Parteitag in Münster am kommenden Wochenende Atomkonsens: "Keine Spaltung der Grünen"

Berlin (dpa). Der Atomkonsens der rot-grünen Regierung mit der Stromwirtschaft wird nach Ansicht führender Grünen-Politiker auf dem Parteitag am Wochenende in Münster klare Zustimmung finden. Auch unter den parteiinternen Kritikern wachse die Stimmung, die Vereinbarung zu akzeptieren, sagte die scheidende Grünen-Vorsitzende Gunda Röstel (Foto) nach der Vorstandssitzung ihrer Partei in Berlin. Eine Spaltung der Grünen werde es wegen des Atomkompromisses nicht geben. Da sei sie "ganz sicher".

Immer, wenn es darauf ankomme, siege bei den Grünen die Vernunft, sagte Grünen-Fraktionssprecher Rezzo Schlauch im Südwestrundfunk. Ein Nein könne die Auflösung der Koalition mit der SPD bedeuten. Die- Grünen-Vorsitzende Antje Radcke blieb bei ihrem Nein zum Kompromiss. Der Abstimmungserfolg für den Kompromiss ist nach ihrer Ansicht noch nicht sicher, sagte sie der dpa. Die Angst, die SPD würde dann sofort die Koalition aufkündigen, hielt sie für unberechtigt.

Röstel sagte, es sei "ein riesiges Signal", wenn die drittgrößte Industrienation aus einer Risikotechnologie aussteige. Als Partei mit 6,7 Prozent der Wählerstimmen könne man es "nicht hoch genug schätzen, wenn man das in Gang gesetzt hat".

Der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Reinhard Loske, sagte im InfoRadio Berlin-Brandenburg, es müssten alle Gelegenheiten genutzt werden, die Mitglieder für den Konsens zu gewinnen. Der aus Baden- Württemberg stammende Kandidat für den Parteivorsitz, Fritz Kuhn, zeigte sich in einem dpa-Gespräch sicher, dass die meisten Parteimitglieder verstünden, dass es ohne die Grünen in der Koalition keinen Ausstieg aus der Atomkraft geben werde. Schlauchs Amtskollegin im Fraktionsvorstand, Kerstin Müller, sagte im Saarländischen Rundfunk, es gebe nur "diesen Ausstieg oder gar keinen Ausstieg".

Kuhn und Schlauch kritisierten Parteichefin Radcke. Diese habe sich mit ihrem Nein ins Abseits gestellt, sagte Schlauch. Deshalb könne er sich auch nicht vorstellen, dass sie auf dem Parteitag "richtig reale Chancen hat auf eine Wiederwahl" habe.

Radcke sieht in der Partei eine "riesige Unzufriedenheit" mit dem Kompromiss. Sie verlangt Nachverhandlungen oder ein Ausstiegsgesetz im Dissens mit der Atomindustrie. Herauskommen sollte "ein Ausstieg, der ein wirklicher Ausstieg ist und nicht eine Bestandssicherung auf mehrere Jahrzehnte". Sie wolle den Kritikern eine prominente Stimme geben und das Ihre tun, diese Menschen in der Partei zu halten, falls der Parteitag dem Kompromiss zustimme.

Radcke will allerdings bei Annahme des Kompromisses durch den Parteitag nicht wieder für den Vorstand kandidieren. "Ich möchte weder mir noch der Partei ein Duo an der Spitze zumuten, das in diesem wichtigen Politikfeld nicht gemeinsam, sondern gegeneinander arbeiten würde." Die beiden Mitbewerber Radckes um die beiden Vorsitzendenposten, Fritz Kuhn und Renate Künast, votieren beide für Annahme des Kompromisses. Radcke will aber auch bei Verzicht auf ein Vorstandsamt weiter Politik bei den Grünen machen. "Auf welcher Ebene werde ich dann entscheiden".

(RPO Archiv)
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