Damaskus ARD-Reporter erleidet Bauchschuss

Damaskus · Auf dem Weg zu einem Reportage-Termin in Aleppo ist der SWR-Korrespondent Jörg Armbruster schwer verletzt worden. Der Journalist musste in einer syrischen Klinik notoperiert werden. Er wurde über die Türkei ausgeflogen.

Der Zustand des in Syrien schwer verletzten ARD-Reporters Jörg Armbruster hat sich nach Angaben des SWR so stark gebessert, dass der Journalist noch gestern von der Türkei aus nach Deutschland ausgeflogen wurde.

Armbruster war seit Anfang vergangener Woche gemeinsam mit seinem Hörfunkkollegen Martin Durm für eine Reportage im Gebiet der Freien Syrischen Armee unterwegs. In der stark umkämpften Stadt Aleppo gerieten die beiden Männer am Freitag in einen Schusswechsel.

"Bild.de" zufolge wurde der Wagen in einem Kreisverkehr vor dem Stadttor Bad al Hadid von Scharfschützen ins Visier genommen. Armbruster habe einen gebrochenen Unterarm und eine Bauchverletzung. Sein Fahrer, der unverletzt blieb, habe den 65-Jährigen nach dem Angriff in eine Klinik gebracht, wo Armbruster notoperiert wurde.

Trotz seiner schweren Verletzungen wurde der Reporter am Samstag mit einem Krankenwagen an die türkische Grenze gebracht. Sein Zustand sei inzwischen stabil, sagte ein SWR-Sprecher. Der Hörfunkreporter Durm begleitete Armbruster bei seinem Flug nach Stuttgart. Für die Organisation des Krankentransports soll der "Bild" zufolge ein privater Sicherheitsdienst beauftragt worden sein.

Der aus Tübingen stammende Armbruster hatte seine journalistische Karriere 1973 beim WDR-Hörfunk begonnen, wechselte später jedoch ins Fernsehen. Als Redakteur und Reisekorrespondent in der Auslandsredaktion hatte er unter anderem Einsätze im Golfkrieg und bei den Wahlen in Südafrika. Bis Januar 2013 hatte er mehrere Jahre als Fernsehkorrespondent aus Kairo für die ARD über die arabische Welt berichtet – etwa über den Rücktritt Hosni Mubaraks in Ägypten oder den Bürgerkrieg in Libyen.

Es handelt sich nicht um den ersten Zwischenfall für deutsche Journalisten in Syrien: Kürzlich geriet ein ZDF-Team um den Korrespondenten Dietmar Ossenberg unter Beschuss. Bei Dreharbeiten vor einer Woche in Damaskus sei in der Nähe eine Granate eingeschlagen, sagte ein ZDF-Sprecher. Von dem Team sei aber niemand verletzt worden; mittlerweile sei es wieder aus Syrien ausgereist.

Auch für arabische Journalisten hat sich die Lage verschärft: Im syrischen Staatsfernsehen lobte ein in Kuwait lebender Geschäftsmann ein Kopfgeld auf arabische Journalisten aus. Der bekennende Sympathisant von Präsident Baschar al Assad kündigte an, dass jeder, der in Syrien einen Reporter der Sender Al Dschasira oder Al Arabija festnehme, eine Belohnung von umgerechnet etwa 100 000 Euro erhalte. Der Unternehmer warf den Korrespondenten "Hetze" und damit eine Mitverantwortung an dem Blutvergießen vor.

Der Organisation "Reporter ohne Grenzen" zufolge kamen 23 Journalisten seit Beginn des Aufstandes gegen Baschar al Assad im März 2011 ums Leben. Zu den bekanntesten Opfern gehören der französische Fernsehreporter Gilles Jacquier und die US-Kriegsberichterstatterin Marie Colvin. Beide berichteten aus der Oppositionshochburg Homs.

2012 gehörte Syrien der Organisation zufolge neben Somalia zu den "tödlichsten" Ländern für Journalisten. So stehen unabhängige syrische Journalisten zunehmend zwischen den Fronten, sie werden von beiden Seiten bedroht. Ausländische Reporter wiederum können sich nicht frei bewegen – wegen der inzwischen landesweiten Kämpfe sowie der Mediensperre des Assad-Regimes. Das International News Safety Institute schreibt in einem Medienhinweis, Journalisten sollten Syrien als Kriegsgebiet betrachten. Schießereien und Luftangriffe seien in einigen Gebieten alltäglich.

Verschärft wird die Lage noch durch den wachsenden Einfluss dschihadistischer Milizen in dem Land. Deren selbst ernannte Gotteskrieger stehen dem Terrornetzwerk Al Qaida nahe, ihr Gesetz ist die islamische Rechtsprechung, die Scharia, in einer besonders strengen Auslegung. Im Internet finden sich inzwischen zahlreiche Videos, in denen die Dschihadisten vermeintliche Gegner enthaupten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort