Alle Politik-Artikel vom 04. November 2003
Irak: Spanien zieht Diplomaten ab

Attentate gegen RichterIrak: Spanien zieht Diplomaten ab

Bagdad/Berlin/Washington(rpo). Spanien hat einen Teil seiner Diplomaten aus Bagdad abgezogen. Grund ist die Vielzahl der Anschläge in der irakischen Hauptstadt. Die Verlegung des Personals nach Jordanien sei eine "vorübergehende Maßnahme".Das sagte Außenministerin Ana Palacio am Dienstag. Im Irak werden inzwischen neben Besatzungssoldaten und Polizisten zunehmend auch Richter zur Zielscheibe. Innerhalb von drei Tagen starben mindestens sechs bekannte Juristen und Politiker durch Attentate. Der US-Kongress bewilligte unterdessen knapp 70 Milliarden Dollar für den Militäreinsatz im Irak und den Wiederaufbau des Landes. Vier Angehörige der spanischen Botschaft seien im Irak geblieben, sagte Palacio nach Rundfunkberichten am Rande des deutsch-spanischen Gipfeltreffens in Berlin. Die übrigen Diplomaten sollten möglichst bald zurückkehren, sobald dort die derzeitige "heikle Situation" im Irak überwunden sei. Die Diplomaten seien zu "Konsultationen" zurückgerufen worden, sagte Ministerpräsident José María Aznar, dessen Regierung die USA beim Krieg gegen den Irak von Anfang an unterstützt hatte. Derzeit sind rund 1300 spanische Soldaten im Irak. Rund 20 Zivilbeamte abberufenNach einem Bericht der Madrider Zeitung "El Mundo" hat Spanien rund 20 Zivilbeamte aus dem Irak abberufen. Dazu gehörten Angehörige der Botschaft und spanische Mitarbeiter der von den USA eingesetzten Zivilverwaltung im Irak. Vor kurzem hatten auch die Vereinten Nationen alle ausländischen Mitarbeiter aus Bagdad abgezogen. In der nordirakischen Stadt Mosul töteten Unbekannte am Dienstag den stellvertretenden Gerichtspräsidenten. Wie der arabische Fernsehsender El Dschasira unter Berufung auf Augenzeugen berichtete, erschossen die Attentäter den Juristen, als er am Morgen sein Haus verließ. In der schiitischen Pilgerstadt Nadschaf war Anfang der Woche der Vorsitzende des Berufungsgerichts entführt und später hingerichtet worden. Der Richter hatte eine Untersuchungskommission für Verbrechen von Mitgliedern der Baath-Partei unter dem Regime von Saddam Hussein gegründet. Der stellvertretende Vorsitzende des Gemeinderats von Bagdad starb ebenfalls bei einem Attentat. Sprengsatz gezündetBislang ist nicht klar, ob die jüngsten Attentate auf Richter und Politiker auf das Konto von Anhängern des alten Regimes gehen oder möglicherweise Rivalen dafür verantwortlich sind. In Bagdad töteten Unbekannte am Dienstag nach Angaben des US- Militärkommandos einen amerikanischen Soldaten, indem sie einen Sprengsatz neben seinem Fahrzeug zündeten. Zwei weitere Soldaten wurden bei der Explosion verwundet. Am Montag waren in der Nähe von Tikrit ein US-Soldat getötet und ein weiterer verletzt worden, als ihr Fahrzeug bei einer Patrouille auf eine Landmine fuhr. Zwei Tage nach dem Abschuss eines US-Hubschraubers im Irak lagen am Dienstag im rheinland-pfälzischen Militärhospital Landstuhl noch elf der Verletzten auf der Intensivstation. Die ersten drei bei dem Absturz verletzten Soldaten hätten nach der Behandlung inzwischen die Heimreise angetreten, sagte eine Sprecherin des US-Militärhospitals. Insgesamt waren bei dem Abschuss nahe Falludscha am Sonntag 16 US-Soldaten getötet worden. Zusätzliche Milliarden-AusgabenDer US-Kongress hat unterdessen zusätzlichen Milliarden-Ausgaben zur Sicherung und zum Wiederaufbau des Iraks zugestimmt und damit Präsident George W. Bush einen innenpolitischen Erfolg beschert. Nach zähem Ringen bewilligte der Senat am Montag (Ortszeit) insgesamt 87,5 Milliarden Dollar (76,4 Milliarden Euro), die zum Teil auch für den anhaltenden US-Einsatz in Afghanistan und Anti-Terror-Operationen im Ausland ausgegeben werden sollen. Es handelt sich um eines der umfassendsten Gesamtpakete für militärische Ausgaben und Auslandshilfen in der Geschichte der Vereinigten Staaten. 51 Milliarden Dollar des Gesamtpakets sind für den militärischen Einsatz im Irak vorgesehen, 18,6 Milliarden Dollar sollen für den Wiederaufbau des Landes verwendet werden. Der Senat hatte ursprünglich beschlossen, mindestens die Hälfte des Betrags nur in Form von Darlehen zu gewähren. Die Kongresskammer lenkte dann aber ein, nachdem Bush mit einem Veto gegen das Gesamtpaket gedroht hatte.

Wahl des EKD-Ratsvorsitzenden verschoben

Entscheidung erst am MittwochWahl des EKD-Ratsvorsitzenden verschoben

Trier (rpo). Die Wahl des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist auf Mittwochvormittag verschoben worden. Bis zum späten Nachmittag waren erst neun der 14 Ratsmitglieder gewählt.Das teilte die Präses der 10. EKD-Synode, Barbara Rinke, am Dienstag mit. Zunächst müssen die Ratsmitglieder gewählt werden, dann tritt der neue Rat zusammen, und anschließend folgt die Wahl des Ratsvorsitzenden. Der bisherige Vorsitzende Manfred Kock geht mit 67 Jahren in den Ruhestand. Gute Chancen auf den Ratsvorsitz hat der berlin-brandenburgische Landesbischof Wolfgang Huber. Als einziger der Favoriten für den Posten des höchsten evangelischen Repräsentanten in Deutschland schaffte er am Dienstag im ersten Wahlgang den Einzug in den Rat.

Wieder massive Explosionen in Bagdad

Rauchschwaden in der Nähe des US-HauptquartiersWieder massive Explosionen in Bagdad

Bagdad (rpo). Erneut ist das Zentrum Bagdads am Dienstagabend von schweren Explosionen erschüttert worden. Dicke Rauchschwaden stiegen in der Nähe des Hauptquartiers der US-Besatzungstruppen auf. Nach Angaben der US-Verwaltung entstand kein Schaden; auch wurde niemand verletzt. Erst am Montag schlugen drei Mörsergranaten ein, von denen eine eine US-Kaserne traf. Bei der Explosion einer Bombe wurde am Dienstag ein US-Soldat getötet, zwei weitere wurden verletzt. In der nordirakischen Stadt Mossul feuerten militante Gegner der US-Besatzung fünf Granaten auf ein Hotel, in dem amerikanische Soldaten untergebracht waren. Verletzt wurde nach Angaben der US-Armee niemand. Ebenfalls in Mossul fiel ein christlicher Richter am Dienstag einem Anschlag zum Opfer. Ismail Jussef war stellvertretender oberster Richter am Berufungsgericht der Provinz Nineweh, wie die Polizei mitteilte. Die britischen Streitkräfte teilten am Dienstag mit, dass bereits am Freitag ein Soldat bei einem Einsatz der Koalitionstruppen ums Leben gekommen sei. Wegen der kritischen Lage kündigte Spanien am Dienstag den Abzug der meisten Diplomaten aus Bagdad an. Die spanische Botschaft bleibe zwar offen, sagte Außenministerin Ana Palacio am Dienstag in Berlin. Die Zahl von 29 Diplomaten und Angestellten werde aber auf vier verringert. Spanien hat 1.300 Soldaten in Irak im Einsatz. Im Oktober hatten bereits Bulgarien und die Niederlande Diplomaten aus Bagdad abgezogen. Der führende Sicherheitsberater in der US-Zivilverwaltung für Irak, Walter Slocombe, lehnte am Dienstag Vorschläge ab, die aufgelöste irakische Armee zur Bekämpfung der Aufstandsbewegung zu aktivieren. Dies wäre ein schwerer Fehler, sagte Slocombe in Bagdad. Eine Mobilisierung von Irakern würde nur undisziplinierte Menschenscharen anlocken. Im Oktober hatte der amtierende Präsident des irakischen Übergangsrates, Ijad Allawi, vorgeschlagen, die alte irakische Armee gegen die Rebellen einzusetzen. Nach dem Absturz eines Hubschraubers der US-Streitkräfte vom Sonntag trafen fünf weitere Soldaten zur medizinischen Behandlung in Landstuhl ein. Die elf am Vortag angekommenen Verletzten seien in stabiler Verfassung, teilte ein Arzt des Militärkrankenhauses mit. Bei dem Absturz kamen 16 Soldaten ums Leben. In Washington bewilligte der US-Senat den Nachtragshaushalt über 87,5 Milliarden Dollar für den Einsatz in Irak und Afghanistan. Das Milliardenpaket werde dazu beitragen, Irak sicherer zu machen und die Übergabe der Regierungsgewalt an die Iraker vorzubereiten, erklärte Bushs Sprecher Scott McClellan. Die Vereinten Nationen setzten unterdessen eine Kommission zur Untersuchung von Sicherheitsdefiziten am UN-Hauptquartier in Bagdad ein, das am 19. August Ziel eines schweren Anschlags geworden war. Vier unabhängige Experten sollten untersuchen, wer für die Sicherheitsmängel verantwortlich war, teilte ein UN-Sprecher in New York mit. Der UN-Bevollmächtigte für Sicherheitsfragen, Tun Myat, und der derzeitige Leiter der UN-Mission in Bagdad, Ramiro Lopes da Sliva, legten ihre Ämter bis zum Abschluss der Untersuchung vorläufig nieder. Da Sliva war zum Zeitpunkt des Anschlags, bei dem auch der UN-Sondergesandte für Irak Sergio Vieira de Mello ums Leben kam, für die Sicherheit in Bagdad zuständig.

Den Haag: Verletzte bei Anschlag auf türkische Botschaft

Verdächtiger festgenommenDen Haag: Verletzte bei Anschlag auf türkische Botschaft

Den Haag (rpo). Fünf Menschen sind am Dienstag bei einem Brandanschlag auf die türkische Botschaft in Den Haag leicht verletzt worden. Nach Angaben der Behörden war auch der mutmaßliche Täter unter den Verletzten. Der 16-Jährige wurde festgenommen. Er warf den Brandsatz nach Angaben der Polizei offenbar nach einem Streit mit Botschaftsmitarbeitern. Es gebe keine Hinweise auf einen politischen oder terroristischen Hintergrund, erklärte der Den Haager Polizeichef Han Moraal. Nach Angaben des türkischen Botschafters in den Niederlanden, Tacan Ildem, sprach der mutmaßliche Täter kein Türkisch. Auch sein Niederländisch sei nicht perfekt gewesen, sagte Ildem dem türkischen Fernsehsender NTV. Neben drei Botschaftsmitarbeitern wurde auch ein Besucher verletzt, der vor den Flammen aus einem Fenster sprang. Die Polizei riegelte das Gebiet ab, Sprengstoff- und Antiterrorspezialisten nahmen Untersuchungen auf. Umliegende Gebäude wurden evakuiert. Die türkische Botschaft liegt im Stadtzentrum von Den Haag, in der Nähe des Regierungssitzes, des Parlaments und anderer Botschaften.

AKW Stade geht vom Netz

Rot-grüner Ausstiegsbeschluss erstmals umgesetztAKW Stade geht vom Netz

Stade (rpo). Der Beschluss zum Atomausstieg nimmt erstmals konkrete Formen an. Am Freitag kommender Woche stellt das Atomkraftwerk Stade seinen Betrieb ein. Der Kernkraftwerks-Betreiber E.ON will Mitte November Einzelheiten bekannt geben, sagte eine Sprecherin des Konzerns. Den genauen Stilllegungs-Termin wollte sie aber nicht bestätigen. E.ON begründet das Aus nicht mit sicherheitstechnischen, sondern mit wirtschaftlichen Gründen. Der Rückbau des Kraftwerks in Niedersachsen soll bis zum Jahr 2015 dauern. Rund die Hälfte der 320 Mitarbeiter werden beteiligt sein. Im Zuge der Arbeiten entsteht auf dem Gelände auch ein atomares Zwischenlager. Das Kraftwerk an der Unterelbe ist der zweitälteste kommerziell genutzte Atomreaktor in Deutschland. Nur Obrigheim in Baden-Württemberg ist noch länger in Betrieb. Der Druckwasserreaktor ging im Januar 1972 ans Netz. Seitdem war er wiederholt wegen Störfällen abgeschaltet worden. Der Atomausstieg war nach der entsprechenden Vereinbarung mit der Industrie am 5. September 2001 von der rot-grünen Regierung beschlossen und noch im selben Jahr von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Deutsche Kernenergieunternehmen wollten am Dienstag Berichte nicht bestätigen, dass sie sich am Bau eines neuen französischen Atomkraftwerks beteiligen wollen. "Es gibt keinen Anlass, sich mit dem Thema zu befassen", sagte eine Sprecherin von E.ON Energie in München. Auch andere deutsche Stromkonzerne äußerten sich ähnlich zu einem Bericht der "Berliner Zeitung", wonach sie mit einer entsprechenden Forderung ihrer französischen Partner konfrontiert worden seien.

Stoiber: Da kommen die Milliarden für die Steuerreform her

ABM- und Weiterbildungsmaßnahmen streichenStoiber: Da kommen die Milliarden für die Steuerreform her

München (rpo). Bei Fortbildungen und Sozialhilfe sollen sich Milliarden sparen lassen. Das glaubt jedenfalls der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber, der erstmals eigene Vorschläge zur Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform gemacht hat. Nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München nannte der CSU-Chef die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) sowie Einsparungen bei der Sozialhilfe. Zudem könne die Pflicht der Länder zur Mitfinanzierung von Bundesprogrammen befristet ausgesetzt werden, sagte er. Insgesamt bleibe es bei dem Ziel, höchstens ein Viertel der Kosten für die vorgezogene Steuerreform über Schulden zu finanzieren. Die unionsgeführten Länder wollen das von Rot-Grün vorgeschlagene Vorziehen der dritten Steuerreformstufe von 2005 auf 2004 an diesem Freitag im Bundesrat geschlossen ablehnen und den Vermittlungsausschuss anrufen. "Wir wollen die Steuerentlastung zum 1. Januar mit einer vernünftigen Finanzierung", sagte Stoiber. SPD und Grüne haben zum Thema für Donnerstag eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt, um so nochmals für ihr Vorhaben zu werben. Als Beispiel für Einsparungen nannte Stoiber die Streichung der Ausgaben für ABM- und Weiterbildungsmaßnahmen bei der Bundesanstalt für Arbeit. Damit könnten die Zuschüsse des Bundes reduziert werden. Bei der Sozialhilfe solle es für Arbeitsfähige Geld nur gegen Leistung geben. Zudem könnten Änderungen bei der Mitfinanzierung von Bundesprogrammen mehr Flexibilität in den Länderhaushalten bringen. CSU auf Distanz zur SchwesterparteiUnterdessen geht die CSU in der Steuerpolitik auf Distanz zur Schwesterpartei CDU. Führende CSU-Politiker lehnen wesentliche Teile des Steuerkonzeptes von CDU-Finanzexperte Friedrich Merz ab und kündigten ein Gegenmodell an. Kritisiert werden von der CSU vor allem der Drei-Stufen-Tarif bei der Einkommensteuer sowie der Wegfall der Pendlerpauschale. Auch wird ein höherer Spitzensteuersatz als der von Merz vorgeschlagene Tarif von 36 Prozent nicht ausgeschlossen. Die FDP forderte die CSU auf, den seit 1996 von ihr und nun auch von Merz geforderten Stufentarif nicht in Frage zu stellen. Die CDU-Spitze hatte das Steuermodell des stellvertretenden Unionsfraktionschefs nach leichten Änderungen am Montag einstimmig gebilligt. Es sieht neben einem steuerfreien Grundfreibetrag von 8000 Euro je Familienmitglied und einem Arbeitnehmerfreibetrag von 1000 Euro bei der Einkommensteuer einen Stufentarif von 12, 24 und 36 Prozent vor. Vergünstigungen und Freibeträge wie die Pendlerpauschale sollen dafür gestrichen werden. Die CSU will unter Federführung des bayerischen Finanzministers Kurt Faltlhauser ein eigenes Steuer-Konzept erarbeiten. Faltlhauser will darin einen linear-progressiven Tarif vorschlagen. Ein solches System mit steigenden Sätzen bei zunehmendem Einkommen gilt bereits. Die CSU sei eine eigenständige Partei und näher am Bürger, begründete Landesgruppenchef Michael Glos das Gegenmodell. Vor allem der im Merz-Papier vorgeschlagene Wegfall der Entfernungspauschale werde in der CSU schwer zu vermitteln sein. Auch eine Abschaffung der Gewerbesteuer löse Bedenken aus. Glos und der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Volker Kauder (CDU), sprachen sich erneut gegen einen "Steuergipfel" mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zum jetzigen Zeitpunkt aus. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering warf der Union vor, jeder Tag ohne klare Entscheidung verzögere Reformen und den Aufschwung.

Gekaperte Flugzeuge dürfen abgeschossen werden

Letztes Mittel des VerteidigungsministersGekaperte Flugzeuge dürfen abgeschossen werden

Berlin (rpo). Bundesverteidungsminister Peter Struck soll es künftig in der Hand haben: Wenn Terroristen ein Flugzeug entführen und als Waffe einsetzen, kann er als letztes Mittel den Abschuss befehlen. Darauf verständigten sich SPD und Grüne am Dienstag nach monatelangen Verhandlungen. Das Kabinett wird sich voraussichtlich schon an diesem Mittwoch mit dem Entwurf des neuen Luftsicherheitsgesetzes befassen. Die Union kritisierte den Entwurf als Stückwerk. Auslöser für den Gesetzentwurf waren die Terroranschläge in den USA am 11. September 2001 und der Irrflug eines geistig verwirrten Mannes im Januar dieses Jahres über dem Rhein-Main-Gebiet. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hatte damals Abfangjäger aufsteigen lassen, nach dem guten Ausgang des Vorfalls aber Rechtsunsicherheit beklagt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte der dpa, eine Verfassungsänderung sei nach Auffassung der Koalition nicht notwendig. Der Gesetzentwurf lasse den Einsatz von Waffengewalt nur als allerletztes Mittel zu. Vordringlich seien zunächst andere Maßnahmen wie Abdrängen, zur Landung zwingen, Androhung von Waffengewalt und Warnschüsse. "Nur in den Fällen, wo das alles nicht wirkt und klar ist, dass das Flugzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, darf auch Waffengewalt angewandt werden", sagte Beck. In diesem Extremfall liege die Kompetenz beim Verteidigungsminister. "Die Verhältnismäßigkeit der Mittel ist das entscheidende Kriterium", sagte Beck. Diskussion im VerfassungsänderungNach Auffassung der Koalition ist der Einsatz der Luftwaffe durch Artikel 35 des Grundgesetzes gedeckt. Danach kann als Katastrophenhilfe auch die Bundeswehr eingesetzt werden. Die Union hält dagegen nach wie vor eine Verfassungsänderung für nötig. Der Verfassungsartikel kennt noch keine Terrorangriffe, sondern regelt die Amtshilfe bei Naturkatastrophen und Unglücksfällen. Daraus lässt sich laut Beck aber auch der Einsatz der Luftwaffe ableiten. Keinen Eingang in den Gesetzentwurf fand die ursprünglich vorgesehene Abwägung, wie viele Leben in solch einem Extremfall gerettet werden können und wie viele geopfert werden müssen. Für die Entscheidung in solch einer Situation müssten alle Umstände des Einzelfalls bewertet werden, sagte Beck. Der Verteidigungsexperte der Union, Hans Raidel (CSU), bemängelte, dass die Koalition kein Gesamtverteidigungskonzept vorlege. Struck habe sich beim Luftsicherheitsgesetz nicht gegen Innenminister Otto Schily (SPD) durchsetzen können. Ohne eine Änderung des Grundgesetzes fehle die ausreichende Rechtssicherheit. Terrorangriffe drohten außerdem nicht nur aus der Luft, sie könnten genauso gut vom Wasser oder vom Land kommen. Die übrigen Teile des Gesetzes waren politisch nicht umstritten. Dabei geht es um Fragen der Staatshaftung und zusätzliche Sicherheitsbestimmungen, um Entführungen schon im Vorfeld zu verhindern.

Bischof Huber in EKD-Rat gewählt

Wenige Stimmen für KäßmannBischof Huber in EKD-Rat gewählt

Trier (rpo). Mit 104 von 144 Stimmen ist der berlin-brandenburgische Bischof Wolfgang Huber (61) im ersten Wahlgang in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden. Er konnte das beste Ergebnis aller Kandidaten aufweisen.Damit stehen die Chancen für Huber, auf der EKD-Synode in Trier im Laufe des Tages auch zum neuen Ratsvorsitzenden gewählt zu werden, sehr gut. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann, die als größte Konkurrentin von Huber für den Ratsvorsitz gilt, scheiterte im ersten Wahlgang. Sie erhielt 63 Stimmen. Notwendig wären zwei Drittel der abgegebenen Stimmen gewesen, also 96 Stimmen. Neben Huber kamen im ersten Wahlgang der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe (100 Stimmen) und die vormundschaftliche Betreuerin Gudrun Lindner (96 Stimmen) in den EKD-Rat. In weiteren Wahlgängen werden im Laufe des Tages insgesamt 14 EKD-Ratsmitglieder gewählt. Danach tritt der neue Rat zusammen und wird einen Vorschlag für den Ratsvorsitz machen. Dabei kommt dem Ergebnis des ersten Wahlgangs erfahrungsgemäß große Bedeutung zu. Die Synode muss diesen Vorschlag noch per Wahl bestätigen. Dies gilt als Formsache.

Clement am 18. Dezember vor Untersuchungsausschuss

Freund durch Umzug der Staatskanzlei begünstigt?Clement am 18. Dezember vor Untersuchungsausschuss

Düsseldorf (rpo). Ist ein Freund von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) durch den Umzug der Staatskanzlei in das Düsseldorfer Stadttor begünstigt worden? Zu dieser Frage soll Clement am 18. Dezember vor dem Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags aussagen. Clement werde zu den Umständen des Umzugs der Staatskanzlei in das Düsseldorfer Stadttor befragt, sagte am Dienstag der Landtagsabgeordnete Karl Peter Brendel, der für die FDP im Untersuchungsausschuss sitzt. Clement hatte nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten im Jahr 1998 den Umzug der Regierungszentrale in ein angemietetes Bürogebäude veranlasst. An der Anbahnung des Mietvertrages war der Chef der Hamburger Medienagentur "Noventa", Christian Langer, beteiligt. Clement hat mehrfach versichert, Langer habe aus der Bekanntschaft mit ihm keine Vorteile gezogen. Langer selbst wird an diesem Freitag vom Ausschuss befragt. Vor Clement müssen zudem noch der Chef des Bundespräsidialamts, Rüdiger Frohn, und der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Georg Wilhelm Adamowitsch, in den Zeugenstand. Beide waren zur Zeit des Umzugs Chefs der Staatskanzlei.

El Kaida schickte weitere Deutsche in Terror-Camps

Düsseldorfer Islamisten-ProzessEl Kaida schickte weitere Deutsche in Terror-Camps

Düsseldorf (rpo). El Kaida soll weitere Deutsche zur Ausbildung in afghanische Terror-Camps geschickt haben. Das behauptete der Angeklagte im Düsseldorfer Prozess gegen ein mutmaßliches Mitglied der Islamisten-Vereinigung Al-Tawhid. Mindestens zwei weitere Mitglieder seiner Gruppe seien 2001 zur "Ausbildung an der Waffe" nach Afghanistan gereist, sagte der Jordanier Shadi Moh'd Mustafa Abdalla am Dienstag vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Die Reise in die Terror-Camps waren demnach als Belohnung gedacht. Der damalige Chef der Gruppe, Abu D., habe ihn in Afghanistan angerufen und erklärt, die beiden hätten ihren Lebenswandel in Deutschland geändert. "Sie fasteten und beteten", sagte der 27-Jährige. Ihn selbst habe der Chef der Al-Tawhid-Zelle damals als Vorbild hingestellt. "Ich will denen zeigen, was du warst und was jetzt aus dir geworden ist", soll er ihm gesagt haben. Für die Ausreise von Deutschland nach Afghanistan erhielten die zwei Al-Tawhid-Mitglieder demnach in Großbritannien hergestellte dänische Pässe und Visa. In Afghanistan sollten die Männer von einem gewissen Abu Mussad ausgebildet werden. Der aus Jordanien stammende Palästinenser Abdalla ist wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Planung von Terror-Anschlägen in Deutschland und Passfälschung angeklagt. Das Verfahren dauert bereits 27 Verhandlungstage. BND: Enge Verbindungen zwischen Al Tawhid und El KaidaEin BND-Gutachten im Terror-Prozess von Düsseldorf hat erwiesen: Die islamistische Terrorgruppe Al Tawhid hat "enge personelle und strukturelle Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida". Ein entsprechendes Gutachten des BND wurde am Dienstag im Prozess gegen einen mutmaßlichen Al Tawhid-Terroristen vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht verlesen. Es stützt die Angaben des Bundeskriminalamtes in dem Verfahren. Dem Gutachten zufolge ist Al Tawhid-Chef Abu Mussad Sarkawi auch Anführer eines El Kaida-Flügels. Das BND-Gutachten nennt Al Tawhid-Zellen in Deutschland, Großbritannien, Belgien, Dänemark, Tschechien und den USA. Die Organisation habe auch Kontakte zu anderen islamistischen Terrorgruppen wie zur Hisbollah und zur algerischen Gia. Der weltweit gesuchte Sarkawi wurde in Jordanien in Abwesenheit zum Tode verurteilt, weil er zum Jahrtausend-Wechsel die so genannten "Millenniums-Anschläge" auf israelische Touristen geplant haben soll. Erste Hinweise auf die Existenz von Al Tawhid habe es bereits 1989 gegeben. Vor dem Gericht in Düsseldorf muss sich ein 27-jähriger Palästinenser wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verantworten. Er hat gestanden, Terroranschläge auf Juden in Düsseldorf und Berlin geplant zu haben und zeitweise Leibwächter Osama bin Ladens in Afghanistan gewesen zu sein. Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden.

Festnahme nach Anschlag auf türkische Botschaft

Molotow-Cocktail geworfenFestnahme nach Anschlag auf türkische Botschaft

Den Haag (rpo). In der türkischen Botschaft in Den Haag ist nach einer Explosion ein Brand ausgebrochen. Ein Attentäter hatte einen Molotow-Cocktail gezündet. Die Polizei konnten den Mann unterdessen festnehmen. Ein 26 Jahre alter Einwohner von Haarlem habe nach einem Streit mit Botschaftspersonal eine Tasche mit brennbarem Material in den Eingang des Gebäudes geworfen, teilte die Justiz mit. Bei dem Anschlag wurden nach Angaben der Behörden außer dem Festgenommenen noch ein Besucher und drei Mitarbeiter der Botschaft verletzt. Worüber der Haarlemer mit den Botschaftsvertretern gestritten hatte, wurde nicht mitgeteilt. Es hieß lediglich, dass er wütend fortgelaufen und gegen Mittag mit der Tasche zurückgekehrt sei. Ein Sprengkörper sei entgegen ersten Darstellungen aus der Botschaft nicht benutzt worden, betonten Behördensprecher. Am nahe gelegenen Hauptbahnhof der niederländischen Regierungshauptstadt wurde der mutmaßliche Attentäter kurze Zeit nach dem Anschlag gefasst. Politische oder terroristische Motive hätten keine Rolle gespielt, versicherte auch Justizminister Piet Hein Donner. Konkrete Hinweise für eine mögliche Bedrohung der Botschaft habe es in den letzten Wochen nicht gegeben, betonte der Den Haager Bürgermeister Wim Deetman später vor Journalisten. Er reagierte damit auf Vorwürfe aus Ankara, wonach Den Haag auf Wünsche der Türkei nach besserem Schutz der Vertretung nicht reagiert habe.

Schröder und Aznar sprechen über Europapolitik

18. deutsch-spanische KonsultationenSchröder und Aznar sprechen über Europapolitik

Berlin (rpo). Zum 18. Mal treffen sich die deutsche und spanische Regierung zu bilateralen Konsultationen. Unter Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Ministerpräsident José Maria Aznar wollen die Teilnehmer in Berlin vor allem über die Europapolitik sprechen. Daneben standen internationale Fragen wie die Lage in Irak, den Nahost-Konflikt und das iranische Atomprogramm auf der Tagesordnung. Die Konsultationen hatten bereits am Montagabend mit einem informellen Gespräch zwischen Schröder und Aznar begonnen. Die beiden hatten sich erst Anfang Oktober anlässlich des deutsch-spanischen Forums in Berlin getroffen. Ihre Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Verhandlungen über eine neue EU-Verfassung hatten sie dabei nicht ausräumen können. Strittig ist vor allem die künftige Stimmenverteilung im EU-Ministerrat. Deutschland befürwortet das vom EU-Konvent vorgeschlagene Abstimmungssystem der doppelten Mehrheit, bei dem die Bevölkerungsgröße der Mitgliedstaaten ein stärkeres Gewicht erhält. Spanien und Polen, die nach dem EU-Vertrag von Nizza überproportional berücksichtigt werden, wehren sich gegen eine Neugewichtung der Stimmen. Die deutsch-spanischen Regierungskonsultationen finden zum 18. Mal statt. Auf beiden Seiten nehmen neben den Regierungschefs mehrere Minister teil. Das letzte Treffen fand im Februar auf der Kanareninsel Lanzarote statt.

Irak: Attentäter töten prominenten Richter

Erneut US-Soldat in Bagdad durch Sprengsatz getötetIrak: Attentäter töten prominenten Richter

Bagdad (rpo). Attentäter haben nach Medienberichten den stellvertretenden Gerichtspräsidenten der nordirakischen Stadt Mosul getötet. Ein US-Soldat kam bei einem Sprengstoffanschlag in Bagdad ums Leben.In den vergangenen zwei Tagen hatte es im Irak bereits mehrere Attentate auf Richter und Kommunalpolitiker gegeben. In der schiitischen Pilgerstadt Nadschaf starb der Vorsitzende des Berufungsgerichts. Das berichtete der arabische TV-Sender El Dschasira unter Berufung auf Augenzeugen. Der Richter hatte eine Untersuchungskommission für Verbrechen von Mitgliedern der Baath-Partei unter dem Regime von Saddam Hussein gegründet. Der stellvertretende Gemeinderatsvorsitzende von Bagdad wurde ebenfalls ermordet. Ein Anschlag auf einen Assistenten des Gouverneurs der Provinz Dijala schlug fehl. Dabei wurden nach Angaben arabischer TV-Sender zwei irakische Zivilisten getötet. Auch die Anschlagsserie gegen das US-Militär reißt nicht ab. Ein US-Soldat ist in Bagdad durch einen Sprengsatz getötet worden, ein weiterer wurde verletzt. Dies bestätigte eine Sprecherin des US- Militärkommandos in Bagdad. Bereits am Montag waren bei einem ähnlichem Zwischenfall ein US- Soldat in der Nähe von Tikrit getötet und ein weiterer verletzt worden. Ihr Fahrzeug war bei einer Patrouille auf eine Landmine gefahren. Tikrit, 160 Kilometer nördlich von Bagdad, ist eines der Zentren der Angriffe auf US-Truppen im Irak. Aus einem Dorf bei Tikrit stammt auch der untergetauchte Ex-Diktator Saddam Hussein.

DGB lehnt Merz-Konzept ab

Grüne für einfaches SteuerrechtDGB lehnt Merz-Konzept ab

Berlin (rpo). Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sind die Steuervorschläge des CDU-Finanzexperten Friedrich Merz "nicht akzeptabel". Kritisiert wurde vor allem die Absenkung des Spitzensteuersatzes. Nicht zuletzt wegen der starken Absenkung des Spitzensteuersatzes sei das Konzept den Arbeitnehmern "nicht vermittelbar", sagte DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer am Dienstag in Berlin. Das Merz-Konzept sieht unter anderem einen 3- Stufen-Tarif bei der Einkommenssteuer von 12, 24 und 36 Prozent vor. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Christine Scheel, kündigte an, ihre Partei werde sich an einem Wettbewerb für ein "einfaches und transparentes Steuerrecht" intensiv beteiligen. Zugleich sprach sie sich im InfoRadio Berlin-Brandenburg für ein radikale Vereinfachung des Steuersystems aus. Sie sei für Schritte, die über das Jahr 2004 hinausreichten. Dafür sei es erforderlich, den Steuertarif weiter zu senken und viele Vergünstigungen zu reduzieren. Anders als Merz will die CSU in einem eigenen Steuerkonzept einen linear-progressiven Tarif vorschlagen. Das sagte der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) am Montagabend in den ARD- "Tagesthemen". Ein solches System mit steigenden Steuersätzen bei zunehmendem Einkommen gilt bereits jetzt.

Vier US-Soldaten bei Gefechten verwundet

Neun Tote bei Kämpfen in NordafghanistanVier US-Soldaten bei Gefechten verwundet

Kabul (rpo). Vier US-Elitesoldaten sind in Afghanistan bei einem Rebellenangriff verwundet worden. Der Vorfall ereignete sich nach Militärangaben bereits vor einer Woche. Das Gefecht in der südafghanischen Provinz Paktia habe sich bereits in der vergangenen Woche ereignet und eine Stunde gedauert, hieß es. Warum der Vorfall erst mit fast einwöchiger Verspätung gemeldet wurde, war nicht bekannt. Ein US-Kampfflugzeug feuerte unterdessen bei einem Einsatz an der Grenze bis auf pakistanisches Gebiet. Es sei aber offenbar niemand verletzt worden, berichtete ein pakistanischer Armeesprecher. Es habe sich wohl um ein Versehen gehandelt. Der Vorfall ereignete sich in einem Stammesgebiet, das als Rückzugsgebiet für Kämpfer der Taliban und der El Kaida gilt. Bei den anhaltenden Gefechten im Norden Afghanistans wurden bis Dienstag mindestens neun Menschen getötet. Die Kämpfe zwischen den Einheiten des usbekischen Generals Abdul Raschid Dostum und seines tadschikischen Rivalen General Atta Mohammed im Bezirk Kohistanat in der Provinz Sari Pul begannen am Freitag, wie General Abdul Sabor berichtete, der Truppen Mohammeds befehligt. Eine Delegation des UN-Sicherheitsrats will am Mittwoch mit den beiden Milizführern zusammentreffen. Auch Unterhändler beider Seiten bemühten sich zum ein Ende der Kämpfe.

Thierse: Boulevardisierung der Medien bedroht Demokratie

Politische Meinungsbildung fehltThierse: Boulevardisierung der Medien bedroht Demokratie

Mainz (rpo). Die Boulevardisierung der Medien gefährdet nach Ansicht von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse die Demokratie. Die Berichterstattung verkomme immer mehr zur Unterhaltung, die politische Meinungsbildung sei in Gefahr. Wenn die Medien "nicht mehr sorgfältig berichten, die Wirklichkeit nicht mehr abbilden", sei die politische Meinungsbildung in Gefahr, sagte der SPD-Politiker laut einem vorab verbreiteten Redetext auf dem Mainzer Mediendisput. Die Berichterstattung über Politik verkomme mehr und mehr zu "Unterhaltung, die sich des Gegenstands der Politik bloß noch als Mittel bedient", sagte Thierse dem Redetext zufolge. Der Zeitungsleser oder Fernsehzuschauer werde vielfach nur noch als Konsument betrachtet. Daher lieferten sich Politiker und Medienverantwortliche launischen Stimmungstrends aus: "Florida-Rolf ist ein Vorgeschmack; die plebiszitäre Gouverneursabberufung in Kalifornien bereits die Realität dieses ökonomistischen Politikverständnisses."

Merz-Konzept: CSU hat eigene Pläne

Seehofer: Diskussions-GrundlageMerz-Konzept: CSU hat eigene Pläne

Hamburg (rpo). Friedrich Merz bekommt für sein Steuerkonzept in der eigenen Partei große Zustimmung. Nicht so begeistert von den Vorschlägen ist die kleine Schwester im Süden der Republik. Und so plant die CSU, ein eigenes Steuerkonzept vorzulegen.Der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser hat die Steuerreform-Vorschläge des stellvertretenden CDU-Fraktionschefs Friedrich Merz kritisiert. Zugleich kündigte er in den ARD-"Tagesthemen" am Montagabend ein eigenes Steuerkonzept der CSU in den nächsten Wochen an. Der CSU-Politiker sprach sich für einen linear-progressiven Steuertarif aus, der Vorschlag von Merz sieht einen Stufentarif vor. In der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagausgabe) sagte Faltlhauser, der lineare Tarif "ist für mich ein zentrales Instrument zur Umsetzung des Sozialstaatsgedankens". Nicht sämtliche Steuervergünstigungen streichenDen Arbeitnehmern könne man nicht sämtliche Steuervergünstigungen streichen, sagte Faltlhauser, der sich insbesondere für die Beibehaltung einer Entfernungspauschale aussprach. Die soziale Balance müsse gewahrt bleiben. Insgesamt aber habe Merz "das richtig gemacht", erklärte der CSU-Politiker in der ARD. Er habe Anstöße gegeben für die Vereinfachung des Steuerrechts. Zu dem geplanten Steuer-Konzept der CSU sagte Faltlhauser, es handele sich um einen "Wettbewerb unter Freunden". Die Unionsparteien entwickelten die langfristigen Konzepte, die Bundesregierung sei dazu nicht in der Lage. Der "Passauer Neuen Presse" zufolge erklärte er, die Merz-Vorschläge seien eine gute Grundlage für ein gemeinsames Unionskonzept. "Wir werden aber darauf achten, dass bei der Streichung von Ausnahmetatbeständen und so genannten Steuervergünstigungen die soziale Balance gewahrt bleibt", wird er zitiert. Seehofer nennt Merz-Konzept DiskussionsgrundlageDer stellvertretende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hält das von der CDU unter Federführung von Friedrich Merz erarbeitete Steuerkonzept für eine Diskussionsgrundlage. Unter sozialpolitischen Gesichtspunkten könne es zurechtgezimmert werden, sagte Seehofer der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstagausgabe). "Das unterscheidet das Merz-Konzept von dem Herzog-Papier", betonte der CSU-Sozialexperte. Bei diesem Papier zur Reform der Sozialkassen sehe er überhaupt keine Grundlage, um zu einer sozial verträglichen Übereinkunft zu kommen. "Ich habe grundsätzlich sehr viel Sympathie für Vereinfachungen. Aber sie müssen auch gerecht und wirksam sein", sagte Seehofer dem Blatt. Eine Kopplung der Steuerreform mit den Herzog-Plänen sehe er jedoch "überhaupt nicht". Die Menschen wollten unterm Strich weniger Belastung und mehr im Portemonnaie. Wenn sich die Steuerreform als Ausgleich für eine Belastung an anderer Stelle reduziere, "dann wird das in der Bevölkerung auf großes Unverständnis stoßen".

Schwarzenegger ernennt erste Minister
Schwarzenegger ernennt erste Minister

Insgesamt müssen 150 Posten besetzt werdenSchwarzenegger ernennt erste Minister

Sacramento/USA (rpo). 150 Posten muss Arnold Schwarzenegger in den kommenden Wochen mit seinen Leuten besetzen. Jetzt hat der designierte kalifornische Gouverneur damit angefangen und die ersten Mitglieder seines künftigen Kabinetts ernannt.Finanzministerin soll die Haushaltsexpertin Donna Arduin werden, die sich in Florida mit Milliardeneinsparungen im Sozialsystem einen Namen gemacht hat. Sie wird die wichtige Aufgabe haben, das Haushaltsdefizit des US-Staats abzubauen. Bildungsminister soll der frühere Bürgermeister von Los Angeles, Richard Riordan, werden, ein langjähriger Freund Schwarzeneggers.

Bericht: Bund zahlt 38,3 Milliarden Euro an Subventionen

Steuerreform könnte damit zwei Mal finanziert werdenBericht: Bund zahlt 38,3 Milliarden Euro an Subventionen

Düsseldorf (rpo). Mit 38,3 Milliarden Euro zahlt der Bund nach Informationen des "Handelsblattes" in diesem Jahr fünf Mal so viel an Subventionen, wie im Subventionsbericht der Bundesregierung ausgewiesen. Das Blatt beruft sich auf eine Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Rein rechnerisch könnte mit dem Geld das Vorziehen der Steuerreform mehr als zwei Mal gegenfinanziert werden. Steuervergünstigung müssten dann nicht gestrichen werden. Nach der Kieler Studie seien die Finanzhilfen des Bundes gegenüber 1998 leicht um 3,3 Milliarden Euro gesunken, berichtete das "Handelsblatt". Laut dem Subventionsbericht der Bundesregierung seien die Finanzhilfen des Bundes dagegen von 11,3 Milliarden Euro im Jahr 1998 auf 7,7 Milliarden Euro in diesem Jahr zusammengestrichen worden. "Der Subventionsbericht der Bundesregierung erfasst aber bei weitem nicht alle Finanzhilfen des Bundes", zitiert die Zeitung die Kieler Volkswirte Alfred Boss und Astrid Rosenschon.

Bush bekommt seine 87,5 Milliarden Dollar

Ermittlungen zu Hubschrauberabschuss aufgenommenBush bekommt seine 87,5 Milliarden Dollar

Washington (rpo). 87,5 Milliarden Dollar zusätzliche Mittel hatte US-Präsident George Bush für die Einsätze im Irak und Afghanistan gefordert. Nach einer kontroversen Debatte hat nun auch der US-Senat die Mittel bewilligt.Einen Tag nach dem Tod von insgesamt 19 Amerikanern in Irak - 16 davon bei einem Hubschrauberabschuss - war die Freigabe der Finanzmittel am Montag (Ortszeit) ein wichtiger Erfolg für US-Präsident George W. Bush. "Wie der Präsident wieder und wieder erklärt hat, werden wir Irak nicht im Stich lassen", sagte Senator Ted Stevens, der einer der führenden Autoren des Gesetzes war. "Wir werden das irakische Volk nicht im Chaos lassen, wir werden kein Vakuum für terroristische Gruppen zulassen." Die Abstimmung erfolgte per Zuruf, bei der die Stimmen nicht gezählt werden. Ein Gegner des Gesetzes, der Demokrat Robert Byrd, bezeichnete die Maßnahme dagegen als "Monument des Scheiterns". Er verwies auf mangelnde Unterstützung von Verbündeten und die andauernden US-Verluste in Irak. Die Anschläge gegen die amerikanischen Besatzungstruppen in Irak dauerten auch am Montag weiter an. Nach Angaben des Zentralkommandos wurde ein US-Soldaten in der Nähe der Stadt Tikrit bei der Explosion einer Bombe getötet. Ein weiterer wurde verwundet. Die US-Streitkräfte nahmen unterdessen Ermittlungen zu dem Abschuss des Hubschraubers am Sonntag auf. Eine der Fragen, die geklärt werden soll, ist, ob die Besatzung die Raketenabwehrsysteme an Bord benutzt hat. Alle Hubschrauber vom Typ CH-47D Chinook seien mit Mitteln zur Raketenabwehr ausgestattet, sagte am Montag Pentagonsprecher Gary Tallman. Es sei aber noch unklar, welche Abwehrmaßnahmen im vorliegenden Fall konkret ergriffen worden seien.