PersönlichKarl Kardinal Lehmann . . . ist jetzt seit 30 Jahren Bischof
Seine Worte, dass das Bischofsamt ganz und gar Dienst für die Menschen und die Bürde darum in Demut leichter zu tragen sei, sind für Karl Kardinal Lehmann keine Worthülsen, keine eingeübten Phrasen. Weil Lehmann diese Worte auch an sich selbst gerichtet und dieses Amtsverständnis seinem eigenen Leben abgerungen hat — im wahrsten Sinne des Wortes. Denn als das Mainzer Domkapitel ihm das Bischofsamt anträgt, sagt er nicht sofort Ja. Zwei Tage braucht Lehmann; Bedenkzeit nennt man das. In Wahrheit wird es ein Ringen. Und immer wieder stellt er sich die Frage: "Wirst du glücklich, wenn du jetzt sagst, dass du das nicht machst, wenn andere meinen, du solltest das tun?" Als er für sich eine Antwort gefunden hat, meldet er nach Mainz: "Ich bin bereit." Aber als er dann aus Freiburg abreist und den Schlüssel seines Hauses ein letztes Mal dreht, weint er. Wovon er sich auch verabschiedet? Von seiner geliebten Tätigkeit als Dogmatik-Professor. Die Zeit der Lehre — insgesamt von 1968 bis 1983 — wird er später seine glücklichste nennen. 30 Jahre ist es nun her, dass Karl Lehmann zum 103. Bischof von Mainz geweiht wird und zum 87. Nachfolger des Heiligen Bonifatius, des Apostels der Deutschen. 47 Jahre ist Lehmann damals alt. Und eine Art Bischof der Deutschen ist der Sohn eines Volksschullehrers und spätere Rahner-Schüler tatsächlich geworden: In den 21 Jahren, in denen er der Deutschen Bischofskonferenz vorsitzt, konnte er der katholischen Kirche wichtige Impulse geben — durchaus nicht immer im Einklang mit Rom. Aus den Konflikten mit dem Vatikan ist er auch nicht immer siegreich hervorgegangen. Ein Gelehrter und Bücherliebhaber ist er stets geblieben. 4000 Buchtitel tragen seinen Namen. Und all das findet sich im Bischofswappen — mit dem Motto "State in fide" ("Steht fest im Glauben") und dem aufgeschlagenen Buch gleich darunter.