Zeitung: Keine zweite AmtszeitUmfrage: Rau soll nochmal antreten
Berlin (rpo). Nach dem Willen einer knappen Mehrheit der Deutschen soll Bundespräsident Johannes Rau nächstes Jahr für eine zweite Amtsperiode antreten. 53 Prozent seien dafür; 43 Prozent dagegen, ergab eine Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Zeitung "Welt am Sonntag".Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" hat Rau jedoch bereits vor Wochen entschieden, 2004 nicht wieder zu kandidieren. Aus den Reihen von Rot-Grün wuchs unterdessen der Druck auf das Staatsoberhaupt, sich zu seinen Ambitionen zu äußern. Nach der Verfassung kann ein Bundespräsident einmal wiedergewählt werden. Union und FDP hätten aber nach derzeitigem Stand eine knappe Mehrheit in der Bundesversammlung, die den Präsidenten im Mai 2004 wählt. Die Mehrheitsverhältnisse können sich nach der Wahl zur Bremer Bürgerschaft und zum bayerischen Landtag noch ändern. Der aus der SPD stammende Rau hat bisher nicht erklärt, ob er noch einmal antritt. Es werde damit gerechnet, dass Rau in sechs bis acht Wochen seine Entscheidung bekannt gebe, früh genug vor der Bayern-Wahl im September, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagzeitung" unter Berufung auf Raus Freundeskreis. Dann sei klar, dass er sich nicht nach der politischen Stimmung richte und gleichzeitig nicht zur "lahmen Ente" werde. Nach Informationen des Blattes hat CDU-Chefin Angela Merkel als Unionskandidaten den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel ins Auge gefasst. Dem Bericht zufolge gebe es bei einer wachsenden Mehrheit in CDU und CSU "große Sympathien" für Teufels Kandidatur. Im Osten genießt Bundespräsident Rau laut Infratest-Umfrage höheres Ansehen als im Westen. Dort wollen 62 Prozent der Befragten, dass er erneut kandidiert (34 Prozent dagegen), in den westlichen Ländern 51 Prozent (45 Prozent dagegen). Besonderer Beliebtheit erfreut sich der 72-jährige Amtsinhaber bei jungen Menschen. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen sprachen sich 66 Prozent für seine Kandidatur aus, 30 Prozent nicht. Bei den über 60-Jährigen waren nur 48 Prozent für eine zweite Amtszeit, 49 Prozent dagegen. Fragt man nach Parteipräferenzen, erhält Rau sogar bei Unions- Anhängern eine knappe Mehrheit: 50 Prozent sprachen sich für eine zweite Kandidatur aus, 48 Prozent waren dagegen. Von den SPD- Anhängern waren 60 Prozent für eine weitere Amtszeit, 35 Prozent nicht. Anhänger der Grünen votierten mit 64 Prozent für eine zweite Bewerbung Raus, 33 Prozent dagegen. Nur bei Anhängern der FDP sagte eine Mehrheit (54 Prozent), Rau solle nicht ein zweites Mal kandidieren, 43 Prozent sprachen sich dafür aus. Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Michael Müller, forderte Rau auf, "Klarheit zu schaffen, ob er nochmals kandidieren will". Der stellvertretende NRW-Regierungschef Michael Vesper (Grüne) sagte: "Ein Unternehmen mit einem so erfolgreichen Mann an der Spitze würde dessen Vertrag unter allen Umständen verlängern." "Tatkräftige Unterstützung" für Rau forderte die Vorsitzende des Bundestags- Innenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast. "Wenn Rau seine Bereitschaft erklärt, heißt das aber auch, dass er das Risiko unsicherer Mehrheiten in der Bundesversammlung eingehen sollte." Zurückhaltend äußerte sich die FDP. Ihr Bundes-Vize Rainer Brüderle betonte, die Liberalen wären "klug beraten", sich "zunächst anzusehen, wer der Kandidat der Union sein wird, und abzuwarten, bis Johannes Rau erklärt hat, ob er wieder kandidiert".