Berlin/Düsseldorf App soll Bevölkerung vor Einbrüchen warnen

Berlin/Düsseldorf · NRW-Innenminister Reul will landesweit Computerprognosen zur Einbruchswahrscheinlichkeit in einzelnen Siedlungen einführen.

Heute schon wissen, wo morgen eingebrochen wird: Mit computergestützten Prognosemodellen will die Regierung in Nordrhein-Westfalen künftig landesweit Wohnquartiere identifizieren, in denen bald Wohnungseinbrüche drohen. Das kündigte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) gestern im Innenausschuss an. In Vorbereitung ist zudem eine App, um die Bewohner der von Einbrüchen besonders bedrohten Siedlungen per Smartphone zu warnen: "So prüfen wir aktuell Möglichkeiten einer interaktiven App zur Einbruchsgefahreninformation für die Bürgerinnen und Bürger in NRW", sagte Reul.

Das sogenannte Predictive Policing (übersetzt: Vorhersagende Polizeiarbeit) analysiert Falldaten zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Straftaten und wird in den USA schon seit einigen Jahren eingesetzt. In Nordrhein-Westfalen firmiert die Technologie unter dem Kunstnamen "Skala". Unter Reuls Vorgänger Ralf Jäger (SPD) startete NRW im Februar 2015 einen Skala-Pilotversuch in Bonn, Duisburg, Düsseldorf und anderen NRW-Großstädten.

Reul stellte gestern erste Ergebnisse vor: "Skala ermöglicht die frühzeitige Identifizierung aufkommender Kriminalitätsbrennpunkte", nannte er den wohl wichtigsten Punkt des Pilotversuchs. "Der Kern der Methodik besteht in der auf Wohnquartiere von je 400 Haushalten bezogenen Berechnung von Warscheinlichkeiten", erklärte Reul. Welche Daten genau die Grundlage bilden, ließ er - wohl aus sicherheitstaktischen Gründen - unscharf. Insidern zufolge werden aber auch typische Bewegungsmuster von Einbrecherbanden verrechnet, so dass nicht nur klassische Einbruchsgebiete identifiziert werden können, sondern auch Zeiträume, in denen die Einbruchswahrscheinlichkeit hoch ist. Die Technik soll deshalb auch die Kräftesteuerung bei der Polizei verbessern. Reul räumte ein, dass die Technik bislang nur in Großstädten funktioniert.

Unabhängig davon informierte Reul auch über den aktuellen Stand im Fall Sami A.: Der als Gefährder eingestufte ehemalige Leibwächter des von einer US-Eliteeinheit getöteten Terroristen Osama bin Laden lebt in Bochum und kann nicht abgeschoben werden, weil ihm in seiner Heimat Folter droht. Dies sei Ergebnis eines richterlichen Beschlusses. "Dem Gericht lagen die sicherheitsdienstlichen Erkenntnisse zu Sami A. vor", sagte Reul. Der Salafist dürfe Bochum allerdings nicht verlassen. Das Bundesinnenministerium setzt jedoch darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in der nächsten Woche im Fall eines anderen Tunesiers zu einer anderen Einschätzung als das Düsseldorfer Verwaltungsgericht kommt und Tunesien als ein Land qualifiziert, in es keine Hinweise auf Folterpraktiken gebe, hieß es derweil in Berlin.

Dann könne vielleicht schon im Sommer auch die Abschiebung des Bin-Laden-Leibwächters erfolgen. Laut Helmut Teichmann, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, könnte Sami A. dagegen allerdings Rechtsmittel einlegen und die Abschiebung verzögern.

(RP)
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