Alle Politik-Artikel vom 13. September 2003
Keine Einigung im Uno-Rat

Annan und Außenminister berieten in GenfKeine Einigung im Uno-Rat

Genf (rpo). Nach einem Treffen der Außenminister von Großbritannien, Frankreich, Russland und China mit US-Außenminister Colin Powell und UN-Generalsekretär Kofi Annan in Genf gibt es immer noch keine Einigung zu den unterschiedlichen Vorstellungen über die Rolle der internationalen Gemeinschaft in Irak. Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates haben sich am Samstag nach den Worten von US-Außenminister Colin Powell auf eine baldige Übergabe der Verwaltung in Irak an die irakische Bevölkerung geeinigt. Trotz der Annäherung in einigen Punkten gebe es aber immer noch Differenzen, erklärte Powell nach einem Treffen der Außenminister von Großbritannien, Frankreich, den USA, Russland und China mit UN-Generalsekretär Kofi Annan in Genf. Es gebe eine Basis, auf der kommende Woche in New York verhandelt werden könne, sagte Powell. Annan erklärte, alle teilten mit den Irakern die Hoffnung, die Macht sobald wie möglich in ihre Hände zu geben. Der britische Außenminister Jack Straw beschrieb die Gespräche als "sehr konstruktiv". Die fünf Außenminister bemühten sich um eine Einigung zu den unterschiedlichen Vorstellungen über die Rolle der internationalen Gemeinschaft in Irak. Dabei ging es insbesondere um den von den USA eingebrachten Entwurf einer neuen UN-Resolution. "Völlig unrealistisch"Im Anschluss an die Konferenz sei Powell nach Irak aufgebrochen, hieß es. Er wolle sich dort ein Bild vom Stand des Wiederaufbaus machen. Vor den Beratungen wies Powell Forderungen Frankreichs nach einer schnellen Machtübergabe als "völlig unrealistisch" zurück. Die Vereinten Nationen seien nicht in der Lage, die Verantwortung in Irak zu übernehmen. In einem Fernsehinterview erklärte Powell, die USA wollten die irakische Souveränität übertragen, sobald das Land dazu bereit sei. De Villepin hatte am Freitag einen Zeitplan vorgeschlagen, der die Bildung einer Übergangsregierung im kommenden Monat, die Erarbeitung eines Verfassungsentwurfs bis Ende des Jahres und Wahlen im nächsten Frühjahr vorsieht. Neben Frankreich haben auch Russland und Deutschland Änderungsvorschläge an dem Resolutionsentwurf eingebracht. Alle drei wollen, dass die Vereinten Nationen bei der Neuordnung Iraks eine weit stärkere Rolle erhalten. Der chinesische Außenminister Li Zhaoxing betonte, die derzeitigen Entwicklungen zeigten, dass die Angelegenheit besser im Rahmen der UN gelöst werde. Washington hofft mit der neuen Resolution auf mehr internationale Unterstützung in Irak. Das militärische und zivile Kommando soll jedoch weiter bei den USA liegen. USA entschuldigen sich für Tod irakischer Polizisten Nach tödlichen Schüssen auf irakische Polizisten in Falludscha haben sich die US-Streitkräfte bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt. Es habe sich um einen "unglücklichen Zwischenfall" gehandelt, hieß es in der Erklärung vom Freitagabend. Nach irakischen Angaben wurden insgesamt acht Polizisten irrtümlich erschossen. Sie wurden am Samstag beigesetzt. Ein Wachmann vor einem jordanischen Krankenhaus wurde nach Angaben eines Arztes ebenfalls getötet, und neun weitere Personen wurden verletzt. Die Schüsse fielen, als die irakischen Polizisten mutmaßliche Straßenräuber in Falludscha verfolgten. Offenbar hätten die amerikanischen Soldaten ein unmarkiertes Polizeifahrzeug mit einem Maschinengewehr auf dem Dach als Gefahr betrachtet, sagte ein Polizist.

Geschwächter Papst sinkt im Rollstuhl zusammen
Geschwächter Papst sinkt im Rollstuhl zusammen

150.000 Gläubige kommen nach RosenauGeschwächter Papst sinkt im Rollstuhl zusammen

Roznava/Slowakei (rpo). Mit rund 150.000 Gläubigen hat Papst Johannes Paul II. am Samstag in der Slowakei eine Messe gefeiert. Der schwer kranke 83-Jährige konnte jedoch nur eine kurze Begrüßung sprechen.Auch am dritten Tag seiner Slowakei-Reise sprach das Oberhaupt der katholischen Kirche jedoch nur eine kurze Begrüßung an die Gläubigen, die sich zu dem Gottesdienst unter freiem Himmel in Roznava (Rosenau) eingefunden hatten. Nachdem er beim Verlesen seiner Predigt den Faden verloren hatte, bat der Papst Kardinal Jozef Tomko, die Messe fortzuführen. Später las Johannes Paul mit zitternder Stimme Teile der Liturgie selbst. "Wir sehen alle, dass er schwach ist", sagte der slowakische Präsident Rudolf Schuster. "Aber für uns Slowaken tut er mit seiner Reise sehr viel." Bereits bei seiner Ankunft am Donnerstag wirkte Johannes Paul II. sehr geschwächt. Am Samstag sank er immer wieder in seinem Spezialrollstuhl zusammen. Siamesisches Zwillingspaar gesegnetDennoch fand er die Kraft, ein erfolgreich getrenntes siamesisches Zwillingspaar mit erhobener Hand zu segnen. Die heute Dreijährigen waren am Bauch zusammengewachsen und wurden im Jahr 2000 getrennt, heute führen sie nach Aussage der Eltern ein weitgehend normales Leben. Sie wurden dem Pontifex vorgestellt, um die ablehnende Haltung der Kirche gegenüber Abtreibungen auszudrücken. Höhepunkt der viertägigen Papstreise, seiner 102. Reise ins Ausland, ist eine Messe am Sonntag. Dabei will der Pontifex einen Bischof und eine Nonne selig sprechen, die in den 50er Jahren vom kommunistischen Regime inhaftiert und gefoltert wurden.

Israel: "Arafat ist ein Ober-Terrorist"

Sympathisanten kamen zum HauptquartierIsrael: "Arafat ist ein Ober-Terrorist"

Jerusalem/Ramallah (rpo). Die weltweite Kritik an dem Plan zur Ausweisung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat Israel schroff zurückgewiesen. "Arafat ist ein Ober-Terrorist", hieß es aus Kreisen um Ministerpräsident Ariel Scharon. "Bei allem Respekt, Arafat ist ein Ober- Terrorist, und Israel wird sein Recht auf Selbstverteidigung nicht aufgeben", zitierte die Tageszeitung "Haaretz" am Samstag Kreise um Ministerpräsident Ariel Scharon. Die "grundsätzliche" Entscheidung der Regierung für eine Zwangsausweisung Arafats war am Freitag auf weltweite Ablehnung gestoßen. Auch der Weltsicherheitsrat hatte die Regierung in Jerusalem vor diesem Schritt gewarnt. Unterdessen forderte Arafat die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Israel auszuüben, die Pläne gegen ihn fallen zu lassen. Bei einem Gespräch mit ausländischen Gesandten aus Anlass des 10. Jahrestags der Unterzeichnung der Verträge von Oslo sagte Arafat, Israel sei entschlossen, die Palästinensische Autonomiebehörde "auszuschalten". Auch am Samstag kamen wieder Hunderte Sympathisanten zu Arafats halb zerstörten Hauptquartier, um ihre Solidarität mit ihrem Präsidenten auszudrücken. Dabei bekräftigte er in kurzen Ansprachen, dass er sich nicht von Israel aus dem Land vertreiben lassen werde. Der designierte palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia setzte am Samstag seine Bemühungen um die Bildung einer neuen Regierung fort. Angesichts der Weigerung des Polizeigenerals Nasser Jussef, das Innenministerium zu übernehmen, dürfte die Regierungsbildung möglicherweise noch mehrere Wochen dauern. Kureia hat drei Wochen Zeit zur Vorstellung seines Kabinetts. Er kann danach um eine zweiwöchige Verlängerung der Frist bitten. Die von ihm ursprünglich geplante Bildung einer Notstandsregierung mit nur acht Ministern war am Donnerstag von palästinensischen Parlamentariern und Vertretern der Fatah-Fraktion Arafats abgelehnt worden. Gewalt geht weiterInzwischen ging die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern im Westjordanland weiter. Bei einer Schießerei zwischen Soldaten und militanten Palästinensern wurde in der Altstadt von Nablus am Samstagmorgen ein 85-jähriger Mann getötet. Nach palästinensischen Angaben wollte er dem Gefecht offenbar vom Fenster aus zusehen, als er von der Salve einer Maschinenwaffe getroffen wurde. Die Armee war am Morgen mit zahlreichen Fahrzeugen in die Stadt eingedrungen, wurde dort jedoch von bewaffneten Palästinensern konfrontiert. In der Nacht zum Samstag verhinderten israelische Grenzpolizisten einen neuen Selbstmordanschlag, als sie in einem Haus in dem arabischen Dorf El Asaria bei Jerusalem drei Sprengstoffgürtel mit insgesamt 20 Kilogramm Sprengstoff entdeckten. Gürtel dieser Art werden gewöhnlich von palästinensischen Selbstmordattentätern benutzt.

Zwanzig Tote bei blutigen Überfällen in Kaschmir

Früherer Abgeordneter getötetZwanzig Tote bei blutigen Überfällen in Kaschmir

Srinagar/Islamabad (rpo). Eine Welle der Gewalt hat am Samstag den indisch kontrollierten Teil Kaschmirs überzogen. Attentat, Bombenanschlag und Feuergefecht forderten mindestens 20 Menschenleben. 37 weitere wurden verletzt.Der ehemaliger Rebellenführer Kuka Parrey, der später auf der Seite der Regierung an führender Stelle gegen die Separatisten kämpfte, wurde von mutmaßlichen islamischen Extremisten auf dem Heimweg von einem Cricketspiel mit einer Granate angegriffen und beschossen. Neben Kuka wurden vier weiterte Personen bei der Bluttat getötet und 20 weitere verletzt. Bei der Explosion an einer dicht befahrenen Bundesstraße bei Bijbehara 50 Kilometer südlich von Srinagar kamen drei Personen ums Leben und elf weitere wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Zuvor hatten Extremisten einen Militärstützpunkt im Bezirk Kupwara angegriffen und mindestens vier Soldaten getötet, auch einer der Angreifer kam ums Leben. Sechs weitere Soldaten wurden nach Polizeiangaben verletzt. Die Streitkräfte sperrten das Gebiet um den Stützpunkt rund 120 Kilometer nördlich von Srinagar ab und nahmen die Suche nach den geflüchteten Angreifern auf. Einem weiteren Schusswechsel an der Grenze zum pakistanischen Teil Kaschmirs vielen vier mutmaßliche Extremisten zum Opfer. Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf forderte unterdessen Indien zu Gesprächen "ohne jede Verzögerung" auf. In der Zeitung "The News" vom Samstag warf er der Regierung in Neu-Delhi vor, Verhandlungen aus dem Weg zu gehen. "Der Ball ist im indischen Feld, und es liegt nun an ihnen (den Indern), sich an den Tisch zu setzen, um alle offenen Fragen einschließlich des Kernproblems Kaschmir zu lösen", erklärte Musharraf. Der indische Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee hatte im vergangenen Monat erklärt, Gespräche könnten nur aufgenommen werden, wenn Pakistan die Infiltrierung muslimischer Extremisten nach Indien verhindere. Die pakistanische Regierung hat Vorwürfe, sie unterstütze die Extremistengruppen, wiederholt zurückgewiesen. Im indischen Teil der Himalaya-Region Kaschmir kämpfen zahlreiche muslimische Rebellengruppen seit rund 14 Jahren für die Unabhängigkeit oder den Anschluss an Pakistan. Bislang kamen bei den Auseinandersetzungen mehr als 63.000 Menschen ums Leben. Indien und Pakistan haben seit ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien vor einem halben Jahrhundert zwei Kriege um das zwischen ihnen geteilte Kaschmir geführt.

Außenminister der Veto-Mächte beginnen Gespräche in Genf

Meinungsunterschiede zwischen USA und FrankreichAußenminister der Veto-Mächte beginnen Gespräche in Genf

Genf (rpo). Am Samstag haben die fünf Außenminister der Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat in Genf ihre Gespräche über die politische Zukunft des Iraks begonnen. An dem Treffen nimmt auch UN-Generalsekretär Kofi Annan teil. Der britische Außenminister Jack Straw sagte vor Beginn, alle Seiten wollten so schnell wie möglich eine repräsentative irakische Regierung sehen, die in der Lage sei, die volle Souveränität auszuüben. Bei den Gesprächen von Colin Powell (USA), Dominique de Villepin (Frankreich), Igor Iwanow (Russland) und Li Zhaoxing (China) geht es um die Vorbereitung einer neuen Resolution der Vereinten Nationen zum Irak. Nach Angaben von Annan wird darüber diskutiert, wie die vollständige Souveränität des Iraks wieder hergestellt wird und wie die Rolle der Vereinten Nationen in diesem Prozess definiert wird. Darüber hinaus geht es um einen besseren Schutz der humanitären Helfer im Irak. Bereits im Vorfeld der Gespräche waren die Meinungsunterschiede zwischen den USA und Frankreich aufgeflammt. Powell nannte die Ideen von Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin zur raschen Übergabe der Regierungsverantwortung an die Iraker unrealistisch.

USA erklären Militäraktion in Afghanistan für beendet

Karsai ordnet Untersuchungen zu Vorwurf der Landnahme anUSA erklären Militäraktion in Afghanistan für beendet

Kabul (rpo). Die USA haben eine Militäraktion gegen El-Kaida- und Taliban-Mitglieder im Südosten Afghanistans am Samstag für erfolgreich abgeschlossen erklärt.Im Verlauf der am 20. Juli begonnenen "Operation Warrior Sweep" seien mehrere Tonnen Sprengstoff und geheime Höhlen entdeckt worden, erklärte US-Militärsprecher Oberst Rodney Davis in Bagram. Die Aktion habe sich auf ein Gebiet zwischen den Städten Chost und Gardes im Südosten Afghanistans, die Schai-Kowt-Berge und das Gajan-Tal erstreckt. Daran seien Soldaten der USA, Italiens und Rumäniens sowie afghanische Militärangehörige beteiligt gewesen. Experten hätten mehr als 30.000 Kilogramm Sprengstoff zerstört. Noch verwendbare Munition sei der afghanischen Armee übergeben worden. An der Straße von Chost nach Gardes sei ein mit sechs Tunneln verbundener Höhlenkomplex entdeckt worden. Auch dort seien rund 18.000 Kilogramm Kampfmittel zerstört worden. Vorwürfe der UN werden untersuchtDer afghanische Präsident Hamid Karsai ordnete unterdessen Untersuchungen zu Vorwürfen der UN an, wonach Kabinettsmitglieder und andere Regierungsbeamte armen Menschen Land weggenommen haben sollen, um sich darauf Häuser zu bauen. Karsais Sprecher Jawid Luddin sagte, zwar scheine die Aktion legal vonstatten gegangen zu sein, doch habe Karsai sein Kabinett zu Zurückhaltung aufgefordert, um die soziale Gerechtigkeit zu wahren. Die Ministerien für Inneres und Stadtplanung sollten in einer Woche über das Ergebnis der Ermittlungen Bericht erstatten. In der vergangenen Woche hatten hunderte Polizisten unter Führung des Polizeichefs von Kabul mit Bulldozern und Lastwagen die Häuser von mehr als 250 Armen im gehobenen Wohnviertel Wasir Akbar Chan zerstört. Die Habseligkeiten der Menschen befanden sich noch in den Häusern. Ein UN-Sprecher sagte am Donnerstag, zwar scheine das Land dem Verteidigungsministerium zu gehören, doch hätten viele der betroffenen Familien dort zum Teil seit 30 Jahren gewohnt. Die unabhängige Menschenrechtskommission in Afghanistan nannte am Samstag mehr als 30 Beamte, die an der Landbesetzung beteiligt gewesen sein sollen, darunter die Minister für Verteidigung, Bildung, Energieversorgung und städtische Angelegenheiten.

Rau plädiert für Freiheit und Rechtsstaat in China

Kritik am Stand der Menschenrechte sei keine EinmischungRau plädiert für Freiheit und Rechtsstaat in China

Nanjing (rpo). Bundespräsident Johannes Rau hat China am Samstag in einer auffällig deutlichen Rede zu "Reformen für mehr Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Demokratie" ermutigt. Bei seinem Staatsbesuch in China sagte Rau an der Universität von Nanjing in Ostchina, Kritik am Stand der Menschenrechte sei "keine Einmischung" in innere Angelegenheiten. Er bot China deutsche Hilfe beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen an. Die Universität, die zu den drei besten der Volksrepublik gehört, verlieh Rau die Ehrendoktorwürde. Der Bundespräsident verwies in seiner Rede vor etwa 1000 Studenten auf die Unterzeichnung der beiden UN-Menschenrechtspakte über die wirtschaftlichen und sozialen sowie die politischen Rechte. Dem liege die "weise" Erkenntnis zu Grunde, "dass ein Riesenland wie China nicht dauerhaft mit einer autoritären Politik gut regiert werden kann". Rau nahm immer wieder auf den chinesischen Philosophen Konfuzius Bezug und erinnerte daran, dass selbst die chinesische Verfassung Rede- und Pressefreiheit, die Versammlungs- und Koalitionsfreiheit sowie die Religionsfreiheit festschreibe. Doch seien diese Rechte eingeschränkt. So sei verboten, das sozialistische System zu schädigen oder Interessen des Staates zu beeinträchtigen. Die Inhalte der Freiheitsrechte müssten "genauer umgrenzt" werden. In einer Diskussion mit Studenten widersprach Rau dem häufig auch von Chinas Führung geäußerten Argument, dass das Recht auf Nahrung und Wohnung Vorrang vor Presse- und Meinungsfreiheit habe. Rechte könnten "nicht ausgetauscht werden gegen übrige Freiheitsrechte", sagte Rau. Ein solches Gegenüber "kann ich nicht anerkennen". Deutschland und China hätten vereinbart, ihren Rechtsdialog um "wichtige und sensible Fragen" wie die Menschenrechte" zu erweitern, sagte Rau in seiner Rede. Rechtsstaat und Menschenrechte seien unmittelbar miteinander verbunden. "Deshalb werden wir immer die Stimme erheben, wenn wir der Meinung sind, dass einzelne Personen oder Minderheiten nicht so behandelt würden, wie es unserem Verständnis von Rechtsstaat und Menschenrechten entspricht." Das schließe die Pflege fester wirtschaftlicher Beziehungen nicht aus. Menschenrechte seien kein spezifisch "westliches Anliegen". Bei allem Verständnis für Traditionen eines anderen Landes müssten Menschenrechte weltweit gelten. Bei fundamentalen Rechten der Person wie Leben und Freiheit, Schutz vor Folter, vor willkürlichem Freiheitsentzug und vor Diskriminierung "kann es keine Kompromisse und kein Relativieren geben", sagte Rau. Der Bundespräsident besuchte an der Universität das 1988 gegründete deutsch-chinesische Institut für Rechtswissenschaft, das sich nach dem Wirtschaftsrecht auch anderen Rechtsgebieten wie dem Verwaltungsrecht zuwendet. Bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde hob der Rektor der Universität, Jiang Shusheng, die Partnerschaft zur Universität Göttingen und die Beziehungen zu Deutschland hervor. Er erinnerte an den deutschen Geschäftsmann John Rabe, der während des Massakers von Nanjing 1937 durch die kaiserlichen japanischen Invasionstruppen Tausende von Menschen vor dem Tode bewahrt hatte. Während mehr als 200 000 Menschen getötet wurden, schuf der damalige Siemens-Repräsentant mit anderen Ausländern eine internationale Schutzzone, in der 250 000 Menschen Zuflucht fanden. Rabe "hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, um das anderer zu retten", sagte der Bundespräsident. Mit Blick auf dessen Funktion als Gruppenführer der Nazis meinte Rau, "das Parteibuch hat nicht das Gewissen ersetzt. Vor seinem Weiterflug nach Nanjing stand noch ein Besuch an der Gedenkstätte Rabes in Nanjing auf dem Programm.

Neonazis hatten auch griechische Schule im Visier

Sprengstoff am Arbeitsplatz eines Verdächtigen gefundenNeonazis hatten auch griechische Schule im Visier

München (rpo). Die mutmaßlichen Rechtsterroristen von München hatten es nicht nur jüdische Einrichtungen abgesehen. Auch Moscheen und eine griechische Schule waren im Visier der Neonazis, wie die Nachrichtenmagazine "Focus" und "Der Spiegel" am berichteten. Aus abgehörten Telefonaten habe die Polizei zudem erfahren, dass die Gruppe um den Rechtsextremisten Martin Wiese tatsächlich überlegt habe, einen Sprengsatz am 9. November während der feierlichen Grundsteinlegung für das jüdische Gemeindezentrum in München zu zünden. Die Anschlagliste entdeckten die Fahnder in der Wohnung Wieses. Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke-Katrin Scheuten, wollte zu den Berichten aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben machen. Den Magazinen zufolge erzielten die Beamten den entscheidenden Fahndungserfolg in der letzten Augustwoche. Auf dem Dachboden am Arbeitsplatz des zweiten Hauptverdächtigen, des 27-jährigen Alexander M., in einer Schreinerei fand die Polizei eine Reisetasche mit explosivem Inhalt: 1,7 Kilogramm TNT, eine scharfe Handgranate und weitere 12,3 Kilogramm sprengstoffverdächtiges Material. In den Wohnungen zweier weiterer Beschuldigter aus Brandenburg seien zudem mehrere intakte Sprengstoffzünder entdeckt worden. Bei den Vorbereitungen zu einem Anschlag auf den Bauplatz für das neue jüdische Gemeindezentrum hatten die Neonazis laut "Focus" zumindest zeitweise geplant, einen Sprengsatz in einem Haus am Jakobsplatz zu verstecken. Unklar ist aber offenbar noch, ob die Bombe genau zur Feierstunde oder schon in der Nacht davor explodieren sollte. Den mutmaßlichen Terroristen sei offenbar klar gewesen, dass die Baustelle wegen der erwarteten hochrangigen Politiker schon Tage vor dem Festakt streng bewacht werden würde. Diese scharfe Sicherheitslage sei möglicherweise der Grund dafür gewesen, dass sich die Rechtsextremisten nach alternativen Anschlagzielen umgeschaut hätten. An der Feier zur Grundsteinlegung am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, sollen neben Bundespräsident Johannes Rau der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, CSU-Chef Stoiber und zahlreiche andere Prominente teilnehmen. Mehrere hundert Gäste werden erwartet. Rau zeigte sich in einem Interview der "Bild"-Zeitung (Samstagausgabe) bestürzt über die Attentatspläne und rief dazu auf, im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht nachzulassen. Es sei bestürzend zu sehen, "wie viel Hass und Menschenverachtung es in diesem Milieu gibt".

Verteidigungsminister soll Abschuss befehlen dürfen

Bei Terrorangriffen aus der LuftVerteidigungsminister soll Abschuss befehlen dürfen

Hamburg (rpo). Zukünftig soll das Verteidigungsministerium im Notfall auch im Alleingang den Abschuss von Flugzeugen befehlen dürfen, mit denen Terroranschläge verübt werden sollen, wie die "Financial Times Deutschland" berichtet.Sprecher von Verteidigungs- und Innenministerium bestätigten am Samstag der AP, dass der Entwurf in Kürze vom Kabinett beschlossen werden solle. Es handle sich um einen umfassendes Paket, das sich eben auch mit den Terrorgefahren befassen. Inhaltlich werde zu den Plänen aber vorerst nichts mitgeteilt. Dem Zeitungsbericht zufolge soll der Verteidigungsminister zwar in Absprache mit dem Innenministerium und den betroffenen Ländern über einen Einsatz der Luftwaffe gegen terroristische Gefahren entscheiden. Doch werde mit Blick auf "die zu erwartenden äußerst kurzen Zeitläufe" im Begleittext des Entwurfs darauf hingewiesen, dass es sich dabei nur um das Bemühen um Einverständnis handeln könne. Im Notfall könnten Bundesinnenminister und betroffene Landesregierungen erst nach einem Einsatzbefehl informiert werden. Laut den Zeitungsinformationen darf der Verteidigungsminister erst handeln, wenn ein Flugzeug vom normalen Flugbetrieb abweicht und dies einen "besonders schweren Unglücksfall" absehen lässt. Genannt werden dem Entwurf zufolge nicht nur "Flugzeuge als Angriffswaffe, sondern auch Ballons, Raketen oder sonstige Flugkörper", die zum Angriff auf Hochhäuser, Industrieanlagen oder Atomkraftwerke verwendet werden sollen. Es solle sichergestellt werden, dass nicht schon jeder Luftzwischenfall den Einsatz der Streitkräfte erlaube. Im Falle eines Einsatzes soll die Luftwaffe dem Bericht zufolge versuchen, das Flugzeug vom Kurs abzudrängen und mit der Androhung von Waffengewalt oder mit Warnschüssen zur Landung zu zwingen. Sollte diese Maßnahme keinen Erfolg zeigen, könne der Verteidigungsminister anordnen, mit Waffengewalt auf das Flugzeug einzuwirken. Vor dieser Entscheidung müsse er sich aber über die Verhältnismäßigkeit im Klaren sein: Der Abschuss müsse "das einzige und letzte Mittel zur Abwehr einer schwerwiegenden Gefahr für das Leben einer Vielzahl von Menschen" sein, zitiert die Zeitung aus dem Referentenentwurf.

SPD-Spitze plant Sozial-Einschnitte

Union für Eltern-BonusSPD-Spitze plant Sozial-Einschnitte

Berlin (rpo). Die SPD-Führung will wesentliche Teile der Rürup-Vorschläge umsetzen und damit weitere einschneidende Reformen in den Sozialsystemen durchführen.Das geht aus einem vertraulichen Entwurf der SPD-Spitze für den Leitantrag zum SPD-Parteitag im November hervor. Das Papier sieht unter anderem die schrittweise Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre sowie die stufenweise Umwandlung der Krankenversicherung in eine Bürgerversicherung vor, bestätigten Koalitionskreise am Samstag einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Die Union fordert im Rentensystem weiter eine Besserstellung von Eltern. Der Entwurf der SPD-Spitze zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie zum Steuersystem ist laut "Spiegel" unter Federführung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Finanzminister Hans Eichel, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und SPD- Generalsekretär Olaf Scholz entstanden. Er soll dem Vernehmen nach an diesem Montag endgültig abgestimmt werden. Das Rentenalter soll dem Entwurf zufolge bis zum Jahr 2035 stufenweise von heute 65 Jahren auf 67 Jahre steigen. Gleichzeitig soll der Vorruhestand erschwert und die private Riester-Rente vereinfacht werden. Geplant ist auch die Einführung eines "Nachhaltigkeitsfaktors". Bei der Pflegeversicherung sollen Rentner vom Jahr 2010 an einen zusätzlichen Solidarbeitrag zahlen. Mit diesem "intergenerativen Lastenausgleich" soll der Aufbau eines Kapitalstocks finanziert werden, der später den Beitragssatz zur Versicherung stabilisieren soll. Damit werden wesentliche Vorschläge der von Rot-Grün eingesetzten Rürup-Kommission übernommen. Auch Kinderlosen drohen höhere Beiträge zur Pflegeversicherung. Von ihnen soll künftig ein zusätzlicher Pauschalbeitrag erhoben werden. Laut dem Magazin "Focus" prüft das Sozialministerium, ob "Nicht-Kinder-Erziehende" zwei Euro pro Monat zusätzlich zahlen sollen. Bisher zahlen alle Arbeitnehmer 0,85 Prozent ihres beitragspflichtigen Einkommens an die Pflegekasse. Das Krankenversicherungssystem soll laut SPD-Entwurf stufenweise in eine Bürgerversicherung" umgewandelt werden. Eine Einheitskasse wird abgelehnt, gesetzliche und private Kassen sollen weiter nebeneinander existieren. "Hoch umstritten" ist dem Vernehmen nach, ob und wie Privatkassen in das bestehende Ausgleichsverfahren der gesetzlichen Kassen einbezogen werden könnten. In der Finanzpolitik sieht der Antragsentwurf laut "Spiegel" eine Verschärfung der Besteuerung von privaten Veräußerungsgewinnen bei Wertpapieren und Immobilien vor. Dazu sollen die bisherigen Spekulationsfristen, nach denen Gewinne steuerfrei sind, abgeschafft werden. Außerdem soll die Erbschaftsteuer neu geregelt werden. Großvermögen sollen stärker belastet werden. Die von der CDU und CSU beauftragte Reformkommission unter Führung von Alt-Bundespräsident Roman Herzog hat sich nach Angaben der "Berliner Zeitung" (Samstag) darauf verständigt, dass Eltern künftig weniger eigene Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen als Singles. Nach dem Modell soll der Staat für einige Jahre an Stelle der Eltern aus Steuermitteln einen Durchschnittsbeitrag in die Rentenkasse einzahlen. Unklar seien die Kosten und die Finanzierung dieses Vorhabens. Aus Sicht des Arbeitnehmerflügels der Union findet die Forderung nach einer Mindestrente in der Herzog-Kommission mehr Zuspruch. Diese gesetzliche Mindestabsicherung müsse aber deutlich über dem Sozialhilfeniveau liegen, sagte der Chef der CDU-Sozialausschüsse Hermann-Josef Arentz der "Freien Presse" (Chemnitz).

Schily kritisiert Anti-Terror-Kampf der USA

Minister sieht internationales Recht in Frage gestelltSchily kritisiert Anti-Terror-Kampf der USA

Hamburg (rpo). Nach Ansicht von Bundesinnenminister Otto Schily stellt die USA mit ihrer Anti-Terror-Strategie elementare Grundsätze des internationalen Rechts in Frage.Als Beispiel nannte der SPD-Politiker in einem am Samstag veröffentlichten "Spiegel"-Interview die Praxis der Amerikaner, Verdächtige ohne Gerichtsverhandlung aus dem Verkehr zu ziehen. Es könne nicht sein, dass Gefangene etwa auf dem kubanischen US-Stützpunkt Guantanamo Bay ohne Gerichtsverhandlung und anwaltliche Vertretung festgehalten würden. Schily stellte sich damit auch gegen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der jüngst erklärt hatte, die USA hätten kein Interesse daran, die auf Guantanamo inhaftierten 660 Terrorverdächtigen vor Gericht zu stellen. Die Amerikaner hätten bei ihrem Vorgehen grundsätzliche Fragen nicht geklärt, kritisierte Schily. Er hoffe aber, dass der Denkprozess in den USA zu vernünftigen und rechtsstaatlich vertretbaren Lösungen führe. Der Minister kündigte zugleich eine härtere Gangart bei der Verfolgung von Geldgebern terroristischer Vereinigungen an. Sollte die Bundesregierung mit ihrem Verbot des Vereins Al-Aqsa scheitern, wolle er das Recht so ändern, dass Vereine künftig selbst nachweisen müssten, dass mit Spenden keine terroristischen Vereinigungen unterstützt würden. Er halte in diesen Fällen eine Beweislastumkehr für legitim und geboten. Der SPD-Politiker will nach eigenen Angaben demnächst mit der Türkei erneut über die Abschiebung des so genannten Kalifen von Köln, Metin Kaplan, in die Türkei beraten. Er wolle sich verbindlich versichern lassen, dass keine unter Folter erlangten Aussagen gegen Kaplan verwandt würden. Sollte es nicht gelingen, den Islamisten abzuschieben, könnte der Fall "zu einem Symbol für die Schwäche unseres Staates werden", warnte Schily: "Wenn es uns nicht gelingt, diese Person außer Landes zu bringen, ist es mit der wehrhaften Demokratie nicht weit her. Was sollen wir uns eigentlich noch alles bieten lassen?"

Lindh-Mord: Boulevardblätter zeigen Fotos
Lindh-Mord: Boulevardblätter zeigen Fotos

Polizei nennt Veröffentlichung "unglücklich"Lindh-Mord: Boulevardblätter zeigen Fotos

Stockholm (rpo). Schwedische Boulevardzeitungen haben am Samstag mehrere Fotos des mutmaßlichen Mörders von Außenminister Anna Lindh veröffentlicht. Doch das war gar nicht im Sinne der schwedischen Polizei.Nach dem Mord an der schwedischen Außenministerin Anna Lindh haben zwei schwedische Boulevardzeitungen am Samstag Fotos eines Mannes veröffentlicht, nach dem die Polizei sucht. Zudem bestätigte die Polizei, bei dem am Tatort gefundenen Messer handele es sich um die Mordwaffe. Es hätten sich jedoch keine Fingerabdrücke auf dem Messer befunden. Die abgedruckten Fotos sollen aus einer Überwachungskamera stammen. Ein Polizeisprecher bestätigte ihre Echtheit. Polizeisprecher Leif Jennekvist sagte, es könne sich bei dem Mann sowohl um den Täter als auch um einen Zeugen handeln. Die Veröffentlichung sei bedauerlich, weil sie zu falschen Zeugenaussagen führen könnte. Die in den Zeitungen "Aftonbladet" und "Expressen" erschienenen Aufnahmen zeigen einen Mann mit blauer Kappe und grauem Pullover mit hochgerollten Ärmeln. Das Gesicht des Mannes wurde unkenntlich gemacht, nach Polizeiangaben hatte er eine von Akne zerfurchte Haut.Bänder beschlagnahmt Die Polizei hatte in dem Kaufhaus, in dem Lindh am Mittwoch niedergestochen worden war, Bänder aus Überwachungskameras beschlagnahmt. Es handelt sich nach offiziellen Angaben um Aufnahmen aus einer anderen Etage des Kaufhauses. Der Angriff selbst wurde nicht gefilmt. Der Chefredakteur des "Expressen", Thomas Mattsson, erklärte, die Bilder seien veröffentlicht worden, da sie von öffentlichem Interesse seien. Er sei sich sicher, dass die Fotos einen möglichen Verdächtigen zeigen, sagte Mattsson. Woher die Bilder stammen, sagte er nicht. Fast vier Tage nach dem Attentat stieg in Schweden am Samstag die Ungeduld, weil der Täter noch flüchtig war. Olof Egerstedt, Leiter der forensischen Untersuchungen, sagte, mit dem vom Täter in dem Kaufhaus hinterlassenen Messer sei Anna Lindh niedergestochen worden. Auf dem gewöhnlichen Handwerkermesser hätten sich jedoch keine Fingerabdrücke befunden. Briefe und E-Mails untersuchtErmittler untersuchten zudem Briefe und E-Mails, die Lindh vor ihrem Tod erhielt. Die Politikerin sei wegen ihrer Unterstützung der Euro-Einführung scharf angegriffen worden, von Morddrohungen sei jedoch nicht die Rede gewesen, erklärte eine Sprecherin des Außenministeriums. Der Vorsitzende der Christdemokraten, Alf Svensson, ebenfalls ein Befürworter der Gemeinschaftswährung, sagte am Samstag, er habe selbst im Zusammenhang mit dem Referendum mehrere Drohbriefe erhalten. Lindh war beim Einkaufen in einem Stockholmer Kaufhaus überfallen worden und erlitt schwere Stichverletzungen. Trotz stundenlanger Bemühungen der Ärzte, die Politikerin zu retten, erlag die 46-Jährige in der Nacht zum Donnerstag den Verletzungen.

FDP gibt Berlin Mitschuld an schwedischer Euro-Skepsis

Die Skepsis der Schweden sei eine "deutliche Quittung"FDP gibt Berlin Mitschuld an schwedischer Euro-Skepsis

Reutlingen (rpo). Die FDP macht die Bundesregierung in Berlin für die drohende Ablehnung des Euros bei der anstehenden Volksabstimmung in Schweden mitverantwortlich. "Die Skepsis der Schweden gegenüber dem Euro ist eine deutliche Quittung für die Politik der deutschen Bundesregierung", sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle dem "Reutlinger General-Anzeiger" (Samstagausgabe). Die Volksabstimmung am Sonntag in Schweden über die Euro-Einführung steht im Schatten der Ermordung von Außenministerin Anna Lindh, die als Befürworterin der gemeinsamen europäischen Währung hervorgetreten war. "Grün-Rot beschädigt durch seine desaströse Wirtschafts- und Finanzpolitik das Vertrauen in die europäische Gemeinschaftswährung", sagte Brüderle nach der Zeitungsmeldung. Bundeskanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Hans Eichel und die anderen Verantwortlichen von Rot-Grün kümmerten sich immer weniger um den Geist des Europäischen Wachstums- und Stabilitätspakts. "Das Drei-Prozent-Kriterium des Maastricht-Vertrages spielt für die Bundesregierung schon lange keine Rolle mehr", wird Brüderle von der Zeitung zitiert.

Lafontaine hält Fusion von SPD und PDS für möglich

Nach dem Vorbild von CDU und CSULafontaine hält Fusion von SPD und PDS für möglich

Berlin (rpo). Oskar Lafontaine hält eine Fusion seiner Partei mit der PDS für möglich. Die PDS sei reif dafür. Dabei solle nach dem Vorbild der bayerischen CSU eine ostdeutsche SPD entstehen, so Lafontaine gegenüber der "Welt am Sonntag".Aus der SPD Thüringen kam prompt ein klares Nein zum Vorstoß des saarländischen Sozialdemokraten. Nach der Vorstellung Lafontaines könnte die neue Partei im Bündnis mit der West-SPD mit eigenem Profil die Interessen der neuen Bundesländer besser vertreten. Und so, wie die CSU im Vergleich zur CDU etwas mehr rechts verankert sei, "stünde die Ost-SPD links von ihrer Schwesterpartei", sagte der 1999 als SPD-Chef und Bundesfinanzminister zurückgetretene Lafontaine. Er bescheinigte der PDS, "längst in der westlichen Demokratie, in der Bundesrepublik, angekommen" zu sein. Der von PDS-Chef Lothar Bisky vorgestellte Programmentwurf zeige in aller Klarheit: "Eine kommunistische Partei ist die PDS nicht mehr." Lafontaine fügte hinzu, er empfinde es als "wohltuend, dass die PDS nicht gedankenlos die hohlen neoliberalen Phrasen nachplappert". Der Thüringer SPD-Landesvorsitzende Christoph Matschie nannte den Vorschlag einer Fusion mit der PDS am Samstag im Mitteldeutschen Rundfunk absurd. Wörtlich sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium: "Lafontaine hat nicht mehr alle Tassen im Schrank". Schließlich sei die PDS ja dabei, in die politische Bedeutungslosigkeit zu versinken. Auch eine Koalition von SPD und PDS nach der Thüringer Landtagswahl 2004 kommt nach Matschies Worten aus heutiger Sicht nicht in Frage. Der Fraktionschef der PDS im Erfurter Landtag, Bodo Ramelow, wies den Vorschlag ebenfalls zurück und sagte, Lafontaine könne aber gerne in der PDS mitarbeiten. Mit Seitenhieb auf die von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführte eigene Partei räumte aber auch der frühere SPD-Vorsitzende ein, die Träume von einer vereinigten linken Volkspartei in Deutschland stießen mit der Agenda 2010 auf ein entscheidendes Hindernis. "Die Regierungserklärung zur Rechtfertigung sozialer Kürzungen, Agenda 2010 genannt, die der Bundeskanzler und SPD-Vorsitzende im Bundestag abgegeben hat, diese Wegweisung wäre wortgleich und mit noch glühenderer Überzeugung und genauso vom FDP-Vorsitzenden Westerwelle vorgetragen worden", kritisierte Lafontaine. So werde die Agenda ja auch von den Liberalen und den Wirtschaftsverbänden gebührend gefeiert.

Regierung will Spritschlucker stärker besteuern

Erste Modelle werden bereits geprüftRegierung will Spritschlucker stärker besteuern

Berlin (rpo). Mit einem deutlichen Anstieg der Kraftfahrzeugsteuer müssen mittelfristig alle Besitzer von Autos mit hohem Benzinverbrauch und C02-Ausstoss rechnen. Geringverbraucher sollen hingegen entlastet werden.Die Bundesregierung arbeite an einer Novelle des Kraftfahrzeugsteuer-Gesetzes, bestätigte der Grünen- Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann der "Welt am Sonntag". "Ziel ist es die Höhe der Steuer künftig vom Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) abhängig machen", erläuterte Hermann. Im Bundesumweltministerium würden bereits erste entsprechende Modelle für eine Neuberechnung der Kfz-Steuer geprüft. Je mehr Kraftstoff ein Wagen verbrauche, desto höher sei der CO2- Ausstoß, erläuterte der umweltpolitische Sprecher der Grünen- Fraktion. Fahrzeuge mit geringem Verbrauch und niedrigem CO2-Ausstoß würden steuerlich begünstigt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagte dem Blatt: "Der CO2-Ausstoß ist ein übergreifendes Problem, dem sich alle Fahrzeuge zu stellen haben. Deswegen haben wir vereinbart, die Kfz-Steuer gemeinsam mit den Ländern aufkommensneutral ökologisch weiterzuentwickeln und dabei den CO2-Ausstoß als Bemessungsgrundlage zu nehmen. Dringlicher aber ist es zunächst, Dieselfahrzeuge von Ruß und Stickoxiden zu befreien."

Hundt will maximal zwölf Monate Arbeitslosengeld

Übergangsfrist für neue Regelung sei zu langHundt will maximal zwölf Monate Arbeitslosengeld

Berlin (rpo). Mit deutlichen Worten hat sich Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt für eine rigorose Befristung des Arbeitslosengeldes auf maximal zwölf Monate ausgesprochen. Das Vorhaben der Bundesregierung geht ihm nicht weit genug."Der Vorschlag der Bundesregierung, die Höchstdauer von 18 Monaten einzuführen, greift zu kurz. Stattdessen muss bei der anstehenden Arbeitsmarktreform die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes ohne Ausnahme auf 12 Monate zurückgeführt werden", sagte Hundt in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er erteilte der Forderung des DGB eine Absage, für Arbeitgeber eine verschärfte Erstattungspflicht an die Bundesanstalt für Arbeit einzuführen, wenn sie Beschäftigte wenige Jahre vor der Rente in die Arbeitslosigkeit entlassen. Dies sei "ein Scheingefecht, das von den eigentlichen Problemen am Arbeitsmarkt ablenkt", sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Ältere Arbeitnehmer werden seiner Meinung nach nicht mit einer verschärften Erstattungspflicht im Berufsleben gehalten, sondern "mit dem Abbau überlanger Bezugszeiten des Arbeitslosengeldes". Hundt sagte, der "Kardinalfehler" auf diesem Feld sei bereits 1985 begangen worden. Damals wurde die maximale Bezugsdauer von Arbeitslosengeld auf mehr als 12 Monate angehoben. Über 57-Jährige erhalten die Unterstützung derzeit noch bis zu 32 Monate. Auch die aktuell geplante Übergangsfrist von zwei Jahren für die Neuregelung sei zu lang. "Sie stellt eine Einladung an viele ältere Arbeitnehmer dar, vom überlangen Arbeitslosengeld mit dem Ziel der Rente Gebrauch zu machen." Er plädiere für eine Übergangsfrist von lediglich einem Jahr, "damit der arbeitsmarktpolitisch falsche und für die Beitragszahler teure Anreiz möglichst bald beendet wird".

Verhandlungspoker auf WTO-Ministerkonferenz

Clement: Alle Länder müssen sich bewegenVerhandlungspoker auf WTO-Ministerkonferenz

Cancún (rpo). Im mexikanischen Cancún wird weiter hart gerungen: Bei der WTO-Ministerkonferenz war bis Freitag noch keine Annäherung in den strittigen Fragen im Agrarbereich gelungen.Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement appellierte an die Verhandlungspartner, sich zu bewegen. Die Beratungen sind nach Einschätzung von Clement in ihre entscheidende Phase getreten. Begleitet wird die Konferenz von Protesten von Globalisierungskritikern. Vor allem die Schwellenländer dringen auf einen raschen Abbau von Agrarsubventionen der EU und der Vereinigten Staaten. Eine Gruppe von 21 Ländern um Brasilien, Indien und China legte einen eigenen Vorschlag vor, weil ihnen die EU-Vorlage nicht weit genug geht. Die EU will ihre Beihilfen an die Landwirtschaft künftig unabhängig vom Produktionsvolumen zahlen, damit keine Überproduktion gefördert wird. WTO-Vizepräsident Laurens-Jan Brinkhorst sagte, der Vorschlag der Gruppe 21 habe machtpolitisch Bedeutung. Diese Länder verfolgten jedoch keine einheitlichen Interessen. Clement sagte, niemand könne ein Interesse am Scheitern der WTO-Konferenz haben. Der Minister sprach die Hoffnung aus, dass am Samstagmorgen eine schriftliche Vorlage erarbeitet sei, damit man in die Detailverhandlungen gehen könne. Die brasilianische Delegation verteidigte sich gegen den Vorwurf, die Beratungen zu blockieren. Die WTO sollte ihre Kräfte auf die Verhandlungen konzentrieren und nicht darauf, Länder zu attackieren, erklärte sie. Aus den vorgelegten Positionspapieren soll bis Sonntag ein Kompromiss mit einem Zeitplan für den Abbau der Agrarhilfen erarbeitet werden. Es werde bis zum letzten Moment gefeilscht, hieß es aus Verhandlungskreisen. EU-Agrarkommissar Franz Fischler sagte, die EU erwarte von den Entwicklungsländern Vorschläge, für welche Agrarprodukte die Subventionen abgebaut werden sollten. Bislang lägen diese noch nicht vor. Deutschland dringt auf mehr Investitionsschutz Während die Hauptfragen der Konferenz noch strittig sind, wollen die EU und Japan die Verhandlungen um Beratungen über weitere Themen wie ein Investitionsschutzabkommen ergänzen. Dabei geht es unter anderen um den Abbau von Schutzzöllen, um einen leichteren Zugang zu den Märkten des Südens zu erreichen. Vor allem Deutschland dringt auf solch ein Abkommen. Clement sagte, wenn man über Liberalisierung auf dem Weltmarkt rede, gehe es nicht nur um die Landwirtschaft. Auch EU-Handelskommissar Pascal Lamy betonte, die WTO-Runde könne ohne Einigung zu allen vier "Singapur-Themen" nicht abgeschlossen werden. Schwellenländer wie Brasilien machen ihre Einwilligung zur Behandlung dieser Themen aber von einer Einigung bei den Agrarverhandlungen abhängig. In einem gemeinsamen Vorstoß hatten vier westafrikanische Länder den sofortigen Stopp der Subventionen bei Baumwolle verlangt. Die Handelsminister aus Benin, Burkina Faso, Tschad und Mali erklärten, ihre Volkswirtschaft sei bedroht, wenn die Baumwolle-Subventionen nicht gekürzt würden. Die 2001 in Doha begonnene Handelsrunde soll Ende 2004 abgeschlossen sein. Durch die US-amerikanischen Wahlen im kommenden Jahr sind die Verhandlungspartner zusätzlich unter Zeitdruck.

Israel weist Kritik über Entscheidung über Arafat zurück

Palästinensischer Präsident gibt sich kämpferischIsrael weist Kritik über Entscheidung über Arafat zurück

Jerusalem (rpo). Mit Bestimmtheit hat Israel die nachdrückliche internationale Kritik an der Entscheidung zur Ausweisung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat zurückgewiesen. "Es war ein historischer Fehler, diese Entscheidung nicht schon früher getroffen zu haben", sagte der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas, der bei den Beratungen im Kabinett auch eine mögliche Ermordung Arafats angesprochen haben soll, dabei aber von Ministerpräsident Ariel Scharon gebremst wurde. Arafat wandte sich am Freitag den zweiten Abend in Folge an hunderte Anhänger, die sich vor seinem Amtssitz in Ramallah im Westjordanland versammelten. Arafat dankte "allen freien Menschen in der Welt, die ihren palästinensischen Brüdern beistehen". Zugleich erklärte er: "Wir müssen die israelischen Unterstützer des Friedens und Verteidiger des Friedens grüßen, die ihre Stimme mit Stärke und in Freundschaft erhoben haben." Bereits am Donnerstagabend war Arafat vor die Menschenmenge vor seinem Hauptquartier getreten. Auch US-Außenminister Colin Powell warnte Israel vor einer Ausweisung Arafats. Er telefonierte deshalb auch mit dem israelischen Außenminister Silvan Schalom. Dem palästinensischen Außenminister Nabil Schaath sicherte er zu, die USA drängten Israel, von der Ausweisungsdrohung wieder Abstand zu nehmen. Die israelische Regierung hätte bei einem Vorgehen gegen Arafat aber die eigene Bevölkerung auf ihrer Seite. Einer Umfrage der Zeitung "Jediot Achronot" zufolge würden 60 Prozent die Ausweisung oder Tötung Arafats begrüßen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vertagte am Freitag die Beratungen über eine von den Palästinensern geforderte Resolution gegen die Ausweisung auf Montag. Ungeachtet des palästinensischen Dringens auf einen schnellen Beschluss entschied der Sicherheitsrat, am Montag zunächst eine offene Debatte abzuhalten. Die Mitglieder seien sich einig gewesen, dass vor einer Abstimmung weitere Diskussionen notwendig seien, hieß es. In einer Erklärung des Sicherheitsrats hieß es, er vertrete die Ansicht, dass eine "Entfernung des Vorsitzenden Arafat nicht hilfreich wäre und nicht umgesetzt werden sollte". Dies sei die Meinung des ganzen Gremiums, erklärte der amtierende Vorsitzende, der britische UN-Botschafter Emyr Jones Parry. Der palästinensische Resolutionsentwurf war von Angola eingebracht worden. Diplomaten erklärten, eine Entscheidung hänge von der Diskussion am Montag und von den Beratungen am Wochenende in Genf ab.

Referendum gegen Chavez vorerst geplatzt

Neue Petition bereits angekündigtReferendum gegen Chavez vorerst geplatzt

Caracas (rpo). Rückschlag für die Gegner des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez: Das zuständige Wahlgremium wies am Freitag einen von Millionen Bürgern unterzeichneten Antrag auf ein Referendum zur Abwahl des Staatschefs zurück.Zur Begründung hieß es, die Unterschriften seien vor dem 19. August gesammelt worden - dem Tag, an dem die Hälfte von Chavez' Amtszeit vorüber war. Die Oppositionsführer haben in Erwartung einer solchen Entscheidung bereits angekündigt, innerhalb der kommenden Wochen Unterschriften für eine neue Petition sammeln zu wollen. Zu Beginn dieses Jahres hatte die Opposition einen zweimonatigen Streik organisiert, um den Rücktritt des linksgerichteten Präsidenten und seiner Regierung durchzusetzen. Dies gelang nicht, und der Wirtschaft des Erdöl exportierenden Landes entstand ein Schaden in Milliardenhöhe.