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Nürnberg Arbeitsagentur fürchtet neue Vorruhestandswelle

Nürnberg · BA-Chef Weise warnt vor den Plänen von SPD-Kanzlerkandidat Schulz, die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld zu verlängern. Die Maßnahme könne dazu führen, dass die Betroffenen nie wieder eine Stelle fänden.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) sieht das Vorhaben von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, älteren Betroffenen länger Arbeitslosengeld zu zahlen, kritisch. "Die Agenda 2010 ist über zehn Jahre alt. Es ist richtig, dass die Politik sie nun überprüft. Ich hielte es aber für bedenklich, die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld einfach nur deutlich zu erhöhen", sagte Frank-Jürgen Weise unserer Redaktion. Er sieht zwei Gefahren: "Unsere Forscher im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben ermittelt, dass es mit jedem Monat zusätzlicher Erwerbslosigkeit schwieriger wird, eine angemessene Stelle zu finden." Zudem fürchtet Weise eine neue Vorruhestandswelle: "Die Gefahr besteht. Die frühere lange Bezugsdauer von bis zu 32 Monaten haben viele Betriebe genutzt, um Mitarbeiter in den Vorruhestand zu schicken."

Damals hatten Konzerne wie etwa RWE Mitarbeiter teilweise mit 51 Jahren nach Hause geschickt und sich die Zeit bis zur Frührente mit 60 Jahren von der Arbeitslosenversicherung mitbezahlen lassen. 2004 bereitete der damalige Kanzler Gerhard Schröder (SPD) dieser Praxis ein Ende. Mit der Agenda 2010 senkte er die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld auf 18 Monate. 2008 wurde sie für Arbeitslose, die älter sind als 58 Jahre, bereits auf 24 Monate angehoben.

Schulz will im Fall eines Wahlsiegs die Bezugsdauer sogar auf 48 Monate erhöhen, wenn die Älteren eine Weiterbildung oder Qualifizierung machen. "Arbeitslosengeld Q" heißt das Konzept. Weise schätzt, dass rund 400.000 der derzeit 2,6 Millionen Arbeitslosen Anspruch auf das geplante "Arbeitslosengeld Q" hätten. Präzise lasse sich dies aber noch nicht abschätzen.

Auch FDP-Chef Christian Lindner warnt vor einem längeren Bezug von Arbeitslosengeld: "Für den 50-Jährigen ist es heute viel leichter als früher, einen Arbeitsplatz zu finden. Die große Gefahr für diese Menschen ist, lange in die Qualifikationsmaßnahmen von Herrn Schulz gesteckt zu werden und so 48 Monate weg zu sein vom Arbeitsmarkt." Das eigentliche Gerechtigkeitsproblem sei die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit.

Weise, der zum Monatsende in Rente geht, sieht ebenfalls die Langzeitarbeitslosigkeit als zentrale Herausforderung: "1,2 Millionen Menschen sind seit mehr als acht Jahren auf Geld vom Jobcenter angewiesen, viele haben Drogen- oder Schuldenprobleme." Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht Schulz dagegen auf dem richtigen Weg. Sein Konzept sei ein wichtiger Beitrag für mehr Sicherheit der Arbeitnehmer. Die SPD korrigiere damit einen Kardinalfehler der Agenda 2010, durch die die Arbeitslosen immer nur gefordert würden.

Das sieht Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) anders. Bei seinem Antrittsbesuch gestern in Athen relativierte er die Agenda 2010: "Verglichen mit Griechenland waren die Reformen, die wir gemacht haben, vielleicht ein lauer Sommerwind." Die griechischen Anstrengungen zur Bewältigung der Schuldenkrise seien dagegen wie ein großer Sturm, sagte Gabriel.

(anh)
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