetzt werden, schreibt die Zeitung. Eine Invasion zu Lande habe bei der Beratung im Weißen Haus nicht zur Debatte gestanden, zumal dafür deutlich mehr Bodentruppen in die Region beordert werden müssten.

Nach Informationen des Blatts war es John Bolton, Trumps Nationaler Sicherheitsberater, der das Verteidigungsressort anwies, die Einsatzpläne zu aktualisieren. Der Hardliner gilt als treibende Kraft der Eskalation. Anfang Mai hatte er verkündet, dass der Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ Kurs auf den Persischen Golf nimmt. Eigentlich ist es Sache des Pentagon, darüber zu informieren. Neben Bolton nahmen Verteidigungsminister Patrick Shanahan, CIA-Direktorin Gina Haspel, Geheimdienstkoordinator Dan Coats und General Joseph Dunford, Stabschef der Streitkräfte, an der Beratung über die Iran-Strategie teil. Danach, schreibt die New York Times, sei ihre Redaktion von mehr als einem halben Dutzend Regierungsbeamter unterrichtet worden. Letzteres gilt als Indiz für Streit hinter den Kulissen der Macht. Offenbar legen manche der Akteure Wert darauf, Informationen an die Medien durchzustechen, um rechtzeitig einen Diskurs auszulösen.

Unklar ist, worauf die Pläne hinauslaufen. Ob sie eher als Warnung gedacht sind, um die Iraner davon abzuhalten, erneut Uran anzureichern. Oder praktische Folgen haben. Ob er im Sinne Boltons einen Regimewechsel anstrebe, wurde Trump am Montag gefragt. Seine Antwort Iieß alles offen, getreu seiner Maxime, wonach ein amerikanischer Präsident unberechenbar zu sein hat. Außenminister Mike Pompeo, wie Bolton dem Lager der Falken zuzurechnen, lehnte sich weiter aus dem Fenster. In einem Interview mit dem Fernsehsender CNBC sprach er von der Hoffnung, dass das iranische Volk endlich bekomme, „wonach es sich sehnt und was es so sehr verdient“. Das klang, wenn auch vage, schon eher nach Regime Change.

Sätze wie diese, gepaart mit den Zahlen der Pentagon-Blaupausen, wecken Erinnerungen an den Irakkrieg des Jahres 2003. Damals marschierten rund 130.000 US-Soldaten, im Verein mit 45.000 britischen, im Zweistromland ein. Vorausgegangen war eine Propagandakampagne, gefüttert mit falschen beziehungsweise frei erfundenen Fakten.

Der dürren Beweislage zum Trotz, so Steven Simon, unter den Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama Nahostberater, habe der Kongress einer Militäraktion seinerzeit grünes Licht gegeben. Diesmal müsse er kritisch prüfen, was Geheimdienste angeblich in Erfahrung gebracht hätten.

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