Alle Politik-Artikel vom 03. November 2003
Explosionsserie erschüttert Bagdad

Bombe in parkendem Auto explodiertExplosionsserie erschüttert Bagdad

Bagdad (rpo). Das Zentrum von Bagdad ist am Montagabend erneut von einer Explosionsserie erschüttert worden. Trotz der zunehmenden Verluste in Irak hat die US-Regierung einen baldigen Rückzug aus dem Land ausgeschlossen. "Amerika wird niemals davonlaufen", sagte US-Präsident George W. Bush am Montag bei einem Treffen mit Geschäftsleuten im US-Staat Alabama. Die Zahl der Soldaten, die am Sonntag beim Abschuss eines Hubschraubers in Irak getötet wurden, stieg unterdessen auf 16. Am Abend wurde die Bagdad von einer Serie von Explosionen erschüttert. Nach US-Angaben traf eines von drei "Projektilen" eine Kaserne. In einer Erklärung der Streitkräfte hieß es, in dem Lager "Camp Wolfpack" sei niemand verletzt worden. Zwei weitere Einschläge habe es im Zentrum gegeben. Der genaue Ort wurde nicht genannt. Journalisten im Hotel "Palestine" hatten gegen 21.10 Uhr Ortszeit fünf Explosionen in schneller Folge gehört. Drei Menschen getötetIn Kerbela wurden unterdessen bei einer Explosion nahe eines schiitischen Heiligtums drei Menschen getötet und zwölf verletzt, wie Augenzeugen berichteten. Offenbar sei eine Bombe in einem parkenden Auto explodiert; bei den Opfern handele es sich um Passanten, sagte der schiitische Geistliche Abu Dschaffar el Assadi. In der südirakischen Stadt Nadschaf wurde ein Richter ermordet, der gegen Mitglieder der ehemaligen Baath-Partei ermittelte. Das teilte ein Kollege mit. Er sei zusammen mit dem Ermordeten entführt worden. Die Täter hätten erklärt, sie handelten im Auftrag des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein und hätten ihn nach der Erschießung des Richters laufen lassen. 16 der 20 bei dem Hubschrauberabschuss verletzten US-Soldaten wurden am Montag nach zum US-Stützpunkt Ramstein in Deutschland gebracht. Elf von ihnen wurden auf die Intensivstation des Militärkrankenhauses in Landstuhl eingeliefert und fünf normal stationär aufgenommen, wie Krankenhauskommandantin General Rhonda Cornum sagte. Kritik an Bush-PolitikDer Angriff auf den Hubschrauber brachte den USA den verlustreichsten Tag seit Beginn des Irak-Krieges. Demokratische Politiker in den USA, besonders die möglichen Herausforderer Bushs bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr, verstärkten ihre Kritik an seiner Politik.NATO-Generalsekretär George Robertson sagte am Montag allerdings, ein Einsatz des Bündnisses in Irak stehe nicht zur Diskussion. "Die NATO ist nicht um Hilfe in Irak gebeten worden", sagte Robertson nach einem Treffen mit Außenminister Joschka Fischer in Berlin. Er verwies auf das Engagement der NATO in Afghanistan. "Wir müssen uns darauf konzentrieren und dort erfolgreich sein." Robertson betonte auch, dass die NATO in Irak bereits einzelne Mitgliedstaaten wie Polen und Spanien unterstütze.

Schill-Parteichef entschuldigt sich bei Ole von Beust

Bericht im "Hamburger Abendblatt"Schill-Parteichef entschuldigt sich bei Ole von Beust

Hamburg (rpo). Nach dem turbulenten Parteitag der Schill-Partei hat sich der Hamburger Bausenator Mario Mettbach bei Bürgermeister Ole von Beust (CDU) für seine scharfen Angriffe entschuldigt. Das berichtet das "Hamburger Abendblatt" (Dienstagausgabe). Der Bundesvorsitzende der Schill-Partei hatte sich am Wochenende demonstrativ hinter den umstrittenen Parteigründer und Ex-Innensenator Ronald Schill gestellt und Beust Vorwürfe gemacht. Der Sprecher Beusts bestätigte auf Anfrahe ein Telefonat, schwieg aber zum Inhalt. Er sagte allerdings, der Hamburger Bürgermeister sei zu keinem Zeitpunkt verärgert gewesen. In der Affäre, die zur Entlassung Schills als Hamburger Innensenator geführt hatte, habe der CDU-Politiker versagt, hatte Mettbach gesagt, der als Zweiter Bürgermeister auch Beusts Stellvertreter ist. "Das Krisenmanagement des Ersten Bürgermeisters in dieser Frage war unter aller Sau.". In seinem Telefonat am Montag habe er Beust versichert, dass derartige Angriffe "nicht wieder vorkommen" würden, berichtete die Zeitung. Demzufolge begründete Mettbach die Attacke damit, dass auf dem Kongress ein Auseinanderbrechen der Partei gedroht habe. "Profi genug"Der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe) hatte Mettbach gesagt, er befürchte wegen seiner Äußerungen keinen Ärger mit dem Bürgermeister: "Er ist Profi genug, unterscheiden zu können, wann ein Parteivorsitzender oder Senatsmitglied spricht". Beust selbst erklärte am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen", die Affäre um Schill sei für ihn eine "Sache der Vergangenheit".

Jüdische Gemeinde kritisiert "halbherzige" Distanzierung

Martin Hohmann weiter in der KritikJüdische Gemeinde kritisiert "halbherzige" Distanzierung

Berlin (rpo). Den Ausschluss des Politikers Martin Hohmann aus der Bundestagsfraktion der CDU fordert die jüdische Gemeinde zu Berlin. "Auch seine halbherzigen, nur unter Druck erzwungenen Distanzierungen und Entschuldigungen ändern nichts an der Ungeheuerlichkeit seiner Behauptungen und Vergleiche", erklärte der Gemeindevorsitzende Alexander Brenner am Montag in Berlin. Die Gemeinde habe mit Empörung und Entsetzen Hohmanns "antisemitische Hetztiraden" zur Kenntnis genommen. Der CDU-Politiker hatte in einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit gesagt, vor allem jüdisch-stämmige Bolschewisten seien für die Verbrechen während der kommunistischen Revolution in Russland verantwortlich. Deshalb könnten die Juden auch als "Tätervolk" bezeichnet werden. Betrachte man die Zusammenhänge jedoch genauer, seien "weder "die Deutschen" noch "die Juden" ein Tätervolk", hatte Hohmann gesagt. Für Teile seiner Rede entschuldigt sich Hohmann am Wochenende.

Union durchkreuzt Schröders Steuerpläne

Merkel schlägt Kanzler-Einladung ausUnion durchkreuzt Schröders Steuerpläne

Berlin (rpo). Die Union wird am Freitag in dem von ihr dominierten Bundesrat nun doch geschlossen gegen das Vorziehen der dritten Steuerreformstufe stimmen. Die Entscheidung über das Vorziehen der Steuerreform auf 2004 und damit Entlastungen für die Bürger in Milliarden-Höhe fällt wohl erst zum Jahresende. Das kündigte CDU-Chefin Angela Merkel am Montag nach einer Sitzung des Bundesvorstandes an, dem auch die CDU-Länderchefs angehören. Zugleich schlug Merkel eine neue Einladung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zu einem Spitzentreffen zur Steuerreform aus. So lange die Bundesregierung keine neuen Vorschläge für eine seriöse Finanzierung vorlege, seien solche Gespräche derzeit nicht sinnvoll. Schröder hatte zuvor seine Einladung an die Spitzen von CDU/CSU bekräftigt, gemeinsam den Rahmen abzusprechen. Regierungssprecher Béla Anda erklärte, Schröder habe die Hoffnung, dass die "parteipolitischen Spiele" aufhörten. Die Einladung für ein möglichst rasches Treffen bleibe bestehen. Eine baldige Entscheidung könne das Weihnachtsgeschäft ankurbeln. Nachbesserungen lehnte Anda aber ab. Mit dem Vorziehen der Steuerreform stellt Rot-Grün Entlastungen von fast 16 Milliarden Euro im kommenden Jahr in Aussicht. Zusammen mit der verschobenen zweiten Stufe sind es etwa 22 Milliarden. Die Union kritisiert, dass die Entlastungen im wesentlichen über neue Schulden finanziert werden. CDU/CSU wollen, dass nur 25 Prozent über neue Kredite finanziert werden. Merkel sagte, die Union sei bereit, mit dem Kanzler zu sprechen, allerdings nur auf neuer Basis. Das Steuerkonzept von Unions-Finanzexperte Friedrich Merz wurde von der CDU-Spitze im Grundsatz gebilligt. Bundesvorstand und Präsidium verständigten sich jedoch auf Nachbesserungen. So soll neben dem bisher geplanten steuerfreien Grundfreibetrag von pro Kopf 8000 Euro jeder Arbeitnehmer zusätzlich einen einheitlichen Pauschalbetrag von 1000 Euro erhalten. Ausgleich für Wegfall von SteuerbefreiungenDies soll ein Ausgleich für den Wegfall von Steuerbefreiungen sein. Zudem ist in dem Konzept entgegen radikalerer Pläne von Merz keine dauerhafte Abschaffung der Gewerbesteuer festgeschrieben. Damit kommt die CDU-Spitze auf Druck der Ministerpräsidenten den Kommunen leicht entgegen. Merkel und Merz erklärten, in der Parteispitze habe es auch Fragen gegeben etwa zum Arbeitnehmerpauschbetrag, zur Gewerbesteuer sowie zur geplanten Abschaffung der Pendlerpauschale. Merz rechnet bei der anstehenden Debatte in der Partei jedoch nicht mit grundsätzlichen Änderungen. Entschieden werde auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember. Die Merz-Pläne sehen unter anderem einen 3-Stufen-Tarif bei der Einkommenssteuer von 12, 24 und 36 Prozent vor. Der Grundfreibetrag von 8000 Euro soll insbesondere Familien entlasten. Im Gegenzug sollen Steuervergünstigungen wie die Pendlerpauschale wegfallen. "Fundamentale Meinungsverschiedenheiten"Zum Kompromiss bei der Unternehmensbesteuerung sagte Merz, dies seien keine "fundamentalen Meinungsverschiedenheiten". Bisherige Regelungen sollen nun zunächst beibehalten, die Gewerbesteuer aber durch eine "Wirtschaftskraft bezogene Gemeindesteuer" ersetzt werden. Solange soll die Körperschaftssteuer einheitlich 24 Prozent betragen. Bei einem Wegfall der Gewerbesteuer sollen es 36 Prozent sein. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß nannte die Pläne unglaubhaft, ungerecht und unfinanzierbar. Alle Steuerkonzepte würden unglaubhaft, wenn man zusätzliche Entlastungen von rund 23 Milliarden Euro im nächsten Jahr verhindere. Das Kindergeld werde abgeschafft und die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgehöhlt. Die Grünen nannten das Merz-Konzept "handwerklich unausgegoren".

Leipzigs Oberbürgermeister entscheidet sich für Olympia

Verzicht auf SPD-SpitzenkanidaturLeipzigs Oberbürgermeister entscheidet sich für Olympia

Leipzig (rpo). Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee will sich voll auf die Olympiabewerbung 2012 konzentrieren. Dafür verzichtet er sogar auf die SPD-Spitzenkandidatur bei der sächsischen Landtagswahl im September 2004.Dies wurde am Montagnachmittag in einer Presseerklärung der Stadt mitgeteilt. Damit wird der 48-Jährige nicht Herausforderer von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Dieser "Vorwahlkampf" hatte in den letzten Wochen die Olympiabewerbung zunehmend überschattet. Ursprünglich sollte die Entscheidung in der SPD erst im April fallen. "Mein Platz ist Leipzig""Wir müssen alle verfügbaren Kräfte auf die gemeinsame nationale Aufgabe konzentrieren, Olympia 2012 in Deutschland auszurichten", teilte Tiefensee in der Erklärung mit. "Deshalb möchte ich heute noch einmal - abschließend und definitiv - wiederholen, dass ich nicht zur Landtagswahl 2004 kandidieren werde. Mein Platz ist in Leipzig."

Verletzte US-Soldaten nach Landstuhl gebracht

Opfer des Hubschrauberabschusses in FalludschaVerletzte US-Soldaten nach Landstuhl gebracht

Landstuhl (rpo). 16 bei dem Hubschrauberabschuss im Irak verletzte US-Soldaten sind mit einem Transportflugzeug der US-Streitkräfte nach Deutschland gebracht worden.Elf der Verletzten wurden auf die Intensivstation des Militärkrankenhauses in Landstuhl eingeliefert und fünf normal stationär aufgenommen, wie Krankenhauskommandantin Oberst Rhonda Cornum sagte. An Bord der Maschine des Typs C-17, die am frühen Morgen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein, landete, befanden sich auch zahlreiche andere US-Soldaten aus Irak, die einer medizinischen Behandlung bedurften. Am Sonntag waren bei dem Abschuss des US-Hubschraubers nahe der irakischen Stadt Falludscha 16 US-Soldaten getötet und 20 verletzt worden. Die 16 Verletzten, die am Montag nach Deutschland gebracht wurden, haben überwiegend Knochenbrüche und Kopfverletzungen erlitten. Ihr Zustand war stabil. Das Krankenhaus sei bestens auf ihre Behandlung eingerichtet, sagte Cornum. "Wir haben ausreichend chirurgische Kapazitäten, um diese Menschen zu behandeln", erklärte sie. Psychologen und Seelsorger stünden bereit, um sich um die Verletzten und die Mitarbeiter des Krankenhauses zu kümmern. Ein 17. Opfer des Hubschrauberabschusses sollte am Dienstag nach Landstuhl geflogen werden. Was mit den übrigen drei Verletzten ist, war zunächst nicht bekannt. Cornum berichtete, die Ärzte würden die Patienten auch darauf hin untersuchen, ob ihre Verletzungen von dem Beschuss oder dem Absturz des Hubschraubers stammten. Sie erwarte außerdem, dass die Soldaten über den Ablauf des Angriffs befragt würden. Es handelte sich um den schwersten Anschlag auf die US-Streitkräfte in Irak seit Kriegsende vor sechs Monaten. Im US-Militärkrankenhaus in Landstuhl sind seit Beginn der US-Militäraktion in Irak im März insgesamt 7.701 Menschen medizinisch behandelt worden.

Irak-Krieg: Verwirrter Saddam glaubte an Trick

Tarik Asis: Frankreich und Russland beruhigten HusseinIrak-Krieg: Verwirrter Saddam glaubte an Trick

Washington (rpo). Iraks gestürzter Diktator Saddam Hussein glaubte noch nach den ersten US-Angriffen im März an einen Trick. Er sei von Frankreich und Russland über die Wahrscheinlichkeit eines Krieges und seines Sturzes irregeführt worden. Das sagte Irkas ehemaliger Vize-Premier Tarik Asis nach Informationen der "Washington Post" während seiner Verhöre.Paris und Moskau haben nach den Worten von Asis der Führung in Bagdad bis Kriegsbeginn versichert, dass sie einen US-geführten Krieg durch Vetos im UN-Sicherheitsrat verhindern könnten. Saddam sei von einem längeren Luftkrieg ausgegangen. Asis hatte sich im April den US-Besatzungstruppen gestellt und befindet sich seither in Haft. Er versicherte, der Irak habe am Vorabend des Krieges keine Massenvernichtungsmittel biologischer, chemischer oder nuklearer Art besessen. In den Verhören mit hohen Vertretern des alten Regimes ist nach Darstellung der "Washington Post" deutlich geworden, dass Saddam mit der Weltöffentlichkeit in Fragen der Rüstungskontrollen nur "Katz und Maus" gespielt habe, um vor den arabischen Nachbarn nicht das Gesicht zu verlieren. Saddam sei wichtig gewesen, dass diese Länder glaubten, er habe weiter Massenvernichtungsmittel. Saddam habe sich jedoch entgegen internationalen Abmachungen um den Kauf beziehungsweise Bau von Langstreckenraketen bemüht, habe Asis berichtet. Saddam habe auch nach dem Kriegsbeginn keine Gegenoffensive befohlen, weil er überzeugt war, dass seine Macht in Bagdad nicht gefährdet gewesen wäre. Die "Washington Post" berichtet, laut Asis hätten Vertreter Russlands und Frankreichs glaubhaft gemacht, dass die US-Truppen nur als eine Art List über die Grenze gekommen wären. Er schilderte Saddam in den letzten Wochen vor dem Krieg als ziemlich verwirrt.

CDU billigt Merz-Konzept für Steuerreform

Nachbesserungen erforderlichCDU billigt Merz-Konzept für Steuerreform

Berlin (rpo). Das Steuerkonzept des Union-Finanzexperten Friedrich Merz ist von der Parteispitze im Grundsatz gebilligt worden. Der Vorschlag wurde noch zu Gunsten unterer Einkommensgruppen nachgebessert. So soll neben dem bisher geplanten steuerfreien Grundfreibetrag von pro Kopf 8000 Euro jeder Arbeitnehmer noch einen einheitlichen Pauschalbetrag von 1000 Euro erhalten. Dies soll ein Ausgleich für den Wegfall von Steuerbefreiungen sowie Freibeträgen sein. Zudem ist in dem Konzept entgegen radikalerer Pläne von Merz noch keine dauerhafte Abschaffung der Gewerbesteuer festgeschrieben. Damit kommt die CDU-Spitze nach dem Willen mehrerer Unions- Ministerpräsidenten den Kommunen etwas entgegen. Merz rechnet nicht mit grundsätzlichen Änderungen CDU-Chefin Angela Merkel und Merz begrüßten, dass das Steuer- Konzept in der Parteispitze im Grundsatz auf "einmütige Zustimmung" stieß. Dennoch habe es "Fragestellungen" gegeben, etwa zum geplanten zusätzlichen Arbeitnehmerpauschbetrag, zur Gewerbesteuer sowie zur Abschaffung der Pendlerpauschale. Merz rechnet bei der anstehenden Debatte innerhalb der Partei jedoch nicht mit grundsätzlichen Änderungen sowie grundsätzlicher Kritik. Sein Ziel sei, die Steuerreform möglichst zum 1. Januar 2005 umzusetzen. Die bereits in Grundzügen veröffentlichten Pläne sehen einen 3- Stufen-Tarif bei der Einkommenssteuer von 12, 24 und 36 Prozent vor. Pro Kopf ist ein steuerfreier Grundfreibetrag von 8000 Euro geplant, der insbesondere Familien entlasten soll.Familien mit Kindern stärker entlastetIm Gegenzug sollen Steuervergünstigungen wie die Pendlerpauschale wegfallen. Merkel nannte das Konzept eine "Diskussionsgrundlage" für die Parteibasis. Entschieden werde auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember. Die Bereitschaft zu Kompromissen ist aus Sicht von Merkel jedoch groß. Merz nannte die zusätzlichen 1000 Euro Arbeitnehmerfreibetrag die Obergrenze, die er bereit sei mitzugehen. Der Kompromiss sei ein "vernünftiger Weg". Familien mit Kindern würden trotz wegfallender Freibeträge stärker entlastet. Bei den Plänen zur Unternehmensbesteuerung wurde Merz etwas gebremst. Statt der von ihm gewünschten dauerhaften Abschaffung der Gewerbesteuer wird in dem Konzept davon ausgegangen, die bisherigen Regelungen zunächst beizubehalten. Die Gewerbesteuer soll aber durch eine "Wirtschaftskraft bezogene Gemeindesteuer" ersetzt werden. Keine "fundamentalen Meinungsverschiedenheiten"Solange solle die Körperschaftssteuer einheitlich 24 Prozent betragen. Bei einem Wegfall der Gewerbesteuer, der aus Sicht von Merz unabdingbar ist, soll der Tarif aber auf 36 Prozent steigen. Aus Sicht von Merz handelt es sich bei diesen Veränderungen um keine "fundamentalen Meinungsverschiedenheiten". Mit Blick auf CDU-Kritik, das Merz-Konzept sei nicht vereinbar mit den Vorschlägen der eigenen Herzog-Kommission zum Umbau der Krankenversicherung, sagte Merkel, man habe sich inzwischen auf einen Weg verständigt, um "wesentliche Teile des Sozialausgleichs" zu finanzieren. So soll der Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung, der an Versicherte ausgezahlt werden soll, versteuert werden. Die Herzog-Kommission hatte vorgeschlagen, die Krankenversicherung auf Kopfpauschalen von monatlich 264 Euro umzustellen. Der soziale Ausgleich sollte über Steuern von jährlich 27 Milliarden Euro finanziert werden.Poß (SPD): Uglaubhaft, ungerecht und unfinanzierbarDer stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß hat das Merz-Konzept als unglaubhaft, ungerecht und unfinanzierbar bezeichnet. Es sei unverantwortlich, dem konjunkturpolitisch notwendigen Vorziehen der Steuerreform nicht zuzustimmen, sagte Poß am Montag in Berlin. Alle Steuerkonzepte würden unglaubhaft, wenn man die zusätzlichen Steuerentlastungen von rund 23 Milliarden Euro im nächsten Jahr verhindere, die zur Flankierung des sich abzeichnenden wirtschaftlichen Aufschwungs dringend benötigt würden. Mit den Merz-Vorschlägen werde das Kindergeld abgeschafft und die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgehöhlt, kritisierte Poß. Zugleich übernehme Merz Vorschläge, die von der Koalition im Bundestag bereits beschlossen, von der Unionsmehrheit im Bundesrat aber abgelehnt worden seien. Das betreffe etwa den Abbau von Steuervergünstigungen oder die Einschränkung der Verlustverrechnung von Unternehmen. Kritik von den GrünenDie Grünen haben das Steuerkonzept von Unions- Fraktionsvize Friedrich Merz (CDU) als "handwerklich unausgegoren" und "finanziell nicht gedeckt" verurteilt. Das Konzept sei "weder sozial noch gerecht", sagte Grünen-Chefin Angelika Beer am Montag nach einer Sitzung des Parteivorstandes in Berlin. Der Vorschlag bedeute eine "Umverteilung von unten nach oben". Beer appellierte an die Union, im Bundesrat am Freitag das von der Regierung geplante Vorziehen der Steuerreform nicht scheitern zu lassen.

Union will Vorziehen der Steuerreform geschlossen ablehnen

Schröder will ab Steuer-Gipfel festhaltenUnion will Vorziehen der Steuerreform geschlossen ablehnen

Berlin (rpo). CDU-Chefin Angela Merkel hat die unionsgeführten Länder offenbar auf Linie gebracht. Wie Merkel am Montag nach einer Sitzung der Führungsgremien ihrer Partei in Berlin ankündigte, wollen die CDU-Länder das Vorziehen der Steuerreform am Freitag geschlossen ablehnen.Es gebe zurzeit keine Finanzierungsgrundlage für einen solchen Schritt, betonte sie. Schon am Vormittag hatten mehrere Ministerpräsidenten der Union angekündigt, dass die Unionsmehrheit in der Länderkammer den Vermittlungsausschuss anrufen werde. Am kommenden Freitag will die Länderkammer neben den Steuerplänen der Regierung auch über die rot-grünen Sozialreformen beraten. Auch hier wollen die unionsgeführten Länder nicht mitziehen. Merkel bezeichnete das Konzept der Regierung zur Gegenfinanzierung der vorgezogenen Steuerentlastungen als unseriös. Selbstverständlich sei sie bereit, mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zu sprechen. Dies setze aber voraus, dass die Regierungspläne überarbeitet werden, sagte Merkel. Schröder beharrt auf Steuer-Gipfel Trotz der Absage der Unionsspitze an einen Steuer-Gipfel bemüht sich Bundeskanzler Gerhard Schröder weiterhin um ein Spitzengespräch mit der Opposition. Regierungssprecher Béla Anda betonte am Montag in Berlin, die Einladung bleibe bestehen, es werde weiter Kontakt zur Union gesucht. "Das wird Gegenstand der nächsten Tage sein, das auf den Weg zu bringen." Das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 sei von entscheidender Bedeutung für die Konjunktur und dürfe nicht an "taktischen und parteipolitischen Spielchen" scheitern. Die Grundsatzentscheidung müsse deutlich vor Beginn des Weihnachtsgeschäfts fallen, forderte Anda. Schröder halte daher seine Einladung aufrecht und hoffe auf ein Einlenken. Die positiven Folgen der Steuersenkungen für die Konjunktur und die Stimmung in der Bevölkerung könnten "nicht hoch genug angesetzt werden". Die jüngste Wachstumsrate in den USA von 7,5 Prozent zeige, was Steuersenkungen brächten. In welcher Form Schröder Kontakt zur Unionsspitze aufnehmen will, ließ Anda offen.

Politiker-Liste bei Neonazi-Gruppe "Combat 18" gefunden

Anleitung zum Bombenbau entdecktPolitiker-Liste bei Neonazi-Gruppe "Combat 18" gefunden

Kiel (rpo). Bei der Neo-Nazi-Gruppe "Combat 18" in Schleswig-Holstein hat die Polizei neben Anleitungen zum Bombenbau auch Adress-Listen von Politikern entdeckt.Das hat die Auswertung von beschlagnahmten Beweismitteln ergeben, wie das schleswig-holsteinische Landeskriminalamtes (LKA) am Montag mitteilte. Die Gruppe war in der vergangenen Woche in einer groß angelegten Razzia von der Polizei gesprengt worden. Sie soll im großen Stil mit rechtsextremistischen CDs gehandelt und Konkurrenten mit Gewaltdrohungen erpresst haben. "Combat 18" ist laut Polizei der bewaffnete Arm der im Jahr 2000 verbotenen neonazistischen Gruppe Blood and Honour. Ob es sich bei den Personen auf den Listen um Politiker oder Gewerkschafter handelt, wollte die Polizei am Montag nicht bestätigen. Die Liste sei bei einem Mitglied von "Combat 18" sicher gestellt worden. Die Polizei ermittelt auch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Dänischer Staat finanziert Nazi-Sender

Auch 2004 Zuschüsse von rund 10.000 EuroDänischer Staat finanziert Nazi-Sender

Kopenhagen (rpo). Der Nazi-Rundfunksender "Radio Oasen" wird auch künftig aus der dänischen Staatskasse mitfinanziert. Eigentlich hatte es von den zuständigen Behörden gegeteilige Absichtserklärungen gegeben.Wie ein Sprecher des Kulturministeriums in Kopenhagen am Montag bestätigte, kann der von der kleinen rechtsextremistischen Partei DNSB (Dänemarks Nationalsozialistische Bewegung) in einem Kopenhagener Vorort betriebene Sender für 2004 wie in den sechs voraufgegangenen Jahren einen öffentlichen Zuschuss von 78.000 Kronen (10.000 Euro) erwarten. Dies sei unausweichlich, weil jeder nicht verbotene lokale Rundfunksender per Gesetz Anspruch auf Staatsunterstützung habe. Kulturminister Brian Mikkelsen hatte Anfang des Jahres angekündigt, er werde für die Einstellung der Subventionen an die Neonazis sorgen. Die DNSB verlangt ein "reinrassiges" Dänemark, nimmt an den jährlichen Märschen zum Gedenken an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess teil und spielt in ihren Rundfunksendungen unter anderem das Horst-Wessel-Lied, die 1927 verfasste zweite Nationalhymne der deutschen Nationalsozialisten. Mikkelsen erklärte, er wolle sich weiter um eine veränderte gesetzliche Grundlage bemühen, könne aber keinen Erfolg für das kommende Jahr garantieren. Nazi-Propaganda und die Verwendung nationalsozialistischer Symbole sind in Dänemark nicht grundsätzlich verboten.

"Sicherer als vor dem 11. September"

Regierung: Fortschritte im Kampf gegen Bio-Terrorismus"Sicherer als vor dem 11. September"

Berlin (rpo). Als nach den Anschlägen vom 11. September in den USA mehrere Milzbrandattacken verübt wurden, wuchs weltweit die Sorge vor Terroranschlägen mit Krankheitserregern oder Chemikalien. Zwei Jahre danach sehen sich Deutschland und andere Industrieländer dem Bio-Terrorismus gegenüber besser gerüstet."Aber es gibt noch relativ viel zu tun", erklärte das Gesundheitsministeriums am Montag zum Auftakt einer internationalen Tagung zum Kampf gegen Bioterrorismus. Bis Freitag beraten in Berlin Beamte und Minister aus den G-7-Ländern und Mexiko über eine weitere Verbesserung der Zusammenarbeit. Die acht Länder hatten sich im November 2001 unter dem Eindruck der Anschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon sowie der ersten Milzbrand-Briefe zur "Global Health Security Initiative" zusammengetan. Seitdem suchten sie bei zwei weiteren Treffen und in mehreren Arbeitsgruppen eine gemeinsame Strategie gegen die schwer abzuschätzende terroristische Bedrohung durch Viren, Bakterien, Chemikalien und radioaktive Strahlung. Anschaffung ausreichender Menge Impfdosen abgeschlossenOberste Priorität hatte dabei auch international zunächst die Bedrohung mit Pockenviren, wie Experten des Gesundheitsministeriums sagten. Rechtzeitig vor der Berliner Tagung konnten sie für Deutschland Vollzug melden: Die Anschaffung einer ausreichenden Menge von Impfdosen für rund 80 Millionen Menschen in der Bundesrepublik sei abgeschlossen. Der rund 200 Millionen Euro teure Impfstoff werde an geheimen Orten gelagert und sei blitzschnell einsetzbar. Auch die Alarmpläne für den Fall einer bioterroristischen Attacke seien bis ins Detail ausgearbeitet. Mit den Ländern sei verabredet, dass bei einem Ausbruch der Pocken irgendwo auf der Welt schrittweise - je nach Bedrohung für Deutschland - immer mehr Menschen gegen die gefährliche Krankheit geimpft würden. Eine Massenimpfung der gesamten Bevölkerung wäre der letzte Schritt und würde erst dann angeordnet, wenn sich das Virus in Deutschland unkontrolliert ausbreiten würde."Das dreckige Dutzend" Allerdings ist der Pocken-Erreger nur einer eines "dreckigen Dutzends" von Viren und Bakterien, die in der Hand von Terroristen als bedrohlich gelten. Gegen die meisten dieser Gefahrenstoffe gebe es keine oder nur sehr gefährliche Impfstoffe, sagte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Johannes Löwer. Die internationale Zusammenarbeit, der Erfahrungsaustausch und die Gründung eines Netzwerks von Sicherheitslabors habe aber dazu beigetragen, schnelle Erkennungsmethoden und mögliche Gegenmittel zu erforschen. Gegen Milzbrand und andere Bakterien zum Beispiel könnten Antibiotika eingesetzt werden. "Wir sind heute in einer sichereren Situation als vor dem 11. September", meinte deshalb auch Löwer. Aus dem Gesundheitsministerium hieß es: "Im Ernstfall wissen wir, wen wir anrufen müssen." Bei der internationalen Bioterror-Übung Global Mercury im September seien solche Kommunikationswege explizit getestet worden. In Berlin sollen die Ergebnisse der Übung beraten und bewertet werden. Außerdem geht es bei der internationalen Tagung nach Angaben des Gesundheitsministeriums neben Biowaffen auch um mögliche nukleare Bedrohungen etwa durch eine "schmutzige Bombe".

Merz' Steuerkonzept: Ja, aber...

Fraktionsvize legt CDU-Spitzengremien Steuerkonzept vorMerz' Steuerkonzept: Ja, aber...

Berlin (rpo). Am heutigen Montag will Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz der Parteispitze sein neues Steuerkonzept präsentieren. Im Vorfeld kommt Kritik und Zustimmung aus den verschiedensten Richtungen.Die CDU-Führung steht mehrheitlich hinter dem Steuerkonzept des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. Die CSU hat sich dagegen zurückhaltend geäußert. Bei der SPD überwiegt die Ablehnung. Vor einer Sitzung der CDU-Führung sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch am Montag in Berlin, die Steuerpläne seien ein "Meilenstein in die richtige Richtung". In der Union gebe es über die Grundlagen keinen Streit. Sachsen-Anhalts Regierungschef, Wolfgang Böhmer, sagte dagegen, dies sei erst der Anfang einer schwierigen Diskussion. Für das Vorziehen der Steuerreform kündigte die CDU ein Vermittlungsverfahren an. Der Vorschlag sieht deutlich niedrigere Steuertarife vor. Im Gegenzug sollen die meisten Vergünstigungen gestrichen werden. Für die Einkommensteuer schlägt der Finanzexperte Merz je nach Höhe der Einkünfte drei Steuersätze vor: 12, 24 und 36 Prozent. Clement: Diskussion um Merz-Vorschläge "längerfristig"Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat die Diskussion um das Merz-Konzept als nicht hilfreich in der aktuellen Situation bezeichnet. "Sie ist berechtigt, aber sie hilft jetzt nicht", sagte der SPD-Politiker am Montag vor einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin. Die Diskussion werde man "längerfristig" führen müssen. Jetzt gehe es zunächst darum, das Vorziehen der dritten Steuerreformstufe durchzusetzen.Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit, Rainer Wend (SPD), lehnt das Steuerkonzept von Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz trotz nach seinen Worten guten Vorschlägen ab. "Es hat Vorzüge, eine Vereinfachung ist in jedem Falle sinnvoll", sagte Wend am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Gleiches gelte für eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Bei der von Merz geplanten Umverteilung gehe es aber "nicht immer gerecht zu". Wenn am Ende herauskomme, dass Leistungsträger wie etwa Krankenschwestern und Polizeibeamte "Verlierer einer vereinfachten Steuerreform sind und andere, die gut verdienen, Gewinner sind, dann hilft die ganze Vereinfachung nichts", sagte Wend weiter. Der Chef der bayerischen Staatskanzlei, Erwin Huber (CSU), beurteilt das Steuerkonzept weiterhin zurückhaltend. "Da sind wir am Anfang der Diskussion. Aus unserer Sicht muss noch einiges getan werden, um den sozialen Ausgleich herzustellen", sagte Huber am Montag im Deutschlandfunk. Generell unterstütze die CSU aber "selbstverständlich eine deutliche Vereinfachung des Steuerrechts" und eine weitere Entlastung der Steuerbürger.

Umfrage zeigt große Reformbereitschaft

Kritik an StoßrichtungUmfrage zeigt große Reformbereitschaft

Hamburg (rpo). Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung sieht in fast allen zentralen politischen Bereichen dringenden Reformbedarf. Einer Umfrage zufolge hält eine deutliche Mehrheit der Deutschen die Stoßrichtung der Reformen aber für falsch.Dies ist das Ergebnis der letzten monatlichen Umfrage des Möllner Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos für die "Financial Times Deutschland". Wie das Blatt (Montagausgabe) berichtet, halten 96 Prozent der Befragten eine Reform des Arbeitsmarkts für "dringend" oder "sehr dringend". An zweiter Stelle stehen Änderungen bei der Rentenversicherung, die von 90 Prozent als vordringlich angesehen werden. Bei den Steuern sehen 83 Prozent der Befragten dringenden oder sehr dringenden Handlungsbedarf. Die Einschätzung der Reformvorschläge der Bundesregierung ist dem Bericht zufolge jedoch vernichtend. In allen Bereichen, die Bildungspolitik ausgenommen, halten zwischen 60 und 70 Prozent die Stoßrichtung der Regierung für "eher falsch". Nur 30 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Steuerreform "eher in die richtige Richtung" geht. Eine deutliche Mehrheit kritisierte auch, die einzelnen Reformen gingen nicht schnell genug voran.

Westerwelle erhält Rückendeckung von FDP-Spitze

"Außerordentlich positiv"Westerwelle erhält Rückendeckung von FDP-Spitze

Berlin (rpo). Nach dem Krisengipfel kann FDP-Chef Guido Westerwelle zufrieden sein. Der in letzter Zeit wegen Führungsschwäche kritisierte FDP-Vorsitzende bezeichnete das Ergebnis vor Journalisten als "außerordentlich positiv". Sein Strategiepapier habe einhellige Rückendeckung erhalten. Bei der Sitzung habe auch "niemand den Wunsch oder die Forderung erhoben, dass ein Präsidiumsmitglied zurücktritt". In der ARD-Sendung "Sabine Christiansen" ergänzte Westerwelle, die FDP tue richtig daran, die Debatte auf die Sache zu konzentrieren und Vorschläge zu machen, die über den Tag hinaus gingen. "Dieses Land steht vor einer neuen Wende", erklärte er. Operieren an einem maroden System genüge nicht mehr. Bestimmte Systeme wie das Steuersystem müssten "völlig neu beginnen"; das gegenwärtige "Chaos" könne so nicht mehr weitergehen. Wenn man bei solchen Fragen eine Entwicklung über die Parteigrenzen hinweg feststelle, solle man dies nicht kleinreden. In seiner Erklärung vor den Journalisten nach Sitzungsende sagte Westerwelle, die FDP wolle wachsen, aber keine "Volkspartei mit inhaltlicher Beliebigkeit" werden. Koalitionsaussagen seien nötig, aber nicht zwingend. "Wir Liberalen wollen diese Regierung schnellstmöglichst ablösen", erklärte er. Die Konferenz von FDP-Spitzenpolitikern aus Bund und Ländern war einberufen worden, um die Personalquerelen beizulegen und die Partei programmatisch auf Erfolgskurs zu bringen. Westerwelle legte der Runde sein Positionspapier mit einem Programm radikaler Sozialreformen vor. Damit will er die FDP zu einer gleich starken politischen Kraft wie Union und SPD machen. Vor Sitzungsbeginn hatte er betont, die FDP müsse die Partei der programmatischen Vordenker bleiben. Ziel sei es, 2006 "die mit Abstand schlechteste Regierung aller Zeiten abzulösen". In einem Interview des Nachrichtenmagazins "Focus" hatte er es als langfristiges Ziel der FDP bezeichnet, "um eine eigene Mehrheit kämpfen zu dürfen". Die FDP dürfe "sich nicht als gottgewollter Juniorpartner verstehen". Westerwelles Positionspapier sieht ein Programm radikaler Sozialreformen vor. Damit will er die FDP zu einer gleich starken politischen Kraft wie Union und SPD machen.

USA: Erster Homosexueller zum Bischof geweiht

Anglikanische Religionsgemeinschaft vor der SpaltungUSA: Erster Homosexueller zum Bischof geweiht

Durham/USA (rpo). Die anglikanische Kirche hat ihren ersten homosexuellen Bischof. In den USA wurde am Sonntag der 56 Jahre alte Gene Robinson in das Amt eingeführt. Konservative Geistliche zeigten sich empört. Die Kirche ist Teil der 77 Millionen Mitglieder zählenden anglikanischen Weltkirche, die angesichts der Kontroverse nach Ansicht von Beobachtern vor einer Spaltung steht. Zwei Vertreter des konservativen Flügels hatten während der Zeremonie offen gegen die Amtseinführung Robinsons Protest eingelegt, dessen Lebensstil "nicht mit der heiligen Schrift und den Lehren dieser Kirche vereinbar" sei. Die Feier in Universität von New Hampshire wurde von rund 4.000 Menschen besucht. Robinson, dem mindestens 40 weitere Bischöfe zur Amtseinführung die Hände aufgelegt hatten, dankte dem Bistum New Hampshire für seine Ernennung und sagte, er reiche all jenen die Hände, die am Rande der Gesellschaft stünden, wie dies auch Jesus getan habe. Vor dem Gebäude protestierten Gegner und Anhänger des neuen Bischofs. Die beiden Gruppen wurden von der Polizei getrennt gehalten. Der Episkopalkirche in den USA gehören etwa 2,3 Millionen Menschen an. Das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, der Erzbischof von Canterbury, Rowan William, erklärte am frühen Montag in einer ersten Reaktion, die durch Robinsons Ernennung entstandenen Zerwürfnisse seien "Anlass zu großem Bedauern". Williams steht persönlich der Homosexuellenbewegung positiv gegenüber und versucht, die Spaltungen innerhalb der anglikanischen Kirche zu überbrücken. Die Möglichkeiten zu Disziplinarmaßnahmen besitzt er nicht. Der lateinamerikanische Erzbischof Gregory Venables warnte vor einer Spaltung der anglikanischen Kirche, die zerstörerisch sein würde.

Mindestens 19 Tote bei Anschlägen im Irak

Rumsfeld: "Tragischer und schlechter Tag"Mindestens 19 Tote bei Anschlägen im Irak

Bagdad/Washington (rpo). Mindestens 19 Menschen sind den erneuten Angriffen auf die US-Streitkräfte im Irak zum Opfer gefallen. Am Sonntag starben bei mehreren Anschlägen 17 Soldaten und zwei Zivilisten. Beim Abschuss eines Hubschraubers der US-Besatzungstruppen kamen nach einem Bericht des Nachrichtensenders CNN unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Washington mindestens 16 US-Soldaten ums Leben. 20 seien verletzt worden, als ein Transporthubschrauber vom Typ "Chinook" nahe der Kleinstadt Falludscha im Westen Bagdads getroffen wurde und abstürzte. Sie waren auf dem Weg zu einem Fronturlaub. CNN berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, der Transporthubschrauber sei von einer schultergestützten Rakete getroffen worden. Falludscha ist eine Hochburg der Anhänger des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein. Bei einer Handgranatenattacke westlich von Bagdad sind am Sonntag nach Angaben des arabischen TV-Senders El Arabija zwei amerikanische Zivilisten getötet worden. Der Sender, der sich auf US-Militärs berief, nannte keine weiteren Einzelheiten. Ein US-Soldat starb nach US-Militärangaben bei einem Bombenanschlag in Bagdad. Der arabische Fernsehsender El Dschasira berichtete unterdessen, bei Zusammenstößen in Bagdads westlicher Vorstadt Abu Ghoreib seien mehrere amerikanische Soldaten verletzt worden. Einige Augenzeugen sprachen gegenüber dem Sender gar von drei bis vier toten Soldaten. Dies bestätigte die US-Armee jedoch zunächst nicht. In dem Vorort, in dem das größte Gefängnis des Iraks liegt, hatten US-Soldaten kürzlich bei einer Demonstration mehrere Zivilisten erschossen. Rumsfeld: Angriffe unausweichlichUS-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte in einer ersten Reaktion, solche Angriffe seien unausweichlich. Tragbare Boden-Luft- Raketen, mit denen Hubschrauber abgeschossen werden können, seien leicht erhältlich. "Von Zeit zu Zeit passiert das an verschiedenen Orten", sagte Rumsfeld. Im Fernsehsender Fox sprach er später von einem "tragischen und schlechten Tag". In einem Krieg gebe es solche Tage aber immer mal wieder, und damit müsse man einfach rechnen. Bereits vor einer Woche war ein US-Kampfhubschrauber in der Nähe von Tikrit, der nördlich von Bagdad gelegenen Heimatstadt von Ex- Präsident Saddam Hussein, von Unbekannten abgeschossen worden. Auch in der Nähe des vom US-Militär kontrollierten Bagdader Flughafens war es mehrfach zu Zwischenfällen gekommen. Unbekannte hatten schultergestützte Luftabwehrraketen auf anfliegende Flugzeuge abgefeuert. Die Raketen hatten aber dabei ihre Ziele stets verfehlt. Nach Angaben des US-Militärs erlag am Sonntag in Bagdad ein weiterer amerikanischer Soldat seinen schweren Verletzungen. Er war mit seinem gepanzerten Fahrzeug auf einen Sprengsatz gefahren. In der nordirakischen Stadt Mosul seien am Samstag zwei US-Soldaten bei der Explosion eines Sprengsatzes gestorben und drei verletzt worden. Die USA wollen angesichts der zunehmenden Angriffe auf ihre Truppen den Aufbau der irakischen Sicherheitskräfte beschleunigen. US-Zivilverwalter Paul Bremer sagte am Samstag in Bagdad, die vom US- Kongress gebilligten zusätzlichen Mittel für den Wiederaufbau im Irak würden es ermöglichen, 27 Bataillone (etwa 40 000 Mann) der neuen irakischen Armee in einem, anstatt wie bisher geplant zwei Jahren aufzustellen. Zugleich solle der politische Prozess, der die Annahme einer neuen Verfassung und Wahlen zum Ziel hat, beschleunigt werden. US-Präsident George W. Bush betonte in einer Rundfunkansprache, die USA seien entschlossen, im Irak zu bleiben und den Kampf zu gewinnen. Bush warnte aber davor, den Irak vorschnell zu verlassen. Dies "würde die Terroristen nur ermutigen und die Gefahren für Amerika vergrößern". Mit verstärkten Kontrollen reagierten das US-Militär und die irakische Polizei in Bagdad auf Gerüchte über geplante "Tage des Widerstandes". Anhänger der verbotenen Baath-Partei Saddam Husseins hatten zudem zu einem "Generalstreik" aufgerufen. Saddam Hussein selbst steckt nach Einschätzung von US-Außenminister Colin Powell nicht als Drahtzieher hinter den Anschlägen. Dafür gebe es keine Hinweise der Nachrichtendienste, sagte Powell im US-Sender ABC.