Immer mehr Flüchtlinge Asyl - Arztkosten explodieren

Düsseldorf · Viele Kommunen sind mit den ausufernden Ausgaben für die medizinische Behandlung von immer mehr Flüchtlingen überfordert. Der Gemeindebund fordert finanzielle Hilfen von Bund und Land.

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
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Foto: dpa, rwe lof

Mit dem wachsenden Zustrom von Asylbewerbern steigen in NRW auch die Ausgaben der Kommunen für die ärztliche Versorgung der Flüchtlinge. 2012 wurden für die Behandlung Kranker sowie für die Betreuung schwangerer Frauen 48 Millionen Euro ausgegeben. Inzwischen hat sich die Zahl der Asylbewerber verdoppelt. Der Städte- und Gemeindebund NRW schätzt, dass sich die Krankheitskosten infolgedessen in diesem Jahr überproportional auf deutlich mehr als 100 Millionen Euro erhöhen werden. Es handle sich zunehmend um Flüchtlinge, die traumatisiert seien und besonders betreut werden müssten, sagte der Hauptgeschäftsführer der Organisation, Bernd Jürgen Schneider, unserer Redaktion.

"Nicht akzeptabel" sei es jedoch, dass die Kommunen diese "explodierenden Ausgaben" allein zu tragen hätten. Sie seien damit eindeutig überfordert: "Wenn das Land nicht mehr tut, wird der Stärkungspakt Stadtfinanzen hinfällig." Allerdings sei auch der Bund in der Pflicht. Es gehe um eine faire Aufteilung der Kosten, zumal es sich um "gigantische Zahlen" handle.

So viele Flüchtlinge mussten die Städte 2014 neu aufnehmen
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Foto: dpa, jst fdt

Der Städte- und Gemeindebund führt dazu eine Umfrage unter den Kommunen durch. So werden etwa aus Bergisch Gladbach drei Fälle gemeldet, in denen Arztkosten von 50.000 bis 100 000 Euro pro Asylbewerber entstanden sind. In Meerbusch gibt es mindestens zwei Fälle, bei denen die Ausgaben bei jeweils mehr als 100.000 Euro liegen. CDU-Landtagsfraktionsvize André Kuper verwies zudem auf Raesfeld (Kreis Borken), das für die Therapie zweier Flüchtlinge 90 000 Euro zahlen musste. In Balve (Märkischer Kreis) summierten sich die Kosten für die Behandlung eines Asylbewerbers sogar auf mehr als 140.000 Euro. Der Mann, ein Algerier, war von einem anderen Asylbewerber lebensgefährlich verletzt worden und musste in eine Reha-Einrichtung gebracht werden. Allein die Kosten für diesen Fall überstiegen das Jahresbudget der Gemeinde für die Versorgung der Flüchtlinge (130.000 Euro).

Kuper forderte einen Härtefallfonds des Landes, mit dem besonders stark betroffene Kommunen bei den Ausgaben für kranke Asylbewerber entlastet werden sollen. Er kritisierte zudem, dass das Land den Städten die Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge nur teilweise erstatte, weil es dabei veraltete Zahlen zugrunde lege. Bei der Berechnung der Zuweisungen für die jeweilige Flüchtlingszahl werde der Stand zum 1. Januar des Vorjahres zugrundegelegt. Für dieses Jahr gibt das Land den Kommunen 111 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der Flüchtlingszahlen zum Stand 1. Januar 2014 müsste das Land laut Kuper jedoch 175 Millionen Euro zahlen. Die Erstattungen dürften nicht länger auf den Flüchtlingszahlen des Vorjahres basieren, forderte er.

So sah Duisburgs Zeltstadt für Asylbewerber aus
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Hinzu komme, dass das Land den Kommunen ohnehin nur rund 20 Prozent der Kosten für die Unterbringung erstatte. 2013 hätten sie 375 Millionen Euro betragen; gezahlt habe das Land aber nur 79 Millionen Euro. Auch der Gemeindebund forderte eine Neuberechnung. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) müsse sich persönlich um eine Lösung bemühen, sagte Bernd Jürgen Schneider.

Unterdessen haben Ermittler gestern die Essener Firmenzentrale des Flüchtlingsheim-Betreibers European Homecare durchsucht. Dabei sei nach Beweisen für mögliche Misshandlungen in Burbach gesucht worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen. In Burbach sollen private Wachmänner Flüchtlinge misshandelt haben.

(RP)
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