Kolumne Frauensache Armutsbedrohte Generation

Altersvorsorge - viele Frauen verstehen darunter eine gute Antifaltencreme, Power-Pilates sowie ab und an eine "Brigitte"-Diät. Ihre große Furcht vor dem Älterwerden ist der Verlust an Attraktivität.

Eine Angst, die durch feministische Vordenkerinnen wie Bascha Mika auch noch befeuert wird: Sie beklagt ein gesellschaftliches Schönheitsideal, das für ältere Frauen keine Verwendung hat ("Männer reifen, Frauen verblühen", so Mika).

Beklagenswerter als die Frauenfaltenfeindlichkeit unserer Gesellschaft ist allerdings ihre Frauenarmutswahrscheinlichkeit: Gerade die heute 40- bis 50-Jährigen, also die Taffen, Fitten, Gepflegten, beruflich Aktiven und zugleich familiär Engagierten werden die Armen von morgen sein. Zur Veranschaulichung: 40 Prozent der Frauen, die zwischen 1962 und 1966 in den alten Bundesländern geboren sind, müssen mit einer gesetzlichen Rente rechnen, die unter 600 Euro liegt.

Im Gegensatz zu ihren Müttern haben sie einen Beruf erlernt oder studiert, haben aus Liebes- statt aus Versorgungsgründen geheiratet, haben Kinder auf die Welt gebracht und ihren Job gemacht. Das Absurde ist: Genau wegen dieser Freiheiten in ihrer Lebensgestaltung stehen sie im Alter oft schlechter da als ihre Mütter. Zwar haben sich die Frauen in den vergangenen Jahrzehnten aus dem tradierten Rollenbild herausgekämpft, im Steuer- und Rentensystem aber lebt es weiter. Unser auf Erwerbsarbeit zentriertes Rentenmodell steht konträr zur weiblichen Lebenswirklichkeit. Denn es sind immer noch hauptsächlich die Frauen, die den Preis für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zahlen: Sie stellen den Großteil der Teilzeitarbeiter, Minijobber und Niedriglöhner. Das funktioniert, so lange sie nur Hinzuverdiener sind, als Alleinverdienende haben sie keine Chance. Zumal der Staat durch das Ehegattensplitting auch noch ungleiche Einkommen durch Steuerrabatte belohnt. Für Alleinerziehende hingegen gibt es keine Privilegien.

Trostlos ist, dass die große Koalition trotz Frauen wie Andrea Nahles und Manuela Schwesig, die sich als Lebendbeispiele der Gleichberechtigung verstehen, in der Rentenpolitik ein "Weiter so" betreibt - und das auch noch als Gerechtigkeit deklariert. Die Rente mit 63 ist ein Männergenesungswerk, weil die Voraussetzung - 45 Jahre Berufsjahre - kaum eine Frau erfüllt. Und die Mütterrente kommt einer Generation zugute, für die Altersarmut in der Regel kein Problem ist. Im Gegensatz zu ihren Töchtern.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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