SPD stellt Weichen für BeschlussAusbildungsplatzabgabe: Clement gegen Schröder
Berlin (rpo). Betriebe ohne Lehrlinge müssen sich im nächsten Jahr auf eine Ausbildungsplatzabgabe einstellen. Die SPD-Spitze mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und die Grünen sind für eine solche Abgabe. Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement strikt dagegen. Die SPD-Fraktion will am Dienstag einen Beschluss fassen. "Die Frist ist abgelaufen", sagte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering am Montag in Berlin. Alle freiwilligen Lösungen hätten Vorrang. Rund sechs Wochen nach Beginn des Ausbildungsjahres fehlen in Deutschland noch rund 25.000 Lehrstellen. Schon im Februar solle ein Gesetz über eine Ausbildungsplatzabgabe in den Bundestag eingebracht werden, sagte Müntefering. Er verwies auf die Verantwortung der Unternehmen. Die Fraktion wolle eine "klare Regelung" für die nächsten Jahre. Die SPD-Fraktionsspitze hatte bereits am vergangenen Freitag Eckpunkte für eine Ausbildungsplatzabgabe vorgelegt, die von Firmen entrichtet werden soll, die nicht ausreichend ausbilden. Das SPD-Präsidium stellte sich ausdrücklich hinter dieses Konzept. Eine solche Maßnahme werde sicherlich von SPD-Vorstand, -Fraktion und -Parteitag beschlossen, sagte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz. Vor einem förmlichen Beschluss will das Präsidium aber die Entscheidung des SPD-Parteitags in der kommenden Woche abwarten. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, sprach sich erneut strikt gegen eine Ausbildungsplatzabgabe aus. "Sie verstaatlicht das, was bislang privatisiert gewesen ist", sagte Wansleben am Dienstagmorgen im Deutschlandfunk. Am Ende müssten die Betriebe in strukturschwachen Gebieten die Ausbildungsplatzabgabe finanzieren: "Die Ausbildungsplatzabgabe ist eine Sondersteuer für die neuen Bundesländer." Clement appelliert an UnternehmenClement appellierte an die Unternehmen, mit ihren Anstrengungen zur Schaffung von Lehrstellen nicht nachzulassen. "Wir müssen dieses gesellschaftliche Problem lösen." Er zeigte sich zuversichtlich, dass bis Jahresende die Lehrstellenlücke geschlossen sein wird. Clement räumte ein, dass es schwer werde, die Mehrheit der SPD-Fraktion für seine Position zu gewinnen. Er verwies jedoch darauf, dass auch er sich gesetzliche Regelungen vorstellen könne, mit denen die Handwerkskammern angesprochen werden. Auch die Grünen halten eine Ausbildungsplatzabgabe für gerechtfertigt. Parteichef Reinhard Bütikofer sagte, wenn Versprechen für Ausbildungsplätze nicht eingehalten würden, sei eine gesetzliche Regelung nötig. Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Michael Kipper, wandte sich im Deutschlandradio gegen eine Abgabe und plädierte stattdessen für branchenspezifische Lösungen. In der Bauwirtschaft habe man mit einer kollektiven Umlage die Erfahrung gemacht, dass bei Konjunkturkrisen das System nicht wirkte. "Nicht bestrafen, sondern belohnen"Nach Einschätzung von FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper schafft eine solche Abgabe keine einzige Lehrstelle mehr, sondern erhöht nur die Lohnnebenkosten. "Wir wollen Betriebe nicht bestrafen, wir wollen sie belohnen, wenn sie ausbilden." Auch der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, sprach sich gegen eine gesetzliche Abgabe aus. Der gesamte Vorstand der Bundesanstalt sei gegen ein Gesetz, wenn es auf freiwilliger Basis gelinge, die derzeitige Versorgungsquote von 95 Prozent anzuheben. Er kündigte in einer Nachvermittlungsaktion 5.000 zusätzliche Ausbildungsplätze bis Jahresende an. DGB-Chef Michael Sommer begrüßte dagegen den Vorschlag für eine Ausbildungsplatzabgabe. Die Zahl der ausbildenden Betriebe sei in diesem Jahr von 30 auf 23 Prozent gesunken, sagte er im Deutschlandfunk. "Das ist ein gesellschaftlicher Skandal sondergleichen."