Attacke auf Royals schockiert Briten

So haben die Briten ihren künftigen König noch nicht erlebt. Auf den Titelseiten aller gestrigen Zeitungen die gleichen demütigenden Bilder: Der Sohn der Queen starrt mit offenem Mund ins Fenster seines Rolls-Royce, während neben ihm die Herzogin von Cornwall voller Entsetzen aufschreit. Auf einem anderen Foto sieht man Prinz Charles im Auto so fest die Hand von Camilla drücken, dass ihre Knöchel weiß werden. Es sollte ein festlicher Theaterbesuch werden, doch am Donnerstagabend geriet der königliche Konvoi in London mitten in eine entfesselte Menge junger Demonstranten, die gegen die Erhöhung der Studiengebühren protestierten. Unter den Schreien "Ihre Köpfe sollen rollen!" zertrümmerten die Vermummten ein Fenster des Wagens und ruinierten den Autolack mit Farbe. Augenzeugen zufolge zog Charles Camilla auf den Boden des Rolls-Royce und versuchte, seine Frau mit den Händen vor den Attacken abzuschirmen. Die sichtlich erschütterten Royals wurden nicht verletzt. Scotland Yard bestand aber darauf, sie nach dem Ende der Vorstellung in einem Polizeibus nach Hause zu bringen.

"Alles passiert irgendwann zum ersten Mal", scherzte Camilla später über den Vorfall. Doch der Schock über die schwere Sicherheitspanne am Königshof sitzt tief. Viele Briten wundern sich über die Planung des Theaterbesuchs. "Die Route wurde vor der Abfahrt kontrolliert, es bestand keine Gefahr", rechtfertigte sich Polizeichef Sir Paul Stephenson. "Die Meute, die den Prinzen von Wales und seine Frau angegriffen hat, wird die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen", drohte Premier David Cameron. Unterdessen machten sich gestern die Reinigungskräfte daran, die Spuren der Verwüstung in der Londoner Innenstadt zu beseitigen. Bis zu 30 000 junge Briten hatten am Tag zuvor friedlich gegen die Hochschulreform demonstriert, ehe am Abend die Gewalt eskalierte. Die Bilanz: zwölf verletzte Polizisten, 43 Demonstranten im Krankenhaus und 34 Festnahmen. So explosiv war die Stimmung, dass die Jugendlichen die Statue des Helden-Premiers Winston Churchill beschmierten und den Weihnachtsbaum am Trafalgar Square anzündeten. "Wir werden weiter gegen die Regierung kämpfen", versprachen die Studenten.

Es ist ein hoher Preis, den Camerons Regierung für ihre erste erfolgreich bestandene Zerreißprobe bezahlen muss. Das Parlament sprach sich mit 323 gegen 302 Stimmen für eine Erhöhung der Studiengebühren von höchstens 3290 Pfund (4000 Euro) auf maximal 9000 Pfund (10 800 Euro) aus. Die Studenten werden die staatlichen Darlehen zurückzahlen müssen, sobald sie mehr als 15 000 Pfund im Jahr verdienen. Als "sehr fair" bezeichneten die Reform der Premier und sein liberal-demokratischer Vize Nick Clegg. Allerdings rebellierten bei der Abstimmung fast die Hälfte der liberalen und sechs konservative Parlamentarier gegen Cameron.

(Rheinische Post)
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