Alle Politik-Artikel vom 12. September 2003
Umfrage: Zustimmung für Bush auf Tiefststand

Schlecht auf dem Gebiet der WirtschaftUmfrage: Zustimmung für Bush auf Tiefststand

Washington (rpo). In punkto George Bush bilden sich selbst die US-Bürger mittlerweile ihre eigene Meinung. Die Zustimmung zur Amtsführung des Präsidenten ist nach einer neuen Umfrage auf den tiefsten Stand seit den Terroranschlägen vom 11. September gerutscht.Laut der USA Today/CNN/Gallup-Umfrage geben nur noch 52 Prozent dem Präsidenten insgesamt gute Noten für seine Arbeit, während es im April unter dem Eindruck des militärischen Sieges im Irak noch 71 Prozent gewesen waren, wie "USA Today" am Freitag bekannt gab. Kurz nach den Anschlägen von 2001 hatten sogar 90 Prozent Bushs Politik insgesamt zugestimmt. Am schlechtesten schneidet der Präsident der neuen Umfrage zufolge auf dem Gebiet der Wirtschaft ab: Wie schon im August bescheinigten ihm gerade 45 Prozent eine gute Arbeit. 51 Prozent sind mit seinem Irak-Kurs zufrieden, während es im Vormonat noch 57 Prozent waren. Nur noch 58 Prozent im Vergleich zu 63 Prozent im August meinen, dass der Irak-Einsatz "die Sache wert war". 31 Prozent sind mittlerweile der Auffassung, dass es im Irak "ziemlich schlecht" läuft, und 21 Prozent halten die Entwicklung sogar für "sehr schlecht".

Sicherheitsrat hebt Sanktionen gegen Libyen auf

Nach Einigung über Entschädigung für französische AnschlagsopferSicherheitsrat hebt Sanktionen gegen Libyen auf

New York (rpo). Der Weltsicherheitsrat hat die vor elf Jahren gegen Libyen verhängten Sanktionen aufgehoben. Der Weg wurde durch eine Einigung auf höhere Entschädigungszahlungen Libyens für die Opfer eines Anschlags auf ein französisches Flugzeug 1989 frei. Bei der Verabschiedung der Resolution in New York am Freitagnachmittag enthielten sich die USA und Frankreich ihrer Stimme, die übrigen 13 Mitgliedstaaten stimmten dafür. Frankreich hatte die Verabschiedung verzögert und mit einem Veto gedroht, sollte Libyen die Entschädigung für die Opfer des Anschlags von 1989 nicht erhöhen. Erst am Mittwochabend hatten sich Paris und Tripolis geeinigt. Nach dem Anschlag auf eine Maschine der Fluggesellschaft UTA über Niger erhielten die Hinterbliebenen in einem 1999 geschlossenen Vergleich mit Libyen eine Gesamtsumme von 33 Millionen Dollar (knapp 30 Millionen Euro). Nachdem sich die Regierung in Tripolis Mitte August jedoch bereit erklärte hatte, wegen des Anschlags auf ein US-Flugzeug über dem schottischen Lockerbie 1988 fünf bis zehn Millionen Dollar pro Opfer zu zahlen, forderte Frankreich eine ähnliche Summe. Auf welchen Betrag sich die beiden Länder nun geeinigt haben, wurde nicht bekannt. Bereits nach der Einigung über die Entschädigung für den Lockerbie-Anschlag hatten Großbritannien und die USA Libyen im August bescheinigt, alle Voraussetzungen für ein Ende der Sanktionen erfüllt zu haben und den Weltsicherheitsrat darüber unterrichtet. Mit den internationalen Sanktionen hatte der Weltsicherheitsrat 1992 den Druck auf Libyen erhöht, die mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter auszuliefern. Die Strafmaßnahmen schlossen ein Verbot von Waffenexporten in das nordafrikanische Land und den Stopp von Flugverbindungen ein. Nach der Auslieferung eines verdächtigen libyschen Geheimagenten wurden die Sanktionen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, aber erst am Freitag aufgehoben. Der Lockerbie-Attentäter wurde 2001 von einem schottischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt, ein zweiter Libyer wurde freigesprochen. Bei dem Anschlag waren alle 259 Insassen und elf Menschen am Boden ums Leben gekommen.

Künast erwägt Rausschmiss ihres Staatssekretärs

Streit um Interview-Äußerung - Thalheim fühlt sich missverstandenKünast erwägt Rausschmiss ihres Staatssekretärs

Berlin (rpo). Wegen eines umstrittenen Interviews plant Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) offenbar die Ablösung ihres parlamentarischen Staatssekretärs Gerald Thalheim (SPD). Ihr Ministerium distanzierte sich am Freitag offiziell von dessen Äußerungen, wonach die Agrarwende nicht mehr oberste Priorität habe. Thalheim selbst sagte später, er fühle sich missverstanden. Ein Sprecher Künasts erklärte, die Ministerin werde Thalheim nach ihrer Rückkehr von der WTO-Runde in Cancùn zum persönlichen Gespräch bitten. Auf die Frage, ob Thalheim im Amt bleibe, sagte der Sprecher, dies werde erst das Gespräch mit Künast ergeben. Das Interview gebe nicht die Linie des Ministeriums wieder. Die Agrarwende bleibe ein wichtiges Projekt der Bundesregierung und stehe auf der Agenda des Verbraucherministeriums ganz oben. Die Widersprüche müssten geklärt werden. Thalheim hatte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" gesagt, Thema Nummer eins sei in Zukunft nicht mehr die Agrarwende, sondern die Notwendigkeit, die Landwirtschaft in Deutschland zu halten. Der Standort müsse gesichert und die Chancen der EU-Erweiterung müssten genutzt werden. Thalheim hatte sich zudem gegen ein "Draufsatteln" bei den Subventionen für die ökologische Landwirtschaft ausgesprochen. Der Ministeriumssprecher sagte, die Pressestelle sei von dem Interview überrascht worden. Es sei nicht von ihr autorisiert worden. Nach Angaben der "Neuen Osnabrücker Zeitung" war der aus dem Interview gefertigte Nachrichtentext "in dieser Fassung" von Thalheim autorisiert. Dennoch sagte der Staatssekretär dem "Tagesspiegel" (Samstagausgabe), die Zeitung habe Aussagen von ihm "ohne Neuigkeitswert" überinterpretiert und zugespitzt. Er habe gegenüber Künast "Loyalität bis zum Abwinken bewiesen, wo es wirklich harte Auseinandersetzungen gab", zitierte ihn die Zeitung. Jetzt würden Gegensätze künstlich herbeigeredet. Auf die Frage, ob er mit seiner Abberufung rechne, sagte Thalheim nach Angaben der Zeitung, eine solche Frage "müsste Künast mit der SPD-Bundestagsfraktion klären". Diese hat das Vorschlagsrecht für Thalheims Posten. FDP-Agrarpolitiker Michael Goldmann stärkte Thalheim den Rücken: "Es gibt keinen Grund für Herrn Thalheim zurückzutreten, denn er spricht nur die Wahrheit aus." Die so genannte Agrarwende schade den Interessen von Verbrauchern und Landwirten.

Treffen Bush-Schröder bestätigt

Meldung der ARDTreffen Bush-Schröder bestätigt

Berlin (rpo). Ende der Eiszeit: Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George W. Bush werden sich am 23. September am Rande der UN- Vollversammlung in New York treffen.Wie die ARD am Freitag meldete, sei dieses Gespräch bei einem Telefongespräch zwischen den beiden Sicherheitsberatern am frühen Morgen endgültig bestätigt worden. Bush will am selben Tag vor der UNO sprechen, Schröder einen Tag später. Von offizieller Seite gab es in Berlin allerdings keine Bestätigung. Es wird erwartet, dass Schröder und Bush vor allem über die explosive Lage im Nahen Osten sowie über die Situation in Irak beraten. Der Kanzler wird zudem auf einer Reise durch mehrere arabische Staaten vom 4. bis 7. Oktober mit den wichtigsten politischen Führern der Region zusammentreffen. Stationen sind Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Koalition: Zustimmung für Rita Süssmuth wächst

Renate Schmidt spricht von "großartiger Kandidatin"Koalition: Zustimmung für Rita Süssmuth wächst

Berlin (rpo). Sind die Weichen schon in die richtige Richtung gestellt? In der Koalition wächst die Zustimmung zur früheren Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth als mögliche Kandidatin für das Bundespräsidentenamt. Sowohl Familienministerin Renate Schmitt als auch der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, nannten die CDU-Politikerin am Freitag eine ausgezeichnete Kandidatin für die Nachfolge von Johannes Rau. CDU-Chefin Angela Merkel kündigte an, den Vorschlag der Union "zum geeigneten Zeitpunkt" zu unterbreiten. Schmidt hob in einem Interview der "Stuttgarter Zeitung" die Akzeptanz hervor, die Süssmuth in weiten Kreisen der Gesellschaft genieße. Die CDU-Politikerin habe "ein großes Maß an Erfahrung, auch überparteilich zu agieren". Das habe sie als Präsidentin des Parlaments bewiesen. Süssmuth könne über den Tag hinaus denken und wie Rau Menschen zusammenführen. "Frau Süssmuth wäre ein Angebot an alle über die Parteigrenzen hinaus", hatte die "Bild"-Zeitung zuvor ein Vorstandsmitglied der SPD-Bundestagsfraktion zitiert. Beck sagte, Süssmuth habe in vielen politischen Auseinandersetzungen bewiesen, dass sie zusammenführen könne, wo andere polarisieren. Auch die ehemalige Verfassungsrichterin Jutta Limbach nannte er eine gute Wahl. Der Grünen-Politiker verteidigte die Absicht der Koalition, nach über fünf Jahrzehnten bundesdeutscher Geschichte einmal eine Frau in die höchsten Staatsämter zu wählen. Skeptisch bis ablehnend reagierten Union und FDP auf den Vorschlag, Süssmuth ins Rennen zu schicken. Die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete das Werben von SPD-Politikern für Süssmuth als "widerliches Spielchen". Sie sagte der "Rheinischen Post", Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer wollten Süssmuth lediglich instrumentalisieren. Ohne auf eine mögliche Kandidatur Süssmuths einzugehen, nannte die CDU-Vorsitzende Merkel die Idee Schröders, eine Frau für das Amt des Bundespräsidenten zu benennen, eine "besonders perfide Form der Nicht-Gleichbehandlung". Der Kanzler habe bisher viele Gelegenheiten verstreichen lassen, Frauen in führende Ämter zu befördern. Stattdessen missbrauche er die "Frauenfrage als taktische Frage". Merkel kündigte im Fernsehsender N24 an, sie werde in der Kandidaten-Frage "zum geeigneten Zeitpunkt einen Vorschlag unterbreiten, in Absprache mit dem CSU-Vorsitzenden und anderen Beteiligten".Althaus gegen Schäuble Unterdessen hat sich der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus gegen eine Kandidatur Wolfgang Schäubles für das Amt des Bundespräsidenten ausgesprochen. "Das von damals ist nicht wegzudiskutieren", sagte der CDU-Politiker der in Erfurt erscheinenden "Thüringer Allgemeinen" in Anspielung auf die Drohung des Waffenhändlers Karl-Heinz Schreiber, im Falle einer Kandidatur Schäubles neues Enthüllungsmaterial in der CDU-Parteispendenaffäre liefern zu wollen. Althaus sprach sich stattdessen erneut für den ehemaligen Erfurter Regierungschef Bernhard Vogel als Bundespräsidenten aus. Merkel nannte die Drohungen Schreibers "unerträglich" und hob hervor, dass dieses Thema für sie beendet sein. Gleichwohl wolle sie die Tatsache, dass sie Schäuble verteidige, nicht als Votum für dessen Kandidatur verstanden wissen.

"Es fehlte nur noch Mussolini" - Berlusconis jüngste Entgleisung

Italiens Ministerpräsident sorgte für Schlagzeilen"Es fehlte nur noch Mussolini" - Berlusconis jüngste Entgleisung

Rom (rpo). Mit der Verteidigung des faschistischen Diktators Benito Mussolini hat die Serie verbaler Entgleisungen des italienischen Ministerpräsidenten und EU-Ratsvorsitzenden Silvio Berlusconi einen neuen Höhepunkt erreicht. Die italienische Presse reagierte mit harscher Schelte."Es fehlte nur noch Mussolini als ehrlicher Mann", titelte selbst die Berlusconi-freundliche römische Tageszeitung "Il Tempo" am Freitag mit schon resignierendem Unterton. Die Opposition wirft dem Regierungschef vor, nicht länger an der Spitze einer Demokratie stehen zu können, die aus dem Widerstand entstanden sei. Selbst Berlusconis Koalitionspartner reagierten höchst irritiert und verzichteten darauf, ihn zu verteidigen. Praktisch alle Zeitungen befassten sich eingehend mit Berlusconis neuesten Skandaläußerungen. "Berlusconi spricht den Faschismus frei", lautete etwa die Schlagzeile der "Repubblica". "Mussolini hat niemanden getötet, er hat die Menschen in Zwangsurlaub geschickt", lautete die Kernaussage eines Interviews, das Berlusconi während seines Sommerurlaubs zwei britischen Journalisten gegeben hatte. Der erste Teil des Interviews war schon in der Vorwoche veröffentlicht worden. Darin hatte er Richter als "geistesgestört" bezeichnet und einen ersten Sturm der Entrüstung ausgelöst. Diesmal fiel es selbst seinen Regierungspartnern schwer, Berlusconi in Schutz zu nehmen. Mussolini (1883 - 1945) hatte schließlich Juden verfolgt, politische Gegner ermorden oder internieren lassen, an der Seite Adolf Hitlers den Zweiten Weltkrieg geführt. Neben einigen Vertretern seiner Partei Forza Italia sprangen deshalb großteils nur unbelehrbare Hinterbänkler der ex- neofaschistischen Nationalen Allianz für Berlusconi in die Bresche. Allen voran Alessandra Mussolini, Enkelin des "Duce". "Berlusconi hat nur die Wahrheit gesagt", freute sie sich. Ihr Parteichef Gianfranco Fini schäumte hingegen nach Medienberichten vor Wut. Öffentlich äußerte sich der Vize- Regierungschef, der seit Jahren bemüht ist, die faschistische Vergangenheit seiner Nationalen Allianz abzuschütteln, nicht. Eine frühere Aussage, Mussolini sei der größte Staatsmann des 20. Jahrhunderts gewesen, hat Fini längst reumütig zurückgenommen. Berlusconi versuchte sich schließlich selbst zu verteidigen. Er habe lediglich auf die Frage geantwortet, ob der gestürzte irakische Diktator mit Mussolini verglichen werden könne, rechtfertigte er sich. "Ich wollte nicht Mussolini aufwerten". Zugleich griff er aber die Opposition an und warf ihr vor das Interview gegen ihn zu "instrumentalisieren". Er verstehe nicht, warum er als Regierungschef ständiger Kritik ausgesetzt sei, fügte er am Freitag hinzu. Wie nach den vorangegangenen Entgleisungen fühlt sich Berlusconi letztlich als das eigentliche Opfer. Schon im Juli, als er dem Europaabgeordneten Martin Schulz (SPD) eine Rolle in einem Nazifilm angetragen hatte, verstand Berlusconi die ganze Aufregung nicht: Er sei missverstanden worden, er habe nur eine ironische Bemerkung gemacht, sagte er.

Umfrage: SPD verliert wieder an Boden

Laut Politbarometer des ZDF nur noch 30 ProzentUmfrage: SPD verliert wieder an Boden

Mainz (rpo). Nach den neuesten Umfragen des ZDF-Politbarometers hat die SPD in der Wählergunst wieder an Boden verloren. Demnach würden bei einer Bundestagswahl am Sonntag nur noch 30 Prozent die regierenden Sozialdemokraten wählen.Ein Jahr nach ihrem Sieg bei der Bundestagswahl ist die politische Stimmung für die SPD schlecht: Nach dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer verlieren die Sozialdemokraten im September im Vergleich zum Vormonat zwei Punkte und landen bei nur noch 26 Prozent. Damit rutscht die SPD seit Juli immer weiter ins Stimmungstief (-4). Die Unionsparteien CDU/CSU verbessern sich um einen Punkt auf 49 Prozent. Ebenfalls mit einem Minuspunkt kommen die Grünen auf 11 Prozent. Die FDP legt um zwei Punkte auf 8 Prozent zu. Die PDS bleibt bei 3 Prozent. Etwas besser sieht es für die SPD bei der Sonntagsfrage aus. Wenn am Sonntag tatsächlich Bundestagswahl wäre, käme die Partei von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf 30 Prozent, ein Punkt weniger als im August. Die Union erreicht unverändert 45 Prozent, die Grünen 10. Die FDP verbessert sich auf 7 (+1), die PDS bleibt bei 4 Prozent. Ähnlich sind die Ergebnisse einer Emnid-Umfrage für den Nachrichtensender n-tv. Demnach verliert die SPD im Vergleich zur Vorwoche zwei Punkte und sackt auf 29 Prozent. Die Union legt um zwei Punkte zu und steht jetzt bei 46 Prozent. Die Grünen kommen auf 10 Prozent (-1), die FDP auf 7 (+1), die PDS auf 5. Beiden Umfragen zufolge hätten Union und FDP damit - wie in den Monaten zuvor - eine klare parlamentarische Mehrheit. Der Niedergang der SPD in den Umfragen geht dem Politbarometer zufolge in den Augen der Wähler mit einem teilweise dramatischen Kompetenzverlust der Kanzler-Partei einher. Nur noch gut jeder Zehnte billigt der SPD bei den Themen Arbeitsmarkt, Wirtschaft und Finanzen die größte Kompetenz zu; jeweils rund jeder Vierte entscheidet sich für die Union. Mindestens ebenso viele trauen allerdings keiner Partei auf diesen Feldern mehr etwas zu. Bei den Problemfeldern Rente und Gesundheit liegt die Union, anders als vor einem Jahr, jetzt deutlich vor der SPD. In der Hitliste der zehn wichtigsten Politiker verliert Außenminister Joschka Fischer (Grüne) auf der Skala von +5 bis -5 als einziger, bleibt aber dennoch mit 1,9 (-0,2) und deutlichem Abstand Spitzenreiter. Dahinter: CDU-Chefin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) mit je 0,6. Ebenfalls leicht verbessert zeigen sich CSU-Chef Edmund Stoiber (0,5) und Kanzler Schröder (0,3). Im Minusbereich folgen Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU), FDP-Chef Guido Westerwelle, Sozialministerin Ulla Schmidt, Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) und als Schlusslicht Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Die Ankündigung von Schröder und Fischer, bei der Bundestagswahl in drei Jahren wieder gemeinsam anzutreten, fand den Umfragen zufolge kein großes Echo in der Bevölkerung. Laut Politbarometer sehen zwei Drittel (67 Prozent) keine Notwendigkeit, dass jetzt die Union auch ihren Spitzenkandidaten benennt. 29 Prozent rechnen mit Merkel, Stoiber nennen 26 Prozent, Koch 21 Prozent. Bei Emnid meinen nur 25 Prozent, dass sich mit der frühen Ansage Schröders und Fischers die rot-grünen Siegchancen verbessert haben. 72 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. (Für das ZDF-Politbarometer befragte die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen zwischen dem 8. und 11. September 1251 Wahlberechtigte. Die Fehlertoleranz liegt den Angaben zufolge für die großen Parteien bei 2,7 Prozent, für die kleinen bei 1,4 Prozent. Emnid befragte zwischen dem 1. und 8. September für die "Sonntagsfrage" 2691 Menschen im Wahlalter, für die Einschätzung Schröders und Fischers gut 500.)

Irak: US-Soldaten erschießen irrtümlich acht Polizisten

Powell erwartet kein schnelles Ende der BesatzungsverwaltungIrak: US-Soldaten erschießen irrtümlich acht Polizisten

Bagdad (rpo). Acht irakische Polizisten sind bei der Verfolgung von Straßenräubern irrtümlich von US-Soldaten erschossen worden. In der Nähe eines Krankenhauses bei Falludscha seien sie am frühen Morgen plötzlich von US-Soldaten beschossen worden.In der westirakischen Unruhestadt Falludscha haben US-Soldaten offenbar versehentlich acht irakische Polizisten und einen Jordanier getötet. Augenzeugen und arabische TV- Sender berichteten, die Polizisten seien in ihrem Fahrzeug von den Amerikanern erschossen worden, als sie in der Nacht zu Freitag gerade neben einem Krankenhaus ein Auto mit mutmaßlichen Verbrechern verfolgten. Diese hätten zuvor das Gebäude einer von den Stämmen der Stadt aufgestellten bewaffneten zivilen Schutztruppe angegriffen. Der jordanische Informationsminister Nabil Scharif teilte in Amman mit, bei dem Gefecht vor dem jordanischen Feldhospital in Falludscha seien ein jordanischer Soldat erschossen und vier Angehörige der jordanischen Wachmannschaft verwundet worden. Eine unbekannte Gruppe habe vor Morgengrauen das Hospital angegriffen, zitierte die jordanische Agentur Petra den Minister. Auch ein irakischer Helfer sei verletzt worden. Eine US-Militärsprecherin in Bagdad stellte den Vorfall am Freitag anders da. Sie erklärte, ein US-Soldat und fünf Iraker seien bei einem Panzerfaust-Angriff in der Nähe eines Krankenhauses in Falludscha lediglich verletzt worden. Auch dass US-Soldaten auf die Iraker geschossen hätten, bestätigte sie nicht. Eine Fassade des Krankenhauses war am Freitag schwer beschädigt. Einwohner von Falludscha zeigten Reportern US-Munition, um zu beweisen, dass die Toten und die Zerstörung nicht das Werk irakischer Angreifer seien. Nach Angaben der US-Armee in Bagdad starben im westirakischen Ramadi außerdem am Freitagmorgen zwei amerikanische Soldaten bei einem Feuergefecht. Sieben weitere US-Soldaten seien bei der Razzia verletzt worden, hieß es. In der rund 90 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Ortschaft El Khalidija tanzten am Freitag Jugendliche auf dem brennenden Wrack eines von irakischen Angreifern zerstörten US-Transporters. In einer Moschee in Bagdad versammelten sich am Freitag unter dem Schutz von rund 300 bewaffneten Zivilisten mehr als 3500 sunnitische und schiitische Muslime zum gemeinsamen Gebet. Damit wollten sie ein Zeichen gegen die wachsenden Spannungen zwischen den Religionsgruppen im Irak setzen. Unbekannte hatten eine Woche zuvor vor der gleichen sunnitischen Moschee im Stadtteil El Schaab auf die Gläubigen geschossen und dabei drei Männer verletzt. Der US-Zivilverwalter Paul Bremer bereist zur Zeit die nordirakische Kurdenregion. Bei seinen Gesprächen mit den beiden Kurdenführern Massud Barsani und Dschalal Talabani geht es unter anderem um die Sorge der Kurden, dass demnächst auch türkische Truppen im Irak stationiert werden könnten.

"Fehler, dass wir Arafat nicht schon beseitigt haben"

Israel: Ausweisung auch gegen Widerstand der USA"Fehler, dass wir Arafat nicht schon beseitigt haben"

Jerusalem (rpo). Die israelische Regierung will offenbar unter allen Umständen an dem Beschluss zur Ausweisung Jassir Arafats festhalten. auch gegen den Widerstand der USA. Verteidigungsminister Schaul Mofas sagte, es sei ein Fehler gewesen, ihn nicht schon lange beseitigt zu haben.Trotz massiver Kritik der USA, der EU und der Arabischen Liga will Israel an seiner Entscheidung festhalten, den palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat auszuweisen. Es sei ein Fehler gewesen, ihn nicht schon lange beseitigt zu haben, sagte Verteidigungsminister Schaul Mofas am Freitag. Arafat zeigte sich von der israelischen Kabinettsentscheidung vom Donnerstagabend unbeeindruckt: "Niemand kann mich hinauswerfen", sagte er in Ramallah.Nach zwei Selbstmordanschlägen vom Dienstag, bei denen 15 Israelis getötet wurden, erklärte das israelische Sicherheitskabinett unter Leitung von Ministerpräsident Ariel Scharon am Donnerstagabend, Arafat werde entfernt, "zu einer Zeit und in einer Art, über die noch entschieden werden wird". Die Formulierung lässt neben einer Abschiebung auch Arafats Festnahme oder Tötung zu. USA warnen Israel vor Ausweisung Die USA warnten Israel vor einer Ausweisung. Arafat sei zwar "Teil des Problems und nicht Teil der Lösung", erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher. Durch eine Abschiebung würde ihm jedoch nur eine neue Bühne gegeben. US-Außenminister Colin Powell und der US-Botschafter in Israel, Daniel Kurtzer, forderten von einer Abschiebung abzusehen. Auch die EU sowie die Außenminister Italiens und Großbritanniens sprachen sich gegen eine Ausweisung aus. Eine Abschiebung Arafats komme "einer Kriegserklärung an den Friedensprozess gleich", sagte ein Sprecher der Arabischen Liga, Hischam Jussef. Mofas erklärte, seine Regierung werde dennoch gegen Arafat vorgehen. "Es war ein historischer Fehler, diese Entscheidung nicht schon früher getroffen zu haben", sagte er. Die israelische Erziehungsministerin Lilmor Liwnat erklärte, Israel nehme von Washington keine Befehle entgegen. Arafat, den sie mit Saddam Hussein und Osama bin Laden verglich, habe seine Immunität eingebüßt, sagte Liwnat. Aus Sicherheitskreisen verlautete, das Militär habe bereits mit Vorbereitungen für eine rasche Entfernung Arafats begonnen. Im Gazastreifen und Westjordanland wurde Arafat unterdessen von Tausenden euphorisch gefeiert. Junge Palästinenser riefen an Arafats zerstörtem Amtssitz in Ramallah, sie wollten Arafat mit ihrem Leben verteidigen. Arafat zeigte mit den Fingern das Victory-Zeichen. Der designierte palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia erklärte, eine Ausweisung Arafats würde die letzten Chancen auf Frieden zunichte machen und rief "alle vernünftigen Menschen auf der Welt auf, diese verrückte Entscheidung rückgängig zu machen". Kureia kündigte an, am Sonntag mit seiner Regierungsbildung beginnen zu wollen. Dies könne jedoch mehrere Wochen dauern, hieß es. US-Außenminister Colin Powell forderte Israel derweil in einem Interview mit dem arabischen Sender El Dschasira auf, den Ausbau der Siedlungen in den besetzten Gebieten einzustellen und die illegalen Außenposten zu räumen. Auch der Sicherheitszaun, den Israel an der Grenze zu den palästinensischen Gebieten baue, sei ein Problem. Angesichts des anhaltenden Terrors der Hamas und anderer Organisation sei es aber schwierig, die Einhaltung dieser Verpflichtungen von Israel zu erreichen. In Jerusalem ging die israelische Polizei mit Tränengas gegen mehrere hundert Muslime vor. Sie warfen Augenzeugen zufolge nahe der Al-Aksa-Moschee während des Freitagsgebets Steine auf betende Juden.

Mehrere Häftlinge in NRW auf der Flucht

FDP kritisiert FahndungMehrere Häftlinge in NRW auf der Flucht

Düsseldorf (rpo). In den vergangenen drei Jahren sind 23 Häftlinge aus NRW-Gefängnissen getürmt. Davon befinden sich noch vier - laut FDP sogar noch mindesten acht - auf der Flucht.Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Antwort des Justizministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP hervor. Nach Angaben der FDP sind mindestens vier weitere Häftlinge auf freiem Fuß, die in diesem Jahr aus einem Gefängnis ausgebrochen sind. FDP-Fraktionsvize Robert Orth warf Justizminister Wolfgang Gerhards (SPD) vor, die Ausbrüche zu verharmlosen. Gerhards und Innenminister Fritz Behrens (SPD) müssten umgehend alle zur Festnahme der Flüchtigen notwendigen Maßnahmen ergreifen. Es dürfe nicht sein, dass nur in den ersten Monaten nach dem Ausbruch intensiv gesucht werde. Gerhards hatte erklärt, bei den Flüchtigen handele es sich überwiegend um Straftäter, bei denen sowohl Taten als auch Straflänge auf eine "eher geringe kriminelle Energie" hinwiesen. Auch bei einem wegen schweren Raubes zu sieben Jahren Haft verurteilten Mann, der auch dem Remscheider Gefängnis geflohen war, gab es keine Hinweise, dass er "äußert gewaltbereit" sei.

Auswirkung von Mord an Lindh auf Euro-Referendum unklar

Umfragen kommen zu verschiedenen ErgebnissenAuswirkung von Mord an Lindh auf Euro-Referendum unklar

Stockholm (rpo). Schwedens ermordete Außenministerin Anna Lindh war klare Befürworterin eines Euro-Beitritts ihres Landes. Ob ihr Tod Auswirkungen auf den Ausgang des geplanten Referendums haben wird, ist bislang unklar.Während eine Umfrage des Skop-Institutes am Freitag dramatische Verschiebungen zu Gunsten der Ja-Seite ergab, ermittelt Sifo für die Nachrichtenagentur TT einen weiter stabilen Vorsprung für die Euro-Gegner. Nach der vom Skop-Institut veröffentlichten Umfrage (mit 1000 Befragten) wollen jeweils 50 Prozent für beziehungsweise gegen die gemeinsame EU-Währung abstimmen. Unmittelbar vor dem Attentat hatte das Institut einen Vorsprung von 58 zu 42 Prozent für die Euro-Gegner ermittelt. Die neue Sifo-Umfrage (ebenfalls 1000 Befragten) ergab leichte Gewinne für Nein. Danach wollten am Donnerstagabend 50 Prozent - nach zuvor 49 Prozent - gegen den Euro-Beitritt stimmen. Die Zahl der Befürworter nahm um einen Prozentpunkt auf 38 Prozent ab. 10 Prozent waren noch unsicher, 2 Prozent wollten "blank" stimmen. Als wahrscheinlich gilt nach Meinung der meisten Beobachter in Stockholm, dass die Ja-Seite mit zusätzlichen Stimmen nach dem Mord an Lindh rechnen kann. Die Außenministerin war zentrale Wahlkämpferin für den von der Regierung gewünschten Beitritt zur EU-Währung. Beide Seiten hatten sofort nach Bekanntwerden des Messer- Attentates am Mittwoch ihre Kampagnen eingestellt. Alle Parlamentsparteien sprachen sich nach dem Tod Lindhs für die Durchführung des Referendums selbst aus.

Eichel kritisiert Verhalten der Opposition scharf

Abschluss der Marathon-Debatte über den Etat 2004Eichel kritisiert Verhalten der Opposition scharf

Berlin (rpo). Der Bundestag hat am Freitagmorgen seine Marathon-Debatte zum Haushalt 2004 abgeschlossen. Finanzminister Hans Eichel hat die Gelegenheit noch einmal genutzt, um mit der Opposition scharf ins Gericht zu gehen.Mit Löchern kennt sich Hans Eichel aus, machen sie ihm doch in seiner Haushaltsplanung seit Jahren mächtig zu schaffen. Zum Abschluss der Marathon-Debatte des Bundestages über den umstrittenen Etat 2004 wollte der Finanzminister offenkundig beweisen, dass sich sein Wissen über Lücken nicht nur auf die Staatskasse bezieht. Auch der Union bescheinigte er ein Defizit - und zwar in zentralen Finanz-Themen: "Es klafft ein Riesen-Loch zwischen CDU und CSU." Obwohl Eichel, der seit Monaten im Kreuzfeuer der Kritik steht, gewaltig unter Druck ist, wirkte er am Freitag im Parlament gelöst und souverän. Ab und an lachte er oder sorgte für Heiterkeit im Plenum. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der in der Generaldebatte am Mittwoch auf jede Vertrauensbekundung für Eichel verzichtet hatte, hörte mit staatstragender Miene zu, wie sein Kassenwart die Opposition zur Kooperation aufrief: "Sie haben die gleiche Verantwortung wie wir! Nehmen Sie sie endlich wahr, damit das Land vorankommt!" CDU/CSU-Fraktionschefin Angela Merkel ließ sich die scharfen Angriffe Eichels nicht bieten. Obwohl sie als Rednerin gar nicht vorgesehen war, ergriff sie das Wort. Ihren Beitrag eröffnete die CDU-Vorsitzende mit der Anrede "Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister" - um dann Eichel in die Schranken zu verweisen. Dessen Vorwurf, die Union setze auf Totalblockade, nannte sie "infam". CDU und CSU seien sehr wohl zu Subventionsabbau bereit und wollten ihre Mehrheit im Bundesrat konstruktiv nutzen. Aber wenn Eichel Projekte auf Länderkosten durchbringen wolle, mache sie nicht mit. Die Regierung setzt darauf, dass die Union ihre Linie nicht durchhält, zentrale Gesetze der Koalition abzulehnen, ohne selbst klare Konzepte vorzulegen. Eichel äußerte die Hoffnung, dass CDU und CSU nach der Bayern-Wahl am 21. September "wenigstens" Alternativen präsentieren. "Es wird Zeit, dass Sie sich aufstellen!" Er habe sein Finanzierungskonzept zum Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 vorgelegt. "Was sollen wir denn noch mehr machen, sehr geehrte Frau Kollegin Merkel", fragte der Minister. Doch Merkel ließ sich nicht beirren und blieb bei ihrer Linie. Eichel müsse seine Vorschläge präzisieren und überarbeiten. Zu glauben, der komplette Wegfall der staatlichen Hilfen für Häuslebauer bringe Deutschland voran, sei ein Irrtum. Wenn der Minister wenigstens eine "intelligente Weiterentwicklung der Eigenheimzulage vorgeschlagen hätte, könnte man darüber diskutieren". Aber da er den Zuschuss einfach nur streichen wolle, müsse sich Eichel "nicht wundern, dass wir das ablehnen". Steuersenkungen auf Pump kämen jedenfalls nicht in Frage. Spitzenpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatten sich mit Kooperationsangeboten oder gar Einigungssignalen während der viertägigen Debatte zurückgehalten. Doch der Druck, bei der Lösung der Arbeitsmarkt-, Haushalts- und Konjunkturkrise mitzuwirken, dürfte in den kommenden Wochen steigen. Neue Horror-Zahlen aus den Ländern belegen die Notwendigkeit, neue Einnahmequellen zu erschließen oder Ausgaben zu kürzen. Das Loch in den Länderhaushalten war bis Ende Juli mit 24,9 Milliarden Euro schon um 700 Millionen Euro höher, als es eigentlich erst am Jahresende sein sollte. In der Regel schließen die Länder das Defizit durch Schulden. Da Eichel und die Opposition eine Mehrwertsteuererhöhung verhindern wollen, muss gespart werden. Doch sämtliche Gesetze, die die Länderkassen berühren, müssen durch den Bundesrat, wo die Union die Mehrheit hat. Aus CDU-regierten Ländern kommen Signale für ein gemeinsames Handeln. Nach Einschätzung des Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) wird die Union zentrale Reformvorhaben der Bundesregierung am Ende mittragen. "Wir wollen ja auch die steuerliche Entlastung."

München: Neonazis planten offenbar mehrere Anschläge

Jüdische Hauptsynagoge im VisierMünchen: Neonazis planten offenbar mehrere Anschläge

Frankfurt/Main (rpo). Die in München festgenommen Neonazis haben möglicherweise mehrere Anschläge geplant. Es gibt Hinweise, dass der Anschlag auf die Hauptsynagoge am Tag der Grundsteinlegung stattfinden sollte. Dazu geladen: Bundespräsident Johannes Rau und CSU-Chef Edmund Stoiber. Unter den deutschen Rechtsextremisten hat sich offenbar ein harter terroristischer Kern gebildet. Nach den kürzlich erfolgten Verhaftungen von Neonazis und ersten Ermittlungsergebnissen sprach Bayerns Innenminister Günther Beckstein am Freitag in München von der "Struktur einer 'Braunen Armee-Fraktion'.Neues Schreckensdatum der deutschen Geschichte Der 9. November 2003 hätte nach den Plänen gewalttätiger Neonazis ein neues Schreckensdatum der deutschen Geschichte werden sollen: Am 65. Jahrestag der Reichspogromnacht wollten Rechtsextremisten bei der Grundsteinlegung für die neue Münchner Hauptsynagoge eine Bombe explodieren lassen. Weitere Sprengstoffattentate in München waren geplant, wie Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer am Freitag in München berichtete. Sichtlich erschüttert sagte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), zu den Neonazi-Plänen: "Nicht ein Gebäude oder die Baustelle waren das Ziel des Anschlags, sondern Menschenleben." Polizeichef Schmidbauer führte aus, die Gruppe um den verhafteten Skinhead Martin Wiese habe zwei Attentats-Alternativen diskutiert: entweder die Teilnehmer der Feier oder die Baustelle der Synagoge in die Luft zu sprengen. "Aber es war noch nicht entschieden", sagte Schmidbauer. An der Feier am 9. November wird neben Bundespräsident Johannes Rau der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, teilnehmen. Mehrere hundert Gäste werden erwartet. "Die Auswirkungen eines Sprengstoffattentats wären unvorstellbar gewesen", sagte Knobloch. Laut bayerischem Innenminister Günther Beckstein haben die Sicherheitsbehörden "eines der empörendsten Verbrechen der deutschen Nachkriegszeit verhindert".Gemeinde lässt sich nicht einschüchtern Einschüchtern lässt sich die Kultusgemeinde von den aufgedeckten Anschlagsplänen nicht. Präsidentin Knobloch kündigte an, dass die Grundsteinlegung wie vorgesehen stattfinden werde: "Wir werden an Ort, Datum und Zeit mit Unterstützung der Münchner Bevölkerung festhalten." Am Münchner Jakobsplatz in der Stadtmitte entstehen bis 2005 ein neues Gemeinde- und Kulturzentrum, die Hauptsynagoge und das Jüdische Museum. Das Zentrum für die mehr als 8.000 Münchner Juden ist derzeit das größte jüdische Bauprojekt in ganz Europa. Die neue Synagoge war laut Polizeipräsident Schmidbauer nur "eines von mehreren Objekten, wo die Gruppe überlegt hat, ob sie eines Anschlags würdig" seien. Innenminister Beckstein sagte: "Das trägt die Struktur einer 'Braunen Armee-Fraktion'". Anhaltspunkte für einen geplanten Anschlag auf das Oktoberfest gibt es laut Bundesanwaltschaft bisher nicht. Knobloch zeigte sich tief bestürzt über die "neue Dimension des Terrors". Es sei bitter, dass Juden in Deutschland immer noch nicht frei von Angst leben könnten: "65 Jahre nach der Zerstörung der Hauptsynagoge durch die Nationalsozialisten wollten Neonazis erneut ein Zentrum jüdischen Lebens in München zerstören." Sie habe aber vollstes Vertrauen in die Polizei. Gemeinsam mit Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, dem Schirmherrn des Bauprojekts, forderte Knobloch ein "Zeichen der Zivilgesellschaft". Ude nannte als Beispiele Besuche oder Spenden für das jüdische Zentrum: "Dann wird sogar noch etwas Gutes aus dieser deprimierenden Situation entstehen können." Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber forderte eine "harte und abschreckende Bestrafung" der Drahtzieher der "geplanten Wahnsinnstat". Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, mahnte zur Wachsamkeit gegenüber rechter Gewalt. Sechs Verdächtige sitzen dem Polizeichef zufolge inzwischen in Untersuchungshaft. Zwei weitere seien in Frankfurt festgenommen worden, Haftbefehle seien beantragt. "Wir rechnen mit weiteren Festnahmen", sagte Schmidbauer. Beckstein fügte hinzu, "wer zu dieser terroristischen Zelle gehört" habe und woher sie Sprengstoff, Waffen und Geld bekommen habe, sei noch unklar. Die Polizei war der kriminellen Freundesgruppe im Juli bei einer Schlägerei nach einem Zechgelage auf die Spur gekommen. Damals hatten zwei Schläger einen 23-jährigen abtrünnigen Neonazi schwer verletzt. Bei anschließenden Durchsuchungen fanden die Ermittler Waffen und eine Reisetasche mit 14 Kilogramm Sprengstoff. Die braunen Brocken, die vermutlich aus alten Granaten und Minen aus Polen stammen, hätten nur noch mit einem Zünder versehen werden müssen.

Powell erwartet keine deutschen Soldaten im Irak

Gefechte zwischen US-Truppen und IrakernPowell erwartet keine deutschen Soldaten im Irak

Berlin (rpo). US-Außenminister Colin Powell erwartet von der Bundesregierung keine Bereitstellung deutscher Soldaten für einen Einsatz im Irak. Das sagte Powell in einem Interview im ARD-Morgenmagazin.Vor Beratungen über eine neue UN-Resolution deutete Powell am Freitag an, dass sich Washington mit der von Kanzler Gerhard Schröder angebotenen Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte und stärkerem Engagement in Afghanistan zufrieden gäbe. "Jedes Land muss selbst entscheiden, welchen Beitrag es leisten will", sagte er im ARD-Morgenmagazin. "Wenn es das wäre, (...), gut." Das Auswärtige Amt begrüßte den "konstruktiven Geist" der Debatte. "Ich erwarte jedenfalls keine deutschen Soldaten", sagte Powell. Dies habe Schröder von Anfang an klar gemacht. Die Bundesrepublik leiste viele andere Beiträge zu den gemeinsamen Aufgaben, vor allem "tolle Arbeit" in Afghanistan. "Deutschland wird seiner Rolle gerecht", sagte Powell. Außenamtssprecher Walter Lindner nahm diese und andere Äußerungen der jüngsten "konstruktiven Diskussion" als Zeichen einer guten Chance, zu einer gemeinsam getragenen UN-Resolution zum Wiederaufbau zu finden: "Wenn wir diesen konstruktiven Geist bewahren, können wir durchaus zu einem Text kommen, dem alle zustimmen würden." Die Außenminister der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder treffen sich am (morgigen) Samstag in Genf. Deutschland und Frankreich sowie Russland haben sich in Änderungsvorschlägen für eine schnelle Übergabe der Souveränität an die Iraker ausgesprochen. Auch sollen die Vereinten Nationen nach dem Willen der Kritiker bei der politischen Neuordnung Iraks eine weit stärkere Rolle erhalten. Er habe noch keinen regelrechten deutsch-französisch-russischen Resolutionsentwurf gesehen, sagte Powell, begrüßte aber "Ideen". Gemeinsames Ziel sei, dem irakischen Volk so schnell wie möglich die Selbstbestimmung zurückzugeben. "Wir hoffen, dass wir einen Konsens für eine neue, weit reichende Resolution bekommen, die ein politisches Mandat begründet und eine multinationale Truppe autorisiert", sagte Powell. Er zeigte sich zuversichtlich, dass man sich auf eine Formulierung einigen könne, die den UN eine wichtige Rolle zugestehe. Die USA würden aber keiner Formulierung zustimmen, die den Eindruck erwecke, dass die von ihr geführte Zivilverwaltung überflüssig sei oder abtrete, betonte der Außenminister. Sie wollten mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten, aber ihnen nicht einfach alle Vollmachten abgeben: Die UN seien gar nicht in der Lage, dies zu schultern, und hätten auch nicht darum gebeten.

Chinesen bekamen geheimes US-Material in die Hand

Bei Notlandung eines SpionageflugzeugsChinesen bekamen geheimes US-Material in die Hand

Washington (rpo). Im April 2001 musste ein US-Spionageflugzeug nach einem Zusammenstoß mit einem chinesischen Kampfflugzeug in China notlanden. Wie jetzt bekannt wurde, ist es den Piloten damals offenbar nicht gelungen, alle geheimen Unterlagen an Bord der Maschine zu vernichten.Es sei höchstwahrscheinlich, dass einige Dokumente in chinesische Hand gelangt seien, heißt es in einem Bericht eines Ermittlers der Marine. Er war auf Antrag der Zeitschrift "Jane's Defense Weekly" freigegeben worden. In dem Bericht wird der Pilot der chinesischen Maschine für den Zusammenstoß verantwortlich gemacht. Der Besatzung der US-Maschine werden keine Vorwürfe gemacht, dass sie es nicht schaffte, alle vertraulichen Unterlagen zu vernichten. Die Stellen, in denen geschildert wird, welche Dokumente die Chinesen vorgefunden haben könnten und welche Folgen dies haben könnte, sind in dem veröffentlichten Bericht geschwärzt worden. Der Zwischenfall hatte die chinesisch-amerikanischen Beziehungen schwer belastet. Die 24 US-Soldaten wurden elf Tage auf der Insel Heinan festgehalten. Die Maschine vom Typ EP-3 durfte nur in Einzelteile zerlegt in die USA geflogen werden.

SPD-Politiker für Erhöhung der Erbschaftssteuer

Selbst genutzte Eigenheime sollen steuerfrei bleibenSPD-Politiker für Erhöhung der Erbschaftssteuer

Berlin (rpo). Mehrere SPD-Politiker haben sich einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" zufolge für eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ausgesprochen."Großvermögen müssen stärker als bisher besteuert werden", sagte Fraktionsvize Joachim Poß der Zeitung (Freitagausgabe). Poß erarbeitet den Angaben zufolge derzeit mit Finanzminister Hans Eichel, SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und dem schleswig-holsteinischen SPD-Chef Claus Möller Eckpunkte eines entsprechenden Perspektivantrags, der auf dem Parteitag Mitte November in Bochum vorgelegt werden solle. Demnach sollen auch in Zukunft selbst genutzte Eigenheime für Ehepartner und Kinder im Erbfall weitgehend steuerfrei bleiben. Bei kleineren und mittleren Betrieben solle ein Generationswechsel zudem nicht erschwert werden. Möller rechne auf dem Parteitag mit einer "breiten Zustimmung", berichtete die Zeitung. Einen eigenen Antrag kündigten dem Bericht zufolge die Sprecher der "Demokratischen Linken", Andrea Nahles und Detlev von Larcher an. Ebenso wird mit eigenen Anträgen der SPD im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Hessen gerechnet.

Debatte um Rau-Nachfolge: "Widerliches Spielchen"

Familienministerin Schmidt für SüssmuthDebatte um Rau-Nachfolge: "Widerliches Spielchen"

Frankfurt/Main (rpo). In der SPD mehren sich die Stimmen für eine Kandidatur der CDU-Politikerin Rita Süßmuth für die Nachfolge von Bundespräsident Johannes Rau. Bundesfamilienministerin Renate Schmidt hält sie für eine "großartige Kandidatin". Das finden andere ziemlich widerlich.FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete das Werben von SPD-Politikern für die CDU-Politikerin Süssmuth als "widerliches Spielchen". Familienministerin Schmidt sagte der "Stuttgarter Zeitung", Süssmuth sei eine "großartige Kandidatin". Die CDU-Politikerin habe "ein großes Maß an Erfahrung, auch überparteilich zu agieren." Das habe sie als Präsidentin des Parlaments bewiesen. Süssmuth könne über den Tag hinaus denken und wie Rau Menschen zusammenführen. Dagegen sagte der Vorsitzende der baden-württembergischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Georg Brunnhuber, die Abgeordneten aus dem Südwesten würden Süssmuth mit Sicherheit nicht wählen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte der "Rheinischen Post" (Freitagausgabe), Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer wollten Süssmuth instrumentalisieren. "Weil sie keine Mehrheit haben, gucken sie nur, wie sie taktisch andere in eine schwierige Lage bringen", sagte die FDP-Politikerin.

Internationale Ablehnung der Ausweisung Arafats

Tausende in RamallahInternationale Ablehnung der Ausweisung Arafats

Ramallah/Jerusalem (rpo). Die mögliche Ausweisung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat ist weltweit auf Kritik gestoßen. Die USA beteichneten die Pläne "wenig hilfreich". Arafat könne in diesem Fall von einer internationalen Bühne aus agieren. Bundesregierung und Opposition haben den Beschluss Israels einhellig kritisiert. Die Entscheidung sei "nicht geeignet, die ohnehin gespannte Lage zu stabilisieren", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Walter Lindner, am Freitag in Berlin. Eine Rückkehr zum Friedensplan müsse jetzt im Vordergrund stehen. Bundesaußenminister Joschka Fischer stehe in ständigem telefonischem Kontakt zu seinen europäischen Kollegen und zu Politikern in der Region. Auch Wolfgang Schäuble, der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, steht einer Ausweisung Arafats skeptisch gegenüber. Arafat habe in der Auseinandersetzung mit dem zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas in den vergangenen Wochen bei der palästinensischen Bevölkerung noch an Zustimmung gewonnen habe. "Ob das kurz- oder langfristig ist, wird man sehen." Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle nannte den Ausweisungsbeschluss der israelischen Regierung einen "schweren Fehler". Seine Umsetzung würde die Region weiter destabilisieren. "Das kann nicht der Weg sein, wieder zum Friedensprozess zurückzufinden."US-Botschafter Dan Kurzer habe bei einem Treffen mit dem israelischen Verteidigungsminister Schaul Mofas am Freitag das Missfallen Washingtons zur Sprache gebracht, berichteten israelische Medien. UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte: "Es wäre unklug, ihn auszuweisen." Frankreich forderte Israel auf, den Grundsatzbeschluss zurückzunehmen. Nach Ansicht Moskaus wäre die Umsetzung der Entscheidung ein "ernster politischer Fehler". Vor einer Eskalation der angespannten Lage warnte die chinesische Regierung. Auch der designierte palästinensische Ministerpräsidenten Ahmed Kureia verurteilte den Beschluss scharf. Kureia warnt Israel vor Ausweisung ArafatsAuch der designierte palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia hat Israel vor einem solchen Schritt gewarnt. Unterdessen versammelten sich Tausende Anhänger Arafats vor dessen Amtssitz.Eine Ausweisung würde jede Chance auf Frieden in der Region zunichte machen, sagte Kureia am Donnerstagabend. Auch alle Anstrengungen, eine neue palästinensische Regierung zusammenzustellen, wären zum Scheitern verurteilt. Die Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts nannte Kureia "gefährlich" und "destruktiv". Das Sicherheitskabinett hatte zuvor als Reaktion auf die jüngsten Selbstmordanschläge die Ausweisung Arafats "grundsätzlich" beschlossen, den Zeitpunkt dafür jedoch im Unklaren gelassen. Am Abend versammelten sich Tausende Palästinenser vor dem Amtssitz Arafats in Ramallah, um den Palästinenserführer zu schützen. Arafat erschien vor der Menge. In einer immer wieder von Beifall unterbrochenen Rede sagte der Palästinenserpräsident, das palästinensische Volk werde sich niemals ergeben. Auch aus anderen Städten des Westjordanlandes wurden spontane Kundgebungen gemeldet. Bereits zuvor hatte sich Arafat vor Reportern von den Drohgebärden der israelischen Regierung unbeeindruckt gezeigt. "Dies ist meine Heimat. Dies ist das Heilige Land. Niemand kann mich rauswerfen", sagte er vor Reportern in Ramallah. "Sie können mich töten. Sie haben Bomben", aber er werde "definitiv" nicht ins Exil gehen. In dem Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts wurde die Ausweisung Arafats "im Grundsatz" erklärt. Wie israelische Medien berichteten, entschieden die Minister aber zugleich, dass der Palästinenserpräsident zum derzeitigen Zeitpunkt nicht ausgewiesen werden solle. Regierungsbeamte bezeichneten Arafat als "Kandidat für die Ausweisung". Raanan Gissin, ein Berater von Ministerpräsident Ariel Scharon, sagte im Nachrichtensender CNN, der Beschluss bedeute nicht, "dass wir ihn morgen ausweisen". Bereits in der Nacht zum Donnerstag hatte die israelische Armee Positionen rund um Arafats Amtssitz in Ramallah bezogen. Soldaten besetzten das oberste Stockwerk des Kulturministeriums in unmittelbarer Nähe der so genannten Mukataa. Bis zum Donnerstagabend hatten Soldaten fast alle Gebäude in der nächsten Umgebung des Hauptquartiers unter ihre Kontrolle gebracht. Die USA bekräftigten ihre ablehnende Haltung zu einer Ausweisung Arafats. Ein solcher Schritt wäre "nicht hilfreich", da Arafat dann von einer internationalen Bühne aus agieren könne, sagte US- Außenamtssprecher Richard Boucher in Washington. Der französische Staatschef Jacques Chirac sprach sich gegen einen Ausschluss von Arafat bei der Suche nach einer Lösung im Nahost-Konflikt aus. Arafat sei der legitime Vertreter der palästinensischen Autonomiebehörde, sagte Chirac nach einem Treffen mit Spaniens Regierungschef José María Aznar nahe Toledo. "Es wäre ein großer Fehler, Arafat politisch ausschalten zu wollen." Die Palästinenserspitze hatte sich am Donnerstag unter Arafats Führung vergeblich um die Beendigung der seit Tagen anhaltenden Regierungskrise bemüht. Die Führungsgremien von Arafats Fatah- Fraktion, der PLO und die politische Führungsspitze um den designierten Ministerpräsidenten Ahmed Kureia konnten sich jedoch nicht auf die Bildung einer kleinen Notstandsregierung einigen. Die PLO und die Fatah lehnten die Ernennung einer solchen Regierung ab, weil sie Machtmissbrauch befürchten. Unter starkem Druck der USA und Israels einigte sich die Führung in Ramallah darauf, alle acht Polizei- und Sicherheitsdienste unter ein Kommando zu stellen. Der "Nationale Sicherheitsrat", dem neben Arafat unter anderem auch der künftige Ministerpräsident sowie die wichtigsten Minister angehören, solle "einvernehmliche" Entscheidungen treffen, sagte Arafat-Berater Nabil Abu Rudeineh. Nach Einschätzung von Beobachtern soll damit verhindert werden, dass Arafat dem Rat seinen Willen aufzwingt.

Lindh-Attentat: Morddrohung nicht ernst genommen
Lindh-Attentat: Morddrohung nicht ernst genommen

Noch keine Ergebnisse nach Untersuchung der TatwaffeLindh-Attentat: Morddrohung nicht ernst genommen

Stockholm (rpo). Nach dem Mord an Schwedens Außenministerin Anna Lindh fahndet die Polizei in der Drogenszene nach dem Täter. Unterdessen entdeckten Journalisten Drohbriefe mit Morddrohungen, die offenbar von Ministerialbeamten nicht ernst genommen wurden. Die schwedische Sicherheitspolizei Säpo will Briefe und E-Mails an die ermordete Außenministerin Anna Lindh auf mögliche Morddrohungen prüfen. Wie die stellvertretende Säpo-Chefin Margareta Linderoth am Freitag mitteilte, solle dabei geklärt werden, ob darunter ernst zu nehmende Drohungen gewesen sein könnten. Schwedische Journalisten hatten zuvor bei Akteneinsicht im Außenministerium unter den an die Ministerin oft geschickten Schmähbriefen auch eine direkte Morddrohung gefunden. Sie war bisher von Ministerialbeamten als nicht ernst zu nehmen eingestuft worden. Unterdessen wächst die Kritik am Vorgehen der Stockholmer Polizei. Wie 1986 beim Mord am damaligen Regierungschef Olof Palme, habe es in den ersten Minuten nach dem Mord Pannen gegeben, die dem Täter die Flucht erleichtert hätten. So seien nach Auslösung des Großalarms weder die U-Bahnen in der Stockholmer City noch der Straßenverkehr rund um den Tatort gestoppt worden. Fahndungschef Leif Jennekvist teilte am Freitag in Stockholm mit, man verfüge über "sehr gute Informationen aus der Bevölkerung", benötige aber dringend noch zusätzliche Aussagen von weiteren Augenzeugen des Messer-Attentats in einem Stockholmer Kaufhaus. Die Fahnder zeigten sich sicher, dass die 46-jährige Politikerin am Mittwoch im NK-Kaufhaus von einem spontan handelnden Einzeltäter aus dem Kreis drogenabhängiger und psychisch gestörter Gewalttäter ermordet wurde. Neue Erkenntnisse erhoffen sich die Fahnder durch die Auswertung von Videoaufnahmen aus Überwachungskameras im Kaufhaus. 15 Augenzeugen hatten sofort im Anschluss an den Überfall auf Lindh Angaben über das Aussehen des flüchtigen Täters gemacht. Die Polizei erklärte, sie wolle vorerst kein Phantombild des Mörders veröffentlichen, um etwaige weitere Zeugen nicht zu beeinflussen. Jennekvist bestätigte, dass zwei Männer nach Vernehmungen von jedem Verdacht ausgeschlossen werden konnten. Die Polizei hatte in der Nacht Unterkünfte und andere typische Aufenthaltsorte für den in Frage kommenden Personenkreis durchsucht. Die technischen Untersuchungen an der Tatwaffe - einem Messer - sowie an der ebenfalls gefundenen Militärjacke des Täters und von Fingerabdrücken des Täters an einer Rolltreppe sollen am Wochenende abgeschlossen sein. Die Auswirkungen des Lindh-Mordes auf das Euro-Referendum blieben auch am Freitag unklar. Während eine Umfrage des Skop-Instituts erhebliche Verschiebungen zu Gunsten der Ja-Seite ergab, ermittelte Sifo für die Nachrichtenagentur TT einen weiter stabilen Vorsprung für die Euro-Gegner. Nach der vom Skop-Institut veröffentlichten Umfrage (mit 1000 Befragten) wollen jeweils 50 Prozent für beziehungsweise gegen die Gemeinschaftswährung abstimmen. Unmittelbar vor dem Attentat hatte das Institut einen Vorsprung von 58 zu 42 Prozent für die Euro-Gegner ermittelt. Sifo ermittelte (bei ebenfalls 1000 Befragten) leichte Gewinne für Nein. Danach wollten am Donnerstagabend 50 Prozent gegenüber vorher 49 gegen den Euro-Beitritt und 38 Prozent gegenüber 39 Prozent dafür stimmen. Der Rest war unentschieden. Als wahrscheinlich gilt nach Meinung von Beobachtern in Stockholm, dass die Ja-Seite mit zusätzlichen Stimmen nach dem Mord an Lindh rechnen kann. Die Außenministerin hatte sich als engagierte Euro- Verfechterin an der Ja-Kampagne beteiligt. Beide Seiten hatten sofort nach Bekanntwerden des Messer-Attentats am Mittwoch ihre Kampagnen eingestellt. Alle Parlamentsparteien sprachen sich nach dem Tod Lindhs für die Durchführung des Referendums selbst aus. Am Freitag entfernten Helfer überall in Schweden tausende von Ja-Plakaten mit dem Foto der fröhlich lachenden Außenministerin. Ministerpräsident Göran Persson wandte sich im Fernsehen an die Bevölkerung und sagte: "Heute fühlt sich Schweden kalt an." Er forderte seine Landsleute auf, am Sonntag bei der Volksabstimmung über die Einführung des Euro vom Stimmrecht Gebrauch zu machen und zuvor an Gedenkveranstaltungen für Lindh teilzunehmen, die zwei 1991 und 1995 geborene Söhne hinterlässt.