Alle Politik-Artikel vom 11. Dezember 2003
Haftstrafen für Mitglieder der "Revolutionären Zellen" gefordert

Plädoyers nach zweieinhalb Jahren ProzessdauerHaftstrafen für Mitglieder der "Revolutionären Zellen" gefordert

Berlin (rpo). Die Bundesanwaltschaft hat im Prozess um vier Terroranschläge der Revolutionären Zellen (RZ) in den 80er Jahren in Berlin für die Angeklagten mehrjährige Haftstrafen gefordert. Ihnen werden mehrere Terrorakte zwischen 1986 und 1991 zur Last gelegt. Die mutmaßlichen Köpfe der Gruppe, der 61-jährige Rudolf Schindler und seine Ehefrau Sabine Eckle, sollen nach dem Willen der Bundesanwälte jeweils drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. In ihren Plädoyers warfen die Bundesanwälte den ehemaligen RZ-Mitgliedern zwei Sprengstoffanschläge 1987 und 1991 in Berlin vor. Außerdem ging es um Attentate 1986 auf den Leiter der Berliner Ausländerpolizei und 1987 auf des Vorsitzenden Richter eines Asylsenats am Bundesverwaltungsgericht. Beiden Opfern wurde ins Knie geschossen. Während ihrer so genannten Asylkampagne hatten die "Revolutionären Zellen" nach Darstellung der Staatsanwaltschaft 1987 versucht, die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) zu sprengen. Ein geplanter Anschlag auf die Siegessäule schlug 1991 fehl. Seit ihrer Gründung 1975 wurden der Gruppe bundesweit mehr als 40 Anschläge zur Last gelegt. Schindler hatte im Januar 2002 ein Teilgeständnis abgelegt und sich zu den Schüssen auf den Richter bekannt. Die Anklage stützt sich in weiten Teilen auf die Aussage eines früheren RZ-Mitglieds und Kronzeugen der Bundesanwaltschaft. Wegen der Vorwürfe soll der Angeklagte Matthias Borgmann nach dem Willen der Bundesanwälte vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Für zwei weitere frühere RZ-Mitglieder forderte die Anklage zwei Jahre und sieben beziehungsweise neun Monate Gefängnis. Der Prozess vor dem Berliner Kammergericht war im Mai 2001 eröffnet worden. Am kommenden Donnerstag soll er mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt werden.

Schröder attackiert US-Vergabeentscheidung

Kofi Annan nennt sie "unglücklich" und "nicht einigend"Schröder attackiert US-Vergabeentscheidung

Berlin (rpo). Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die amerikanische Vergabepolitik für den Wiederaufbau in Irak heftig kritisiert. Auch die Opposition ging mit Washington hart ins Gericht. Der Unions-Verteidigungsexperte Christian Schmidt (CSU) verglich US-Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz mit einem "Waldschrat".Wer wolle, dass sich die NATO insgesamt oder die westliche Gemeinschaft im Irak engagiere, dürfe so etwas nicht machen, sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Nach einer Unterredung mit UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte Schröder am Donnerstag in Berlin, der Wiederaufbau sei Aufgabe aller. Da mache es wenig Sinn, darüber zu diskutieren, wer teilnehmen könne und wer nicht. Schröder war zuvor von US-Präsident George W. Bush angerufen worden, der die Beweggründe seiner Regierung zu erläutern versuchte. Schröder erklärte, "Einschränkungen dienen der Sache nicht". Sie dienten vor allem nicht den zukünftigen Aufgaben. Sie seien "doch eher rückwärts gewandt", erklärte der Kanzler. Er sei sich mit Annan einig, dass es jetzt darauf ankomme, gemeinsam mitzuhelfen, "dass es einen stabilen Irak gibt, eine demokratischen Irak", so dass von dort aus "mehr Stabilität in die Region getragen" werden könne. Die amerikanische Vergabepraxis bei Wiederaufbauaufträgen für den Irak belastet die Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union. Die EU-Kommission kritisierte am Donnerstag die Pläne der USA, Gegner des Irak-Krieges von Generalaufträgen im Gesamtvolumen von 18,6 Milliarden Dollar (etwa 15,2 Milliarden Euro) auszuschließen, scharf. "Wir brauchen nicht noch einen Handelskonflikt", sagte Chefsprecher Reijo Kemppinen. Nach Ansicht der Kommission müssen solche Verträge nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO vergeben werden. UN- Generalsekretär Kofi Annan und Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerten Bedauern über die US-Pläne. Annan: "Entscheidung war unglücklich""Diese Entscheidung war unglücklich", sagte Annan am Donnerstag nach einem Treffen mit Schröder in Berlin. In der Zeit des Wiederaufbaus sei Einigung nötig und nicht Auseinanderdividieren. Er hoffe dass die USA ihre Entscheidung noch einmal überdächten. Schröder plädierte für eine "konstruktive Haltung" beim Aufbau eines demokratischeren Iraks. Das Verhalten Washingtons diene nicht der Sache. Der Wiederaufbau des Iraks müsse "die Sache aller" sein. Der russische Außenminister Igor Iwanow sagte während eines Treffens mit dem CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber in München, die Spaltung der Weltgemeinschaft durch den Irak-Krieg müsse überwunden und dürfe keinesfalls vertieft werden. Stoiber erklärte: "Das Ausschließen von Ländern die zum Krieg gegen den Irak eine andere Einstellung eingenommen haben als die USA, ist falsch". US-Präsident George W. Bush hatte am Mittwoch telefonisch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem französischen Präsidenten Jacques Chrirac und dem russischen Staatschef Wladimir Putin über die Vergabepraxis gesprochen. Regierungssprecher Béla Anda sagte am Donnerstag in Berlin, Bush habe sich in dem Gespräch auch auf eine Anregung Schröders für eine Umschuldung der Auslandverpflichtungen des Iraks bezogen. Die irakischen Schulden in Deutschland aus der Zeit des Regimes von Saddam Hussein belaufen sich auf etwa vier Milliarden Euro. Russland hat inzwischen angekündigt, es werde dem Irak seine Auslandsschulden in Höhe von acht Milliarden Dollar nicht erlassen. Die "New York Times" berichtete, Beamte des Weißen Hauses seien wütend über den Zeitpunkt und den Ton der Direktive des US- Verteidigungsministeriums zur Auftragsvergabe gewesen. Bush selbst sei "ausgesprochen unglücklich" über die Gesprächssituation gewesen, zitierte das Blatt einen hohen Beamten. Es sei zu befürchten, dass damit Bushs Bestrebungen, die wegen des Irak-Krieges gestörten Beziehungen zu diesen Ländern zu kitten und sie stärker beim Wiederaufbau im Irak einzubinden, ausgehöhlt würden, hieß es. Unbeeindruckt von der Kritik aus Berlin, Paris, Moskau und Peking verteidigte die US-Regierung die Maßnahme. "Es ist absolut angemessen und begründet, dass die Generalverträge für den Wiederaufbau an das irakische Volk und jene Länder gehen, die mit den USA bei der schwierigen Aufgabe zusammenarbeiten, einen freien, wohlhabenden und souveränen Irak zu schaffen", sagte Bushs Sprecher Scott McClellan. Der Wiederaufbau werde vor allem von den US-Steuerzahlern finanziert. Das Pentagon verwies am Donnerstag aber darauf, dass es auch den ausgeschlossenen Ländern offen stehe, der Koalition noch beizutreten und damit Verträge für den Wiederaufbau zu bekommen. Der Beschluss widerspricht nach den Worten von McClellan nicht den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Er betonte, Firmen aus den ausgeschlossenen Ländern könnten sich um Nebenverträge bewerben. Nach Ansicht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hat die Bundesrepublik praktisch keine Möglichkeit, bei der WTO gegen die US- Vergabepraxis vorzugehen. "Da der Irak kein WTO-Mitglied ist, greifen die Regelungen in diesem Fall aus meiner Sicht nicht", sagte IfW- Handelsexperte Dean Spinanger am Donnerstag in einem dpa-Gespräch. Lediglich wenn der Irak auf Grund der derzeitigen US-Verwaltung als Hoheitsgebiet der USA gewertet würde, müsste Washington die WTO- Regelungen einhalten. Nach der Richtlinie des stellvertretenden US- Verteidigungsministers Paul Wolfowitz sollen unter anderem Firmen aus Deutschland, Frankreich, Russland, China und Kanada keine Generalaufträge im Irak erhalten

Reform-Poker: Spitzengespräch am Sonntag

Steuersenkungen und TarifautonomieReform-Poker: Spitzengespräch am Sonntag

Berlin (rpo). Durchburch in Sicht? Schon am Sonntag wollen Spitzenpolitiker von Regierungsparteien und Opposition im Vermittlungsausschuss Lösungsansätze zum Vorziehen der Steuerreform erörtern.Nach zähem Ringen um das Vorziehen der Steuerreform am Donnerstag wurde am Rande des Vermittlungsausschusses bekannt, dass die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Edmund Stoiber (CSU) Guido Westerwelle (FDP) und wahrscheinlich auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Vizekanzler Joschka Fischer (Grüne) sich am Sonntag in die Gespräche einschalten wollen. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte, Schröder sei "ganz herzlich eingeladen", an den Beratungen im Vermittlungsausschuss am Sonntagnachmittag teilzunehmen. Der Kanzler selbst betonte in der ARD, er sei "zu einem Treffen an jedem Ort zu jeder Zeit" bereit. Schröder ist bis mindestens Sonntagvormittag beim EU-Verfassungsgipfel. Falls er nicht rechtzeitig aus Brüssel zurück ist, soll er nach Angaben aus der Koalition von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering vertreten werden. Hoffnungen im rot-grünen Lager auf eine Grundsatzeinigung über das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 bis zum (morgigen) Freitag erhielten einen heftigen Dämpfer. Trotz eines Kompromisssignals von Finanzminister Hans Eichel war kein Durchbruch in Sicht. Der SPD-Politiker erklärte sich bereit, die Unionsforderung zu erfüllen, das Vorziehen der Steuerreform zu höchstens 25 Prozent mittels Schulden zu bezahlen, falls im Gegenzug der Subventionsabbau forciert werde. Dem Wunsch der Union, sein Konzept zur Finanzierung der zusätzlichen Steuersenkungen von fast 16 Milliarden Euro vollständig zurückzuziehen, kam Eichel nicht nach. Er legte der Union auch kein konkretes Angebot vor. Die Union reagierte empört. Koch (CDU) sprach von einem "verlorenen Tag". Er betonte, "Spontanvorschläge in Milliardenhöhe" seien nicht seriös. Der bayersche Staatskanzleichef Erwin Huber nannte Eichels Auftritt vor dem Ausschuss "mehr als enttäuschend". Auch die SPD sah am frühen Donnerstagabend keinen Fortschritt.Koch bleibt hartEichel sagte: "Es muss nichts genauso kommen, wie wir es auf den Tisch gelegt haben." Er sei bereit, wesentlich mehr Subventionen abzubauen als von Koch und dessen nordrhein-westfälischen Kollegen Peer Steinbrück (SPD) geplant. Nach ihrem Konzept sollen die Staatshilfen in den kommenden drei Jahren um fast 16 Milliarden Euro gekürzt werden. Koch lehnte den Vorschlag ab und sagte, die Einnahmen seien zur Schließung von Haushaltslücken gedacht. Laut Koch pocht die Union weiter darauf, das Projekt zu höchstens 25 Prozent Schulden zu realisieren. Lediglich bei kleineren Reformvorhaben wie der Modernisierung der Handwerksordnung, der Amnestie für Steuersünder und der Tabaksteuererhöhung zeichneten sich Kompromisse ab. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie die Gemeindefinanzreform müssen eventuell um ein Jahr auf 2005 verschoben werden. Die 32 Unterhändler von Bund und Ländern stehen massiv unter Zeitdruck. Wenn die Gesetze wie geplant zum Jahreswechsel in Kraft treten sollen, müssen sie sich bis Dienstag einigen. Wie auch immer das Ringen ausgeht, erwartet Verfassungsgerichts-Präsident Hans-Jürgen Papier, dass sich das höchste deutsche Gericht sich demnächst mit den ausgehandelten Reformen befassen muss. Die Eingriffe seien gravierend, sagte er auf n-tv.

Schwere Explosion erschüttert Tel Aviv

Explosion in einer WechselstubeSchwere Explosion erschüttert Tel Aviv

Tel Aviv (rpo). Eine schwere Explosion hat am Donnerstag die Stadt Tel Aviv erschüttert. Vermutlich kamen mehrere Personen ums Leben. Über Hintergründe der Explosion wird noch spekuliert.Bei einer Explosion in einem Geschäftsviertel von Tel Aviv sind am Donnerstag drei Menschen getötet worden. Die Polizei erklärte, die Detonation habe wahrscheinlich einen kriminellen Hintergrund. Unter den zwölf Verletzten war auch ein mutmaßlicher Unterwelt-Boss. Die Explosion ereignete sich in einer Wechselstube, als Seev Rosenstein gerade das Geschäft betrat, wie Augenzeugen berichteten. Rosensteins Anwalt bestätigte dies und erklärte, sein Mandant sei verletzt worden. Der mutmaßliche Unterwelt-Boss war erst kürzlich von der Polizei befragt worden, nachdem er beschuldigt worden war, Morde an seinen Rivalen in Auftrag gegeben zu haben. Die Polizei erklärte die Vorwürfe jedoch schließlich für unberechtigt und ließ ihn frei. Eher eine kriminelle Tat"Wir betrachten es weniger als einen Terroranschlag und mehr als eine kriminelle Tat", sagte der israelische Polizeisprecher Gil Kleiman. "Das bedeutet, dass wir nicht nach Palästinensern suchen, sondern nach Israelis." Bei der Explosion zur Mittagszeiten wurden mehrere Autos in der Umgebung der Wechselstube beschädigt. Zuletzt war am 4. Oktober ein Selbstmordanschlag in Israel verübt worden. In einem Restaurant in Haifa wurden dabei 21 Menschen in den Tod gerissen.

Irak: US-Armee findet Raketen und Sprengfallen

Durchsuchung bei mutmaßlichen AufständischenIrak: US-Armee findet Raketen und Sprengfallen

Bagdad/Kairo (rpo). Erfolg für US-Soldaten in Tirkrit: Bei einer Durchsuchung bei mutmaßlichen Aufständischen in Saddam Husseins Heimatstadt haben sie 13 französische Boden-Luft-Raketen vom Typ Roland sowie Sprengstoff und fertige Sprengfallen entdeckt.Südlich der westirakischen Stadt Falludscha verletzten US-Soldaten nach Angaben des arabischen TV-Senders El Dschasira am Donnerstag einen Iraker, als sie nach einem Sprengstoffangriff auf ihren Konvoi um sich schossen. El Dschasira zeigte am Donnerstag Bilder eines US-Armeehelikopters, der am Mittwoch im Nordirak eine Bruchlandung auf einem Feld machen musste. Der Hubschrauber vom Typ "Apache" war fast völlig zerstört. Wie die US-Armee am Donnerstag mitteilte, nahmen die Soldaten bei ihren Razzien am Mittwoch in Tikrit 36 Iraker fest, die am bewaffneten Widerstand gegen die Besatzungsmächte beteiligt gewesen sein sollen. Frankreich hatte in den 80er Jahren Roland-Raketen in den Irak exportiert.

Hamburger Terrorprozess: Mzoudi ist frei
Hamburger Terrorprozess: Mzoudi ist frei

Haftentlassung Mzoudis beantragtHamburger Terrorprozess: Mzoudi ist frei

Hamburg (rpo). Ein brisantes Fax hat eine überraschende Wende im Hamburger Terrorprozess um die Anschläge vom 11. September 2001 gebracht: Hauptangeklagter Abdelghani Mzoudi ist freigelassen worden.Eine sensationelle Wende im zweiten Hamburger Terrorprozess um die Anschläge vom 11. September 2001 hat dem Angeklagten Abdelghani Mzoudi am Donnerstag überraschend die Freiheit gebracht. Nur rund vier Stunden nach dem Eingang eines Faxes aus dem Bundeskriminalamt (BKA) öffneten sich für den 31 Jahre alten Marokkaner fünf Tage nach seinem Geburtstag die Tore des Hamburger Untersuchungsgefängnisses. Der Vorsitzende Richter Klaus Rühle verlas am Morgen aus dem brisanten Dokument. Darin hatte eine namentlich nicht genannte "Auskunftsperson" erklärt, dass ausschließlich Mohammed Atta, Ramzi Binalshibh, Marwan Alshehhi und Siad Jarrah als Mitglieder der Hamburger Terrorzelle die Anschläge organisiert haben. Darüber hinaus habe es keine weiteren Mitwisser gegeben. "Der Senat hat keinen Zweifel, dass es sich bei der Auskunftsperson um Binalshibh handelt", betonte der Richter. Zweifel an der IndizienketteRühle meinte nach einer Beratungspause: "Es besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass Mzoudi trotz seiner Einbindung in das Umfeld von Atta von der Organisation der Anschläge ausgeschlossen war." Einem Antrag der Verteidigung auf Haftentlassung gab der Richter statt: Auf Grund der durch das BKA-Dokument "aufgeworfenen Zweifel an der Indizienkette" müsse er getreu dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" entscheiden. Mzoudi selbst schien die Ausführungen des Richters nicht sofort zu begreifen. Staunend blickte er zu der neben ihm sitzenden Dolmetscherin. Als sich sein bärtiges Gesicht endlich aufhellte, hatte ihm seine laut lachende Verteidigerin Gül Pinar schon vor Freude auf die Schulter geschlagen. "Das ist das, was wir schon immer gesagt haben, Freundschaft allein macht nicht verdächtig", kommentierte sie später die Entscheidung des Gerichts. "Äußerst dürftige Mitteilung"Richter Rühle sagte, der Senat habe "keine Zweifel" daran, dass die vom BKA zitierte Auskunftsperson Binalshibh ist. "Es besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass Mzoudi trotz seiner Einbindung in die Hamburger Gruppe und trotz seines Aufenthalts in Afghanistan bewusst von der Anschlagsplanung ausgeschlossen wurde und seine unterstützenden Handlungen nicht bewusst erbracht hat." Rühle sagte, trotzdem werfe die "äußerst dürftige Mitteilung" des BKA viele Fragen nach der Glaubwürdigkeit der Auskunftsperson auf. "Es gibt aber keine Möglichkeit, Binalshibhs Glaubwürdigkeit zu überprüfen", weil die Vernehmung seitens der US-Behörden verweigert wurde. Trotzdem gelte im vorliegenden Fall der Rechtsgrundsatz "in dubio pro reo". In der fraglichen BKA-Mitteilung ist von einer Auskunftsperson die Rede, die erklärt habe, dass nur Binalshibh, und die Todespiloten Mohammed Atta, Marwan Alshehhi und Ziad Jarrah zur Hamburger Terrorzelle gehörten. Demzufolge haben "diese vier Personen zu keiner Zeit mit anderen über konkrete Operationen oder die Bildung einer terroristischen Zelle im Rahmen des islamistischen Dschihad gesprochen." Bundesanwalt gegen HaftentlassungBundesanwalt Walter Hemberger geht dagegen weiterhin davon aus, dass der Angeklagte über die bevorstehenden Anschlägen vom 11. September informiert war. Die Beweislage sei nach wie vor ausreichend, erklärte er mit versteinerter Miene. Hemberger legte bereits Beschwerde gegen Mzoudis Haftentlassung ein. Darüber müsse nun der Bundesgerichtshof entscheiden. Das hat allerdings keine aufschiebende Wirkung und Mzoudi konnte das Gericht bereits in der Mittagspause als freier Mann verlassen - allerdings nicht ohne mahnende Worte des Richters. Rühle erinnerte den Angeklagten daran, dass er verpflichtet ist, zu allen Verhandlungsterminen zu erscheinen. Bei einem unentschuldigten Fehlen könne er zwangsweise vorgeführt werden - notfalls mit einem Haftbefehl. Das Bundeskriminalamt betonte in seinem Schreiben, dass die genannte Auskunftsperson in der Vergangenheit bereits "voneinander abweichende, teilweise widersprüchliche Angaben gemacht" habe. Das BKA wies außerdem darauf hin, dass den El-Kaida-Kämpfern in den Ausbildungslagern in Afghanistan Tricks beigebracht worden seien, wie man sich in Verhören zu verhalten habe, um die wahren Hintergründe der Tat zu verschleiern. Die Anklage wirft dem 31-jährigen Mzoudi Beihilfe zum Mord in über 3.000 Fällen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Er soll die Hamburger Terrorzelle bei den Anschlägen vom 11. September unterstützt haben.

EU-Gipfel: Polen attackiert Deutschland

Es sei "in der Tat offen"EU-Gipfel: Polen attackiert Deutschland

Berlin (rpo). Streit innerhalb der EU: Polens Präsident Kwasniewski hat Deutschland kritisiert. Unterdessen hat Deutschland unmittelbar vor Beginn des entscheidenden Gipfeltreffens zur EU-Verfassung ein Scheitern nicht ausgeschlossen.Die Aussichten auf eine Einigung haben sich weiter verschlechtert. Der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski kritisierte bei einem Besuch in Berlin am Donnerstag die Haltung Deutschlands in der strittigen Frage der Stimmengewichtung. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer sagte, es sei "in der Tat offen", ob der Gipfel zu einem Ergebnis komme. Auch der italienische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratsvorsitzende Silvio Berlusconi schloss Nachverhandlungen nicht aus. In Brüssel betonte er aber, dass dann die bereits getroffenen Vereinbarungen nicht wieder angetastet werden dürften. Gleichzeitig signalisierte Berlusconi Polen und Spanien Entgegenkommen. "Wir müssen eine Lösung finden, die ihnen ihr Prestige erhält", sagte er und fügte hinzu: "Sie müssen ihren Status als große Staaten behalten." Während vor allem Deutschland und Frankreich auf der Umsetzung der im Konventsentwurf vorgesehenen doppelten Mehrheit bestehen, die die Bevölkerungszahl bei der Stimmengewichtung stärker berücksichtigt, wollen Polen und Spanien an dem umstrittenen Vertrag von Nizza festhalten, der ihnen Vorteile verschafft. Kwasniewski sagte nach einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, Deutschland hänge sehr an der eigenen Position. Es sei sehr schwer zu beurteilen, ob es in Brüssel zu einem Kompromiss kommen könne. Fischer sagte im Deutschen Bundestag, es sei besser, in diesem Jahr zu keinem Ergebnis mehr zu kommen, als ein schlechtes Ergebnis zu verabschieden, das die Arbeit der EU über Jahre verzögern oder behindern würde. Notfalls müsse weiter verhandelt werden. "Europa steht vor einer der wichtigsten Weichenstellungen seiner jüngeren Geschichte", betonte Fischer. Er warnte erneut davor, den "historischen Gesamtkompromiss", den der Verfassungskonvent gefunden habe, wieder aufzuschnüren. Eine Rückkehr zur "intransparenten und wenig demokratischen" Stimmenverteilung im Vertrag von Nizza würde dagegen ein Scheitern der Regierungskonferenz bedeuten. Prodi: Verschiebung "keine Katastrophe"Auch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi appellierte in Brüssel an die Verantwortung der Staats- und Regierungschefs. Selten oder nie zuvor "haben unsere politischen Führer eine so entscheidende Sitzung des Europäischen Rats abgehalten". Dabei trage jeder "die volle Verantwortung für die Zukunft der europäischen Integration". Im Streit um die Stimmengewichtung mahnte Prodi: "Lassen wir doch die Interessen einzelner Länder außen vor, es geht um das allgemeine Interesse." Die doppelte Mehrheit sei "die einzige Methode, die zu sichtbaren und transparenten Entscheidungen führt". Nach dem Konventsvorschlag soll die doppelte Mehrheit 2009 eingeführt werden. Prodi sagte, ein späterer Übergang zu dieser Methode sei denkbar. Eine denkbare Variante wäre, erst 2014 zur doppelten Mehrheit überzugehen, wie dies der Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker ins Spiel gebracht hat. Prodi sagte, es wäre "auch keine Katastrophe", wenn der Gipfel eine Entscheidung auf das nächste Jahr verschieben würde. Vor Beginn des Europäischen Rates am Freitagmorgen kommen Bundeskanzler Schröder, der britische Premier Tony Blair und der französische Staatspräsident Jacques Chirac zu einem separaten Treffen in Brüssel zusammen.

Weihnachtsansprache: Soll Rau es besser lassen?

"Nicht mehr zeitgemäß"Weihnachtsansprache: Soll Rau es besser lassen?

München (rpo). Jedes das gleiche Ritual: Kein Weihnachtsfest ohne die obligatorische Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten. Die Publizistin Barbara Sichtermann ist dagegen: Besser eine Ruck-Rede statt der Weihnachtsansprache.Die Publizistin Barbara Sichtermann hat die jährliche TV-Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten als nicht mehr zeitgemäß kritisiert. "Weihnachten als Anlass einer Rede ist geradezu die Garantie dafür, dass niemand hinhört", schreibt die renommierte TV-Kritikerin in der neuen Ausgabe der Fernsehzeitschrift "Gong". Was ein echter Landesvater sei, so Sichtermann weiter, der brauche dieses Ritual nicht - "der donnert mit einer neu aufgelegten Ruck-Rede dazwischen. Und zwar zu einem Zeitpunkt, den er selbst vorgibt und nicht der Kalender."

Gaza: Tödliches Gefecht in Flüchtlingslager

Kureia warnt ScharonGaza: Tödliches Gefecht in Flüchtlingslager

Gaza (rpo). Bei einem Einmarsch ins Flüchtlingslager von Rafah im Gazastreifen haben Israelische Soldaten vier Palästinenser erschossen. Zudem warnte der palästinensische Ministerpräsident Kureia Israel.Im Verlauf einer Razzia haben israelische Soldaten am Donnerstag im südlichen Gazastreifen vier Palästinenser getötet. Nach palästinensischen Angaben wurden bei dem Einsatz in einem Flüchtlingslager 16 weitere Menschen verletzt. Nach der Festnahme eines Mitglieds der radikalen Gruppe Islamischer Dschihad verließen die Truppen das Wohnviertel in der Stadt Rafah, in das sie in den frühen Morgenstunden eingedrungen waren. Nach Angaben beider Seiten kam es zu einem heftigen Feuergefecht mit bewaffneten Palästinensern, als eine israelische Einheit in das Viertel eindrang und das Haus des Dschihad-Mitglieds umstellte. Im Verlauf des Gefechts wurden insgesamt vier Palästinenser tödlich verletzt. Nach palästinensischer Darstellung handelte es sich um Zivilisten. Unter den Schwerverletzten seien zwei Kinder und eine Frau. Ein israelischer Armeesprecher sagte, bei mindestens zwei der Getöteten habe es sich um militante Palästinenser gehandelt, die an dem Schusswechsel beteiligt gewesen seien. Israelische Truppen hatten zuvor in Rafah ein mehrstöckiges Haus zerstört, unter dem ein Tunnel nach Ägypten gefunden worden war. Nach Armeeangaben diente der Tunnel zum Waffenschmuggel. Kureia warnt IsraelDer palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia warnte Israel unterdessen davor, sich einseitig Teile des Westjordanlands oder des Gazastreifens anzueignen. In einem solchen Fall würde "das Feuer brennen, der Terror wachsen", sagte Kureia in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der israelischen Zeitung "Maariv". Die israelische Regierung hatte in den vergangenen Tagen mehrfach einseitige Schritte in den besetzten Gebieten in Aussicht gestellt. Dazu gehört die Verlegung jüdischer Siedlungen, die zum Teil geräumt, anderenorts aber mit Hilfe des im Bau befindlichen Grenzzauns weiter befestigt werden sollen. Kureia warnte vor einem potenziellen Desaster: "Man kann nicht einen Zaun auf unserem Land errichten, um uns wie Hühner einzupferchen, und glauben, dass dann alles in Ordnung sein wird." Die Palästinenser wären jedoch bereit, sogar zu den Kosten der Sperranlage beizutragen, wenn diese entlang der israelischen Grenzen von 1967 errichtet würde. Kureia zeigte sich jedoch zuversichtlich, ein Abkommen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon erreichen zu können. "Ich glaube, es ist möglich", sagte Kureia. "Wir müssen sofort an den Verhandlungstisch zurückkehren."

"Kalifatstaat": Durchsuchungen bestätigen Verdacht

Polizei auch bei Metin Kaplan"Kalifatstaat": Durchsuchungen bestätigen Verdacht

Köln (rpo). Am Morgen hat das Bundeskriminalamt im ganzen Land 1100 Objekte durchsucht. Die Beamten suchten nach mutmaßlichen Anhängern des radikal-islamischen "Kalifatstaat". Die Razzia hat bestätigt: Trotz Verbots seien die Mitglieder immer noch aktiv. Zudem wurde Metin Kaplan vernommen.5500 Beamte durchsuchten rund 1100 Objekte in 13 Bundesländern, wie das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden mitteilte. Mit dem Einsatz sollte ein Neuaufbau des Vereins verhindert werden. Etwa 1000 mutmaßlichen Anhängern des selbst ernannten "Kalifen von Köln", Metin Kaplan, wird vorgeworfen, die Organisation trotz des Verbots weiterzuführen. Sechs Menschen wurden nach BKA-Angaben festgenommen. Kaplan blieb auf freiem Fuß. Kaplan sei nach der Durchsuchung seiner Wohnung in Köln von Beamten des BKA kurz befragt, aber nicht festgenommen worden, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Dagegen lässt die Behörde einen Beschuldigten unter Terrorismusverdacht am Freitag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorführen. Der Richter entscheidet über den Erlass eines Haftbefehls. Mindestens drei andere Verdächtige aus Niedersachsen kamen wieder frei. Die niedersächsische Gruppe soll Anschläge auf nicht bekannte Ziele geplant haben. Bei den bundesweiten Durchsuchungen seien sieben Schusswaffen, Munition, Computer und Handys sichergestellt worden, teilten BKA und Bundesinnenministerium mit. Der Großteil der beschlagnahmten Beweise bestehe aus Propagandamaterial. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte den radikal- islamischen Verein mit ihrem Anführer Metin Kaplan 2001 verboten. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen war die Polizei über eine im Ausland gedruckte Mitgliederzeitschrift auf die Spur von Kaplans Unterstützer gekommen.Kaplan verstieß aus Sicht der Ermittler gegen das Vereinsverbot, "indem er als Rädelsführer den organisatorischen und geistigen Zusammenhalt des verbotenen Kalifatsstaats aufrecht erhält". Sein im März veröffentlichtes Buch gebe das Gedankengut der Vereinigung wieder. Der "Kalif von Köln" war erst im Mai auf freien Fuß gekommen, nachdem er in Düsseldorf eine vierjährige Haftstrafe wegen Mordaufrufs an einem Rivalen abgesessen hatte. Nach Angaben Schilys organisierten sich seine Anhänger neu. Mit der Razzia seien alle "Nachfolgeaktivitäten" unterbunden worden. Das Bundesinnenministerium und die Stadt Köln wollen Kaplan ausweisen. Schily zeigte sich am Donnerstag im ZDF zuversichtlich, dass dies gelingen werde. Das Verwaltungsgericht in Köln hatte jedoch im August gegen eine Abschiebung entschieden. In der Türkei drohe Kaplan ein Strafverfahren, das nicht rechtsstaatlich sei. Die Verteidigerin Kaplans, Ingeborg Naumann, wies die Vorwürfe zurück, ihr Mandant steuere weiter die Aktivitäten des "Kalifatsstaats". Nach Angaben des Bundesverfassungsschutzes lehnt Kaplans Organisation Demokratie und Parteienpluralismus generell ab, da diese mit islamischen Glaubensgrundsätzen unvereinbar seien. Das Bundesverwaltungsgericht hatte das "Kalifatsstaat"-Verbot Ende November 2002 bestätigt. "Jeder Verstoß gegen das Verbot wird mit aller Härte und Konsequenz strafrechtlich verfolgt", betonte Schily am Donnerstag. Wie aus dem Gerichtsurteil hervorgeht, versteht sich die Organisation als real existierender Staat mit eigener Staatsgewalt unter der Führung des Kalifen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekräftigte unterdessen ihre Forderung nach einer Reform des Ausländerrechts. Die Einreise von Extremisten nach Deutschland müsse verhindert und ihre Abschiebung erleichtert werden. "Die gegenwärtige Gesetzeslage reicht dazu nicht aus", sagte der innenpolitische Sprecher Hartmut Koschyk (CSU).

Gerster gönnt sich neuen Dienstwagen

CDU fordert erneut RücktrittGerster gönnt sich neuen Dienstwagen

Hamburg (rpo). Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA) zeigt kein glückliches Händchen für Anschaffungen. Laut "Bild"-Zeitung sollen Gerster und die beiden anderen Vorstandsmitglieder im nächsten Jahr neue Dienstwagen erhalten: zwei BMW 735i und einen Audi A8.Florian Gerster bleibt weiter unter Druck. Die CDU/CSU forderte nach einer Sitzung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses am Donnerstag in Berlin erneut den Rücktritt Gersters wegen der Vergabe eines 1,3 Millionen teuren Beratervertrages ohne Ausschreibung an die PR-Firma WMP. Zu diesen gravierenden Verstößen gegen das Vergaberecht kämen jetzt noch offene Fragen bei der Autoflotte der BA, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Arbeit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl-Josef Laumann. Eine weitere Ausschusssitzung mit Florian Gerster, noch vor Weihnachten, sei daher unumgänglich. Der Präsident des Bundesrechnungshofes Dieter Engels hatte in der Ausschusssitzung zuvor den Prüfbericht über den Vertrag der BA mit der WMP Beratung GmbH vorgestellt. Nach Angaben der Bundestagspressestelle beanstandete Engels dabei unter anderem, dass der Vertrag mit der WMP ohne Bedarfsanalyse vergeben wurde.Die BA habe nicht geprüft, welche Fragen auf dem Gebiet der Kommunikation zu bearbeiten seien, warum dafür kein eigenes Personal eingesetzt werden könne und welche Kosten voraussichtlich entstehen würden. Die BA habe nicht belegen können, dass ein externer Kommunikationsberater notwendig sei. Dies sei der Grundfehler gewesen. Es fehlten ferner eine Festlegung des Vertragsinhaltes, des Umfangs der Leistungen, des Controllings und der Erfolgsmessung. Eine Kontrolle des Vertrages sei nicht möglich, weil die Pflichten nicht genau definiert worden seien. Zudem könne die Prüfung des Bundesrechnungshofes auch die von Gerster geltend gemachte Dringlichkeit nicht bestätigen, so Engels. Laumann sagte, damit habe der Bundesrechnungshof ein vernichtendes Urteil gefällt. "Der Mauschelei-Skandal ist perfekt." Bundeswirtschaftminister Wolfgang Clement (SPD) müsse jetzt handeln und die Verschwendung von Beitragsmitteln stoppen. Zudem verlangte Laumann die Untersuchung eines Berichtes der "Bild"-Zeitung über drei neue Dienstwagen für BA-Vorstände. Die Behördensprecherin habe die Anschaffung von zwei BMW 735i sowie eines Audi A8 bestätigt, berichtet das Blatt. Es sei aber noch offen, ob die Fahrzeuge gekauft oder geleast würden. Im Haushalt der Bundesanstalt sind demnach für die Wagen 120 000 Euro eingeplant.

Vermittlungsausschuss: Elf Stunden und nichts Konkretes

Verhandlungen gehen am Nachmittag weiterVermittlungsausschuss: Elf Stunden und nichts Konkretes

Berlin (rpo). Nach elf Stunden sind die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss am Mittwoch ohne Ergebnis unterbrochen worden. Heute nachmittag soll es in eine neue Runde gehen. Weder beim Vorziehen der Steuerreform noch bei der Modernisierung des Arbeitsmarktes gibt es bisher Fortschritte.Die SPD übte scharfe Kritik daran, dass die Union ihre Zustimmung zu diesem Schritt von einer Aufweichung der Tarifautonomie abhängig machen wolle. Eine schnelle Einigung im Ringen um Steuersenkungen und die Modernisierung des Arbeitsmarktes ist nicht zu erwarten. Beide Seiten rechnen frühestens am Sonntag mit einem Durchbruch. "Wir sind gut im Fahrplan", sagte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler am Abend. "Wir haben uns ja für Sonntag eine Beschlussrunde vorgenommen." Auch der Verhandlungsführer der Union, Volker Kauder, erklärte: "Ich glaube nicht, dass wir vor Sonntag zu Entscheidungen kommen, die man verkünden kann." Der Reformgipfel mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und den Spitzen der anderen Parteien ist nach AP-Informationen für Sonntagnachmittag oder -abend geplant. Als Voraussetzung gilt eine "deutliche Annäherung" im Vermittlungsausschuss. Kauder bescheinigte den Unterhändlern von Koalition und Opposition aus Bund und Ländern: "Der Wille, etwas sinnvolles zu bewegen, ist auf jeden Fall da." SPD-Verhandlungsführer optimistischDer SPD-Verhandlungsführer im Vermittlungsausschuss, Wilhelm Schmidt, ist weiterhin optimistisch, dass bei den Reformverhandlungen eine Einigung gelingen wird. "Wir sind auf dem guten Weg, uns durch den Dschungel der vielen Gesetze ... durchzubegeben", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Am Ende werde man viele der Gesetze "mitnehmen". Beim Vorziehen der Steuerreform sei der "Wille aller, das zu schaffen, sehr groß". "Aber die Materie ist unheimlich kompliziert, weil sie zur Zeit von einigen Hürden umstellt und verdeckt wird." Schmidt spielte damit auf die von der Union vorgenommene Verknüpfung von Lockerungen bei der Tarifautonomie mit dem Vorziehen einer Steuerreform an. Bei der Frage der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe seien sich die Verhandlungspartner näher gekommen, sagte Schmidt weiter.Am Mittwochabend berieten die Vermittler in einem ersten Durchgang über den Steuer- und Finanzteil der rot-grünen Reformen. Kauder bekräftigte die Bedingungen der Union für ein Vorziehen der Steuerreform: eine durchgreifende Reform bei Arbeitsmarkt und -recht, maximal 25 Prozent Kreditfinanzierung und einen Ausgleich für die Länder für den Steuerausfall.Stoiber dementiert ZustimmungAls "frei erfunden" ließ der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber Meldungen zurückweisen, wonach er der vorgezogenen Steuerreform in jedem Fall zustimmen will. Es bleibe dabei, "dass eine Finanzierung der Steuerreform im Wesentlichen auf Pump nicht in Frage kommt und die Messlatte bei 25 Prozent Neuverschuldung liegt", erklärte die bayerische Staatskanzlei. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte gemeldet, Stoiber sei fest entschlossen, dem Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 im Bundesrat zuzustimmen. Die 32 Unterhändler von Bund und Ländern stehen unter enormem Zeitdruck. Spätestens am Dienstag muss der Kompromiss über das Reformpaket unter Dach und Fach sein, wenn die Gesetze wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten sollen.

Deutsche wollen Geld aus der Steuerreform sparen

Keine Ankurbelung für die KonjunkturDeutsche wollen Geld aus der Steuerreform sparen

Berlin (rpo). Ist das ganze politische Theater um das Vorziehen der Steuerreform umsonst? Denn die meisten Deutschen wollen das zusätzliche Geld, das sie dann erhalten würden, lieber sparen. Mit der Ankurbelung der Konjunktur würde es dann also nichts werden.Laut einer am Mittwoch vorab übermittelten Forsa-Umfrage im Auftrag des Nachrichtensenders N24 wollen 52 Prozent das Geld sparen. Nur 42 Prozent wollten wie von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erhofft tatsächlich mehr konsumieren. In Ostdeutschland seien es sogar nur 35 Prozent. Für die Umfrage wurden am 9. Dezember 1005 Menschen befragt.

Auch EU-Kommission will das Hanau-Geschäft prüfen

Streit zwischen SPD und Grünen dauert anAuch EU-Kommission will das Hanau-Geschäft prüfen

Berlin (rpo). Der geplante Verkauf der Plutonium-Anlage von Hanau nach China scheint immer größere Kreise zu ziehen. Jetzt will sich offenbar auch die EU-Kommission einschalten und prüfen, ob das Geschäft gegen Ausfuhrregeln der EU verstößt.Das berichtet die "Berliner Zeitung". Europäische Rechtsvorschriften sehen vor, dass der Export militärisch nutzbarer Güter einer Genehmigungspflicht unterliegt. Die Grünen im Europäischen Parlament halten den Verkauf der Brennelemente-Fabrik durch den Hersteller Siemens daher für unzulässig. Nach Ansicht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) macht die von SPD und Grünen geforderte Überwachung der für den Export nach China vorgesehenen Brennelementefabrik keinen Sinn. "Ich weiß nicht, was solche Kontrollen vor Ort bewirken sollen", sagte IAEO-Sprecher Mark Gwozdecky der "Financial Times Deutschland" (Donnerstag). "China ist ein Atomwaffenstaat und hat genügend spaltbares Material für sein Waffenprogramm. Was also sollen diese Kontrollen?" Die Fraktionen von SPD und Grünen hatten am Dienstag den Export der Siemens-Anlage nach China unter den Vorbehalt gestellt, dass sie nicht zur Herstellung waffenfähigen Materials benutzt werden dürfe. Dies soll durch Kontrollen der IAEO sichergestellt werden. "Bei Atomwaffenmächten wie China versuchen wir nicht, die Produktion von weiterem waffenfähigen Material zu verhindern", sagte der IAEO-Sprecher. "Die Teilnahme an den Kontrollen ist für diese Staaten freiwillig." Auf Wunsch von Deutschland und China könnte die IAEO eine Anlage überwachen. "Aber wir können keine Garantie für andere Anlagen abgeben." Die Entscheidung über das umstrittene Atomgeschäft mit der Volksrepublik China soll "in aller nächster Zeit" getroffen werden. "Wir sind in der Schlussphase", sagte der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Ditmar Staffelt (SPD), am Mittwoch im Bundestag in Berlin. Die Bundesregierung werde China "auf eine ausschließlich zivile Nutzung verpflichten".

Irak-Aufbau: US-Vergabepraxis entzürnt EU

Vergabepraxis für Aufträge in der KritikIrak-Aufbau: US-Vergabepraxis entzürnt EU

Washington (rpo). Die amerikanische Vergabepraxis bei Wiederaufbauaufträgen für den Irak droht die Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union zu belasten. US-Präsident George Bush telefonierte am Mittwoch mit den den betroffenen Staatschefs. Kanzler Schröder kritisiert die Vergabepraxis.Die EU-Kommission kritisierte am Donnerstag die Pläne der USA, Gegner des Irak-Krieges von Generalaufträgen im Gesamtvolumen von 18,6 Milliarden Dollar (etwa 15,2 Milliarden Euro) auszuschließen, scharf. "Wir brauchen nicht noch einen Handelskonflikt", sagte Chefsprecher Reijo Kemppinen. Nach Ansicht der Kommission müssen solche Verträge nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO vergeben werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder und UN- Generalsekretär Kofi Annan haben die US-Pläne für einen Ausschluss der Kriegsgegner von Irak-Aufträgen scharf kritisiert. Bei der Vergabe "müsse internationales Recht gelten", forderte Schröder am Donnerstag nach einem Treffen mit Annan in Berlin. Das Verhalten Washingtons sei "rückwärts gewandt und diene nicht der Sache". Der Wiederaufbau Iraks müsse "die Sache aller" sein. Deshalb mache es wenig Sinn, darüber zu diskutieren, wer sich am Wiederaufbau beteiligen könne oder wer nicht. Annan nannte die US-Entscheidung "unglücklich". In der jetzigen Phase dürfe man sich nicht auseinander dividieren, sondern müsse nach Gemeinsamkeit suchen. Er hoffe, dass die USA ihre Entscheidung noch einmal überdenken werden.US-Präsident George W. Bush sprach am Mittwoch telefonisch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem französischen Präsidenten Jacques Chrirac und dem russischen Staatschef Wladimir Putin über die Vergabepraxis. Regierungssprecher Béla Anda sagte am Donnerstag in Berlin, Bush habe sich in dem Gespräch auch auf eine Anregung Schröders für eine Umschuldung der Auslandverpflichtungen des Iraks bezogen. Die irakischen Schulden in Deutschland aus der Zeit des Regimes von Saddam Hussein belaufen sich auf etwa vier Milliarden Euro. Russland hat inzwischen angekündigt, es werde dem Irak seine Auslandsschulden in Höhe von acht Milliarden Dollar nicht erlassen. Wütend über den Ton der DirektiveDie "New York Times" berichtete, Beamte des Weißen Hauses seien wütend über den Zeitpunkt und den Ton der Direktive des US- Verteidigungsministeriums zur Auftragsvergabe gewesen. Bush selbst sei "ausgesprochen unglücklich" über die Gesprächssituation gewesen, zitierte das Blatt einen hohen Beamten. Es sei zu befürchten, dass damit Bushs Bestrebungen, die wegen des Irak-Krieges gestörten Beziehungen zu diesen Ländern zu kitten und sie stärker beim Wiederaufbau im Irak einzubinden, unterhöhlt würden, hieß es. Unbeeindruckt von der Kritik aus Berlin, Paris, Moskau und Peking verteidigte die US-Regierung die Maßnahme. "Es ist absolut angemessen und begründet, dass die Generalverträge für den Wiederaufbau an das irakische Volk und jene Länder gehen, die mit den USA bei der schwierigen Aufgabe zusammenarbeiten, einen freien, wohlhabenden und souveränen Irak zu schaffen", sagte Bushs Sprecher Scott McClellan. Der Wiederaufbau werde vor allem von den US-Steuerzahlern finanziert. Das Pentagon verwies am Donnerstag aber darauf, dass es auch den ausgeschlossenen Ländern offen stehe, der Koalition noch beizutreten und damit Verträge für den Wiederaufbau zu bekommen. Britischer Außenminister begrüßt US-EntscheidungNach Meinung des britischen Außenministers Jack Straw ist es das gute Recht der USA, Kriegsgegner von Aufträgen zum Wiederaufbau des Iraks auszuschließen. "Entscheidungen darüber, wie ein Land seine Steuereinnahmen ausgibt, gehen nur dieses Land selbst etwas an." Der Beschluss widerspricht nach den Worten von McClellan nicht den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Er betonte, Firmen aus den ausgeschlossenen Ländern könnten sich um Nebenverträge bewerben. Nach der Richtlinie des stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz sollen unter anderem Firmen aus Deutschland, Frankreich, Russland, China und Kanada keine Generalaufträge im Irak erhalten. EU-Kommission will nun prüfenDie EU-Kommission kündigte in Brüssel an, sie werde untersuchen, ob die 26 von den USA vergebenen Aufträge mit den Regeln für öffentliche Auftragsvergabe der WTO übereinstimmen. Chefsprecher Kemppinen sagte, diese Politik der USA sei das falsche Signal, um die gesamte internationale Gemeinschaft für den Wiederaufbau des Iraks zu gewinnen. "Das ist nicht die Zeit, alte Wunden wieder aufzureißen." Der US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, kündigte unterdessen eine "Irakisierung" der Wiederaufbauhilfe für den Irak an. Nach einem Gespräch mit dem irakischen Planungsminister Mahdi el Hafis gab Bremer bekannt, dass die bisher von der US-geführten Zivilverwaltung (CPA) ausgeübte Kontrolle über die Mittel internationaler Geber auf irakische Gremien und Institutionen übergeht.