Abschluss der Marathon-Debatte über den Etat 2004Eichel kritisiert Verhalten der Opposition scharf
Berlin (rpo). Der Bundestag hat am Freitagmorgen seine Marathon-Debatte zum Haushalt 2004 abgeschlossen. Finanzminister Hans Eichel hat die Gelegenheit noch einmal genutzt, um mit der Opposition scharf ins Gericht zu gehen.Mit Löchern kennt sich Hans Eichel aus, machen sie ihm doch in seiner Haushaltsplanung seit Jahren mächtig zu schaffen. Zum Abschluss der Marathon-Debatte des Bundestages über den umstrittenen Etat 2004 wollte der Finanzminister offenkundig beweisen, dass sich sein Wissen über Lücken nicht nur auf die Staatskasse bezieht. Auch der Union bescheinigte er ein Defizit - und zwar in zentralen Finanz-Themen: "Es klafft ein Riesen-Loch zwischen CDU und CSU." Obwohl Eichel, der seit Monaten im Kreuzfeuer der Kritik steht, gewaltig unter Druck ist, wirkte er am Freitag im Parlament gelöst und souverän. Ab und an lachte er oder sorgte für Heiterkeit im Plenum. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der in der Generaldebatte am Mittwoch auf jede Vertrauensbekundung für Eichel verzichtet hatte, hörte mit staatstragender Miene zu, wie sein Kassenwart die Opposition zur Kooperation aufrief: "Sie haben die gleiche Verantwortung wie wir! Nehmen Sie sie endlich wahr, damit das Land vorankommt!" CDU/CSU-Fraktionschefin Angela Merkel ließ sich die scharfen Angriffe Eichels nicht bieten. Obwohl sie als Rednerin gar nicht vorgesehen war, ergriff sie das Wort. Ihren Beitrag eröffnete die CDU-Vorsitzende mit der Anrede "Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister" - um dann Eichel in die Schranken zu verweisen. Dessen Vorwurf, die Union setze auf Totalblockade, nannte sie "infam". CDU und CSU seien sehr wohl zu Subventionsabbau bereit und wollten ihre Mehrheit im Bundesrat konstruktiv nutzen. Aber wenn Eichel Projekte auf Länderkosten durchbringen wolle, mache sie nicht mit. Die Regierung setzt darauf, dass die Union ihre Linie nicht durchhält, zentrale Gesetze der Koalition abzulehnen, ohne selbst klare Konzepte vorzulegen. Eichel äußerte die Hoffnung, dass CDU und CSU nach der Bayern-Wahl am 21. September "wenigstens" Alternativen präsentieren. "Es wird Zeit, dass Sie sich aufstellen!" Er habe sein Finanzierungskonzept zum Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 vorgelegt. "Was sollen wir denn noch mehr machen, sehr geehrte Frau Kollegin Merkel", fragte der Minister. Doch Merkel ließ sich nicht beirren und blieb bei ihrer Linie. Eichel müsse seine Vorschläge präzisieren und überarbeiten. Zu glauben, der komplette Wegfall der staatlichen Hilfen für Häuslebauer bringe Deutschland voran, sei ein Irrtum. Wenn der Minister wenigstens eine "intelligente Weiterentwicklung der Eigenheimzulage vorgeschlagen hätte, könnte man darüber diskutieren". Aber da er den Zuschuss einfach nur streichen wolle, müsse sich Eichel "nicht wundern, dass wir das ablehnen". Steuersenkungen auf Pump kämen jedenfalls nicht in Frage. Spitzenpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatten sich mit Kooperationsangeboten oder gar Einigungssignalen während der viertägigen Debatte zurückgehalten. Doch der Druck, bei der Lösung der Arbeitsmarkt-, Haushalts- und Konjunkturkrise mitzuwirken, dürfte in den kommenden Wochen steigen. Neue Horror-Zahlen aus den Ländern belegen die Notwendigkeit, neue Einnahmequellen zu erschließen oder Ausgaben zu kürzen. Das Loch in den Länderhaushalten war bis Ende Juli mit 24,9 Milliarden Euro schon um 700 Millionen Euro höher, als es eigentlich erst am Jahresende sein sollte. In der Regel schließen die Länder das Defizit durch Schulden. Da Eichel und die Opposition eine Mehrwertsteuererhöhung verhindern wollen, muss gespart werden. Doch sämtliche Gesetze, die die Länderkassen berühren, müssen durch den Bundesrat, wo die Union die Mehrheit hat. Aus CDU-regierten Ländern kommen Signale für ein gemeinsames Handeln. Nach Einschätzung des Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) wird die Union zentrale Reformvorhaben der Bundesregierung am Ende mittragen. "Wir wollen ja auch die steuerliche Entlastung."