Alle Politik-Artikel vom 14. Dezember 2003
Spitzengespräch: Schröder, Merkel und Co. unter sich

Diskussion über GegenfinanzierungSpitzengespräch: Schröder, Merkel und Co. unter sich

Berlin (rpo). Nach der ersten Verhandlungsrunde im Vermittlungsausschuss am Sonntag hat sich Bundeskanzler Gerhard Schöder mit den Vorsitzenden der anderen Bundestagsparteien zurückgezogen.In dem Gespräch soll unter anderem über die Gegenfinanzierung zum Vorziehen der Steuerreform gesprochen werden. Ferner berieten zwei weitere Arbeitsgruppen zu den Themen Arbeitsmarkt und Finanzen. Gegen 21.30 Uhr sollen die Beratungen in großer Runde wieder aufgenommen werden. Neben Schröder nehmen CDU-Chefin Angela Merkel, der CSU- Vorsitzende Edmund Stoiber, FDP-Chef Guido Westerwelle und von Seiten der Grünen Außenminister Joschka Fischer an der Unterredung teil. Zudem sitzen unter anderem die Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (Niedersachsen, SPD), Christian Wulff (Niedersachsen) sowie Georg Milbradt (Sachsen, beide CDU) mit am Tisch. Schröder hatte der Union in großer Runde eine hälftige Beteiligung an den Privatisierungserlösen angeboten. Insgesamt will der Bund nach Schröders Aussagen rund 5,3 Milliarden Euro aus der Privatisierung von Staatsbeteiligungen erzielen. Davon soll die Hälfte an die Länder gehen. Aus Unions-Kreisen hieß es dazu, dies reiche bei weitem nicht aus. Die Regierung habe sich noch nicht ausreichend bewegt. Die von ihm in Aussicht gestellten höheren Privatisierungserlöse zur Finanzierung der vorgezogenen Steuerentlastung wurden von der Gegenseite jedoch als unzureichend zurückgewiesen. Union und FDP forderten eine noch stärkere Kompensation für die Steuerausfälle in den Ländern. Der Kanzler wollte eine Kernforderung der Union erfüllen, den Anteil neuer Schulden zur Finanzierung der geplanten Entlastungen durch die dritte Steuerreformstufe von insgesamt 15,6 Milliarden Euro deutlich zu verringern. Dazu bot er an, dass der Bund die Erlöse aus der Privatisierung von Staatsbeteiligungen wie der Post und Telekom sowie an Flughäfen von ursprünglich 2 Milliarden auf 5,3 Milliarden Euro aufstockt. Davon sollten die Länder die Hälfte erhalten. Dies war Union und FDP zu wenig. Die Regierung habe sich noch nicht ausreichend bewegt, verlautete aus Oppositionskreisen. Der Bund wolle unter dem Strich lediglich 1,7 bis 2 Milliarden Euro an die Länder weiterreichen. Die Länder forderten jedoch 6,3 Milliarden Euro zur Kompensation der Ausfälle durch eine vorgezogene Steuerentlastung. Sie wollten eine "saubere Kompensation", hieß es. Scherf voller OptimismusSPD-Fraktionschef Franz Müntefering nannte das Angebot großzügig. Der Kanzler hatte nach Angaben aus Koalitionskreisen eine Gegenfinanzierung vorgeschlagen, die sich je zu einem Drittel aus Subventionsabbau, Privatisierungserlösen und neuen Schulden zusammensetzen soll. Der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, Bremens Landeschef Henning Scherf (SPD), zeigte sich optimistisch, dass eine Einigung zu Stande komme. Vor den Beratungen des Vermittlungsausschusses beharrten die Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) auf ihren Kernforderungen: Die von der Regierung für 2004 geplante zusätzliche Steuerentlastung dürfe nur maximal zu 25 Prozent über neue Schulden finanziert werden. Die Entlastung dürfe nicht durch Streichung von Steuervergünstigungen konterkariert werden. Außerdem müsse die Regierung der Union bei den Arbeitsmarktreformen weiter entgegenkommen. Die Union wollte zudem Teile des Reformpakets auf das nächste Jahr verschieben. Die Verhandlungen zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, dem so genannten Hartz-IV-Gesetz, seien an einem schwierigen Punkt angekommen, hieß es nach einem Treffen der Unionsspitze am Nachmittag. Die Umsetzung sei zu kompliziert. Die Gespräche könnten zudem dadurch belastet werden, dass im Streit um Tariföffnungsklauseln Arbeitgeber und Gewerkschaften sich zuvor nicht auf eine Grundsatzerklärung einigen konnten. Auch eine leichte Annäherung der Metall-Tarifparteien vor der Aufnahme von Tarifverhandlungen an diesem Montag führte zu keiner Lösung. Die Öffnungsklauseln spielten allerdings in dem 20-minütigen Telefonat von Schröder und Merkel nach Angaben aus Parteikreisen keine Rolle. Damit sind sie dem Vernehmen nach für die Union aber nicht vom Tisch.

Autobombe explodiert in Bagdad

Waren es mehrere Explosionen oder eine Bombe?Autobombe explodiert in Bagdad

Bagdad/Kairo (rpo). Vor dem "Palestine"-Hotel in Bagdad ist am Sonntagabend eine Autobombe explodiert. Das teilte der arabische Fernsehsender El Dschasira mit. Der Sender El Arabija sprach dagegen von mehreren Explosionen auf einem Platz. Korrespondenten sahen Rauch aufsteigen. Im Hotel "Palestine" im Zentrum der irakischen Hauptstadt wohnen viele Journalisten.

Was hat Gerster dem Ausschuss gesagt?

BA-Chef gerät zunehmend unter DruckWas hat Gerster dem Ausschuss gesagt?

Berlin (rpo). Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, gerät zunehmend in die Kritik. Der neue schwere Vorwurf: Gerster soll dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages nicht die Wahrheit über den umstrittenen PR-Vertag mit der Agentur WMP gesagt haben. Der Ausschuss will das jetzt prüfen."Wenn sich herausstellt, dass Gerster den Ausschuss falsch informiert hat, werden wir uns das nicht gefallen lassen", kündigte der Vorsitzende des Ausschusses, Rainer Wend, im "Tagesspiegel" (Montagausgabe) an. Eine Falschaussage werde Konsequenzen für den Behördenchef haben, erklärte der SPD-Politiker Wend. Medienberichten vom Wochenende zufolge soll Gerster vor dem Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft nicht die Wahrheit gesagt haben. Der Bericht des Bundesrechnungshofes über den Beratervertrag mit der PR-Firma WMP EuroCom nähre den Verdacht, dass Gerster das Parlamentsgremium über das Vergabeverfahren falsch informiert habe, berichtete "Der Spiegel". Laut "Focus" ist die Kritik an dem Behördenchef viel umfassender als bisher bekannt. Gerster habe den Abgeordneten im Ausschuss mitgeteilt, die zuständigen Beamten seiner Behörde hätten die Entscheidung abgesegnet, den Vertrag ohne Ausschreibung zu vergeben, schrieb "Der Spiegel". Im Bericht des Rechnungshofes stehe allerdings, dass diese Darstellung falsch sei. Danach seien die zuständigen Stellen der Behörde "erst nach der Entscheidung des Vorstands über die Vergabe an WMP eingeschaltet worden". Das Wirtschaftsministerium kläre jetzt, ob der umstrittene Vertrag nach der Kritik des Rechnungshofes "rückabgewickelt werden muss", wie der zuständige Staatssekretär Rudolf Anzinger vergangene Woche im Ausschuss gesagt habe. Die PR-Firma müsste dann möglicherweise einen Teil des bereits bezahlten Honorars von 500.000 Euro zurückgeben, hieß es. Laut "Focus" heißt es in dem Bericht der Prüfbehörde: "Die Bundesanstalt verkennt grundlegend, dass das Gebot wirtschaftlichen und sparsamen Umgangs mit Beitragsmitteln und mit Haushaltsmitteln des Bundes auch für sie gilt." Auch dem Münchner Magazin zufolge wurde die zuständige Abteilung erst nach der Entscheidung des Vorstandes, den Auftrag an WMP zu vergeben, eingeschaltet. Außerdem habe Gerster den Vertrag in einer Zeit geschlossen, als sich das öffentliche Image seiner Behörde im Vergleich zu seinem Amtsantritt deutlich verbessert habe.

Zögernd sprach Rumsfeld die "gute Nachricht" aus

Bush erfuhr am Samstagnachmittag von der FestnahmeZögernd sprach Rumsfeld die "gute Nachricht" aus

Washington (rpo). Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat es nur zögerlich ausgesprochen: Wir haben vermutlich Saddam Hussein geschnappt. US-Präsident George W. Bush hat am Samstagnachmittag auf seinem Landsitz Camp David von der Festnahme erfahren. Am Samstag um etwa 15.15 Uhr Ortszeit (21.15 Uhr MEZ) habe Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Präsidenten informiert, teilte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, am Sonntag in Washington mit. "Herr Präsident, die ersten Berichte sind nicht immer sehr genau", habe Rumsfeld das Gespräch vorsichtig eingeleitet. Daraufhin habe Bush seinen Verteidigungsminister unterbrochen und gesagt: "Das hört sich nach guten Nachrichten an." Rumsfeld: "General Abizaid hat mich angerufen. Er ist sich sicher, dass wir Saddam Hussein haben." Der Präsident habe darauf entgegnet: "Also, das ist eine gute Nachricht." Endgültige Sicherheit bekam Bush den Angaben zufolge am Sonntagmorgen um 05.14 Uhr (Ortszeit), als ihn Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice über die Feststellung der Identität Saddams informierte.

Jubel und Erleichterung nach Saddams Festnahme

Bush ist glüclich für das irakische VolkJubel und Erleichterung nach Saddams Festnahme

Hamburg (rpo). Mit Jubel und Erleichterung hat die Welt auf die Festnahme des früheren irakischen Diktators Saddam Hussein reagiert. In Bagdad gab es spontane Jubelfeiern. Kanzler Schröder gratulierte US-Präsident Bush.US-Präsident George W. Bush bezeichnete die Gefangennahme Saddams als "sehr gute Nachricht für das irakische Volk". "Er ist sehr glücklich für das irakische Volk", sagte der Sprecher des Präsidenten, Scott McClellan, in Washington. Bundeskanzler Gerhard Schröder gratulierte Bush zu der Festnahme. Saddam habe "unsägliches Leid" über sein Volk und die ganze Region gebracht, schrieb der Kanzler an Bush. "Der Tyrann, der die Vereinten Nationen herausgefordert hatte, ist gefallen", sagte Spaniens Ministerpräsident José María Aznar, der zu den entschiedensten Befürwortern eines Krieges im Irak gehörte. Der britische Premierminister Tony Blair erklärte, die Festnahme fege "den Albtraum einer Rückkehr des Saddam-Regimes hinweg", der allzu lange wie ein Schatten auf dem irakischen Volk gelastet habe." Saddam müsse sich vor einem irakischen Gericht "für seine Verbrechen gegen das irakische Volk" verantworten, verlangte Blair. Auch der ägyptische Außenminister Ahmed Maher erklärte, sein Land unterstütze Forderungen nach einem fairen Prozess. Zwar werde wohl kaum jemand Saddam eine Träne nachweinen, dennoch sollte man die Angelegenheit nicht überbewerten. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, sprach von "einem bedeutenden Schritt im Rahmen der Entwicklungen im Irak". Nun sei es wichtig, dass die Iraker Saddam vor Gericht stellten.Viele Jordanier traurigIn Bagdad gab es spontane Jubelfeiern. Die Menschen gratulierten sich gegenseitig und feuerten Freudenschüsse ab. Vor dem Gebäude der Kommunistischen Partei, deren Anhänger unter dem Regime des Ex- Präsidenten brutal verfolgt worden waren, schwenkten Iraker Fahnen und verteilten Süßigkeiten an die Fahrer vorbeifahrender Autos. "Es wäre besser, er hätte Selbstmord begangen, anstatt sich festnehmen zu lassen", meinte ein Gemüsehändler in der Bagdader Innenstadt. Obwohl viele politisch verfolgte Iraker unter dem Saddam-Regime im Nachbarland Jordanien Schutz gesucht hatten, äußerten viele Jordanier Trauer darüber, dass Saddam, der für sie "ein arabischer Nationalheld" war, von den Amerikanern geschnappt wurde. Der französische Kriegsgegner und Präsident Jacques Chirac bezeichnete die Verhaftung als "ein größeres Ereignis, das erheblich zur Demokratisierung und Stabilisierung des Iraks beitragen dürfte". Der italienische Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Franco Frattini erklärte: "Die Gefangennahme des Diktators ist offensichtlich der entscheidende Schlag gegen die todbringende irakische Guerilla." Ähnlich äußerte sich Außenminister Joschka Fischer. Nun bestehe die Chance, "dass die Gewalt im Irak abnimmt und der Terror zum Stillstand kommt".Hoffnung auf FortschritteRussland äußerte sich hoffnungsvoll, dass es nun Fortschritte bei einer politischen Lösung des Konflikts geben werde. Außenminister Igor Iwanow sagte, dabei sollten die Vereinten Nationen eine wichtige Rolle spielen. Der EU-Repräsentant für die gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik, Javier Solana, sprach von einem "sehr wichtigen Tag für das irakische Volk". Die schwedische Außenministerin Laila Freivalds sagte, die Unsicherheit über Saddams Verbleib habe den Wiederaufbau im Irak gebremst. Auch die CDU reagierte mit Erleichterung. CDU-Chefin Angela Merkel sprach von einem "riesigen Erfolg für die USA". Damit zeige sich, dass Saddam Hussein nicht mehr die Macht über das irakische Volk habe, sagte Merkel.

Bush freut sich mit irakischem Volk

Kampf gegen den Terror gehe unvermindert weiterBush freut sich mit irakischem Volk

Washington (rpo). US-Präsident George W. Bush nannte die Gefangennahme Saddam Husseins eine "sehr gute Nachricht für das irakische Volk". Noch am Sonntagabend trat er vor die Presse. Er sprach sich erfreut und erleichtert über die Gefangennahme des irakischen Ex- Diktators Saddam Hussein aus. Zugleich warnte er jedoch, dass die Festnahme keine Garantie für ein Ende der Gewalt im Irak bedeute. Aber diese gegnerischen Kräfte würden am Ende besiegt werden, sagte der Präsident in einer kurzen Rede an die Nation. An das irakische Volk gerichtet erklärte Bush, die Bevölkerung brauche nun nie mehr Angst vor Saddam zu haben: "Eine dunkle und schmerzhafte Ära ist vorüber." Die Gefangennahme Saddams bringe den Bürgern, die in ihrer großen Mehrheit die Freiheit wollten, mehr Sicherheit für den Aufbau eines neuen freien Iraks. "Es gibt keine Rückkehr zum korrupten Regime", versicherte Bush. "Ein Tag der Hoffnung ist gekommen." Der Präsident kündigte zugleich an, dass der Kampf gegen den Terror unvermindert weitergehen werde.

Pakistans Präsident entgeht Anschlag

Schwere Explosion kurz nach WagenkonvoiPakistans Präsident entgeht Anschlag

Islamabad (rpo). Nur knapp ist der pakistanische Präsident Pervez Musharraf am Sonntag einem Anschlag entgangen. Wenige Minuten nach dem Vorbeifahren seines Fahrzeugkonvois durch die Straßen von Rawalpindi explodierte eine Bombe.Das teilte das das staatliche Fernsehen meldete. Dabei wurde eine Brücke beschädigt, doch wurde niemand verletzt. Informationsminister Scheich Raschid Ahmed erklärte, der Präsident sei zu seinem Wohnsitz in Rawalpindi, rund 15 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernt, zurückgekehrt. Ein Militärsprecher, Generalmajor Shaukat Sultan, bestätigte, dass sich eine Explosion ereignet habe. Der Konvoi des Präsidenten sei aber schon sicher an jener Stelle vorbeigefahren. Ob die Detonation wirklich von einem Sprengsatz ausgelöst wurde, wollte er nicht sagen. Musharraf ist in der Vergangenheit schon mindestens zwei Attentatsversuchen entgangen. Wegen seiner USA-freundlichen Haltung im Kampf gegen den internationalen Terrorismus hat er sich unter den Islamisten in Pakistan viele Feinde gemacht.

Struck: USA schließt Standorte in Deutschland

Rumsfeld müsse auf die neuen Bedrohungen reagierenStruck: USA schließt Standorte in Deutschland

Berlin (rpo). Verteidigungsminister Peter Struck hat den Abbau von US-Truppen in Deutschland bestätigt. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld müsse schließlich auch auf die neuen Bedrohungen reagieren. Es gehe zwar nicht darum, kurzfristig Standorte zu schließen, sagte Struck der "Welt am Sonntag". Auf längere Sicht aber werde nicht alles so bleiben wie es sei: Die Zahl von 70.000 US-Soldaten in Deutschland werde sinken, und Standorte würden langfristig geschlossen. Genaue Zahlen oder Orte nannte der SPD-Politiker nicht. Der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld müsse ebenso wie er selbst seine Streitkräfte auf die neuen Bedrohungen ausrichten, sagte Struck. Dazu würden auch die Stationierungsorte in Europa überprüft. Zunächst sei eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Auswärtigen Amts, des Verteidigungsministeriums und der US-Regierung eingesetzt worden. Danach würden im Frühjahr Rumsfeld und der US-Kongress entscheiden, sagte Struck.

US-Verwalter Bremer: "Ein großer Tag"

Die Rede im WortlautUS-Verwalter Bremer: "Ein großer Tag"

Bagdad (rpo). Weltweite Erleichterung nach der Festnahme von Saddam Hussein. Es war an US-Zivilverwalter Paul Bremer, die Verhaftung in einer Pressekonferenz zu verkünden. Seine Rede im Wortlaut: "Dies ist ein großer Tag in der irakischen Geschichte. Jahrzehntelang haben Hunderttausende von Ihnen unter diesem grausamen Mann gelitten. Jahrzehntelang hat Saddam Hussein Sie, die Bürger, gegeneinander ausgespielt. Jahrzehntelang hat er Ihre Nachbarn mit Angriff bedroht. Jene Tage sind für immer vorbei. Jetzt ist es an der Zeit, den Blick auf die Zukunft zu richten, auf Ihre Zukunft der Hoffnung und eine Zukunft der Versöhnung... Der Tyrann ist ein Gefangener. Die Wirtschaft bewegt sich vorn. Vor Ihnen liegt die Aussicht auf eine souveräne Regierung schon in wenigen Monaten. Mit der Festnahme von Saddam Hussein gibt es für die Mitglieder des früheren Regimes eine neue Möglichkeit, ihren erbitterten Widerstand aufzugeben. Mögen sie jetzt im Geiste der Versöhnung und Hoffnung hervorkommen, ihre Waffen niederlegen und sich mit ihnen, ihren Mitbürgern, an die Aufgabe machen, ein neues Irak aufzubauen. Jetzt ist es an der Zeit für alle Iraker - Araber und Kurden, Sunniten, Schiiten, Christen und Turkmenen - ein gedeihliches demokratisches Irak aufzubauen, das mit sich und seinen Nachbarn in Frieden lebt."

Experte: Hussein droht die Todesstrafe

"Ich würde ihm auch keine Träne nachweinen"Experte: Hussein droht die Todesstrafe

München (rpo). Nach der Festnahme droht Saddam Husseins vermutlich die Todesstrafe. Damit rechnet zumindest der Nahost-Experte Peter Scholl-Latour. Der ehemalige irakische Machthaber habe so viele Menschen auf dem Gewissen. Im Irak existiere die Todesstrafe noch ebenso wie in den meisten US-Bundesstaaten, sagte Scholl-Latour der Münchner "tz" (Montagausgabe). "Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Saddam zum Tode verurteilt wird. Er hat so viele Leute umgebracht - ich würde ihm auch keine Träne nachweinen." Für Saddams Anhänger sei die Festnahme ein schwerer Schlag. Allerdings habe er nicht mehr so viele Unterstützer gehabt. Für die anderen Widerstandskräfte sei die Festnahme dagegen möglicherweise sogar eine Entlastung. "Die können ihren Kampf jetzt ohne das Brandmal Saddam Hussein fortführen." Für die US-Amerikaner bedeute die Festnahme endlich einen greifbaren Erfolg. "Es war ja eine Blamage, dass sie den Kerl acht Monate lang nicht zu fassen bekommen hatten."

Vom Bauernsohn zum Machthaber

Die wichtigsten Daten im Leben Saddam HusseinsVom Bauernsohn zum Machthaber

Hamburg (rpo). Seit heute ist Saddam Hussein Gefangener der USA. Der gestüzte Diktator hat eine Karriere vom armen Bauernsohn bis zum Machthaber hinter sich. Die wichtigsten Daten seines Lebens: - Geboren offiziell am 28. April 1937 im Dorf El Ouja nahe Tikrit als Kind einer Kleinbauernfamilie - Seit 1957 Mitglied der damals noch verbotenen Baath-Partei - 1959 Flucht ins benachbarte Ausland nach Beteiligung an einem gescheiterten Attentat auf den damaligen irakischen Regierungschef Abdel-Karim Kassam - 1963 Rückkehr und Hochzeit mit seiner Cousine Sajida Chairallah; Geburt des ältesten Sohnes Udai 1964; danach Sohn Kusai und drei weitere Töchter - 1964-66 Haftstrafe nach gescheitertem Putschversuch gegen Abdul Salam Aref - Nach Umsturz und Machtübernahme der Baath-Partei im Irak am 17. Juli 1968 Aufstieg zum stellvertretenden Generalsekretär der Bewegung - Wahl zum Generalsekretär der Baath-Partei am 11. Juli 1979 - Machtübernahme als Staats- und Regierungschef am 16. Juli 1979, Beseitigung unliebsamer Gegner in einer blutigen Säuberungswelle - Beginn eines verlustreichen Krieges gegen Iran im Juni 1980; Waffenstillstand am 20. August 1988 - Überfall Iraks auf das Nachbarland Kuwait am 2. August 1990 - Im Februar 1991 militärisches Debakel in der von ihm ausgerufenen "Mutter aller Schlachten" gegen die USA und Alliierte - Einnahme Bagdads durch US-Soldaten am 9. April 2003; Zusammenbruch des Saddam-Regimes und Flucht des Herrschers. - Festnahme Saddams am 14. Dezember in seiner Heimatstadt Tikrit

"Endlich ist der Schächter festgenommen"

Reaktionen auf die Festnahme von Saddam Hussein"Endlich ist der Schächter festgenommen"

Berlin (rpo). Die CDU hat mit Freude und Erleichterung auf die Festnahme von Saddam Hussein reagiert. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, den Krieg hinter sich zu lassen und den Irak gemeinsam zu stabilisieren und zu demokratisieren."Die Ergreifung Saddam Husseins ist eine der schönsten Meldungen des Jahres. Endlich ist der Schlächter gefasst und wird hoffentlich einer gerechten und harten Strafe zugeführt", sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger, am Sonntag der dpa in Berlin. Er hoffe sehr, "dass der Widerstand seiner faschistischen Anhänger jetzt gebrochen wird". Die USA und Europa sollten den Tag zum Anlass nehmen, die Differenzen über den Krieg hinter sich zu lassen und den Irak gemeinsam zu stabilisieren und zu demokratisieren. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in einem Schreiben an US-Präsident George W. Bush seine Freude über die Festnahme von Saddam Hussein ausgedrückt. "Ich beglückwünsche Sie zu dieser erfolgreichen Aktion", hieß es in dem Schreiben vom Sonntag. Saddam habe unsägliches Leid über sein eigenes Volk und die ganze Region gebracht. "Ich hoffe, das seine Festnahme die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zum Wiederaufbau und zur Stabilisierung des Irak fördern wird." Mit Freude haben auch die Grünen auf die Ergreifung von Saddam Hussein reagiert und gefordert, den irakischen Diktator vor Gericht zu stellen. "Das ist eine gute Nachricht für das irakische Volk, für die gesamte Region und die Zukunft des Iraks", erklärten die Parteivorsitzenden Angelika Beer und Reinhard Bütikofer am Sonntag in Berlin. Umso mehr hofften sie auf eine friedliche, demokratische Entwicklung des Landes. Für all die von ihm zu verantwortenden Verbrechen müsse Saddam Hussein vor Gericht gestellt werden. Ähnliche Positivstimmen aus dem Ausland: Der französische Staatspräsident Jacques Chirac ist erfreut über die Festnahme Saddam Husseins. "Die Verhaftung ist ein größeres Ereignis, das erheblich zur Demokratisierung und Stabilisierung des Iraks beitragen dürfte", sagte Chiracs Sprecherin Catherine Colonna am Sonntag in Paris. Damit werde es den Irakern ermöglicht, ihr Schicksal in einem souveränen Irak wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Frankreich war ein führender Gegner des von Washington und London geführten Krieges gegen den Irak.Der italienische Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Franco Frattini hat die Festnahme des ehemaligen irakischen Machthabers Sadam Hussein als die "entscheidende Wende im Kampf gegen die Guerilla" bezeichnet. "Die Gefangennahme des Diktators ist offensichtlich der entscheidende Schlag gegen die todbringende irakische Guerilla", sagte Frattini. Den Truppen der internationalen Koalition im Irak sei der Beweis gelungen, dass sie Saddam als Symbol des irakischen Terrors gestürzt hätten, fügte er in einem Interview mit dem italienischen Rundfunk hinzu. Italien unterstützt die USA und Großbritannien im Irak mit rund 3000 Soldaten.

Blair will Hussein vor irakisches Gericht stellen

"Schatten" des Saddam-Regimes endgültig gewichenBlair will Hussein vor irakisches Gericht stellen

London (rpo). Der britische Premierminister Tony Blair will Saddam Hussein vor ein irakisches Gericht stellen. Der EX-Diktator solle sich so "für seine Verbrechen gegen das irakische Volk verantworten". "Saddam hat seine Macht eingebüßt, er wird nicht zurückkommen", sagte Blair am Sonntag in der Downing Street in London. "Das wissen die Iraker jetzt, und es ist an ihnen, über sein Schicksal zu entscheiden." Blair bedankte sich bei den Geheimdiensten und beim Militär, aber auch bei den Irakern, die diesen Erfolg ermöglicht hätten. Die Festnahme sei nicht nur ein "Sieg" der westlichen Truppen, sondern auch des irakischen Volkes. "Dies ist eine Zeit zum Feiern", sagte Blair, der nach Meinung britischer Kommentatoren aber sehr darauf achtete, keinen triumphierenden Ton anzuschlagen. "Wir können die Vergangenheit jetzt hinter uns lassen. Seine Herrschaft bedeutete Terror, Teilung und Brutalität; jetzt lasst uns dafür sorgen, dass seine Festnahme zu Einheit, Versöhnung und Frieden bei allen Menschen im Irak führt." Es biete sich jetzt die Chance zu einem großen Schritt nach vorn: "Wir sollten jetzt versuchen, den ganzen Irak zu einen und gemeinsam das Land wieder aufzubauen und ihm eine neue Zukunft zu bieten." Dies sei ebenso das Ziel des Westens wie der irakischen Bevölkerung.

Die lange Suche nach Saddam Hussein

Die Verfolgung begann gleich nach dem Fall BagdadsDie lange Suche nach Saddam Hussein

Hamburg (rpo). Er stand ganz oben auf der Fahndungsliste der Amerikaner. Schon im April hatte die Suche nach Iraks Ex-Präsident Saddam Hussein begonnen. Jetzt scheint sie beendet.Die intensive Suche nach ihm begann gleich nach dem Fall Bagdads am 9. April, zuvor hatten die USA bereits zweimal versucht, Saddam zu töten: 20. März: Zum Auftakt des Krieges greifen die Amerikaner mit Marschflugkörpern und Tarnkappenbombern morgens ein Haus im Süden Bagdads an, wo sich Saddam Hussein aufhalten soll. 7. April: Zwei Tage vor der Einnahme Bagdads werfen B-1-Flugzeuge schwere Bomben auf ein Gebäude in Bagdad, in dem der US-Geheimdienst Saddam und dessen wichtigsten Mitarbeiter vermutet. 11. April: Die USA veröffentlichen eine Fahndungsliste mit den Namen von 55 Prominenten des irakischen Regimes. Nummer eins und "Pik-Ass" auf der auch als Kartenspiel veröffentlichten Liste ist Saddam Hussein, gefolgt von seinen Söhnen Kusai und Udai. Am selben Tag soll Saddam am Freitagsgebet im Bagdader Stadtteil Adhamija teilgenommen haben. 18. Juni: An der Grenze zu Syrien bombardieren US-Flugzeuge einen Autokonvoi, in dem Saddam und seine Söhne vermutet werden. Eine Sondereinheit dringt auf syrisches Gebiet vor. 3. Juli: Für Hinweise zur Ergreifung Saddams oder für den Beweis seines Todes setzen die USA eine Belohnung von 25 Millionen Dollar aus. Je 15 Millionen sind Saddams Söhne "wert". 22. Juli: Nach einem Hinweis stürmen US-Sondertruppen eine Villa im nordirakischen Mosul und erschießen Udai und Kusai. Einen Tag später strahlt der Sender El Arabija ein Tonband aus, auf dem laut CIA "wahrscheinlich" Saddam zum Widerstand aufruft. 27. Juli: US-Soldaten stürmen drei Gehöfte nahe Saddams Heimatstadt Tikrit, kommen aber "24 Stunden zu spät", so ein Kommandeur. Ein festgenommener Saddam-Leibwächter hatte den Tipp gegeben. 31. August: Amerikanische Suchtrupps durchkämmen vergebens ein Stadtviertel in Mosul. Dort soll sich Saddam in wechselnder Verkleidung mehrfach aufgehalten und einen Arzt aufgesucht haben. 17. September: Die US-Truppen werden auf einem Tonband, das wiederum Saddam besprochen haben soll, zum sofortigen Verlassen des Iraks aufgefordert und die Iraker zu neuen Angriffen ermuntert. 14. Dezember: Die Festnahme von Saddam in seiner Heimatstadt Tikrit wird bekannt.

Afghanistan arbeitet an neuer Verfassung

Loja Dschirga weist den Weg in eine demokratische ZukunftAfghanistan arbeitet an neuer Verfassung

Kabul (rpo). Afghanistan entscheidet über seine demokratische Zukunft. Mit einem Aufruf zu Frieden, Stabilität und nationaler Eintracht hat der afghanische Exkönig Mohammed Sahir Schah die verfassungsgebende Versammlung eröffnet. Zwei Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes nahm die traditionelle "Loja Dschirga", die Große Ratsversammlung, am Sonntag in Kabul ihre Beratungen über ein demokratisches Grundgesetz auf. Der im Dezember 2001 auf dem Petersberg bei Bonn gestartete Prozess zur Demokratisierung soll im nächsten Jahr mit Parlamentswahlen und der Bildung einer dauerhaften Regierung seinen Abschluss finden. Die rund 500 Delegierten der Loja Dschirga kamen aus allen Teilen des Landes in die Hauptstadt und versammelten sich unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in einem großen Zelt. "Die Menschen vertrauen euch, und ihr solltet sie nicht vergessen", sagte der 88-jährige frühere Monarch im Anschluss an eine Lesung aus dem Koran in seiner Eröffnungsansprache. "Ich hoffe, dass Sie das Beste tun werden, um Frieden, Stabilität und die Einheit des afghanischen Volkes zu erreichen." Die neue Verfassung werde die politische, soziale und wirtschaftliche Zukunft Afghanistans prägen, sagte der Präsident Hamid Karsai den Delegierten. "Zum ersten Mal in der Geschichte Afghanistans hat das das afghanische Volk die Möglichkeit, Vertreter seiner Wahl zu ernennen." Die bisherigen Arbeiten am Verfassungsentwurf sehen ein starkes Präsidialsystem nach amerikanischem Vorbild vor. Wegen der Befürchtung von Anschlägen durch versprengte Taliban-Kämpfer riegelten Soldaten die Zufahrtswege zum Versammlungsort ab. Auch die Delegierten wurden beim Betreten des Zeltes auf Waffen durchsucht.

Saddam Hussein ruft jede Woche seine Ex-Frau an

Mutter von Saddam: "Er wusste, dass er verraten worden war"Saddam Hussein ruft jede Woche seine Ex-Frau an

London (rpo). Saddam Hussein ruft offenbar mindestens einmal in der Woche seine Ex-Frau in Beirut an. Geheime Informationen schickt er per Brief.Das berichtet die "Sunday Times". "Wenn er am Telefon etwas nicht im Detail erzählen kann, dann weiß ich, dass ich in zwei, drei Tagen einen Brief mit einer Erklärung bekomme", wurde Samira Schahbandar, die zweite der vier Frauen des gestürzten irakischen Präsidenten, zitiert. In einem Restaurant in der Nähe von Beirut habe sie einen Vertreter der "Sunday Times" getroffen, berichtete die britische Zeitung. Die Mutter von Saddams einzigem überlebenden Sohn Ali (21) erzählte demnach, dass Saddam sie am 9. April nach der Einnahme Bagdads in ihrem Versteck aufgesucht habe. "Er ist sehr deprimiert und traurig zu mir gekommen", sagte sie. "Er hat (...) geweint. Er wusste, dass er verraten worden war." Mit fünf Millionen Dollar in bar, Schmuck und Gold habe er sie dann aus dem Irak nach Syrien geschickt. Von dort sei sie nach Libanon weitergereist. Im nächsten Monat wolle sie nach Paris umziehen, da sie eine Aufenthaltserlaubnis für Frankreich bekommen habe. Nach einem Bericht des konservativen "Sunday Telegraph" (London) hat der provisorische irakische Regierungsrat in Bagdad ein Dokument gefunden, das nach seinen Angaben eine enge Zusammenarbeit Saddam Husseins mit den Attentätern des 11. September beweist. Deren Anführer Mohammed Atta sei diesen Angaben zufolge im Sommer 2001 in Bagdad von dem palästinensischen Terroristen Abu Nidal unterwiesen worden. Das stehe nach Darstellung des Regierungsrates in einer streng geheimen Mitteilung, die Saddam damals von seinem Geheimdienstchef Tahir Dschalil Habbusch el Tikriti bekommen habe. Es heiße dort, das dreitägige "Arbeitsprogramm" habe bewiesen, dass Atta der richtige Mann sei, um die Anschläge auf die Ziele zu leiten, "auf deren Zerstörung wir uns geeinigt haben". Ijad Allawi, ein Mitglied des Regierungsrates, wurde mit den Worten zitiert: "Wir entdecken ständig Beweise für Saddams Verbindungen zu El Kaida. Aber dies ist das überzeugendste Beweisstück, das wir bisher gefunden haben." Doch auch der "Sunday Telegraph", der den Irak-Krieg vehement unterstützt hat, musste zugeben, ein solcher Fund sei für die USA und Großbritannien "fast zu schön, um wahr zu sein". Die beiden Länder hatten den Krieg unter anderem damit begründet, dass Saddam mit internationalen Terroristen zusammenarbeiten könnte.

DNA-Test: Saddam Hussein verhaftet
DNA-Test: Saddam Hussein verhaftet

Test bestätigt Festnahme des gestürzten irakischen StaatschefsDNA-Test: Saddam Hussein verhaftet

Berlin (rpo). Es ist vollbracht: US-Truppen ist der frühere irakische Diktator Saddam Hussein ins Netz gegangen. Sie fanden in einem Erdloch in der Nähe seiner Heimatstadt Tikrit. Der Zugriff erfolgte problemlos, Saddam leistete keinen Widerstand. Als US-Zivilverwalter Paul Bremer am Sonntagnachmittag im Bagdader Konferenzzentrum vor die Mikrofone trat, sagte er kurz und lapidar: "Meine Damen und Herren, wir haben ihn!". Jeder im Saal wusste, wer damit gemeint war: der untergetauchte und seit acht Monaten intensiv gesuchte Ex-Diktator Saddam Hussein. Applaus und Freudenschreie der irakischen Journalisten unterbrachen Bremer. Fatah el Shik, Chefredakteur der Wochenzeitung "Ascharat el Sadr", stand auf und brüllte: "Das ist ein großer Tag für den Irak. Das ist meine persönliche Genugtuung." Als er sich setzte, überkam ihn ein Weinkrampf. El Shik hatte zwei Jahre in Saddams Gefängnissen gelitten, wo er auch gefoltert wurde. Sein "Verbrechen": er hatte Ende der 90er Jahre illegal eine Zeitung herausgegeben. Als Bremer erklärte: "Der Tyrann ist nun ein Gefangener", stieß er nur hervor: "Saddam muss ans irakische Volk ausgeliefert werden." Auch den im Saal anwesenden US- Soldaten und Bediensteten der Zivilverwaltung war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. "Er war das Ziel mit dem höchsten Wert, seine Gefangennahme ist ein Durchbruch", meinte ein GI, der die Tage zählt, bis er im März wieder nach Hause darf.Acht Monate auf der FluchtUS-Oberkommandeur Ricardo Sanchez gab in einer Multimedia-Show mit Video-Einspielungen, Fotos und Landkarten tiefe Einblicke in die Umstände der Gefangennahme. Einige längere Einstellungen zeigten Saddam bei der ersten medizinischen Untersuchung. In den acht Monaten der Flucht war ihm ein langer Vollbart gewachsen. Das Video zeigte, wie ein Arzt dem einst gefürchteten Tyrannen in den Mund guckte. "Müde und resignativ" habe er gewirkt, sagte Sanchez. Gefunden hatten ihn die US-Soldaten in einem betonierten Erdloch, am Rand eines Dorfes bei seiner Heimatstadt Tikrit. Das Versteck war gerade groß genug für einen Mann. Als einziger "Komfort" war ein alter Ventilator zu erkennen, der dem Loch vielleicht etwas an Muffigkeit nahm. Seit wann Saddam sich dort versteckt hielt, blieb vorerst unbekannt. Sanchez ließ auch die Details offen, wie genau seine Spezialisten auf seine Spur kamen. Entdeckt wurden in dem Loch auch zwei Kalaschnikows, eine Pistole und 750.000 Dollar in bar. Außerdem wurde ein altes Taxi sichergestellt. Damit schienen sich Gerüchte zu bestätigen, die schon seit langem in Bagdad kursierten: Saddam habe sich einen Bart wachsen lassen und fahre unerkannt mit einem alten Taxi herum.Freude bei SchiitenÄhnliche Emotionen wie im Konferenzsaal waren vor allem in den schiitischen Vierteln Bagdads zu beobachten. Über den Lautsprecher der Dimimi-Moschee verkündete der Imam, so dass es alle im Geschäftsviertel Karrade hören konnten: "An alle Baathisten und an alle, die noch an Saddam glauben: Saddam ist für immer fort. Er ist gefangen." Auf der Straße fanden sich hier immer wieder junge Männer zusammen, die aus Freude in die Luft schossen. "Wir sind alle glücklich. Das ist der erste Freudentag für alle, die wegen Saddam ihre Liebsten verloren haben", sagte der Kebab-Griller Reda Heni. Vor allem nach den Schiiten-Aufständen von 1991 hatten viele Angehörige dieser Glaubensrichtung, die im Irak eine 60- Prozent-Mehrheit bilden, unter Saddams brutaler Unterdrückung zu leiden. Zehntausende von ihnen wurden erschossen und in anonymen Massengräbern verscharrt. "Es ist, als wenn die Sonne durch eine schwarze Wolkendecke bricht", formulierte es der Friseur Ali Schekr.

Stoiber fliegt optimistisch nach Berlin

Vorgespräche von Stoiber und Merkel angesetztStoiber fliegt optimistisch nach Berlin

München (rpo). Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) gibt sich vor den entscheidenden Reformverhandlungen im Vermittlungsausschuss vorsichtig optimistisch. Vor dem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder trifft er sich mit der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel. "Stoiber geht erfolgsorientiert und mit dem klaren Willen zu Lösungen in die Gespräche", hieß es am Sonntag in der Staatskanzlei. Der CSU-Chef wollte am Mittag nach Berlin fliegen. Stoiber sei grundsätzlich bereit, an der Sitzung des Vermittlungsausschusses teilzunehmen, es gebe aber noch Vorgespräche, hieß es in München. So wollten sich Stoiber, die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und die Unions-Ministerpräsidenten in der bayerischen Landesvertretung treffen. In der "Welt am Sonntag" hatte Stoiber gesagt, wenn Kanzler Gerhard Schröder (SPD) der Union bei der Begrenzung neuer Schulden auf 25 Prozent für das Vorziehen der Steuerreform und beim Thema Arbeitsmarkt entgegenkomme, gebe es eine gute Chance zur Verständigung. "Wenn nicht, scheitert das Treffen."

Deutschland bleibt auf Europa-Kurs

Nach Scheitern des Gipfels bleibt EU-Weg offenDeutschland bleibt auf Europa-Kurs

Brüssel (rpo). Trotz des Scheiterns des Brüsseler EU-Gipfels hält Bundeskanzler Gerhard Schröder an seinem Europa-Kurs fest."Kern unserer Außenpolitik bleibt die Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union", sagte er. Im März wollen die Politiker erneut um eine Verfassung ringen. Nach der gescheiterten Debatte ist eine EU-Verfassung völlig offen. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen am Samstagnachmittag lediglich, bei ihrem nächsten Treffen im März eine Zwischenbilanz weiterer Bemühungen zur Überwindung des Stillstands zu ziehen. Nach Abschluss des Gipfels warnten Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Staatspräsident Jacques Chirac vor einem Europa der zwei Geschwindigkeiten. Sie meinten damit, dass ohne die gemeinsame Verfassung einzelne EU-Länder auf eigene Initiative ihre Zusammenarbeit untereinander verstärken könnten. Schröder kündigte aber auch einen neuen Anlauf für die Verfassung an. Der amtierende EU-Ratsvorsitzende und italienische Premierminister Silvio Berlusconi brach die Sitzung am frühen Nachmittag wegen des Streits über das künftige Abstimmungssystem im EU-Ministerrat ab. Eine Einigung sei nicht möglich gewesen. Zwar hätten Polen und Spanien Bereitschaft gezeigt, sich zu bewegen. Anderen Ländern sei dies aber nicht weit genug gegangen. Die beiden Ländern beharrten auf dem Vertrag von Nizza, der ihnen gemessen an der Bevölkerungszahl unverhältnismäßig viele Stimmen im Ministerrat gibt. Deutschland, Frankreich und andere wollen dagegen den Verfassungsentwurf umsetzen, der die Bevölkerungsstärke mehr berücksichtigen würde. Wegen dieses ungelösten Problems liegt nunmehr die gesamte Verfassung auf Eis. Für einen neuen Versuch plädierte auch Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Der britische Premierminister Tony Blair sprach sich für eine Zeit der Besinnung im EU-Verfassungsstreit aus. Der spanische Premierminister José María Aznar erklärte: "Die Union wird auch ohne eine Einigung über die Verfassung funktionieren." Der polnische Ministerpräsident Leszek Miller, der unnachgiebig auf seiner Forderung bestand, spielte das Scheitern der Konferenz herunter. Polen sei ein Beispiel dafür, dass Unmögliches möglich werden kann, meinte er.

Mutmaßlicher Istanbul-Bomber verhaftet

Mann soll Bomben und Lastwagen präpariert habenMutmaßlicher Istanbul-Bomber verhaftet

Istanbul (rpo). Die türkische Polizei hat einen mutmaßlichen Mittäter der Selbstmordanschläge von Istanbul verhaftet. Der Mann sei bereits vor einigen Tagen im Südosten des Landes festgenommen worden. Das teilten die Behörden am Sonntag mit. Der Mann, dessen Identität nur mit den Initialen F.Y. angegeben wurde, wollte mit einem gefälschten Pass nach Iran fliehen. Ihm wird vorgeworfen, die bei den Anschlägen verwendeten Autobomben präpariert zu haben. Unterdessen erlag ein weiteres Opfer des Angriffs auf die britische Bank HSBC seinen schweren Verletzungen. Der 31-jährige Selahattin Yildirm starb am Sonntag, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Die Gesamtzahl der Todesopfer bei den vier Anschlägen Mitte November erhöhte sich damit auf 62. Neben der HSBC-Filiale wurden das britische Konsulat und zwei Synagogen in Istanbul von Selbstmordattentätern angegriffen. Nach Polizeiangaben hatte F.Y. eigens eine Werkstatt in einem Industriegebiet von Istanbul angemietet, um die Bomben vorzubereiten. Die Beamten sprachen von einem Schlüsselverdächtigen, dessen Festnahme am vergangenen Donnerstag den bislang größten Erfolg der Fahndungen darstelle. Der Mann sei 1994 in asiatische Länder gereist, um in der Kriegsführung und im Bau von Bomben ausgebildet zu werden. Der Zeitung "Milliyet" zufolge war er in einem Trainingslager in Afghanistan. Die Zeitung "Hürriyet" berichtete, der Mann habe im August seine neue Werkstatt übernommen und dann eineinhalb Monate lang ständig dort gearbeitet. Seitdem sei er nicht mehr in der Gegend gesehen worden. Die Polizei vermute allerdings, dass sie Bomben noch bis zum Einsatz Mitte November in der Werkstatt gelagert worden seien. Im Zuge der Ermittlungen wurden bisher mehr als 30 Personen verhaftet und unter Anklage gestellt. Es wird vermutet, dass die Anschläge auf das Konto des Terrornetzwerks El Kaida gehen. In einer der schwer beschädigten Synagogen wurde am Samstag erstmals wieder der Sabbath gefeiert. An dem Gottesdienst in der Beth-Israel-Synagoge am Stadtrand nahm auch der Oberrabbiner von Istanbul, Isak Haleva, teil, wie ein Sprecher der jüdischen Gemeinde mitteilte. Die zweite bei dem Doppelanschlag beschädigte Synagoge Neve Schalom im Stadtzentrum könne allerdings noch nicht wieder eröffnet werden. Sie gilt als wichtigste Einrichtung der 25.000-köpfigen jüdischen Gemeinde Istanbuls.

Schröder verhandelt selbst mit der Union

Vermittlungsausschuss geht in entscheidende RundeSchröder verhandelt selbst mit der Union

Hamburg/Berlin (rpo). Der Vermittlungsausschuss zu den Reformverhandlungen wird zum Spitzentreffen: Bundeskanzler Gerhard Schröder verhandelt selbst mit den Unions-Köpfen Angela Merkel und Edmund Stoiber. Schröder zeigte sich zuversichtlich, dass sich Regierung und Opposition über das Vorziehen der Steuerreform einigen. Er erwarte, dass das Projekt "klar gemacht wird" und die Umsetzung von Vorhaben aus seiner Reformagenda 2010 verbindlich geklärt würden. "Ich bin, wie sie wissen - kompromissbereit und erwarte das von der anderen Seite auch", betonte Schröder. "Wir sehen mit Spannung den Verhandlungen entgegen", sagte Merkel beim Eintreffen im Bundesratsgebäude. Die Forderungen der Union lägen auf dem Tisch. Merkel forderte Strukturreformen am Arbeitsmarkt. Strukturreformen seien absolut notwendig, sagte auch CSU-Chef Edmund Stoiber. Er bekräftigte die Unionsforderung, 75 Prozent der Kosten des Vorziehens der Steuerreformstufe müssten ausgeglichen sein. Mit den beiden Unionspolitikern kam auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle zu den Verhandlungen. "Wir wollen eine Einigung, wir wollen ein Ergebnis", sagte er. Auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wird zu der Sitzung erwartet. Dies erfuhr die dpa aus Koalitionskreisen. Bestätigt wurden nach einem Treffen der Koalitionsspitzen Berichte, wonach der Kanzler der Union vorschlagen will, das Vorziehen der Steuerreform zu 75 Prozent aus Privatisierungserlösen und Subventionsabbau zu finanzieren.Die Sitzung begann um 17.00 Uhr in Berlin. Sowohl wohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch CDU-Chefin Angela Merkel hatten sich am Mittag im engen Führungskreis zu internen Beratungen zurückgezogen. Ein Regierungssprecher hatte am Sonntagmittag gesagt, Schröder sei aktiv an der Vorbereitung des Vermittlungsverfahrens beteiligt. Der Kanzler sei bereit, "zu jeder Zeit und an jedem Ort" mit der Opposition über die Arbeitsmarkt- und Steuerreformen zu beraten.

Schwerer Bombenanschlag im Irak

Hubschrauber kreisen über Explosions-OrtSchwerer Bombenanschlag im Irak

Chaldijah (rpo). Eine Autobombe ist vor einer Polizeiwache westlich von Bagdad explodiert. Am Sonntag starben dabei mindestens 19 Menschen und 20 wurden verletzt. US-Soldaten waren nicht in der Nähe.Die meisten Opfer des Anschlags waren Polizisten, aber auch zwei Kinder, wie der arabische TV-Sender El Dschasira unter Berufung auf Krankenhausärzte in der Nachbarstadt Ramadi berichtete. Die verheerende Explosion ereignete sich während des Morgenappells. Die Fassade der Polizeiwache sei völlig zerstört worden, beschrieb ein dpa-Korrespondent vor Ort die Situation. Vor dem Gebäude war ein metertiefer Krater zu sehen. Leichenteile lagen über das Areal verstreut. Ambulanzwagen transportierten Tote und Verletzte ab. Die Stimmung unter der Bevölkerung war extrem gespannt. Ein Sprecher des US-Militärkommandos in Bagdad bestätigte den Autobombenanschlag. Unter den Opfern seien keine US-Soldaten, sagte er. Chalidija liegt rund 80 Kilometer westlich von Bagdad und ist eine der Hochburgen des Widerstandes gegen das US-Militär.