Islamabad Armee in Pakistan will noch mehr Macht

Islamabad · Bitte keinen weiteren Coup", titelte die Zeitung "Expresss Tribune" bereits. In Pakistan überschlagen sich die Gerüchte, seit sich der Konflikt zwischen den mächtigen Militärs und der zivilen Regierung zuspitzt. Überraschend feuerte Premierminister Yousuf Raza Gilani Verteidigungs-Staatssekretär Naeem Khalid Lodhi, der als wichtigster Gewährsmann der Armee in der Regierung galt.

Für die Generäle ist das ein offener Affront. Schon lange steht es nicht zum Besten zwischen der Armee und der Regierung von Präsident Asif Ali Zardari. Doch jetzt "steuern sie auf Kollisionskurs", meinte der Analyst Talat Masood. Die neue Verteidigungs-Staatssekretärin Nargis Sethi, so fürchtet man im Armeehauptquartier, könnte Militärchef Ashfaq Parvez Kayani oder Spionagechef Ahmad Shuja Pasha feuern.

Das Militär lässt ebenfalls mit einer Personalie die Muskeln spielen: Es wechselte den Kommandeur der legendären Brigade 111 aus, die bereits mehrfach Putsche gegen die Regierung angeführt hatte. Offiziell hieß es, der Wechsel sei eine Routinesache. Militärchef Kayani hatte zuvor dunkel vor "schmerzlichen Konsequenzen" gewarnt, sollte die Regierung die Konfrontation suchen. Pakistan wurde mehr als die Hälfte seiner 64-jährigen Geschichte vom Militär regiert.

Zardari, der erst vor zwei Wochen von einem Aufenthalt in einer Herzklinik in Dubai zurückgekehrt war, reiste gestern erneut nach Dubai ab. Es ist kein Geheimnis, dass das Militär den seit 2008 regierenden Witwer von Benazir Bhutto gerne loswürde. Seine Regierung gilt als korrupt, unfähig, unpopulär – und als den USA nahestehend. Dagegen ist das Verhältnis des Militärs zu den USA auf einen Tiefpunkt gesunken, seit Ende November US-Hubschrauberbesatzungen 24 Grenzsoldaten getötet hatten.

Die Armee rechnet damit, dass sie nicht selbst aktiv werden muss, sondern dass das Oberste Gericht Zardari seines Amtes enthebt. Die Richter lassen Korruptionsvorwürfe aufrollen und prüfen eine dubiose Geheimbotschaft an den US-Generalstabschef, Zardari gegen Putschpläne beizustehen.

"Die Regierung ist isoliert", sagte Masood. Am ehesten dürfte die Krise wohl daher auf Neuwahlen im Frühjahr hinauslaufen. Das Militär wolle dabei eine genehme Regierung installieren, um beim Endspiel in Afghanistan alle Fäden in der Hand zu haben, wird gemunkelt. Dazu passt der steile Aufstieg von Ex-Kricketstar Imran Khan, den die Massen wie einen Erlöser feiern. Viele wähnen tatkräftige Hilfe des Militärs hinter Khans Popularität. Dieser gilt als scharfer Kritiker der US-Politik in der Krisenregion. Auch der frühere Militärherrscher Pervez Musharraf will im Januar nach Pakistan zurückkehren. Über eine Allianz zwischen beiden Männern wird spekuliert.

(RP)
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