Einschränkung des Asylrechta Führende Landespolitiker gegen weitere Einstufungen als sichere Herkunftsländer

Frankfurt/Main · Grünen-Chefin Simone Peter sowie führende Landespolitiker der Partei wenden sich gegen Bestrebungen, nach Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien weitere Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären.

 Grünen-Chefin Simone Peter lehnt die Einstufungen weiterer Länder als sichere Herkunftsstaaten ab. Sie fordert vom Bund mehr Mittel für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen.

Grünen-Chefin Simone Peter lehnt die Einstufungen weiterer Länder als sichere Herkunftsstaaten ab. Sie fordert vom Bund mehr Mittel für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen.

Foto: dpa, ped fdt

"Das Instrument der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten hat sich als nicht zielführend erwiesen", sagte Peter der "Frankfurter Rundschau". Die Zahl der Asylsuchenden aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien sei "nicht relevant zurückgegangen", "der vor allem von der Union gewünschte Abschreckungseffekt" sei also nicht eingetreten. "Damit macht auch eine Ausweitung dieses Instruments keinen Sinn", sagte Peter der "FR".

Peter hob hervor, Rheinland-Pfalz etwa habe zeigen können, dass die Kombination aus schnelleren Verfahren und Aufklärung im Rahmen einer Rückführungsberatung zu sinkenden Zugangszahlen aus dem Kosovo geführt habe. Die Grünen-Chefin fügte hinzu, statt über Asylmissbrauch, Abschiebezentren und Streichung von Taschengeld zu schwadronieren, solle die Union dazu beitragen, dass der Bund mehr Mittel für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen bereitstelle, diese gesundheitlich besser versorgt würden und leichter arbeiten könnten.

Peter wandte sich damit gegen Union und SPD, aber auch gegen Baden-Württembergs grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der sich für die Einstufung weiterer Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten offen gezeigt hatte. Auch von Grünen-Politikern aus mehreren Bundesländern erntete Kretschmann Widerspruch. "Wir lehnen das Konstrukt 'sichere Herkunftsstaaten' als diskriminierend ab", sagte der rheinland-pfälzische Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler der "Welt" (Mittwochsausgabe). Das Asylrecht sei "ein individuelles Menschenrecht" und könne "nicht einfach für ganze Gruppen abgeschafft werden".

Ähnlich äußerten sich die beiden Landesvorsitzenden der nordrhein-westfälischen Grünen, Sven Lehmann und Mona Neubaur: "Als Grüne lehnen wir die Regelung der sogenannten 'sicheren Herkunftsländer' ab. Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht, und in Deutschland muss jeder Asylbewerber die Chance auf ein faires Verfahren erhalten", sagte die NRW-Doppelspitze der "Welt".

Der Vize-Landeschef der Hamburger Grünen, Michael Gwosdz, sagte der Zeitung, die Debatte über sichere Herkunftsländer bringe nichts, "die Menschen kommen trotzdem zu uns". "Anstatt die Grenzen für sie dicht zu machen, sollten wir lieber die Arbeitnehmerfreizügigkeit ausweiten und den Menschen die Chance geben, zu uns zu kommen und sich hier eine Existenz aufzubauen", forderte Gwosdz.

Ein Sprecher der hessischen Grünen sagte laut "Welt", dass Hessen im September 2014 Baden-Württemberg schon nicht darin gefolgt sei, einer Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten zuzustimmen. Hessen habe "dem so genannten Asylkompromiss, der unter anderem die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten enthielt, im Bundesrat nicht zugestimmt. Einen neuen Diskussionsstand gibt es dazu nicht."

Da auch die niedersächsische Grünen-Vorsitzende Meta Janssen-Kucz sich am Dienstag gegen eine Neu-Einstufung weiterer Balkan-Staaten ausgesprochen habe, wird es laut "Welt" unwahrscheinlicher, dass eine entsprechende Klassifizierung Albaniens, Montenegros und des Kosovos den Bundesrat passieren könnte. Wegen der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat und wegen der klaren Ablehnung der Neu-Einstufung in der Linkspartei müsste demnach zusätzlich zu Baden-Württemberg mindestens ein weiteres großes Bundesland mit grüner Regierungsbeteiligung der Änderung zustimmen.

(AFP)
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