Porträt Angela MerkelDas eiserne Mädchen
Angela Merkel wird die erste Kanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik. Und anders als ihre männlichen Vorgänger blickt sie dabei nicht auf eine lange politische Karriere zurück. Im Gegenteil: als sie 1990 Pressesprecherin der Regierung de Maizière wurde, hatte Merkel 36 Jahre ihres Lebens relativ bescheiden in der DDR verbracht. Danach jedoch begann eine Blitzkarriere.Geboren 1954 als Angela Dorothea Kasner in Hamburg, wächst die Pastorentochter in der Uckermark bei Templin auf. Merkel ist eine gute Schülerin, gewinnt 1969 die Russisch-Olympiade des Kreises und darf zur Belohnung in die Sowjetunion reisen. Bis heute spricht sie fließend Russisch. Das Abitur schließt die Schülerin mit Traumnote ab und studiert fortan in Leipzig Physik. 1978, nach dem Diplom, wechselt die 24-jährige an das Berliner Zentralinstitut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften der DDR und widmet sich fortan der Quantenchemie.Bereits 1977 hatte Angela Kasner den Physiker Ulrich Merkel geheiratet, die Verbindung zerbricht 1982. Kinder gibt es keine. Das bleibt auch in zweiter Ehe so, mit dem Chemiker Joachim Sauer lebt Merkel bis heute in Berlin.Im Tschernobyl-Jahr 1986 promoviert Angela Merkel mit einer Arbeit über den Reaktionsprozess von Kohlenwasserstoffen — von nun an ist sie Frau Doktor Merkel. Es ist der Höhepunkt einer bis dahin unauffälligen wissenschaftlichen Laufbahn. An der Berliner Akademie kommt Merkel erstmals mit Politik in Berührung: Ulrich Havemann, Sohn des Dissidenten Robert Havemann war ihr Kollege und Büronachbar, ein anderer Kollege entpuppt sich nach der Wende als Stasispitzel.Zum ersten eigenen politischen Engagement sollte es dennoch erst nach dem Zusammenbruch des SED-Regimes kommen: "Ende 1989", so schreibt Merkel auf ihrer Internetseite, tritt sie in den "Demokratischen Aufbruch" des Pfarrers Rainer Eppelmann ein. In den Wirren der Wendezeit schafft sie es binnen weniger Monate zur Pressesprecherin der Partei. Nach der Wahl im März 1990 wird Merkel stellvertretende Pressesprecherin der Regierung de Maizière. Die Position wird zum Sprungbrett ins politische Etablissement der BRD. Durch die Fusion des Demokratischen Aufbruchs mit der CDU wird die Politikerin Merkel Mitglied der Union, bei der Bundestagswahl im Herbst 1990 schickt ihr Wahlkreis Rügen sie mit einem Direktmandat in den Bundestag.Die nächsten Jahre stehen unter dem Label "Kohls Mädchen". Protegiert vom gewichtigen Kanzler wird sie erst Familienministerin, dann stellvertretende Vorsitzende der CDU, 1994 beerbt sie Klaus Töpfer als Umweltministerin. Nach dem Machtwechsel 1998 wird Angela Merkel Generalsekretärin der CDU und im Jahr 2000 in Essen zur Parteichefin gewählt. Die Ära Kohl ist vorüber und Angela Merkel war nicht ganz unbeteiligt.Der Weg zur Kanzlerkandidatin indes ist noch lang und geprägt von unzähligen Scharmützeln mit innerparteilichen Rivalen, die den steilen Aufstieg der Protestantin aus dem Osten scheinbar nicht verwinden können. Zur Bundestagswahl 2002 nimmt die CDU-Chefin zugunsten des Bayrischen Ministerpräsidenten Stoiber Abstand von einer Kandidatur. Das wird ihr nach der knapp verlorenen Wahl als Instinktsicherheit ausgelegt und die Partei dankt es ihr mit dem Fraktionsvorsitz. Dadurch ist mit Friedrich Merz ein weiterer Konkurrent aus dem Feld geschlagen. Spätestens in dieser Zeit entsteht Merkels Image als kalte Machtpolitikerin.Ohnehin macht die Steuerfrau sich nicht nur Freunde. Sei es die laut artikulierte Zustimmung zum Irakkrieg oder der als rücksichtslos empfundene Poker um die Personalie des Bundespräsidenten, die letztlich mit der Ernennung von Horst Köhler knapp zu Merkels Gunsten ausgeht, ihr Führungsanspruch ist innerhalb der Partei nicht immer unumstritten. Erst nachdem Gerhard Schröder nach dem Wahldebakel in NRW überraschend den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen frei gemacht hatte, stellen die Unionsspitzen sich formal hinter Angela Merkel.